DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

30-09-2019 16:30
SXEU31 DWAV 301800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 30.09.2019 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Wechselhafte Westwetterlage, im Nordwesten gebietsweise Stark-/Dauerregen,
anfangs windig.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 12 UTC
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Aktuell ... herrschte eine aktive Westwetterlage mit relativ weit südlicher
Frontalzone. Zwar liegt über Grönland ein ungewöhnlich kräftiges Höhenhoch. Es
hat allerdings für die mittleren Breiten keine blockierende Wirkung, da es an
seiner Südflanke von Tiefdruckgebieten umwandert wird. Eines dieser
Cut-Off-Tiefdruckgebiete nimmt gerade Kurs auf Groß-Britannien. Es entwickelt
sich im konfluenten Bereich des Jets (rechter Eingang) zu einer Shapiro Keyser
Zyklone und koppelt im weiteren Verlauf an einen Trog über Skandinavien. An der
Südflanke des skandinavischen Troges ist derweil ein Sturmtief ins Baltikum
abgezogen. Über Deutschland hat sich vorderseitig des neuen Tiefdruckgebietes
ein schwacher Höhenkeil aufgewölbt, der für Auflockerungen sorgt. Dadurch ist
der Gradient deutlich aufgefächert. Letzte Böen in der Nordosthälfte lassen im
Lauf der Nacht allmählich nach. Die Schauer ziehen sich in den Norden zurück.
Im Süden wird die Nacht unter schwächer werdenden Hochdruckeinfluss
weitestgehend klar. Im Norden zieht von Nordwesten her die Aufgleitbewölkung der
Warmfront auf, die zum Tief über Großbritannien gehör. Nachfolgend breitet sich
Regen bis in den Nordosten aus. Durch die Kopplung des Tiefs an den
Langwellentrog wird Frontogenese ausgelöst, wodurch sich eine im Temperaturfeld
stark ausgeprägte Front bildet, die über den Norden Deutschlands verläuft.

Dienstag ... hält der Regen in einem Streifen vom Emsland Ostwärts an der
schleifenden Front weiter an. An der Warmfront hat sich ein Wellentief gebildet,
das im Tagesverlauf nach Dänemark zieht. Die meisten Modelle zeigen eine starke
Intensivierung der Niederschläge vom Emsland ostwärts Richtung nördliches NRW.
Südlich der Warmfront wird sehr fechte subtropische Luft herangeführt, die labil
geschichtet ist. Dies könnte für eine konvektive Verstärkung der Niederschläge
mit erhöhtem Starkregen/ Dauerregenpotenzial in der Schleifzone sprechen. So
rechnen Super-HD sowie COSMO-DE gebietsweise über 30 mm in mehreren Stunden.
Ansonsten bleibt Deutschland zunächst im Warmsektor des Tiefs, in einer
kräftigen zonalen Strömung. Die subtropische Meeresluft lässt die
850hPa-Temperatur wieder auf über 10 °C ansteigen. In tieferen und mittleren
Schichten verläuft der Jet nun über Deutschland. Bei dem stärker werdenden
Gradienten an der Südflanke des Tiefs nimmt der Wind auf 850 hPa bis auf 50 kt
zu. Trotz relativ stabiler Schichtung sollte dies in der Mitte und im Südwesten
verbreitet für starke Böen, besonders im Lee der Mittelgebirge und auch für
einzelne stürmische Böen bis in tiefe Lagen reichen. Im Tagesverlauf überqueren
die schwache Kaltfront Deutschland ostwärts. Diese hat ihren Kontakt zum
Tiefkern verloren und weißt in Bodennähe kaum mehr scharfe Konturen auf (typisch
für SK-Zyklonen). In der Höhe erfolgt jedoch eine etwas stärkere Abkühlung,
sodass sich wahrscheinlich genug CAPE für einzelne Gewitter aufbaut, die sich
eventuell bedingt durch die hohe Scherung in einigen schwachen Linie
organisieren könnten. Dabei besteht die Gefahr von Sturmböen, eventuell auch von
schweren Sturmböen.

In der Nacht zum Mittwoch weitet sich der über Skandinavien liegende Trog
südwärts aus, wodurch eine südwestliche, aber stark zyklonale Strömung mit einem
Trog über Mitteleuropa bestehen bleibt. Hierdurch rückt die Kaltfront schleifend
bis in den südlichen Mittelgebirgsraum vor, wobei mit Frontpassage vor allem im
Bergland Wind- und exponiert stürmische Böen auftreten können. Postfrontal dreht
die bodennahe Strömung auf Nord bis Nordwest, was auch an der Nordsee wieder
Wind- und an der Nordfriesischen Küste stürmische Böen aufkommen lässt.
Ansonsten sollte der Wind nicht mehr warnrelevant sein, da der Gradient von
Westen her deutlich auffächert.

Mittwoch ... befindet sich Mitteleuropa unter dem Einflussbereich des Troges,
der sich zum Langwellentrog entwickelt hat. Die Kaltfront zieht bis zum Abend
mit stratiformen später auch konvektiv durchsetzen Regen bis in den Süden
Deutschlands. Im Tagesverlauf sind bei leicht instabiler Schichtung ganz im
Süden auch einzelne Gewitter nicht ausgeschlossen, allerdings reicht die
Instabilität nur bis ca. 550 hPa; etwas unter -10 °C. An den Alpen stellt sich
eine Staulage ein, wobei voraussichtlich Schwellen für markanten Dauerregen
gerissen werden könnten. Rückseitig fließt mit einer nordwestlichen Strömung
maritime Polarluft ein, sodass die 850-hPa-Temperatur unter 0°C sinkt. In dieser
Polarluftmasse setzt in der Mitte Absinken ein, das für Wolkenauflockerungen
sorgt. Nur der Norden wird von der er Höhenkaltluft des sich nun nicht mehr
verstärkenden Troges gestreift. Somit bleiben die Schauer auch größtenteils auf
dieses Gebiet beschränkt.
Der Wind hat sich im Vergleich zu den Vortagen deutlich abgeschwächt. Allenfalls
an der Nordsee und in den Gipfellagen der Mittelgebirge gibt es noch einzelne
stürmische Böen.

In der Nacht zum Donnerstag verbleibt Deutschland in der eingeflossenen
maritimen Polarluft. Der Höhentrog zieht ostwärts ab. Ihm folgt ein Trog im
Bodendruckfeld nach, der über den Norden zieht und dort die Schaueraktivität
aufrecht hält. Dabei verschärft sich der Gradient, sodass in Schauern einzelne
starke Böen herunter gemischt werden können.

Donnerstag ... befindet sich Deutschland an der Westflanke des nach Osteuropa
abgezogenen Trogs. Mit einer nordwestlichen Strömung fließt weiterhin erwärmte
maritime Polarluft ein (850-hPa-Temperatur ~2 °C) Während sich im Südwesten
Zwischenhocheinfluss breitmacht, wird der Nordosten immer noch vom Trog
beeinflusst. Schwache eingelagerte kurzwellentröge, die Stromabwärts nach
Südosten ziehen, sorgen besonders in der Mitte für schauerartigen Regen.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modellberechnungen sind im Wesentlichen recht ähnlich. Bezüglich des
Starkregens im Nordwesten ist Nowcasting gefragt.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Christian Herold