DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

18-09-2019 15:30
SXEU31 DWAV 181800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 18.09.2019 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Ruhiges, antizyklonal geprägtes Wetter; dabei zunächst eher kühl und im Norden
zeitweise stärker bewölkt, am Samstag viel Sonne und warm.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 12 UTC
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Aktuell ... ist die Höhenströmung in 300 bzw. 500 hPa geprägt durch ein
meridionales Muster. Einem Höhenrücken über dem nahen Ostatlantik bis zur
Dänemarkstraße reichend mit einem eigenständigen Höhenkern knapp westlich von
Irland steht ein Langwellentrog über Nord- und Nordosteuropa gegenüber. Daraus
resultiert eine kräftige nordwestliche Höhenströmung über Mitteleuropa mit einem
aktuell noch über Nordostdeutschland hinweglaufenden Jetstream (über 100 kn in
300 hPa). Diese ist insgesamt über dem Vorhersagegebiet recht glatt konturiert,
lediglich über den äußersten Nordosten wurde am Nachmittag und Abend von der
westlichen Ostsee kommend ein flacher Kurzwellentrog Richtung Polen geführt. Im
Nachgang dieses Troges wird die Höhenkaltluft über dem Nordosten des Landes (-24
bis -28 Grad in 500 hPa bei etwa 0 Grad in 850 hPa) nur langsam nach Osten
abgedrängt. Während die Schauertätigkeit im Binnenland (die eh kaum nennenswert
ausfiel) im Laufe des Abends rasch zum Erliegen kommt, kann es entlang der
vorpommerschen Ostseeküste auch die Nacht über hinweg noch einzelne Schauer
geben, östlich von Rügen ist die Luftmasse sogar noch hinreichend labil für ein
kurzes Gewitter geschichtet. Einige konvektive Modelle haben Richtung Usedom und
Stettiner Haff auch noch einzelne auf der Agenda.
Im Großteil des Landes dominiert Absinken, vor allem im Süden und Westen, wo
noch schwache KLA aktiv ist. Die Prognosesoundings zeigen in etwa 800 hPa eine
recht markante Absinkinversion. Vor allem im Nordwesten im Zustrom
niedertroposphärisch relativ feuchter Nordseeluft lösen sich die Quellwolken
wohl oft nicht komplett auf, sondern breiten sich an der Inversion gebietsweise
horizontal aus, so dass es dort oft bewölkt bleibt.
Ein kräftiges Hochdruckgebiet über den Britischen Inseln kann sich im Laufe der
Nacht noch etwas verstärken, ebenso wie der von ihm ausgehende, nach
Mitteleuropa gerichtete Hochkeil. Nordöstlich der Keilachse fächert der Gradient
somit nur zögernd auf. Im Binnenland nimmt der Wind zwar tagesgangbedingt rasch
ab, an den Küsten dauert es aber noch etwas länger, vor allem entlang der
Nordfriesischen Küste kann es noch bis in die Frühstunden einzelne steife Böen
(Bft 7) geben.
In der Südhälfte und im Westen klart der Himmel dagegen verbreitet auf. Dort,
aber auch in aufgelockerten Regionen Nordwestdeutschlands, kann sich
gebietsweise Nebel bilden. Innerhalb der eingeflossenen maritimen Polarluft, die
nun auch den äußersten Südwesten erreicht hat (-1 bis 4 Grad in 850 hPa) sacken
die Temperaturen bei klarem Himmel rasch in den Keller. Im Süden und Westen kann
es in Senken- und Muldenlagen örtlich leichten Frost geben. Im Norden und
Nordosten wird es bei oft bewölktem Himmel nicht ganz so kalt. Ein geringes
Potenzial für stürmische Böen ist in einigen Kuppenlagen im Südschwarzwald
gegeben, wo durch Low Level Jet-Effekte der Ostwind am Südrand des Hochs im
Bereich der Inversion böig auffrischen kann.

Donnerstag ... ändert sich an der großräumigen Konstellation der
Potenzialgebilde nur wenig. Insgesamt kommen sowohl der Höhenrücken über West-
bzw. Nordwesteuropa als auch der Langwellentrog über Nord- bzw. Osteuropa
geringfügig nach Osten voran, wodurch der Potenzialgradient über Deutschland ein
wenig auffächert.
Das Bodenhoch verlagert seinen Schwerpunkt etwas Richtung Mitteleuropa, der Keil
weitet sich nach Südosteuropa aus. Der Norden und Nordosten Deutschlands bleiben
aber weiterhin nördlich der Keilachse. Dorthin gelangt niedertroposphärisch von
der Nordsee her nach wie vor relativ feuchte Luft, innerhalb derer sich flache
Quellwolken bilden, die an der Absinkinversion, die sich meistens zwischen 900
und 800 hPa befindet, "breitlaufen" und am Nordrand einiger Mittelgebirge
zusätzlich auch noch stauen. Vor allem in einem Streifen von der Weser- und
Elbemündung über weite Teile Niedersachsens, Thüringens und Sachsen-Anhalts
hinweg bis zum Weserbergland, dem Harz und dem Erzgebirge bleibt es wolkig,
örtlich auch stark bewölkt, vereinzelt fällt etwas Nieselregen, vor allem in
Staulagen. Im Nordosten befindet sich die Inversion erst in etwa 700 hPa, dort
reichen die Quellwolken etwas höher, für Schauer sollte es aber kaum reichen.
Zudem reißt der "Skandenföhn" in etwa nordöstlich der Elbe durchaus größere
Lücken in die Wolkendecke und lässt auch mal die Sonne zum Zuge kommen.
Südlich der Keilachse, etwa ab einer Linie südwestliches Emsland - Oberfranken
süd- und südwestwärts, scheint dagegen neben lockeren Quellwolken häufig die
Sonne, im Südwesten ist es oft sogar wolkenlos. Am Charakter der Luftmasse
ändert sich nur wenig, die Temperatur in 850 hPa bewegt sich abends zwischen 0
Grad im Nordosten und 5 Grad im äußersten Südwesten. Die Höchsttemperaturen
erreichen somit Werte zwischen 13 Grad im Nordweststau einiger Mittelgebirge und
knapp 20 Grad im südlichen Oberrheingraben.

In der Nacht zum Freitag greift die Warmfront eines Tiefs westlich von Island
von Nordwesten her auf die Nordsee über und kommt allmählich nach Süden voran.
Im Vorfeld kommt es unterhalb der aufgrund der WLA auf etwa 700 hPa ansteigenden
Inversion zu einer deutlichen Feuchteanreicherung über der Deutschen Bucht und
in weiterer Folge auch über Nordwest- und Norddeutschland. Dorthin breiten sich
somit bis Freitagfrüh dichte Wolkenfelder aus, aus denen vor allem im
Nordseeumfeld auch etwas Regen oder Nieselregen fällt.
Etwa südlich einer Linie Westmünsterland - Oberfranken, aber auch nach Osten zu,
also in der Lausitz, bleibt es dagegen vielerorts gering bewölkt, im Süden auch
wolkenlos. Dabei steigt innerhalb der alternden Polarluftmasse gegenüber den
Vornächten die Nebelwahrscheinlichkeit etwas an. Vielerorts gibt es Frost in
Bodennähe, in einigen Senken und Tälern kann es auch erneut leichten Luftfrost
geben. Erneut kann es im Südschwarzwald in exponierten Kuppenlagen durch den Low
Level Jet vor allem ausgangs der Nacht einzelne Böen Bft 7 bis 8 aus Ost geben.

Freitag ... büßt der Höhenrücken mit einer markanten Austrogung über dem
Ostatlantik ein wenig an Wellenlänge ein, was ihn bzgl. seiner Ostverlagerung
etwas progressiver werden lässt. Bis zum Abend weist er keinen gut definierten
Kern mehr auf, reicht aber weiterhin vom zentralen Mittelmeerraum über den
Westalpenraum, Benelux und die Nordsee bis ins Seegebiet knapp östlich von
Island. Der Langwellentrog über Nordost- und Osteuropa erstreckt sich abends von
der Barentssee bis zum Schwarzen Meer.
Die kräftige mitteltroposphärische WLA an der Ostflanke des Rückens wird dabei
nur zögernd nach Osten abgedrängt, der Potenzialgradient über dem
Vorhersagegebiet fächert vor allem über West- und Süddeutschland nun deutlich
auf.
Im Bodenfeld greift die langgestreckte und über der Norwegischen See verwellende
Warmfront auf den Norden Deutschlands über und kommt allmählich nach Osten
voran. Das Hochdruckgebiet verlagert seinen Schwerpunkt über die Mitte
Deutschlands hinweg allmählich ins südöstliche Mitteleuropa, dessen Achse kommt
dabei etwas nach Norden voran. Im Einflussbereich der durchschwenkenden
Warmfront verliert die feuchte Luftschicht zwar allmählich an Mächtigkeit (bis
etwa 800 hPa), bleibt aber zwischen 900 und 800 hPa feuchtegesättigt, so dass es
in weiten Teilen Norddeutschlands stark bewölkt bis bedeckt bleibt. Vor allem
Richtung Küsten fällt auch etwas Nieselregen. Die dichte Bewölkung kommt weiter
nach Osten, Richtung Lausitz, voran, wird aber von Süden und Südwesten her nach
Abzug der Warmfront mehr und mehr "angeknabbert", nachmittags und abends lockern
die Wolken dann auch im Nordwesten auf.
Weiter südlich steht dagegen einem weiteren Altweibersommertag nichts im Wege.
Die Luftmasse kann sich allmählich erwärmen und von Südwesten wird allmählich
auch advektiv wärmere Luft ins Vorhersagegebiet geführt. Bis zum Abend steigt
die Temperatur in 850 hPa auf 2 Grad an der Neiße und 11 Grad westlich des
Rheins. Die Höchstwerte liegen somit zwischen 15 Grad auf Rügen bzw. in
Staulagen von Harz und Erzgebirge und 22 Grad am Rhein.

In der Nacht zum Samstag kann sich der inzwischen auf Mitteleuropa
übergegriffene Höhenrücken wieder etwas regenerieren. Das vorgelagerte Bodenhoch
verlagert seinen Schwerpunkt nach Südosteuropa, wobei ein Keil nach wie vor nach
Norddeutschland und zur Nordsee gerichtet bleibt. Der äußerste Norden und
Nordosten des Landes bleiben an der Nordostflanke des Keils noch innerhalb der
niedertroposphärisch recht feuchten schwachen Nordwestströmung, dort bleibt es
auch nach Abzug der Warmfront überwiegend stark bewölkt. Ansonsten lockern die
Wolken in Norddeutschland von Westen her allmählich auf, allerdings bilden sich
innerhalb der feuchten Grundschicht rasch ausgedehnte Nebelfelder.
In der Mitte und im Süden bleibt es dagegen gering bewölkt oder klar, wobei auch
dort das Nebelrisiko ein wenig ansteigt. Die Tiefstwerte liegen zwischen 11 Grad
unter den dichten Wolken ganz im Nordosten und 0 Grad in ungünstigen Lagen
Süddeutschlands. Dort kann es vielerorts wieder Frost in Bodennähe geben, auch
leichter Luftfrost ist nicht ausgeschlossen.

Samstag ... ändert sich an der Omega-ähnliche Konstellation der
Geopotenzialgebilde mit langwelligen Höhentrögen über dem nahen Ostatlantik
sowie Nordost- bzw. Osteuropa und einem Höhenrücken dazwischen, der sich am
Abend mit seiner Achse vom zentralen Mittelmeerraum über die Alpen und
Deutschland hinweg bis zum Nordmeer erstreckt, weiter an. Das Bodenhoch zieht
sich weiter nach Südosten zurück und im Vorhersagegebiet verstärkt sich
allmählich der Druckfall, dennoch reicht ein Keil weiterhin über das östliche
und nördliche Mitteleuropa bis zur Nordsee, wobei sich - gestützt durch WLA -
gleichzeitig ein flaches Hochdruckgebiet über dem Nordmeer etablieren kann, das
in Form einer Brücke Verbindung zum Keil aufnimmt.
Die Keilachse hat inzwischen auch den äußersten Nordosten Deutschlands erreicht,
so dass die niedertroposphärische Feuchtezufuhr von Nordwesten her gekappt wird.
Im Gegenteil - von Südosten her kann sich nun trockene Festlandsluft auch in
Norddeutschland durchsetzen. Somit lockern dort die Nebel- und Wolkenfelder
zögernd auf, was in Vorpommern auch noch bis zum späteren Nachmittag dauern
kann.
Von Süden her gelangen zunehmend Luftassen subtropischen Ursprungs ins
Vorhersagegebiet, die Temperatur in 850 hPa steigt bis zum Abend auf Werte
zwischen 10 Grad an der Neiße und 15 Grad am Rhein. Jahreszeitlich bedingt
klappt es mit der Durchmischung allerdings bei Weitem nicht mehr so gut wie noch
vor ein bis zwei Monaten. Somit scheint zwar im Süden und in der Mitte nach mehr
oder weniger rascher Nebelauflösung verbreitet die Sonne, dennoch reicht es
trotz der hohen 850 hPa-Temperaturen insgesamt "nur" (für die Jahreszeit
allerdings deutlich zu hohe) Höchstwerte zwischen 17 Grad auf Rügen und 26
gebietsweise (vielleicht nicht "ganz unten", sondern eher in mittleren
Höhenlagen) im Südwesten.


Modellvergleich und -einschätzung
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Im Kurzfristzeitraum simulieren alle vorliegende Modelle eine sehr ähnliche
Wetterentwicklung, prognose- und warnrelevante Unterschiede sind so gut wie
keine auszumachen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff