DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

29-09-2019 10:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 29.09.2019 um 10.30 UTC



Zunächst ruhiges Hochdruckwetter, aber herbstlich kühl mit Nachtfrostgefahr. Ab
Sonntag wieder wechselhaft.
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Synoptische Entwicklung bis zum Sonntag, den 06.10.2019


Am Mittwoch liegt Deutschland unter einem von der Barents-See über Mitteleuropa
hinweg bis ins westliche Mittelmeer reichenden Trog. In dessen Bereich stellt
sich kühles Schauerwetter ein. Im Süden und Südosten halten sich (sehr
wahrscheinlich nicht mehr warnrelevante) Niederschläge einer zuvor abgezogenen
Kaltfront. Im Norden und Nordwesten wird die Schauertätigkeit durch die nahe See
verstärkt. In einem breiten Streifen vom Westen Deutschlands in den Nordosten
hinein macht sich Absinken mit Auflockerungen bemerkbar.
Im Laufe des Donnerstags verschiebt sich das Zirkulationsmuster nach Osten. Im
Norden und in der Mitte sorgt der Trog weiterhin für eine rege Schauertätigkeit,
im Süden lassen die Niederschläge nach. Dort sowie im Westen hält sich
Zwischenhocheinfluss, so dass in der zuvor eingeflossenen Polarluft bei
Aufklaren bereits in der Nacht zuvor wie auch in der Nacht zum Freitag
Frostgefahr besteht oder zumindest Bodenfrost auftreten kann.
Am Freitag nähert sich von Westen her ein Höhenkeil, der sich bis nach
Ostgrönland erstreckt. An dessen Vorderseite bleibt die nordwestliche und im
Nordosten Deutschlands noch leicht zyklonale Strömung bestehen, so dass von der
Küste bis in den Erzgebirgsraum hinein die Schauer zwar seltener werden, aber
noch nicht zum Erliegen kommen. Ansonsten hält sich Hochdruckeinfluss, wobei
sich die zuvor eingeflossene Luftmasse nur sehr zögernd erwärmen kann.
Am Samstag macht sich der Ex-Hurrican "Lorenzo" in Form eines Warmluftvorstoßes
in den nunmehr auf Deutschland übergreifenden Keil hinein bemerkbar. Abgesehen
vom Nordosten, wo sich noch kühlere Luft hält, sollte dies sich in Form eines
Temperaturanstieges bemerkbar machen, auch wenn dieser im Westen und Südwesten
durch mehrschichtige Bewölkung und auch durch Niederschläge gedämpft wird.
Am Sonntag schwenkt der Keil unter Verkürzung der Wellenlänge rasch ostwärts,
gefolgt von einem Trog, der bereits Nordfrankreich erreicht. Dessen
vorgelagertes Frontensystem leitet mit Niederschlägen eher wieder einen
wechselhaften Wettercharakter ein.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum setzt sich eine west- bis
leicht nordwestliche Strömung erneut über Mitteleuropa hinweg ostwärts durch, so
dass der wechselhafte Wettercharakter bestehen bleibt. Tagsüber gehen die
Temperaturen nur wenig zurück, aber in den Nächten dürfte es dann weitgehend
frostfrei bleiben.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Der aktuelle Lauf ist nur bis Mittwoch und mit Einschränkungen, d.h. über
Mitteleuropa auch am Donnerstag noch einigermaßen konsistent. Danach bringt der
Ex-Hurrican "Lorenzo" Unsicherheiten ins Spiel, jeder Modellauf positioniert
bzw. verlagert dessen Überbleibsel anders. Erst am Wochenende zeigt sich dann
mit dem ostwärts schwenkenden Keil wieder ein ähnliches Modellverhalten.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum deutet sich nach dem aktuellen
Modelllauf vorübergehend eine antizyklonale Westlage an, wogegen die beiden
gestrigen Modellläufe eine zyklonale Lage im Programm hatten. Dies ändert nichts
an dem zu erwartenden eher wechselhaften Wettercharakter.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Die verfügbaren Modelle zeigen bis einschließlich Donnerstag über Mitteleuropa
eine ähnliche Situation. Unterschiede ergeben sich, wie bereits bei der
Konsistenzbetrachtung, in Bezug auf das Verhalten von "Lorenzo". Dieser wird von
ICON und GFS in das Seegebiet ca. 1000 km südwestlich von Island verlagert,
wogegen EZMW dann "Lorenzo" ca. 1000 km südwestlich von Irland erwartet. Diese
Unterschiede setzen sich am Freitag fort. "Lorenzo" endet dann nach ICON über
der Irmingersee, nach GFS südwestlich von Island und von EZMW als
extratropisches Tief über dem Ärmelkanal, den er nicht mehr verlassen dürfte. Am
Samstag stellt sich demnach bei GFS und ICON eine südwestliche, nach EZMW eine
südliche bis leicht südöstliche bodennahe Strömung ein. Somit geht das
Übergreifen frontaler Prozesse nach ICON und GFS rascher vonstatten als nach
EZMW. Nach dem Modell des kanadischen Wetterdienstes soll "Lorenzo" sich als
extratropisches Tief bis Samstag sogar nach Deutschland verlagern. Nach diesem
Modell entwickelt sich im erweiterten Mittelfristzeitraum über der Norwegischen
See ein blockierendes Hoch. An dessen Südostflanke gelangt kühle Luft nach
Mitteleuropa, was nasskaltes Wetter mit Schnee im höheren Bergland zur Folge
haben würde. GFS ist hingegen eher auf eine zyklonale Westlage gerichtet, wobei
erneut eine Sturmentwicklung vorstellbar ist.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Das EPS des GFS stützt vom hauseigenen Modell beschriebene deterministische
Version und somit die sich im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum
erneut durchsetzende straffe westliche Strömung. Ein hiervon abweichendes
Szenario wird nur von Einzellösungen gesehen. Die maximalen Niederschläge werden
am Sonntag und Montag kommender Woche erwartet; möglicherweise ist "Lorenzo"
daran beteiligt. Einzellösungen lassen den Luftdruck bis unter 990 hPa absinken,
was hierfür sprechen würde.
Das EPS des EZMW verlagert "Lorenzo" bis Samstag mit relativ vergleichbarer
Wahrscheinlichkeit in einen Bereich, der sich von der Irmingersee über das
Seegebiet unmittelbar vor Irland bis nach Galizien erstreckt. Hinsichtlich der
Clusterung ist bis H + 168 kein eindeutiges Szenario favorisiert. Immerhin
bringen etwa ein Viertel der Einzellösungen die Version des kanadischen Modells
ins Spiel, wonach sich zumindest vorübergehend eine Blockierung über dem
Nordmeer einstellen könnte. Eine mehr oder weniger mäandrierende Westströmung
ist jedoch die wahrscheinlichere Version. An einer vorübergehenden Hochdrucklage
zur Wochenmitte und darüber hinaus sollte kein Zweifel bestehen. Ab Freitag
beginnen im Westen, bald danach auch im Osten und Süden die Einzellösungen zu
divergieren, wobei die Mehrzahl der EPS-Member das Durchsetzen der Westströmung
noch um einen Tag verzögert. Generell sind ab Sonntag aber wieder häufigere
Niederschläge zu erwarten.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Am Mittwoch können an der Nordsee und auf höheren Berggipfeln wahrscheinlich
noch Sturmböen, exponiert einzelne schwere Sturmböen auftreten. An der Ostsee
besteht nur eine geringe Wahrscheinlichkeit für stürmische Böen. In der Nacht
zum Donnerstag besteht bei Aufklaren bevorzugt im Westen und Süden Gefahr von
leichtem Frost oder zumindest Bodenfrost.
Am Donnerstag muss anfangs mit geringer werdender Wahrscheinlichkeit an der
Nordseeküste sowie auf exponierten Berggipfeln noch mit einzelnen stürmischen
Böen gerechnet werden. Sonst bestehen tagsüber keine markanten Wettergefahren.
In der Nacht zum Freitag gibt es bei Aufklaren wahrscheinlich leichten Frost
oder zumindest Frost in Bodennähe.
Am Freitag und Samstag ist tagsüber wahrscheinlich nicht mit markant zu
bewarnenden Wetterereignissen zu rechnen. In der Nacht zum Samstag besteht im
Norden und Osten noch einmal Frostgefahr. In der Nacht zum Sonntag ist in diesen
Gebieten leichter Frost nur noch wenig wahrscheinlich.
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Basis für Mittelfristvorhersage
EPS(EZMW), anfangs noch MOS
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Thomas Schumann