DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

05-10-2019 17:01
SXEU31 DWAV 051800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 05.10.2019 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Am Sonntag im Westen und Süden regnerisch (Dauerregen in Staulagen nicht
ausgeschlossen), sonst im Einflussbereich eines Skandinavienhochs zunächst
ruhiges und kühles Wetter mit Nachtfrostgefahr. Am Dienstag Umstellung auf West
zyklonal.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 12 UTC
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Aktuell ... befindet sich Deutschland im Randbereich eines Höhentroges mit
Drehzentrum knapp östlich der Kola-Halbinsel, der über das Baltikum hinweg bis
nach Südosteuropa reicht und der einen nach Südnorwegen gerichteten Randtrog
aufweist. Flankiert wird dieser Trog von einer blockierenden Höhenantizyklone
über dem Nordmeer, die wiederum ein umfangreiches Bodenhoch über der
Norwegischen See und Skandinavien stützt. Ausgehend von diesem Hochdruckgebiet
und gestützt durch einen weiteren Höhenrücken, der sich von den Britischen
Inseln zur südwestlichen Nordsee verlagert, kann sich ein aktuell nach
Nordwestdeutschland gerichteter Keil weiter südostwärts ausweiten, wobei dessen
Achse aber gleichzeitig nach Osten vorankommt und sich morgens bereits knapp
östlich des Vorhersagegebietes befindet.
Der äußerste Süden Deutschlands wird anfangs noch vom okkludierten Frontensystem
eines Tiefs über der Slowakei beeinflusst, welches sich bis Sonntagfrüh nach
Ungarn verlagert und sich allmählich auffüllt. Vor allem an den Alpen fällt
somit zunächst noch Regen, der im Laufe der Nacht dann allerdings aufhört.
Ansonsten steht eine wettertechnisch ruhige Nacht ins Haus. An bzw. knapp
unterhalb einer Absinkinversion, die sich in etwa 800 hPa befindet, hält sich in
der Mitte und im Süden vielerorts recht kompakte Sc-Bewölkung, die im Laufe der
Nacht vor allem nach Osten zu gebietsweise stärker auflockern kann. Im Norden
und Nordosten ist der Himmel dagegen aufgelockert, teils auch gering bewölkt.
Dorthin gelangt in Trognähe höhenkältere Luft (unter -25 Grad in 500 hPa), die
entsprechend für bessere Durchmischung sorgt. Im Ostseeumfeld reicht bei
Temperaturen um -3 Grad in 850 hPa und etwa 13 bis 15 Grad
Wasseroberflächentemperatur die Labilität auch nachts noch für einzelne Schauer,
die Wahrscheinlichkeit für Gewitter ist aber nur gering.
Mit Abzug des Hochkeils setzt im Westen und Südwesten im Laufe der Nacht wieder
Druckfall ein. Kräftige WLA überläuft bereits den zur südwestlichen Nordsee
ziehenden und immer flacher werdenden Höhenrücken und macht sich auch in Teilen
des Vorhersagegebietes anhand aufziehender hoher und mittelhoher, ganz im Westen
in den Frühstunden auch tieferer Wolkenfelder bemerkbar. Von der Eifel bis zum
Pfälzer Wald setzt ausgangs der Nacht Regen ein.
Lediglich im Nordosten und Osten ist es in den Frühstunden noch gebietsweise
gering bewölkt. Dort kann sich örtlich Nebel bilden und verbreitet gibt es
Bodenfrost. In Senken und Muldenlagen sowie in einigen Mittelgebirgstälern
reicht es gebietsweise auch für Luftfrost.

Sonntag ... greift ein recht scharf ausgeprägter kurzwelliger Höhentrog auf die
Britischen Inseln über und tropft in etwa über England aufgrund der
Blockadewirkung der über dem Nordmeer liegende Höhenantizyklone aus. Das daraus
resultierende Cut-Off-Tief wird in weiterer Folge vom über Nord- und Osteuropa
liegenden Höhentrog eingefangen und zieht bis zum Abend zur belgischen
Kanalküste. Mit dem Cut-Off-Prozess geht auch am Okklusionspunkt eines auf die
Britischen Inseln übergreifenden Frontensystems eine Zyklogenese einher, das
entsprechende Bodentief befindet sich abends nahezu achsensenkrecht unterhalb
des Höhentiefs. Dabei wird die durch die WLA induzierte Hebung noch zusätzlich
durch PVA auf der diffluenten Trogvorderseite verstärkt. Somit intensivieren
sich mit Annäherung des (eventuell sogar leicht verwellenden und deshalb
eingebremsten) Frontensystems die Regenfälle im Westen und Südwesten
Deutschlands und weiten sich nach Osten aus. Nachts regnet es dann etwa entlang
und südwestlich einer Linie Westmünsterland - Vogtland. In den Staulagen der
west- und südwestdeutschen Modelle sowie im Oberallgäu werden eventuell die
Warnschwellen für Dauerregen (über 25 mm in 12 bzw. über 30 mm in 24 Stunden,
Zeitraum meist zwischen Sonntag, 06 und Montag, 06 UTC) angekratzt, zumindest
nach Lesart des ICON-EU; GFS und IFS haben geringere Mengen auf der Karte. Auch
die Probabilistik verhält sich sehr zurückhaltend, lediglich COSMO-LEPS und
ICON-EU-EPS haben geringe Wahrscheinlichkeiten für Dauerregen im Schwarzwald und
(bis Montag, 12 UTC) im Oberallgäu auf der Agenda. Somit drängt sich aus
aktueller Sicht nicht unbedingt eine entsprechende Warnung auf.
Im Norden und Nordosten Deutschlands dominiert am Südrand des unverändert
umfangreichen Hochdruckgebietes über dem Nordmeer und Skandinavien
antiyzklonaler Einfluss, wobei von Osten her recht kalte Festlandsluft dorthin
gelangen kann. Eventuell reicht die diabatische Komponente im Ostseeumfeld noch
aus, um genügend Labilität für einzelne kurze Schauer zu generieren, ansonsten
scheint aber neben lockeren Wolkenfeldern dort häufig die Sonne. Mit Annäherung
des Tiefs verschärft sich der Gradient vor allem über dem Nordwesten und der
Mitte des Landes, so dass dort der Wind aus Ost bis Südost auffrischt. Im
Nordseeumfeld reicht es eventuell für steife Böen (Bft 7), ebenso in den
Gipfellagen der zentralen Mittelgebirge, wo zum Abend hin auch mal eine
stürmische Böe (Bft 8) nicht ausgeschlossen ist. Auch an der Südflanke des Tiefs
reicht der Gradient abends zumindest in den Hochlagen (Schwarzwald) für einzelne
steife, auf exponierten Gipfeln eventuell auch stürmische Böen, allerdings aus
West bis Südwest.
In den Südwesten an der Südflanke des Tiefs wird etwas mildere Luft gesteuert,
die Temperatur in 850 hPa liegt am Abend somit zwischen -3 Grad auf Rügen und +6
Grad im Breisgau. Am Boden macht sich das aber aufgrund der dichten Bewölkung
kaum bemerkbar, die Höchstwerte liegen meist zwischen 11 und 15 Grad (letztere
am ehesten im südlichen Oberrheingraben und am Hochrhein), in Regionen mit
Dauerregen werden kaum 10 Grad erreicht.

In der Nacht zum Montag verlagert sich das Cut-Off-Tief zu den Seealpen, das
zugehörige Bodentief füllt sich über Nordfrankreich auf. Somit kommen die von
ihm ausgehenden dynamischen und frontalen Hebungsprozesse allmählich zum
Erliegen, die Regenfälle schwächen sich vor allem im Laufe der zweiten
Nachthälfte ab und ziehen sich bis Montagvormittag in die Regionen südlich der
Donau zurück. Wie weiter oben erwähnt, besteht dabei vor allem in den Staulagen
des Oberallgäus ein geringes Risiko für Dauerregen bis Montagvormittag.
Mit Auffüllen des Bodentiefs weitet sich das skandinavische Hochdruckgebiet
wieder weiter nach Süden aus. Im Norden und Osten verläuft die Nacht somit oft
gering bewölkt, abgesehen von lockerer Konvektionsbewölkung an den Küsten, die
an der Ostsee eventuell auch noch kurze Schauer bringen kann. Örtlich kann sich
Nebel bilden und in Senken- bzw. Muldenlagen muss erneut mit leichtem Frost
gerechnet werden.
Auch in den mittleren Landesteilen und im Westen lockert die anfangs dichte
Bewölkung zeitweise auf, wobei dann ein höheres Nebelrisiko besteht.
Kurz anzusprechen bleibt noch der Wind. Nach vorübergehender Zunahme in der
ersten Nachthälfte (inklusive einzelne stürmischer Böen auf exponierten
Mittelgebirgsgipfeln und steifer Böen über der offenen Nordsee) nimmt er
ausgangs der Nacht rasch ab und ist dann voraussichtlich nicht mehr
warnrelevant.

Montag ... verlagert ein umfangreicher Langwellentrog über dem Nordatlantik sein
Drehzentrum ins Seegebiet südlich von Island und weitet sich Richtung Nordwest-
bzw. Westeuropa aus. Da auch der Höhentrog über Nordosteuropa kaum Anstalten
macht, sich nach Osten zu bewegen, wird das Höhenhoch über dem Nordmeer mächtig
in die Zange genommen. Gleichzeitig verlagert sich ein durch kräftige WLA an der
Südflanke des Troges gestützter Höhenrücken über dem nahen Ostatlantik bzw. den
Britischen Inseln unter Verkürzung seiner Wellenlänge bis zum Abend zur Nordsee.
Somit bleibt in den mittleren und höheren Troposphärenschichten, also auch in
700 hPa, die nördliche Strömung bestehen, so dass es an den Alpen noch längere
Zeit anstauen kann. Die Niederschläge klingen zwar mehr und mehr ab - am Abend
regnet es, wenn überhaupt, nur noch östlich des Inns - allerdings bleibt es noch
überwiegend stark bewölkt bis bedeckt.
Ansonsten dominiert Hochdruckeinfluss, wobei das Skandinavienhoch rasch abgebaut
wird. Übrig bleibt ein flaches Bodenhoch, das seinen Schwerpunkt von
Südskandinavien bis zum Abend nach Mitteleuropa verlagert. Somit scheint vor
allem im Norden und Osten Deutschlands im Einflussbereich trockener und kühler
Festlandsluft neben wenigen, Richtung Ostsee auch häufigeren Quellwolken meist
die Sonne. Im Westen und Süden vermag es der niedrige Sonnenstand nicht mehr,
die feuchte Grundschicht genügend abzutrocknen. Dort hält sich gebietsweise
recht dichte Sc-Bewölkung, die ab und zu aber auch mal größere Lücken bekommt.
An den Temperaturen ändert sich gegenüber dem Vortag nur wenig.

In der Macht zum Dienstag schwenkt der Höhenrücken unter Amplitudenverlust und
weiterer Abflachung nach Mitteleuropa, die Höhenströmung zonalisiert somit
deutlich. Die WLA vorderseitig des nordatlantischen Höhentroges greift damit
über Mitteleuropa hinweg bis nach Osteuropa aus.
Das Frontensystem des hochreichenden Zentraltiefs südlich von Island überquert
im Laufe der Nacht unter fortschreitendem Okklusionsprozess die Britischen
Inseln und erreicht morgens die Kanalküste. Vorderseitig der Warmfront setzen im
Laufe der zweiten Nachthälfte im Westen und Nordwesten Deutschlands leichte
Regenfälle ein.
Der Wind frischt mit Frontannäherung im Laufe der Nacht in der Nordwesthälfte
wieder deutlich aus Süd bis Südwest auf, im Nordseeumfeld gibt es ausgangs der
Nacht einzelne steife, auf Helgoland eventuell auch stürmische Böen, ebenso auf
dem Brockenplateau.
Im Osten und Südosten verläuft die Nacht dagegen anfangs noch teils gering
bewölkt, erst gegen Morgen werden auch dort die Wolken dichter. In ungünstigen
Lagen kann es im Erzgebirge, in der Lausitz und im Südosten Bayerns nochmals für
leichten Frost reichen und stellenweise bildet sich Nebel.

Dienstag ... ist die Umstellung auf "West zyklonal" vollzogen. Das hochreichende
Zentraltief knapp südlich Islands verlagert sein Drehzentrum kaum nach Osten,
der zugehörige Trog (in 500 und in 300 hPa) erreicht die Britischen Inseln. Der
weiter abflachende Höhenrücken kommt nach Osteuropa voran, so dass sich über
Mitteleuropa eine kräftige und zunehmend diffluente westsüdwestliche
Höhenströmung einstellt.
Im Bodenfeld greift das Frontensystem des steuernden Zentraltiefs südlich von
Island auf das Vorhersagegebiet über, wird aber durch eine Teiltiefbildung im
Lee des Norwegischen Küstengebirges eingebremst. Die Kaltfront erreicht bis zum
Abend die mittleren Landesteile, gerät dort aber aufgrund
höhenströmungsparalleler Exposition ins Schleifen, wobei sich über
Nordfrankreich die Entwicklung eines Wellentiefs andeutet.
Vor allem im Südosten des Landes ist es zunächst noch aufgelockert bewölkt,
ansonsten bleibt es bedeckt und die zunächst meist leichten Regenfälle kommen
rasch ostwärts voran. Trocken bleibt es bis zum Abend höchstens noch Richtung
Alpen und Hochrhein bzw. im äußersten Südosten Bayerns. Mit Annäherung der
flachen Welle über Nordfrankreich verstärken sich am Nachmittag und Abend im
Westen bzw. in der (südlichen) Mitte (nach Lesart des aktuellen ICON-EU vor
allem vom südlichen Rheinland-Pfalz und Nordbaden bis nach Südhessen, Nordbayern
und ins südliche Thüringen), wobei kräftige PVA den frontalen Hebungsantrieb im
Vorfeld der Welle stützt und verstärkt. Erneut kann es ab den
Nachmittagsstunden bis in die Nacht zum Mittwoch hinein in den Staulagen der
Mittelgebirge für warnrelevante Mengen reichen.
Postfrontal lassen die Regenfälle in der Nordhälfte nachmittags rasch nach, vor
allem im Nordwesten können sich innerhalb der bis etwa 600 hPa hinauf leicht
labil geschichteten Luftmasse (etwa 100 bis 150 J/kg ML-Cape können nach Lesart
des ICON-EU dort generiert werden) noch einzelne kurze Schauer, eventuell auch
Gewitter entwickeln.
Von Warnrelevanz ist der Wind: Mit Frontpassage kann es vor allem im Nordwesten
und Westen in freien Lagen einzelne Böen Bft 7 aus Südwest, später West bis
Nordwest geben, im Nordseeumfeld vorübergehend auch stürmische Böen (Bft 8). In
den Kamm- und Gipfellagen der Mittelgebirge muss mit stürmischen Böen, auf
exponierten Gipfeln mit Sturmböen gerechnet werden, auf dem Brocken ist auch
eine Bft 10 nicht ausgeschlossen. Postfrontal lässt der Wind in der Nordhälfte
aber am Nachmittag und Abend bereits wieder nach.
Mit dem Frontensystem gelangt milde Meeresluft ins Vorhersagegebiet. Somit
steigen die Höchsttemperaturen wieder etwas an und erreichen Werte zwischen 11
Grad im Nordosten und 16 Grad im Westen, ganz im Süden, Richtung Alpen sowie am
Hochrhein, können es bei etwas Sonnenschein und auffrischendem Südwestwind auch
18 oder 19 Grad werden.



Modellvergleich und -einschätzung
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Alle vorliegenden Modelle simulieren im Kurzfristzeitraum eine sehr ähnliche
Wetterentwicklung. Einmal mehr simuliert ICON-EU am Sonntag/Nacht zu Montag für
die Staulagen höhere Niederschlagsmengen als GFS und IFS (von 00 UTC), dennoch
drängt sich eine Dauerregenwarnung aus aktueller Modellsicht nicht unbedingt
auf. Auch die Probabilistik hält sich sehr zurück.
Der Übergang zu einer zyklonalen Westlage ab Dienstag wird auch von allen
Modellen sehr ähnlich gezeigt, IFS von 00 UTC simuliert den Höhenrücken noch
etwas flacher und lässt das Frontensystem in der Nacht zum Dienstag ein wenig
rascher nach Osten vorankommen als GFS und ICON.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff