DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

07-10-2019 17:01
SXEU31 DWAV 071800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 07.10.2019 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Wechselhafte Westwetterlage. Im süddeutschen Bergland und an den Alpen
Dauerregen möglich. An der See und im Bergland windig.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 12 UTC
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Aktuell ... hat sich über Deutschland ein Höhenrücken aufgewölbt, der in
Verbindung steht mit einem Höhenhoch über dem Nordmeer. Dem gegenüber steht ein
opulenter Höhentrog mit Drehzentrum knapp südlich von Island. Um diesen
Höhentrog herumlaufende Randtröge sorgen für ein Abflachen des Rückens, der
zudem nach Osten geschoben wird. Der Höhentrog nimmt Verbindung auf mit einem
weiteren markanten Langwellentrog, der von der Barentssee weit nach Süden bis
ins Mittelmeer reicht. Dabei wird das Höhenhoch über dem Nordmeer abgeschnürt
und von den Höhentrögen einfach dort allein gelassen.
An dem Höhentrog südlich von Island ist ein steuerndes Bodentief in nahezu
achsensenkrechter Position gekoppelt. Das okkludierende Frontensystem dieses
Bodentiefs, das im Lee des Skandinavischen Gebirges zudem ein Randtief
generiert, erreicht in der Nacht von Westen her Deutschland. Bereits zuvor sorgt
den Rücken überlaufende kräftige WLA für den Aufzug mehrschichtiger Bewölkung,
Regen setzt nachfolgend etwa ab Mitternacht vom Emsland über das Rheinland bis
zum Saarland ein. Der Regen breitet sich bis zum Morgen bis auf eine Linie
Mecklenburg - Thüringer Wald - Franken - Schwäbische Alb aus. Dabei fallen 1 bis
10, in Staulagen bis 15 l/qm. In den anderen Landesteilen bleibt es noch trocken
mit Auflockerungen.
Im südöstlichen Bayern bildet sich bei größeren Auflockerungen jedoch
gebietsweise Nebel, dort ist noch mehr Feuchtigkeit durch den Regen am Tage
vorhanden, im Osten dagegen ist die Luft zu trocken. Dafür gibt es dort aber
noch einmal gebietsweise leichten Frost bis -3 Grad. Prädestiniert dafür sind
die Regionen südlich von Berlin bis zum Erzgebirge und der Lausitz. Ansonsten
kühlt es auf 12 Grad im Westen und bis 1 Grad im Osten ab. Im Osten muss
außerdem mit Frost in Bodennähe bis -6 Grad gerechnet werden.
Vor dem Frontensystem frischt der Wind auf. Erste starke Böen Bft 7 (um 55 km/h)
sind an der Nordsee und auf den Bergen zu erwarten, auf exponierten Berggipfeln
zum Teil stürmische Böen Bft 8 (um 70 km/h) und auf den Brocken schwere
Sturmböen Bft 10 (um 95 km/h) aus Südwest.

Dienstag ... vereinigen sich die beiden kontaktsuchenden Höhentröge zu einem
größeren Konglomerat. An der Südflanke stellt sich von Frankreich bis zum
Schwarzen Meer eine zonale Strömung ein, in der mehrere Randtröge und der kaum
noch zu erkennende flache Rücken östlich von uns für leichte Modifizierungen
sorgen und in der außerdem die Frontalzone eingebettet ist.
Während der Nordteil des Frontensystems des steuernden Tiefs bzw. des Teiltiefs
über Deutschland rasch nach Osten geleitet wird, sorgt ein Randtrog, der über
die Britischen Inseln in die Nordsee zieht, für eine Wellenbildung über
Frankreich. Der Südteil der Front kommt dadurch und der nun mehr und mehr zonale
Ausrichtung der Front in Süddeutschland ins Schleifen.
Im Norden lassen die Regenfälle zum Nachmittag hin bald wieder nach und die
Sonne lugt zum Teil hervor, es folgen aber noch einige Schauer, an der Nordsee
auch kurze Gewitter mit stürmischen Böen Bft 8 (Oberwinde bei 35 kn in 850 hPa).
Diese werden vor allem mit Hilfe der höhenkalten Luft des nachrückenden Randtrog
(Labilisierung) ausgelöst. In der Mitte dagegen halten die Niederschläge länger
an und verlagern sich immer mehr in den Süden. Derzeit ist noch unklar, wie
rasch sich der Regen bis ganz in den Süden ausbreitet. Während die deutsche
Modellkette eher progressiv ist, bleibt es den meisten anderen globalen Modellen
zufolge südlich der Donau bis zum Abend noch trocken. Die 12-stündigen
Regenmengen betragen meist zwischen 3 und 15 l/qm, in Staulagen der zentralen
Mittelgebirge um oder knapp über 20 l/qm. Die Ensembles zeigen bisher nur sehr
dünne Signale für warnwürdigen Dauerregen.
Warnwürdig dagegen wird der Wind, der vor allem vor der okkludierenden bzw.
wellenden Front durch Gradientzunahme auffrischt. An der See und in den Bergen
gibt es somit weitere starke bis stürmische Böen Bft 7 bis 8, exponiert
Sturmböen Bft 9 und auf höheren Gipfeln schwere Sturmböen Bft 10, vornehmlich
aus Südwest.
Bei Höchsttemperaturen von 12 Grad im Osten und bis 19 Grad im Südwesten wird es
ein wenig wärmer als an den Vortagen, weil die sehr kalte Luft der vergangenen
Tage durch etwas mildere Meeresluft ersetzt wird und im Süden sich vorübergehend
sogar ein Schwall warmer Subtropikluft (T850 hPa über 10 Grad) ausbreiten kann.
Zudem setzt im Rheintal und an den Alpen leichter Föhn ein, sodass örtlich bei
längerem Sonnenschein auch 20 Grad denkbar sind.

In der Nacht zum Mittwoch zieht der Randtrog ab und es folgt ein flacher Rücken.
Ein neuer, sich amplifizierender Randtrog, der vom Atlantik nachkommt und zu den
Britischen Inseln zieht, lässt die Strömung ein wenig auf Westsüdwest
rückdrehen. Der flache Rücken sorgt für leichten Druckanstieg und die Schauer im
Norden - außer an der Nordsee - lassen weitgehend nach. Im Süden allerdings
liegt immer noch die wellende bzw. schleifende Front und sorgt für Regenfälle.
Dem Gros der Modelle nach gibt es zwischen dem Schwarzwald und dem Bayerischen
Wald sowie südlich davon die meisten Niederschläge mit in der Fläche erneut 3
bis 15 l/qm in 12 Stunden. Die deutsche Modellkette liefert allerdings 25 bis 40
l/qm im Süden, vor allem im Schwarzwald und im Allgäu. ICON-EPS bietet dort
sogar bis zu 40 % Wahrscheinlichkeit für mehr als 25 l/qm in 12 Stunden.
Eventuell kommt auch das 24-stündige Regenkriterium in Frage bei ähnlichen
Wahrscheinlichkeiten für mehr als 30 l/qm. Dann wäre eventuell auch der Odenwald
betroffen. Aufgrund der Uneinigkeit der Modelle (EZMW und EURO4 lassen es am
Alpenrand beispielsweise noch komplett trocken; die anderen Ensembles zeigen
keine Wahrscheinlichkeiten für Dauerregen) bleiben die nächsten Modellläufe noch
abzuwarten.
Der Wind schwächt sich nur leicht ab, an der See und in den Bergen treten
weiterhin starke bis stürmische Böen Bft 7 bis Bft 8, exponiert Sturmböen Bft 9
auf.
Die Temperaturen gehen auf 12 Grad unter Wolken und bis 6 Grad bei längeren
Auflockerungen und im höheren Bergland zurück.

Mittwoch ... verabschiedet sich der flache Rücken schon wieder und schafft Platz
für den neuen Randtrog. Dieser erfasst unter fortschreitender Amplifizierung
abends Deutschland. Die in der zonalen Strömung schleifende Front über dem Süden
wird durch neue Wellenbildung am Leben gehalten, sodass die Niederschläge im
Süden andauern. 12-stündig sind südlich der Donau 5 bis 20 l/qm angezeigt, in
Staulagen bis 25 l/qm. Nach GFS können sogar bis zu 40 l/qm fallen. Auch für
diese Bereiche ist eine 24-stündige (oder noch längere) markante
Dauerregenwarnung in Betracht zu ziehen, dort liegen die Wahrscheinlichkeiten
bei bis zu 70 % für mehr als 30 l/qm nach ICON-EPS (die andere Ensembles ziehen
aber wieder nicht mit). Im Allgäu werden schwache Wahrscheinlichkeiten für
unwetterartigen Dauerregen mit mehr als 50 l/qm in 24 Stunde prognostiziert.
Neben dem Regen wird durch den neuen Randtrog in den anderen Landesteilen die
Schauertätigkeit angeregt. Etwas schwächer sind die Signale im Nordosten. Bei
leichter Labilität (Lapse Rates -0,6 bis -0,7 K/100 m) und geringer zur
Verfügung stehender Energie (ML-CAPE bis 150 J/kg) kommt es hier und da zu
Gewittern, bei Oberwinden bis 30 kn in 850 hPa vielleicht mit vereinzelten
stürmischen Böen Bft 8.
Der Wind weht vor allem an der See und im Bergland auch außerhalb von
konvektiven Geschehnissen mit weiterhin starken bis stürmischen Böen Bft 7 bis
8, exponiert auch mit Sturmböen (Bft 9) aus Südwest.
Die Temperaturen erreichen 10 bis 17 Grad. Der Föhn im Süden bricht wieder
zusammen, Höchsttemperaturen um 20 Grad sind dann kaum noch möglich.

In der Nacht zum Donnerstag zieht der Randtrog über Deutschland nach Osten
durch, es folgt ein weiterer schwächerer Randtrog. Die schleifende Front im
Süden zieht nun ab, sodass die Niederschläge nachlassen. In den anderen
Landesteilen sorgen die beiden Randtröge gebietsweise für Schauer, Gewitter sind
weiterhin nicht ganz ausgeschlossen, jedoch nicht mehr so wahrscheinlich wie am
Tage. Gebietsweise bleibt es aber auch länger trocken und die Wolken lockern
auf.
Der Wind bleibt an der See und im Bergland stark bis stürmisch, in der zweiten
Nachthälfte frischt er sogar noch etwas auf, weil der Gradient noch ein wenig
zunimmt. Zum Morgen hin können im südwestdeutschen Tiefland starke Böen Bft 7
vorkommen, während im exponierten Bergland dann schwere Sturmböen Bft 10 mit von
der Partie sind.
Die Temperaturen sinken auf 10 bis 3 Grad.

Donnerstag ... regeneriert der zweite schwächere Randtrog den ersten Randtrog
über Deutschland und Polen. Mit der westlichen Strömung gelangen weitere
Feuchtefelder zu uns. Zudem gibt es über dem Nordostatlantik eine Zyklogenese
durch einen von Grönland ausgehenden Trogvorstoß. Die Warmfront dieses Tiefs
erreicht zum Abend hin den Westen Deutschlands. Zuvor nimmt der Gradient weiter
zu, weil der vorgelagerte flache Rücken über den Britischen Inseln den Druck von
Süden leicht steigen lässt. Von der Mitte bis in den Süden gibt es daher starke
Böen Bft 7 bis ins Tiefland, im Bergland Sturmböen bis hin zu einzelnen
orkanartigen Böen Bft 11 auf den höheren Gipfeln. Auch an der Küste ist es
windig mit starken, an der Nordsee stürmischen Böen Bft 8.
Der Druckanstieg hemmt die fast überall zu erwartende Schauer- und
Gewittertätigkeit im Süden.
Die Temperaturen bleiben mit 13 bis 18 Grad im normalen bis leicht zu milden
Bereich.



Modellvergleich und -einschätzung
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Auch wenn die Basisfelder sehr ähnlich aussehen, gibt es vor allem bei den
Niederschlägen bereits ab dem morgigen Dienstag größere Diskrepanzen. Auf
Details wurde im obigen Text aber schon eingegangen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Simon Trippler