DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

03-10-2019 09:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 03.10.2019 um 10.30 UTC



Wechselhaft, häufige, aber nicht allzu ergiebige Niederschläge, kühl.
__________________________________________________________

Synoptische Entwicklung bis zum Donnerstag, den 10.10.2019


Zu Beginn des Mittelfristzeitraumes, am Sonntag, gelangt am Rande eines
Langwellentroges, der von der Barentssee über das Baltikum bis ins östliche
Mitteleuropa reicht, von Norden her maritime Polarluft auf mehr oder weniger
direktem Wege nach Deutschland. Die Temperatur in 850 hPa ist am Sonntag, 00 UTC
auf Werte zwischen -4 Grad im Nordosten und +4 Grad im Südwesten gesunken.
Dem Trog steht ein umfangreicher Höhenrücken über West- und Nordwesteuropa
gegenüber, wobei sich ein eigenständiges Höhenhoch über dem Nordmeer abgekapselt
hat und ein umfangreiches Bodenhoch über der Norwegischen See bzw. Skandinavien
stützt, von dem ausgehend ein Keil bis in den Norden und Osten Deutschlands
reicht. Mit Annäherung eines Kurzwellentroges vom Ostatlantik her wird der
Rücken über den Britischen Inseln vorübergehend abgebaut, aufgrund der
Blockadewirkung des Höhenhochs tropft der Trog allerdings im Tagesverlauf über
England ab, das daraus resultierende Cut-Off-Tief zieht zusammen mit einem
nahezu achsensenkrecht positionierten Bodentief bis Montag, 00 UTC nach
Ostfrankreich. Mit Annäherung des Tiefs weiten sich im Tagesverlauf Regenfälle
leichter bis mäßiger Intensität nach West- und Süddeutschland aus, im Weststau
einiger Mittelgebirge kann es dabei auch kräftiger regnen.
Im Norden und Osten scheint bei zeitweise böig auffrischendem Ostwind (später
eventuell mit starken bis stürmischen Böen über der offenen Nordsee) dagegen
zeitweise die Sonne, trotz nicht allzu hochreichender Labilität kann es vor
allem an der Ostseeküste eventuell für einzelne kurze Schauer reichen. Mit
Höchstwerten zwischen 8 und 14 Grad bleibt es recht frisch, nachts kann es vor
allem im Nordosten und Osten leichten Frost geben.
Am Montag wird das Cut-Off-Tief vom Trog über Nordost- bzw. Osteuropa
eingefangen und zieht unter starker Amplifizierung (das Rhonetal und vor allem
die Überströmung der Alpen begünstigen diese Entwicklung) bis Dienstag, 00 UTC
nach Sizilien. Dadurch wird eine kräftige Zyklogenese über dem Tyrrhenischen
Meer in Gang gesetzt, womit in Teilen des zentralen Mittelmeerraumes mit
heftigen Regenfällen und Sturm zu rechnen ist.
In Deutschland bekommt man von alldem kaum etwas mit. Im Bereich des abziehenden
Tiefs fällt Richtung Alpen anfangs noch Regen, der im Tagesverlauf nachlässt.
Ansonsten herrscht mit Annäherung eines Höhenrückens von Westen her
Zwischenhocheinfluss. Das Bodenhoch wird zwar allmählich abgebaut, bleibt aber
noch wetterbestimmend. Mit der Regenerierung des Osteuropatroges gelangt
vorübergehend nochmals ein Schwall kalter Polarluft von Norden her ins
Vorhersagegebiet, so dass die Temperatur in 850 hPa noch ein wenig zurückgeht.
Im Nordosten, insbesondere an der Ostseeküste, kann es eventuell auch den ein
oder anderen Schauer geben, ansonsten bleibt es meist trocken, aber mit
höchstens 8 bis 13 Grad recht frisch.
In der Nacht zum Dienstag schwenkt der Höhenrücken unter Amplitudenverlust rasch
über Mitteleuropa hinweg ostsüdostwärts. Gleichzeitig weitet sich ein
umfangreicher und langwelliger Höhentrog mit Drehzentrum südlich Islands
Richtung Nordwesteuropa auf. Trogvorderseitige WLA überläuft den Höhenrücken und
korrespondierend dazu greift das Frontensystem eines Sturmtiefs südlich von
Island im Laufe der Nacht von den Britischen Inseln auf die Nordsee über. Im
Nordwesten Deutschlands kann es mit dessen Annäherung bereits morgens bei
kräftig auffrischendem Südwind etwas regnen, ansonsten bleibt es noch trocken.
Vor allem im Osten und Süden muss bei teils geringer Bewölkung vielerorts mit
leichtem Frost gerechnet werden.
Im Laufe des Dienstags schwenkt das Frontensystem rasch über Deutschland hinweg
ostwärts. Verbreitet gibt es (allerdings nicht allzu ergiebige) Niederschläge.
Im Warmsektor steigt die Temperatur in 850 hPa in Süddeutschland vorübergehend
deutlich an, ansonsten bewegt sie sich im Einflussbereich subpolarer
Meeresluftmassen meist zwischen 2 und 5 Grad.
In den Folgetagen stellt sich am Rande eines hochreichenden und
zentralsteuernden Tiefs im Seegebiet zwischen Island und Schottland eine
zyklonale Westlage ein. Dabei werden meist kurzwellige Randtröge mit
korrespondierenden Frontensystemen rasch über Mitteleuropa hinweg ostwärts
geführt und führen immer wieder zu Regenfällen. Der meist westliche Wind kann
vor allem an den Küsten in Böen zeitweise stürmisch auffrischen, auf den
Berggipfeln gibt es häufig Sturmböen. Die Temperaturen in 850 hPa bewegen sich
meist zwischen 1 und 5 Grad, insgesamt bleibt es somit wohl etwas milder als zu
Beginn der Mittelfrist, Nachtfröste dürften vorerst keine mehr auftreten.


__________________________________________________________

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Der aktuelle Lauf des IFS erweist sich als sehr konsistent zu seinen beiden
Vorgängern. Die Zugbahn des Cut-Off-Tiefs am Sonntag wurde vom Vorlauf fast
identisch simuliert, vom gestrigen 00 UTC-Lauf auf etwas südlicherer Zugbahn,
was auch gewisse, aber nicht gravierende Auswirkungen auf die räumliche
Verteilung (aktueller Lauf weiter nördlich als der 00 UTC-Lauf von gestern) und
Intensität (aktueller Lauf höhere Mengen) der Niederschläge hat.
Die sich ab Dienstag einstellende zyklonale Westlage ist unstrittig und wurde
von den beiden Vorläufen ähnlich gezeigt. Kleinere Differenzen gibt es natürlich
bzgl. der Geschwindigkeit und Intensität der durchschwenkenden Randtröge bzw.
der korrespondierenden Frontensysteme.
__________________________________________________________

Vergleich mit anderen globalen Modellen


Bzgl. des Cut-Off-Tiefs am Sonntag gibt es noch Modelldifferenzen. Dabei
simulieren GFS und ICON eine gegenüber dem IFS etwas nördlichere Zugbahn des
Tiefs, nämlich nicht über Nordfrankreich, sondern über Belgien hinweg Richtung
Alpenraum. Entsprechend sollen sich auch die Niederschläge über Westdeutschland
weiter nach Norden, bis zum Münsterland, ausweiten.
Die nördlichste Variante hat aber das GEM auf der Agenda. Über die Niederlande
und Westdeutschland hinweg ziehend wird das Tief am Montagfrüh über Nordbayern
simuliert. Nach dieser Variante soll es lediglich ganz im Norden und im
Nordosten trocken bleiben, ansonsten werden verbreitet Niederschläge simuliert,
die auch am Montag noch weiter nach Norden reichen als nach den anderen
Modellen.
In weiterer Folge, in der Nacht zum bzw. am Dienstag, simulieren ICON und GFS
den über Mitteleuropa hinweg schwenkenden Höhenrücken etwas markanter als IFS
und GEM. Während es nach Lesart der beiden letztgenannten Modelle bereits in den
Frühstunden des Dienstags im Nordwesten zu regnen beginnt, setzen die
Niederschläge nach ICON und GFS erst am späteren Vormittag ein. Ab Dienstag
zeigen alle vorliegenden Modelle den Übergang zu einer zyklonalen Westlage. Das
zentralsteuernde und hochreichende Tief befindet sich zunächst im Seegebiet
zwischen Island und Schottland. Während es nach IFS dort bis einschließlich
Donnerstag immer wieder regeneriert wird, sich aber ein zweiter kräftiger
Höhentrog über Nordosteuropa etablieren kann, befindet es sich dann nach Lesart
des ICON mit seinem Drehzentrum südwestlich von Island und zwischen dem
ebenfalls kräftigen Nordosteuropatrog kann sich ein flacher Rücken über
Westeuropa etablieren. GFS fährt eine dem IFS ähnliche Variante, wobei sich das
Drehzentrum des Höhentiefs allmählich Richtung Norwegische See verlagert und
mehr Einfluss auf das Wetter in Mitteleuropa ausüben kann.
Den generellen Wetterablauf hierzulande betreffend, ergeben sich somit nur wenig
Unterschiede: Es bleibt unbeständig mit häufigen und mal weniger, mal mehr
intensiven (aber wohl nur selten Warnrelevanz aufweisenden) Niederschlägen,
zeitweise windig und verhältnismäßig kühl.
__________________________________________________________

Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Clusteranalyse verteilt die 49 Ensemblemember, den Haupt- und Kontrolllauf
im Zeitraum T+72-96 Stunden auf 6 Cluster. Dabei ergeben sich unter anderem -
wen wunderts - Unterschiede bzgl. des Cut-Off-Tiefs am Sonntag/Montag. Cluster 1
(14 Member, inkl. Kontrolllauf) zeigt es schwächer als im Hauptlauf, der sich in
Cluster 2 (zusammen mit 12 Membern) befindet. Cluster 3 (9 Member) fährt eine
etwas südlichere Variante, ähnlich wie der gestrige 00 UTC-Lauf. Cluster 4 und 5
(7 bzw. 6 Member) ähneln der GFS- bzw. ICON-Variante mit einer etwas
nördlicheren Zugbahn, während Cluster 6 (2 Member) der GEM-Variante ähnelt.
Ebenfalls 6 Cluster ergeben sich für den nächstfolgenden Zeitraum (T+120-168
Stunden). Fast alle Cluster (jeweils 15, 9, 8, 7, 6 und 6 Member, Hauptlauf in
Cluster 1) zeigen den Übergang zu einer mehr (Cluster 2 (ähnlich GFS) und 5)
oder etwas weniger (Cluster 1,3 und 4) zyklonalen Westlage über West- und
Mitteleuropa. Cluster 6 zeigt das anfangs in allen Clustern noch vorhandene
blockierende Höhenhoch über Nordeuropa auch zu Beginn der zweiten Wochenhälfte
weiter nach Süden reichend und tendiert eher Richtung Winkelwest.
Richtung übernächstes Wochenende (T+192-240 Stunden) ergeben sich dann größere
Differenzen. Die ersten beiden Cluster (18 bzw. 10 Member) markieren den
Übergang zu einer mehr (Cluster 1) oder weniger (Cluster 2) antizyklonalen
Südwestlage, ähnlich wie auch das GEM. Cluster 3 (7 Member) und 4 (6 Member,
inklusive Hauptlauf) belassen es mehr oder weniger bei Südwest bis Nordwest
zyklonal, während Cluster 5 und 6 (jeweils 5 Member) Richtung Trog Mitteleuropa
tendieren.
Die Rauchfahnen für verschiedene Orte in Deutschland ordnen sich gut in dieses
Muster ein. Die Kurvenschar der 850 hPa-Temperatur verläuft bis einschließlich
Donnerstag in einem relativ engen Spread, vor allem von Sonntag bis Dienstag mit
wenigen Ausreißern nach oben bzw. unten, die den Unschärfen bzgl. der Zugbahn
des Cut-Off-Tiefs am Sonntag und Montag bzw. des Übergreifens des atlantischen
Frontensystems am Dienstag geschuldet sind. Mittwoch und Donnerstag bewegen sich
mit sehr wenigen Ausnahmen fast alle Member im Temperaturbereich zwischen 1 und
5 Grad. Ab Freitag wird der Spread vor allem nach oben wieder deutlich größer.
Vor allem für den Dienstag und Mittwoch (in Süddeutschland natürlich auch für
Sonntag bzw. der Nacht zum Montag) simulieren quasi alle Member Niederschläge.

Fazit:
Mal abgesehen von den oben genannten leichten Unschärfen am Sonntag/Macht zum
Montag steht zumindest bis Donnerstag der grobe Fahrplan: Nach kurzem
Zwischenhocheinfluss am Montag bzw. eher der Nacht zum Dienstag stellt sich eine
windige und niederschlagsträchtige Westwetterlage ein. Zwar gibt es häufige,
aber keine allzu ergiebigen Regenfälle. Die Temperaturen bewegen sich anfangs
wohl knapp unterhalb, im weiteren Verlauf dann im Bereich der für diese
Jahreszeit üblichen Werte.
Für die erweiterte Mittelfrist lassen sich aktuell noch keine verlässlichen
Aussagen treffen. Vom goldenen Oktober bis zur Troglage mit weiteren
Niederschlägen (in den höchsten Mittelgebirgslagen eventuell auch schon teils
als Schnee) scheint alles möglich.

_________________________________________________________

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Zwar beschert uns der Mittelfristzeitraum durchaus abwechslungsreiches Wetter,
allerdings gibt es kaum Signale für signifikante bzw. warnrelevante
Wettererscheinungen. Lediglich in den Westtaulagen in erster Linie des
Schwarzwaldes und des Oberallgäus können zunächst am Sonntag/Nacht zu Montag und
dann wieder im Zeitraum Dienstag bis Donnerstag vereinzelt die Warnschwellen für
Dauerregen (über 25 mm in 12 bzw. über 40 m in 24 Stunden) eventuell
überschritten werden.
Von Warnrelevanz ist sicherlich der Wind, aber auch nur in den Hochlagen der
Mittelgebirge und der Alpen, eventuell auch an den Küsten. Ab Dienstag kann es
dort immer wieder stürmische Böen aus westlichen Richtungen geben, auf
exponierten Gipfeln eventuell auch Sturmböen.
EFI zeigt vor allem am Sonntag/Montag sowie in der Nacht zum Dienstag schwache
Signale für etwas zu niedrige Temperaturen. Ab Dienstag bewegt sich das
Temperaturniveau überwiegend im für die Jahreszeit üblichen Rahmen.
________________________________________________________

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-EPS, MOSMIX
________________________________________________________


VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Winninghoff