DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

17-09-2019 10:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 17.09.2019 um 10.30 UTC



Am Wochenende verbreitet freundlich und spätsommerlich warm. Zur neuen Woche von
Westen wieder unbeständiger, regional Gewitter.
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Synoptische Entwicklung bis zum Dienstag, den 24.09.2019


Die Wetterentwicklung zu Beginn der Mittelfrist erweist sich wieder als recht
arbeitnehmerfreundlich, denn pünktlich zum Wochenende stellt sich meist
freundliches, spätsommerliches warmes Wetter ein, bevor es in der neuen Woche
wohl langsam wieder unbeständiger wird.

Die Mittelfrist ist geprägt von einem stark meridionalisierten, trotzdem leicht
progressiven Strömungsmuster geprägt. Dabei ist ein Rücken, dessen Achse am
Freitag von Algerien über Frankreich bis nach Grönland reicht, von zunehmender
Relevanz für das hiesige Wettergeschehen. Der Rücken wird flankiert von einem
umfangreichen Trog über Osteuropa und einem weiteren, sich amplifizierenden Trog
über dem nahen Nordostatlantik, der Tuchfühlung mit einem Cut-Off vor Portugal
aufnimmt. Im Bodenniveau stützt der Rücken wird ein Hoch mit Schwerpunkt über
Deutschland. Der Zustrom maritimer Polarluft reißt dadurch ab und kommt unter
dem Hoch zur Ruhe. Mitteltroposphärisch setzt sogar bereits Warmluftadvektion
ein, die im Norden und Osten für starke, mehrschichtige Bewölkung sorgt, aus der
gebietsweise geringer Regen fällt. Nach Süden und Westen zu ist das Absinken
stark genug, dass ein sonniger Tag ins Haus stehen dürfte. Die
niedertroposphärisch vornehmlich diabatisch und durch Absinken adiabatisch
begründete Erwärmung fällt zwar nicht sonderlich üppig aus, am Rhein sowie an
seinen Nebenflüssen sind aber immerhin wieder recht verbreitet über 20 Grad zu
erwarten.


Am Samstag und Sonntag schwenkt der Rücken nach Deutschland, liegt mit seiner
Achse Sonntagabend über Ostdeutschland. Entsprechend verlagert sich der
Hochschwerpunkt ins östliche Mitteleuropa. In der dabei auf Südost bis Süd
drehenden Strömung wird eine subtropische Luftmasse advehiert. Die Erwärmung
macht folglich auch niedertroposphärisch nun deutliche Fortschritte. Die
Temperaturen auf 850 hPa erreichen bis Sonntagabend Werte von verbreitet um 15
Grad. Da man zu dieser Zeit keine volles "Durchheizen" der Grenzschicht erwarten
darf, sollte vielerorts bei Temperaturen um 25 Grad Schluss sein. Deutlich über
25 Grad (aber unter 30 Grad) werden es am ehesten an den Nordrändern der
westlichen Mittelgebirge (Niederrhein, Ruhr), möglicherweise auch in mittleren
Höhen des Berglandes innerhalb der Absinkinversion. Dämpfend wirkt zudem noch
etwaige Bewölkung, am Samstag beispielsweise im Nordosten in Form mitunter zäher
Stratocumulusfelder. Am Sonntag driften auch in den Westen und Südwesten
Wolkenfelder. Denn dort nähert sich der wahrscheinlich multipel abtropfende
Trogkomplex über Westeuropa an, auf dessen Vorderseite erste kurzwellige
Troganteile den Westen und Südwesten erreichen. Vor allem zum Abend wird es ganz
im Südwesten auch langsam feuchter und dadurch labiler. Quellbewölkung könnte
mit geringer Wahrscheinlichkeit bevorzugt über dem Bergland zu einzelnen
Schauern und Gewittern heranreifen. In den meisten Regionen verläuft das
Wochenende aber sonnig.

Am Montag und Dienstag gelangt Deutschland vollends auf die Vorderseite des sich
regenerierenden Trogkomplexes über dem Nordostatlantik und Westeuropa. Der Trog
bildet ein neues Drehzentrum in Form eines intensiven Höhentiefs aus, das sich
von der Irmingersee in das Seegebiet zwischen Island und Schottland verlagert.
Der vorgelagerte Rücken schwenkt nach Osteuropa. Im Bodenniveau stellt sich
zwischen dem neuen Zentraltief bei Island und dem Hoch über Südosteuropa eine
südwestliche Strömung ein. Deutschland liegt dabei zunächst in dem breiten
Warmsektor des Zentraltiefs, auch wenn die wärmste Luft allmählich nach Osten
abgedrängt wird (850er meist zwischen 10 und 15 Grad). Die feucht warme
Subtropikluft wird durch kurzwellige Troganteile im Verlauf weiter labilisiert,
sodass sich am Montag erst noch recht verhalten in der Westhälfte, am Dienstag
dann recht verbreitet Schauer und Gewitter entwickeln. Die Gewitter können sich
bei vorhandener hochreichender Scherung organisieren und fallen stellenweise
markant aus, vor allem aufgrund von Sturmböen, aber auch Starkregen und Hagel
sind sicherlich nicht auszuschließen.

In der erweiterten Mittelfrist nähert sich der Trog weiter an, greift nach
Lesart von IFS-00UTC auch auf Deutschland über. Aus einer Trogvorderseite wird
also eine Troglage, wobei hinter der durchschwenkenden Kaltfront des
Zentraltiefs langsam wieder etwas kühlere Meeresluft herangeführt wird.
Allerdings steht weder ein Kaltlufteinbruch, noch eine besonders
niederschlagsreiche Witterung in Aussicht.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Bis Sonntag lassen sich zwischen dem neusten IFS-Lauf von 00UTC und den
vergangenen Modellläufen keine nennenswerten Diskrepanzen ausmachen. In der
Mittelfrist setzt sich zunächst Hochdruckeinfluss durch bei ansteigendem
Temperaturniveau auf zum Sonntag spätsommerliches Niveau.
Danach nehmen die Unsicherheiten zu.
Unter den letzten IFS-Läufen besteht ein gewisser Dissens darüber, wann und in
welcher Form erste Störungen in Form von Kurzwellentrögen zu Wochenbeginn von
Westen her übergreifen. Auch die Frage, ob und wie schnell aus einer
Trogvorderseite in der erweiterten Mittelfrist ab Wochenmitte eine Troglage
werden könnte, beantworten die vergangenen Modellläufe sehr unterschiedlich.
Sicher ist: Es wird zu Wochenbeginn von Westen unbeständiger, allerdings bleibt
es noch verhältnismäßig warm und daher mitunter gewittrig.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Bis einschließlich Samstag simulieren die an dieser Stelle üblicherweise
betrachteten Globalmodelle ICON und GFS eine sehr ähnliche Entwicklung der
Wetterlage.
Ab Sonntag gehen die Berechnungen dann aber deutlicher auseinander. Der
Westeuropatrog, insbesondere dessen Abtropf- und nachfolgende
Regenerationsprozesse werden sehr unterschiedlich simuliert. Wie schon innerhalb
des IFS erweist sich die Frage nach Timing uns Ausprägung der von Westen
übergreifenden Störungen in Form kurzwelliger Troganteile als schwierig. GFS
sieht es schon am Sonntag deutlich zyklonaler, es erfolgt zum Montag sogar ein
erster Kaltfrontdurchgang. Auch ICON ist insgesamt etwas progressiver, mit dem
Unterschied, dass hier sogar ein Höhentief im Spiel ist, das sich von der
Biskaya über Frankreich und die Westalpen nach Oberitalien verlagert.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Rauchfahnen des IFS-EPS für 850-hPa-Temperatur und Geopotenzial verlaufen
bis Sonntag gut gebündelt und bestätigen damit die hohe Vorhersagesicherheit.
Sowohl der deterministische Lauf als auch der Kontrolllauf sind gut in die
Ensembleschar eingebettet.
Ab Sonntag nimmt der Spread insbesondere bei Geopotenzial zu, was die
Unsicherheit im Hinblick auf den Einfluss des Westeuropatroges auf das hiesige
Wetter unterstreicht. Die Mehrheit der Member zeigt einen leichten Abwärtstrend
zur Wochenmitte (bestätigt damit das Szenario des deterministischen IFS-Laufes),
eine wenige Member stürzen früher und stärker ab (früheres Übergreifen stärkerer
kurzwelliger Troganteile, ähnlich GFS. Passend dazu zeigen sich eigentlich erst
nach Wochenbeginn verbreitete und nennenswerte Niederschlagssignale, nur wenige
Member schlagen schon ab Sonntag im Westen und Südwesten aus. Interessanterweise
bleibt der Spread bei der 850-hPa-Temperatur vergleichsweise gering, auch wenn
sich im Verlauf der kommenden Woche ein langsamer Abwärtstrend von
spätsommerlich hohem auf ein der Jahreszeit etwas angepassteres Niveau
abzeichnet.


Das IFS-Clustering liefert für den Zeitraum +120-168h (So-Di) 4 Cluster, die den
Westeuropatrog in seiner Struktur sehr unterschiedlich simulieren. Insbesondere
die Abtropf- und Regenerationsprozesse sehen in jedem Cluster etwas anders aus.
In nur einem Cluster (16 Member) wird das Übergreifen eines stärkeren
kurzwelligen Troganteiles in Form eines Höhentiefs schon ab Sonntag gerechnet.
In zwei weiteren Clustern gelangt Deutschland auf eine eher diffuse
Trogvorderseite (27 Member, inkl. det. Lauf und Kontrolllauf), im verbleibenden
Cluster im Einfluss des sich etwas abflachenden Rückens (8 Member).

Für den Zeitraum +192-240h (Mi-Fr) werden ebenfalls 4 Cluster angeboten, von
denen 2 Cluster (27 Member) eine zumindest vorübergehende Troglage für
Deutschland simulieren. Die anderen beiden Cluster (24 Member) lassen
Deutschland im überwiegend antizyklonalen Einfluss, da sich der Trog westlich
wiederholt regeneriert.

Der o.e. Übergang zu einer Troglage auf Basis des IFS-00UTC-laufs ist also alles
andere als sicher.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Bis Sonntag keine.
Nachfolgend von Westen langsam ansteigende Gefahr einzelner, mitunter starker
Gewitter.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS det., MOS-IFS
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Adrian Leyser