DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

23-09-2019 11:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Montag, den 23.09.2019 um 10.30 UTC



Unbeständiges, teils windiges und nur mäßig warmes Westwetter
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Synoptische Entwicklung bis zum Montag, den 30.09.2019


Zu Beginn des mittelfristigen Zeitraums am kommenden Donnerstag liegt
Deutschland im Bereich eines durchschwenkenden Rückens, der von einem
Langwellentrog ausgehend von einem Höhentief nördlich von Irland gestützt wird.
Dabei wird der Rücken schon von WLA der nachstoßenden Warmfront überlaufen.
Gleichzeitig halten sich die Reste eines Frontensystems (Okklusion) über den
mittleren bzw. östlichen Teilen Deutschlands, die in der Höhe mit einem nach
Osten abziehenden Kurwellentrog korrelieren. Insgesamt zeigt sich der Rücken
demnach nur wenig wetterwirksam, sodass Regenfälle unterschiedlicher Intensität
das Wettergeschehen bestimmen.
In der Nacht zum Freitag folgt schließlich die Kaltfront des hochreichenden
steuernden Tiefs bei Irland, wobei derzeit bevorzugt im Nordwesten und Norden
kräftige Niederschläge prognostiziert werden.

Als Konterpart zu dem Tief bei Irland liegt über Osteuropa ein ausgeprägtes
Hochdruckgebiet. Infolgedessen kann Mitteleuropa mittelfristig auch als
Frontenfriedhof bezeichnet werden. Die von Westen mit einer teils strammen
Strömung ankommenden Kurzwellentröge samt Frontensysteme am Boden werden stark
ausgebremst und lösen sich entweder auf oder werden als Artefakte nach
Skandinavien oder in die Schwarzmeerregion geleitet.

Diese Strukturen einer Winkelwestwetterlage, die zeitweise auch die Verteilungen
einer zyklonalen Westwetterlage annimmt und sich zum Ende des Zeitraums
allmählich zu einer zyklonalen Südostlage reformiert, dominieren Europa und den
Ostatlantik über den gesamten mittelfristigen Zeitraum von Donnerstag bis
Montag.

Entsprechend wiederholen sich die eingangs beschriebenen Spielchen immer wieder.
Das steuernde Höhentief schwingt, unter langsamer Verlagerung von Irland in die
nördliche Nordsee, weiter das Zepter. Auf der Südflanke werden weiter
kurzwellige Anteile, die am Boden mit teils okkludierten Fronten korrelieren und
vorderseitig schwache Rücken stützen ostwärts geführt. Während die Mitte und der
Süden zumindest zeitweise vom Absinken im Bereich der Rücken profitieren,
verbleibt der Nordwesten und Norden nahezu komplett in der frontalen Zone.

Interessanter könnte des am Sonntag werden, an dem der neuste Lauf des IFS,
entgegen der Vorläufe, einen intensiven Kurzwellentrog samt kräftigem
Boden-Randtief simuliert. Diese sollen sich vom Atlantik aufmachen und über die
Britischen Inseln hinweg ostwärts auch über den Norden Deutschlands hinweg
wandern. Dabei gelangt da Land etwa ab Sonntagvormittag zunehmend in den
Einflussbereich des Bodentiefs inklusive dessen Fronten. Induzierte
Hebungsprozesse lösen kräftige Regenfälle aus. Gelichzeitig würde der
Südwestwind stark auffrischen. Am Montag würde nach Leseart des aktuellen
deterministischen Laufes des EZ schließlich wechselhaftes Rückseitenwetter
anstehen, bevor ein sich neu aufbäumender Rücken zum Dienstag zumindest
vorübergehend wieder für Wetterberuhigung sorgen soll.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Der aktuelle 00 UTC-Lauf des EZ zeigt zu Beginn des mittelfristigen Zeitraums
eine sehr gute Konsistenz zu den Vorläufen. Bis Sonntag nehmen die Abweichungen
zwar Tag für Tag zu. Die dominierenden westlichen Großwetterlagen (Wz, Ww, SWz),
die einen meist unbeständigen und mäßig warmen Wettercharakter bedeuten, werden
jedoch von allen betrachteten Modellläufen durchgehend gezeigt. Unterschiede
gibt es lediglich in Ausprägung und Verlagerung kurzwelliger Strukturen sowie
korrelierender Frontensysteme am Boden. Dies hat zur Folge, dass sich die zu
erwartenden Niederschlagfelder im Vergleich zu den Vorläufen an Intensität und
Timing variable zeigen. Der neuste IFS-Lauf zeigt dabei eine raschere
Verlagerung der Störungen. Zudem rechnet er den Kurzwellentrog am Wochenende
stärker als die Vorläufe.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Die weiteren Globalmodelle ICON, GFS und LEPW zeigen zum IFS des EZMW bis
einschließlich Sonntag eine sehr gute Übereinstimmung der großskaligen
Strukturen. Selbst im Detail ergeben sich meist nur geringe Abweichungen bei der
Verlagerungsgeschwindigkeit der kurzwelligen Höhenstrukturen sowie der
korrelierenden Bodenfrontsysteme. Auch die intensive Entwicklung des
Kurzwellentroges zum Wochenende wird abgesehen von kleinen Unterschieden bei der
Lage übereinstimmend gezeigt. Insgesamt besteht also zwischen den vier hier
betrachteten Modellen eine gute bis sehr gute Konsistenz.

Etwas abweichend zeigt sich das GEM. Bis einschließlich Freitag ist es noch auf
Kurs von EZ und den anderen Modellen. Im weiteren Verlauf soll beim GEM jedoch
der Kurzwellentrog sowie das kleinräumigen Bodentief über dem Atlantik eine
besondere Rolle zukommen, indem es sich zunächst, analog der anderen führenden
Modelle, rasch ostwärts verlagert und somit in den Einflussbereich des
steuernden Tiefs bei Irland gerät. Anstatt jedoch als Randtief Mitteleuropa die
Ehre zu geben, soll es von dem steuernden Tief aufgesaugt werden und diesem eine
Blutauffrischung geben. Die Folge ist am Wochenende eine kräftige
Südwestdröhnung, die sich zum Montag allmählich wieder zonalisiert. Typisches
Rückseitenwetter steht beim GEM aber nicht auf dem Programm.

Das UKMO zeigt ähnliche Strukturen zum IFS, wobei es das Tief am Wochenende noch
stärker und somit nahezu gleichwertig zum steuernden Tief über der nördlichen
Nordsee zeigt. Zudem kann sich beim UKMO über dem Atlantik ein ausgeprägter
Langwellentrog ausbilden, der einen stabilen Rücken über Osteuropa stützt und
somit blockierend wirkt. Dies würde bis auf Weiteres eine Südwestströmung
induzieren, was so von den anderen deterministischen Modellen derzeit nicht
angedacht ist.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Rauchfahnen ausgewählter Stationen im Norden und der Mitte des Landes
beschreiben bis einschließlich Samstag bei einem geringen Spread um 3 Grad eine
hohe Vorhersagegüte der Temperatur. Ab Sonntag nehmen die Unsicherheiten stetig
zu und erreichen am Montag mit Unterschieden von fast 20 Grad zwischen dem
niedrigsten und dem höchsten Wert ein Maximum. Beim Geopotential nehmen die
Unsicherheiten bis Samstag schon signifikant zu, die meisten Modellmitglieder
tummeln sich jedoch noch auf engerem Raum. Ab Sonntag ist aber bei der
Geopotentialverteilung in 500 hPa keine Aussage mehr möglich. Die nahezu
gleichwertig verteilten Läufe umfassen ab Sonntag einen Spread von etwa 40 hPa.

Die betrachteten Stationen im Süden zeigen sowohl bei der Temperatur in 850 hPa
als auch beim Geopotential nur bis einschließlich Freitag eine hohe
Vorhersagegüte. Im weiteren Verlauf nehmen die Unsicherheiten beider Parameter
signifikant zu. Die Abweichungen am Montag fallen bei der Temperatur mit Werten
von etwa 23 Grad nochmals größer aus. Für das Geopotential gelten ab Samstag zum
Norden und Mitte vergleichbare Aussagen.

Die Meteogramme spiegeln die beschriebenen Unsicherheiten der Rauchfahnen
bezüglich der Temperatur wieder, indem die Boxplots bis Sonntag sehr klein sind,
sich im weiteren Verlauf aber stark spreizen. Auch die Windvorhersage ist
aufgrund größerer Unsicherheiten ab Samstag nur noch bedingt möglich.

Die Clusteranalyse präsentiert im Zeitraum zwischen +72 bis +96h für die
Variabilität der Geopotential- und Luftdruckverteilung insgesamt drei Lösungen,
die allesamt dem Regime einer negativen NAO zuzuordnen sind. Dies stützt
mindestens bis zum Wochenende die beschriebenen synoptischen Strukturen von
Westwetterlagen. Die Unterschiede der Cluster, in denen der Hauptlauf im Cluster
2 und der Kontrolllauf im Cluster 3 liegen, sind grundsätzlich als sehr gering
anzusehen und beziehen sich meist auf die Stärke der Geopotentialgebilde und
deren Verlagerungsgeschwindigkeit.

Im Zeitraum zwischen +120 und +168h werden die Abweichungen des Ensembles in
sechs Cluster wiedergegeben. Bis auf Cluster 4 zeigen alle Cluster auch Samstag
die Eigenschaften einer negativen NAO und wechseln danach allmählich, teils mit
einem Umweg über das positive NAO-Schema, zum atlantischen Rücken. Größere
Unterschiede zwischen den zunächst betrachteten Clusterlösungen sind überwiegend
am Montag zu verzeichnen, wo die Stärke des atlantischen Rückens verschieden
interpretiert wird. Den signifikantesten Rücken liefert das Cluster 1, was
insgesamt 12 Member innehat. Aber auch bei Cluster 6 soll sich zum Montag ein
kräftiger Rücken auf dem Atlantik ausbilden, der eine stramme Nordwestströmung
nach Mitteleuropa induziert. Allerdings wird diese Lösung nur von 6 Membern
gestützt. Cluster 3 mit dem Kontrolllauf und Cluster 5 mit dem Hauptlauf
beschreiben ähnliche Geopotentialstrukturen, die sich jedoch unterschiedlich
rasch einstellen. Zusammen repräsentieren die beiden Cluster 16 Mitglieder und
werden auch von den deterministischen Läufen des GFS und ICON gestützt. Bei
Cluster 2 mit 9 Membern ist nur ein schwacher Rücken auszumachen, der sich zudem
langsam ostwärts verlagert und am Montag über Deutschland liegen soll. Somit
kann bei dieser Lösung die zonale Grundströmung weiter aufrecht gehalten werden.
Der Außenseiter unter den Clustern im betrachteten Zeitraum ist Cluster 4.
Dieses zeigt blockierende Verhältnisse über West- bzw. Mitteleuropa, die mit
Hochdruckeinfluss einhergeht. Dieses Schema wird so von 8 Membern beschrieben
und auch die Interpretation des GEM ähnelt dieser Geopotential- und
Luftdruckverteilung.

Auch im Zeitraum zwischen +192 und +240h beschreiben sechs Cluster die
Unsicherheiten im Geopotential- und Luftdruckfeld. Die Cluster 1, 4 und 6 sowie
weitgehend auch Cluster 2 zeigen weiter einen atlantischen Rücken, der
allmählich Richtung Europa wandert. Die Abweichungen der Cluster beschränken
sich dabei auf die genaue Lage und vor allem auf die Stärke der Geopotential-
und Druckgebilde. Zusammen umfassen diese Cluster die Simulationen von 36
Membern. Cluster 3 mit 8 Mitgliedern beschreibt weiter die Muster einer Westlage
mit zonalen Strömungsverhältnissen (negative NAO). Cluster 5 mit 7 Membern ist
die Fortsetzung von Cluster 4 des vorangegangenen Zeitraums mit blockierenden
Verhältnissen über West- bzw. Nordwesteuropa, bei der Deutschland auf der kalten
Ostseite liegen würde. Sowohl Haupt- als auch Kontrolllauf befinden sich in
Cluster 1.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Der EFI gibt bis auf, zur Referenzperiode, geringe überdurchschnittliche
Windverhältnisse im Süden des Landes über den betrachteten Zeitraum keine
Hinweise außergewöhnliche windspitzen, Schneemengen oder Regenfälle.

Von der Probabilistik (C-Leps, EZ-EPS) gibt es am Donnerstag im Süden und am
Freitag im Westen und Südwesten nur geringe Wahrscheinlichkeiten steife bis
stürmische Böen. Das EZ-EPS stützt stürmische Böen mit bis zu 5% und steife Böen
mit bis zu 50%. Im Schwarzwald sind noch um 10% höhere Werte zu verzeichnen. Das
C-Leps liefert bis % für steife Böen und gibt keine Hinweise für stürmische
Böen. Das ICON-EPS zeigt zum EZ-EPS vergleichbare Wahrscheinlichkeiten, die im
Schwarzwald sogar noch etwas höher liegen.
Für Samstag präsentiert das EZ-EPS für den Nordwesten und Westen, am Sonntag für
weite Teile des Landes mit Ausnahme der Regionen südlich der Donau und östlich
der Elbe Wahrscheinlichkeiten bis 30% für stürmische Böen und bis 60% für Böen
der Stärke 7.

Bezüglich markanter Niederschläge gibt es am Donnerstag und in der Nacht zum
Freitag vor allem vom C-Leps und vom ICON-EPS im Stau von Schwarzwald,
Rothaargebirge und Alpen geringe Werte um 5% für 24-stündige Regenmengen über 30
mm. Am Freitag und in der Nacht zum Samstag wird nur noch der Alpenrand und dort
speziell das Allgäu vom ICON mit Werten bis 15% für markante Mengen versehen.
Von Sonntagmorgen bis Montagmorgen gibt es vom EZ-EPS im Westen und Süden
verbreitet geringe Wahrscheinlichkeiten bis 5% für Regenmengen über 30 mm.
Zusammenfassend lässt das unbeständige Westwetter punktuell Mengen über 30
mm/24h zu, eine großräumige Dauerregenlage ist aber nicht Sicht.
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Basis für Mittelfristvorhersage
EZ-EPS, det. EZ, MOSMIX für TT
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Lars Kirchhübel