DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

02-10-2019 17:01
SXEU31 DWAV 021800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 02.10.2019 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Anfangs Dauerregen an den Alpen und einzelne Gewitter im Norden. Nachts aber
weitere Wetterberuhigung und spürbar kälter als zuletzt. Ab der Nacht zum
Samstag vielleicht im Süden wieder Dauerregen.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 12 UTC
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Aktuell ... erreicht die Kaltfront eines Tiefs über dem Baltikum die Alpen und
überquert diese in den nächsten Stunden. An ihr treten anfangs noch lokale
Gewitter mit Starkregen oder Windböen auf. Der nachfolgende Höhentrog schwenkt
unter Amplifizierung ostwärts und liegt mit seiner achse am Donnerstagmorgen
über Westpolen bis hinunter nach Norditalien. Auch ein daran gekoppelter
Bodentrog überquert die Nordosthälfte und löst dort den ein oder anderen Schauer
aus. Die Gewitter, die es am Nachmittag auch im Norden, in der einströmenden
polaren Meeresluft gegeben hat, sollten nachts kein Thema mehr sein.
Über dem Süden und Südwesten macht sich die Nähe einer Hochdruckzelle über
Frankreich mit Auflockerungen bemerkbar. Diese steht in Verbindung mit einem
Höhenrücken über der Biskaya und GB, der nur sehr pomadig seinen Ostkurs
fortsetzt.
Die zunächst frontalen, dann eher staubedingten Niederschläge an den Alpen
lassen nach, wobei die einfließende Kaltluft zu weiterer Abkühlung und bei 0 bis
-1 Grad in 850 hPa zu einem Absinken der Schneefallgrenze auf 1100 bis 1300 m
führt.
Viel fällt dann aber nicht mehr, lediglich in Lagen oberhalb 1500m fallen einige
cm Neuschnee. Der Gradient gibt nicht mehr viel her; an der Westflanke des
abziehenden Tiefs langt es nur an der See und im höheren Bergland für
warnrelevante Böen von Bft 7 an der Küste und einzelnen stürmischen Böen im
höheren Bergland.
Dem Umstand, dass sich Wolken halten und der Wind nicht ganz einschläft, haben
wir es wohl zu verdanken, dass sich negative Temperaturen (am Boden) auf einige
ungünstige Lagen im höheren Bergland beschränken.

Donnerstag ... greift das aus dem Hurrikan Lorenzo hervorgegangene Sturmtief
insofern ins Geschehen über Westeuropa ein, als dass es den dort liegenden
Höhenrücken nach Osten in Bewegung bringt und selbst ins Seegebiet nordwestlich
Irlands zieht. Die Zugbahn des Tiefs ist dabei immer noch nicht sicher,
allerdings haben sich die Modell- und Konsistenzunterschiede deutlich
verringert.

Der Höhentrog schwenkt derweil nach Osteuropa weiter, womit wir in eine
nordwestliche Höhenströmung gelangen, vor dem oben erwähnten Rücken. Damit
weitet sich das Hoch über Frankreich nach Deutschland hinein aus, kann sich
aber nur limitiert bei uns entfalten und schwächt sich im Tagesverlauf auch
schon wieder ab.

Die mit der nordwestlichen Höhenströmung zu uns gelangende kalte Luftmasse (T850
zwischen -1 Grad im Nordosten und +2 Grad im Westen) bleibt unterhalb einer
Absinkinversion in ca. 700 hPa feucht bei leicht instabiler Schichtung. Durch
kurzwellige Tröge zusammen mit leichter Warmluftadvektion um den Rücken herum
wird noch ein gewisser Hebungsimpuls ausgelöst.

Kurz und gut, außer im Südwesten (Hochnähe) und von Schleswig-Holstein bis
Sachsen-Anhalt (Skandenföhn) wird es wohl nix mit großartigen Sonnenanteilen.
Wolkiger Himmel überwiegt und vor allem im Stau der Bergländer bleibt es trüb
mit leichtem Regen oder Nieselregen, abseits davon sind ein paar schwache
Schauer möglich.

Warntechnisch ist aber am Feiertag nicht viel auf der Karte, da sich
auch der Wind zurückhält und außer ein paar 7er Böen anfangs an der Ostsee
und stürmischen Böen aus Nordwest im östlichen, höheren Bergland
nicht viel zu bieten hat.

In der Nacht zum Freitag setzt sich der rasch abflachende Höhenrücken über
Westeuropa schneller nach SE in Bewegung und erreicht (als leicht antizyklonale
Krümmung der Isohypsen) Deutschland.
Das Bodenhoch zieht nach Österreich ab und wir kommen auf die
Vorderseite von Ex Lorenzo, der zur Irischen See zieht. Die WLA wird
stärker und lässt hohe und mittelhohe Bewölkung aufziehen. Ganz im
Nordwesten/Westen fällt zum Morgen Regen, sonst klingen die Schauer ab. Der Wind
dreht auf südöstliche bis südliche Richtungen, frischt im Westen leicht auf,
ohne dass er warnrelevant wird. Im Süden und im äußersten Nordosten gibt MOS
Hinweise auf Bodenfrost, der sonst durch die Wolken kein Thema sein dürfte. Im
Süden ist auch vereinzelt Frost in 2m Höhe möglich.

Freitag ... zieht Ex Lorenzo nach Südengland, wo er nach aktueller Modelllage
verkümmern soll. Von dort aus wird nun aber eine Tiefdruckrinne simuliert, die
sich bis in den Nordwesten Deutschlands vorarbeiten kann. Das zum Sturm gehörige
Höhentief kann sich aber noch dem nordosteuropäischen Trog angliedern und wird
als Randtrog nach Südosten; über die Nordsee zu uns gesteuert. Im Zusammenspiel
von der PVA mit stärker werdender Warmluftadvektion kommen von Westen her
Regenfälle auf, die sich über die Mitte nach Osten ausbreiten. Am ehesten
trocken bliebe es demnach anfangs in den östlichen Ladnesteilen, bevor auch dort
der Regen einsetzt.
Insgesamt steht damit ein herbstlich kühler und trüber Tag an.
Die Maxima liegen meist zwischen 10 und 15 Grad, lediglich in Südostbayern, wo
föhnige Auflockerungen anfangs zu finden sind, kann es auch etwas wärmer werden.


Von Westen her frischt mit Annäherung des Tiefs der Wind wieder auf. Einzelne
steife Böen sind im Südwesten zu erwarten, im Bergland auch steife bis
stürmische Böen und exponiert Sturmböen aus südwestlicher Richtung. Über der
Nordsee und der westlichen Ostsee könnte der Wind aus östlicher Richtung
auffrischen; hier sind ebenfalls steife, exponiert stürmische Böen im Bereich
des Möglichen.
Das genaue Timing und die Zugbahn von Ex Lorenzo werden nach wie vor abweichend
simuliert, so dass Unsicherheiten verbleiben.

In der Nacht zum Samstag verlagert sich das Tief als Schwerpunkt der Rinne über
Deutschland langsam ostwärts und füllt sich leicht auf, während die Strömung in
der Höhe rückseitig des Kurzwellentroges nach Nordwest dreht. Es kommt
verbreitet zu weiteren Regenfällen, die an den Alpen staubedingt verstärkt
werden. ICON simuliert in 12 Stunden um die 30 mm im Allgäu, GFS und IFS 15 bis
20 mm, somit besteht wieder die Möglichkeit von Dauerregen. Der Wind legt im
Norden noch etwas zu und dreht auf Nordost mit steifen bis stürmischen Böen an
der See. Vor allem im südlichen Bergland gibt es Sturmböen, dort allerdings
entsprechend der Lage des Tiefs aus südwestlichen Richtungen.

Samstag ... hält sich zunächst noch die Tiefdruckrinne über der Mitte auf der
Rückseite des nach Osten abziehenden Tiefs. Sie beginnt sich aber im
Tagesverlauf aufzufüllen. Vor allem über dem Osten und Süden sorgt sie noch für
längere Regenfälle, am Alpenrand mit mehr als 10 Litern pro Quadratmetern binnen
6 Stunden eventuell auch weiter mit Warnrelevanz. Mit einer rückseitig des Tiefs
auf Nord drehenden Strömung gelangt ein neuer Schwall (erwärmter) Polarluft nach
Norddeutschland bei zurückgehenden 850 hPa Temperaturen unter 0 Grad.
Über Skandinavien kräftigt sich ein Hoch, unter dessen Einfluss sich bereits ein
beachtliches Kaltluftreservoir angesammelt (Theta 850 hPa teils einstellig).
Dort liegen die Höchstwerte meist nur noch um die +5 Grad, in Küstennähe bis 10
Grad. Hierzulande sind noch 10 bis 15 Grad zu erwarten.

An der Südflanke des Tiefs herrscht vor allem in der ersten Tageshälfte ein
strammer Höhenwind vor, worauf die Hochlagen von Schwarzwald, Alpen und
Bayerwald mit Sturmböen reagieren. In Küstennähe sorgt supergeostrophisch
verstärktes Ausfließen aus dem Hoch ebenfalls für windige Verhältnisse. Dabei
sind gebietsweise steife, exponiert stürmische Böen aus Nordost zu erwarten.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren ähnlich. Die Entwicklung der Reste von Lorenzo wird zwar
weiter uneinheitlich simuliert, die Bandbreite hat aber abgenommen, so dass sich
die Unwägbarkeiten in Grenzen halten.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner