DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

23-09-2019 08:01
SXEU31 DWAV 230800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 23.09.2019 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Ww
Wechselhaft und in den Nächten gebietsweise Nebel. Ab der Nacht zum Mittwoch auf
exponierten Berglagen Süddeutschlands zeitweise stürmischer Südwest- bis
Westwind.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 24 UTC
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Montag... erfasst ein zunächst scharf konturierter (sich aber in der Folge
abschwächender) Höhentrog den Westen und Südwesten Deutschlands.
Niedertroposphärisch wird dieser von einer sich rasch auffüllenden
Tiefdruckrinne begleitet, in die wiederum eine Kaltfront eingelagert ist.
Gleichzeitig dauert über dem Südwesten und Süden ausgangs der Nacht bis in den
Vormittag hinein bodennah ein mäßig ausgeprägter Druckanstieg an mit rund 3-4
hPa in 6h. Hervorgerufen wird dieser Anstieg durch eine rasch ostwärts wandernde
Bodenhochdruckzelle, die vormittags noch über den Vogesen liegend zum Abend
bereits ganz Süddeutschland erfasst. Trotz des gesamtheitlichen Auffüllprozesses
des Troges muss dank erheblicher Krümmungs- und Scherungsvorticity mit einem
schmalen Band an kräftiger Hebung gerechnet werden, das sowohl in rund 750 hPa
als auch in 450 hPa jeweils ein Maximum aufweist und das sich erst im
Tagesverlauf allmählich abschwächt.
Bleibt noch zu erwähnen, dass sich der auffüllende Höhentrog in einen
Wellenanteil mit geringer Amplitude abspaltet, der über den Ärmelkanal
nordostwärts zieht sowie in einen eigenständigen und nach Norditalien ziehenden
Höhentrog. Daher fächert das Geopotentialfeld über Deutschland immer weiter auf.


In der Früh traten während der schleichenden Ost- bis Nordostverlagerung der
Front noch recht hohe Stundensummen von 5 bis 12 l/qm auf, sodass auch die
Ausgabe einer mehrstündigen Starkregenwarnung zwischen Bodensee und Schwarzwald
notwendig wurde. Allerdings nehmen diese Stundensummen zur Mittagszeit
sukzessive ab, sodass es mittags und nachmittags westlich eines Steifens von den
Ostfriesischen Inseln, des Thüringer Waldes und des Bayerischen Waldes meist
leicht, in Staulagen zeitweise auch noch mäßig regnet. 12-std.
Niederschlagsmengen schwanken dabei zwischen 5 und 15 l/qm wobei die höchsten
Mengen in Hessen und von Unterfranken bis Mittelfranken erwartet werden. Etwas
anders zeigt sich das Bild südlich der Donau, wo der zusätzliche Hebungsimpuls
des Troges über Norditalien und zunehmende vertikale Richtungsscherung des
Höhenwindes bis weit in den Nachmittag für vergleichsweise kräftigere
Niederschläge sorgen, sodass hier verbreitet 12-std. Mengen zwischen 10 und 20
l/qm, direkt am Alpenrand lokal auch um 25 l/qm erwartet werden.
Im Nordosten bleibt es dank antizyklonalem Einfluss bis zum Abend trocken und
besonders in Vorpommern meist sonnig und auch postfrontal fällt zwischen Eifel,
Saarland und Oberrhein nur noch vereinzelt ein Schauer.
Bleibt noch der Wind zu erwähnen, der vormittags am Alpenrand mit einer ostwärts
ziehenden und sich abschwächenden Druckwelle zeitweise böig (7 Bft), im Bergland
auch stürmisch (8 Bft) aus West bis Südwest auffrischt und auch im Ostseeumfeld
treten im Tagesverlauf einzelne Böen 7 Bft aus Ost auf. Sonst weht der Wind nur
schwach aus West, im Norden und Osten aus Südost. Die Höchstwerte liegen je nach
Regen- und Sonnenanteil zwischen 13 und 24 Grad.

In der Nacht zum Dienstag wird etwas schnippisch gesagt "Resteverwertung"
betrieben. Der Trog mit geringer Amplitude über der südliche Nordsee wird nach
Nordwestdeutschland gedrückt, während der Trog über Norditalien zügig in
Richtung Adria abzieht. Zurück bleibt eine sehr flache Geopotential- und
Druckverteilung über Deutschland. Die teilokkludierte Kaltfront, die sich zum
Beginn der Nacht von der Nordsee bis nach Bayern erstreckt kommt bei der
Druckverteilung nur mühsam nach Osten voran und dürfte ausgangs der Nacht gerade
mal rund 100-200 km Boden nach Osten gut gemacht haben (Sachsen-Anhalt und
Sachsen erfassend). Allerdings nimmt der Hebungsantrieb an der sich weiter
abschwächenden Front immer weiter ab, sodass hier 12-std. Mengen von 1 bis 5
l/qm, gebietsweise um 10 l/qm erwartet werden. Im Nordosten schließt sich die
Bewölkung zwar im Nachtverlauf, es bleibt jedoch östlich einer Linie
Rostock-Lausitz weiterhin trocken. Postfrontal lockert die Bewölkung ebenfalls
auf, sodass die Nacht über der Warnparameter "Nebel" mit Sichtweiten von unter
150 m eindeutig die Oberhand hat. Die Schwerpunkte des Nebels sind dabei in
einem Streifen von der Deutschen Bucht über das Nordhessische Bergland bis zur
Donau zu finden. Der Wind weht meist schwach aus Süd, im Nordosten aus Südwest
und auf Rügen aus Südost. Die Tiefstwerte liegen im Küstenumfeld bei 15 Grad und
sonst zwischen 13 und 5 Grad, wobei es im Südwesten am kältesten wird (hier
bodennah auch Werte nur knapp über dem Gefrierpunkt).


Dienstag... steht im Zeichen des nahenden Ex-Humberto, dessen Frontensystem
allerdings erst abends auf den äußersten Westen übergreift. In der Höhe
etabliert sich eine diffluente und sehr schwach ausgeprägte Höhenströmung mit
positiver Schichtdickenadvektion, sodass ein insgesamt ruhiger Wettertag
erwartet wird. Im Nordosten hängen noch die Reste der sich auflösenden
okkludierten Front, wobei hier ganztags aus dichter Bewölkung etwas Regen fällt
(12-std. Mengen 1 bis 5 l/qm). Von der Nordsee bis nach Bayern beginnt der Tag
nach meist zügiger Nebelauflösung noch freundlich, bevor jedoch die einsetzende
WLA für den Aufzug hoher, nachmittags auch mittelhoher Bewölkung sorgt. Anders
sieht es im Westen und Südwesten aus, wo es ab der Mittagszeit westlich des
Streifens Emsland-Hessen-Bodensee leicht bis mäßig zu regnen beginnt (6-std.
Mengen von 1 bis 5 l/qm, im äußersten Westen auch 4 bis 8 l/qm). Der Süd-, im
Nordosten Südostwind weht leicht bis mäßig und frischt nachmittags im Westen
etwas auf (6 Bft). In Richtung Eifel kann auch die eine oder andere Windböe
nicht ausgeschlossen werden. Die Höchstwerte liegen zwischen 18 und 23 Grad.

In der Nacht zum Mittwoch erfasst das okkludierende Frontensystem weite Bereiche
Deutschlands, sodass es aus starker Bewölkung deutschlandweit zeitweise leicht
regnet (im Nordosten noch durch die Frontenreste der früheren Okklusion). In der
zweiten Nachthälfte kann es im Westen aber zwischen den Niederschlägen auch
längere Pausen geben. Die Mengen fallen mit 2 bis 5 l/qm, im Weststau der
Mittelgebirge bis 10 l/qm überschaubar aus. Die Front beginnt dabei entlang des
westlichen Alpenrands etwas zu schleifen, sodass im Allgäu 12-std. Mengen von 10
bis 20 l/qm nicht ausgeschlossen sind. Dank der dichten Bewölkung sollte sich
auch bei längeren Niederschlagspausen nur örtlich ein Dunst- oder Nebelfeld
bilden. Der Südwest-, im Norden Südwind weht im Tiefland schwach bis mäßig, im
Bergland zeitweise böig mit stürmischen bis Sturmböen auf exponierten Gipfeln
Südwestdeutschlands sowie der Alpen. Die Tiefstwerte liegen zwischen 15 und 9
Grad.


Mittwoch... schwenkt der in der Höhe zu einem breiten Höhentrog abgeschwächte
Ex-Humberto nach Deutschland. Dabei bleiben wir jedoch voraussichtlich weiterhin
auf der Vorderseite der Restzirkulation, sodass die höhenkalte Luft den
Nordwesten Deutschlands erst abends erreicht. Ansonsten sorgt die moderate
Abkühlung in der Höhe über einer feuchten niedertrop. Luftmasse für ganztags
rege Schauertätigkeit. Die Schauer können zeitweise auch zu kleinräumigen
Niederschlagsgebieten zusammenwachsen und sich entlang der Luvlagen der
Mittelgebirge stauen, sodass es vielerorts auch über mehrere Stunden leicht
regnet. Zudem ist die quer über Deutschland liegende Okklusion ebenfalls einen
Fokus für teils skalig ausgeprägte Niederschlagsfelder. Entsprechend inhomogen
ist die aufsummierte 12-std. Niederschlagsverteilung innerhalb der Modelle.
Allerdings werden zwei kleinere Schwerpunkte besser herausgearbeitet: einerseits
von Mecklenburg bis Sachsen (Okklusion) mit 5-10 l/qm in 12 Stunden und der
direkte Alpenrand mit ähnlichen Mengen. Ansonsten schwanken die Mengen zwischen
0.5 und 5 l/qm. Es verwundert nicht, dass kurze Sonnenanteile ganztags sehr rar
sind. Die Höchstwerte liegen zwischen 17 und 20 Grad und der Süd- bis
Südwestwind weht im Tiefland schwach bis mäßig, im Bergland zeitweise böig und
auf exponierten Berglagen Südwestdeutschlands und der Alpen teils auch
stürmisch.

In der Nacht zum Donnerstag gibt es noch erhebliche Diskrepanzen bezüglich der
Geometrie des Bodendruck- und Geopotentialfeldes, sodass die Wetterbeschreibung
nur sehr allgemein gehalten werden kann. Meist verläuft die Nacht im Norden und
Osten unter dem zunehmend zonal ausgerichteten Höhentrog stark bewölkt mit
kurzen Auflockerungen und wiederholten Schauern. Im Verlauf der Nacht soll von
Frankreich eine Warmfront auf den Südwesten und Westen übergreifen. Sie wird von
einem Schwall subtropischer Luft begleitet, sodass potentiell kräftige
Niederschläge möglich sind. ICON zeigt weiterhin markante Dauerregensignale im
Schwarzwald und Allgäu, während GFS und IFS davon nichts wissen wollen.
Insgesamt nimmt aber die Niederschlagsneigung im Verlauf der Nacht von Westen
her zu. Die Tiefstwerte liegen zwischen 14 und 9 Grad. Der Südwind weht im
Tiefland meist schwach bis mäßig und frischt im süddeutschen Bergland zeitweise
stürmisch auf. Besonders im Norden kann sich zeitweise Nebel bilden.

Modellvergleich und -einschätzung
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Insgesamt zeigt sich innerhalb der Numerik nur eine geringe Schwankungsbreite
bei der Intensität und Lage der Keile und Tröge. In der Nacht zum Donnerstag
gibt es jedoch eine zunehmende Spreizung bei der Ostverlagerung eines
Bodentroges mit eingebetteter Warmfront. Daher bestehen zu dem Zeitpunkt noch
erhebliche Unterschiede bezüglich der Niederschlagsverteilung. Abgesehen von
ICON deutet aber kein Modell ein warnwürdiges Niederschlagsereignis an, sodass
die markanten Regenmengen im Stau des Schwarzwaldes und des Allgäus noch mit
Vorsicht zu genießen sind.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Helge Tuschy