DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

21-09-2019 16:30
SXEU31 DWAV 211800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 21.09.2019 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Zunächst Hochdruckeinfluss, ab Montag Übergang zu einer Südwestwetterlage, lokal
Starkregen, am Alpenrand Dauerregen.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 12 UTC
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Aktuell ... hat sich östlich eines atlantischen Langwellentroges ein kräftiger
Höhenkeil über Mitteleuropa aufgewölbt, dessen Achse negativ geneigt ist und
über das Nordmeer Richtung Grönland vorstößt. Das zugehörige Bodenhoch ist nach
Osteuropa gezogen. Ganz Deutschland liegt unter Absinken, das sich zum Teil bis
zum Boden durchsetzt. In den 12 UTC-Soundings ist die Troposphäre durchweg
trocken. Die 850-hPa-Temperatur liegt bei 12 bis 14 °C. Die Höchstwerte waren
allerdings niedriger, als die hohen 850-hPa-Temperaturen erwarten ließen, da die
bodennahe Durchmischung nur schwach war.
In der Nacht kommt der Langwellentrog noch etwas weiter ostwärts voran. Auf den
Westen greift der Cirrusschirm eines Gewitterclusters über der sich derzeit vor
der Südküste Frankreichs befindet. Ansonsten ist die Nacht klar. In der durch
Absinken erwärmten Luft, gibt es nur in den ungünstigsten Lagen der östlichen
Mittelgebirge leichten Frost. Nebel sollte ebenfalls die Ausnahme sein, da es
mit Taupunkten von 3 bis 5 °C ziemlich in den unteren Luftschichten ziemlich
trocken ist.
Zu bemerken ist noch, dass sich über dem Böhmischen Becken eine markante
Absinkinversion gebildet hat. Mit dem südöstlichen Wind simulieren einige
Modelle in den dafür anfälligen Tälern Böhmischen Wind vom Osterzgebirge bis zur
Oberlausitz, der in der 2. Nachthälfte einsetzen und sich im Laufe des
Sonntagvormittags verstärken soll. Allen voran COSMO-D2-3z rechnet Windspitzen
bis 80 km/h. Die Böenparametrisierung von COSMO-D2 und auch von ICON reagieren
ziemlich aggressiv auf solche mit einer Grenzschichtinversion verbundenen Böen.
Deshalb ist von einer Überschätzung auszugehen. Für die Böenvorhersage sei daher
WRF oder MOS-MIX empfohlen, die maximal Böen um 55 km/h rechnen.

Sonntag ... kommt der Langwellentrog weiter ostwärts voran. Seine Achse liegt am
Abend dann über den Britischen Inseln und über dem westlichen Frankreich. Mit
ihm kommt auch die Kaltfront eines Tiefs bis Ostfrankreich voran. Diese Front
läuft gegen das schwächer werdende Bodenhoch an, dass sich weiter nach Osteuropa
bzw. der nördliche Teil nach Skandinavien zurückzieht. In der Folge dessen
verstärkt sich trogvorderseitig der Gradient und die Strömung dreht auf Südwest.
Dabei wird vorderseitig der Kaltfront warme und zunehmend auch feuchte Luft
advehiert. Durch den stärkeren Gradienten setzt bessere Durchmischung ein,
sodass besonders an den Nordrändern der westlichen Mittelgebirge die Temperatur
nochmals auf über 25 Grad steigt. Allerdings dämpft weiter im Westen und
Südwesten der nachrückende As/Cs-Schirm die Temperaturen. Mit Regen ist erst ab
dem späten Nachmittag in einer vorlaufenden Konvergenz zu rechnen
(Temperatursprung und Windsprung liegen nicht in Phase). Tagsüber liegt dann
eine weitere Konvergenz über der Mitte. Diese bleibt bezüglich des
Wettergeschehens wirkungslos, da sie in noch sehr trockener Luft liegt und von
Absinken aus der Höhe überlagert wird. Dort wird den ganzen Tag sonniges Wetter
erwartet.

Kommen wir zurück zu den Vorgängen an der Konvergenz bzw. Kaltfront. In ihrem
Bereich ist die Luft hochreichend feucht (teils gesättigt) und schwach labil,
was für 150 - 300 J/kg MU-CAPE reicht. Somit sind die ab dem späten Nachmittag
im Westen zu erwarteten Niederschläge konvektiv durchsetzen. Die CAPE-Fläche
schmiegt sich eng an den Temp an, erreicht aber gerade so -10 °C. So sind einige
eingelagerte Gewitter möglich. Die Blitzaktivität sollte sich allerdings in
Grenzen halten. Es handelt sich hier um einen typischen Temp für "warmen Regen"
der durch Kollision und Koaleszenz entstehet. Diese Regenprozesse sind bei
vorhandenem, wenn auch niedrigem CAPE sehr effektiv. So sind die lokalen
Starkregensignale für die Nacht zum Montag in den Lokalmodellen durchaus
plausibel. Bei der Bewarnung von Starkregen ist zu beachten, dass die
Live-Radarniederschlagssummen (RH) den Niederschlag voraussichtlich
unterschätzen, da die zugrunde liegende Z-R-Beziehung für "warmen Regen"
suboptimal ist. Im Laufe der Nacht breitet sich der Regen dann ostwärts bis etwa
zur Mitte aus. Die Gewitteraktivität (falls vorhanden) sollte weiter im Osten
zum Erliegen kommen, da die Vorhersagetemps eine Sperrschicht auf etwa 650-hPa
simulieren. Weiter nordöstlich zieht zwar immer mehr hohe und mittelhohe
Bewölkung auf, es bleibt aber trocken. Mit der Konvergenz geht im Süden eine
Druckwelle einher, die in der Nacht das südliche BaWü trifft. COSMO-D2 zeigt
auch hier stürmische Böen. Diese scheinen allerdings übertreiben (bereits
erwähntes Parametrisierungsproblem). Daher ist eher von Böen um 55 km/h
auszugehen. Ansonsten hält der diskutierte böhmische Wind an und auf den
Alpengipfeln wird es leicht föhnig mit einzelnen stürmischen Böen.

Montag ... stößt der Trog weiter südostwärts Richtung Golf von Genua vor. Dort
kommt es zu einer schwachen Zyklogenese. Die Trogachse liegt tagsüber über dem
Westen von Deutschland. Über die Alpen breitet sich konvektiv durchsetzter
Niederschlag über den Süden Deutschlands aus, während die Front weiter ostwärts
vorankommt und auch in den mittleren Landesteilen für schauerartig verstärkten
Regen sorgt. Dieser kann in den Weststaulagen des Thüringer Waldes, der Rhön,
sowie Frankenwaldes und Bayerischen Waldes auch kräftiger ausfallen und
Warnschwellen für markanten Starkregen reißen. Große Auswirkungen sollte dieser
aufgrund der vorausgegangenen Trockenheit und verbreitet Niedrigwasser in
Flüssen allerdings nicht haben. Gewitter sind auf Grund der in 650 hPa
herrschenden isothermen Schicht, die als Sperrschicht wirkt eher
unwahrscheinlich. In den Alpen werden voraussichtlich besonders in den
Weststaulagen Schwellen für markanten Dauerregen erreicht. Am Alpenrand breitet
sich die mit der Konvergenz einhergehende Druckwelle ostwärts aus, sodass
vorübergehend einzelne starke Böen um 55 km/h zu erwarten sind.
Postfrontal setzt im Südwesten Subsidenz ein, sodass dort im Tagesverlauf
Auflockerungen zu erwarten sind. Die mit dem Trog einfließende "Höhenkaltluft"
(-16 °C auf 500 hPa) stellt gerade genug Labilität für einige postfrontale
Schauer bereit.
Im Nordosten bleibt es unter schwachem Hochdruckeinfluss und zeitweiligem
Durchzug hoher Wolkenfelder trocken.

In der Nacht zum Dienstag kommt die Front aufgrund von mangelndem
frontsenkrechten Antriebs nur noch zögerlich weiter nach Nordosten voran.
Dadurch dauert der Regen in einem Streifen von Ostfriesland über das südliche
Niedersachsen bis zum Westerzgebirge und den östlichen Alpen weiter an.
Ansonsten schwächt sich der Trog über Deutschland weiter ab und die Wolkendecke
lockert im Südwesten etwas auf.

Dienstag ... ändert sich an der Großwetterlage wenig. Unser Wetter wird immer
noch vom Trog über Groß-Britannien bestimmt, dessen positiv geneigte Achse bis
nach Ostfrankreich zeigt. Die Position des steuernden Zentraltiefs hat
Ex-Hurrikan "Humberto" übernommen. Diesem System steht ein Höhenkeil gegenüber,
der über Südskandinavien mit negativ geneigter Achse bis ins Nordmeer reicht.
Die kräftige südwestliche Strömung hält weiterhin an, sodass auch weiterhin
feuchte, aber warme Atlantikluft herangeführt wird (mTp-Luftmasse). Über der
Nordosthälfte "vergammeln" die Reste der Front. Auf den Westen greifet am
Nachmittag die schon okkludierte Front von Ex-Humberto mit konvektiv verstärktem
Regen über. Dabei nimmt der Gradient noch etwas zu, wodurch der Wind in den
westlichen Mittelgebirgen weiter auffrischt.
In der Nacht zum Mittwoch kommt dann die Front weiter ostwärts voran, schwächt
sich dabei aber ab. Gefolgt wird diese von postfrontalen Schauern.


Modellvergleich und -einschätzung

Auf markante Modellunterschiede bezüglich des Windes wurde bereits im Text
hingewiesen. Ansonsten sind die Modellsimulationen alle recht ähnlich.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Christian Herold