DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

14-09-2019 11:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 14.09.2019 um 10.30 UTC



Teils windiges bis stürmisches und mäßig warmes Spätsommerwetter, nach Südwesten
viel Sonne.
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Synoptische Entwicklung bis zum Samstag, den 21.09.2019


Zu Beginn des mittelfristigen Zeitraums am Dienstag liegt Deutschland im Bereich
eines Langwellentroges, der sich ausgehend von einem Höhentief über Finnland
südwärts bis zur Adria erstreckt. Über dem Atlantik kann sich gleichzeitig ein
Rücken nach Norden aufwölben, sodass sich vom Nordatlantik über die Britischen
Inseln hinweg bis nach Mitteleuropa eine kräftige nordwestliche Grundströmung
vorliegt. Am Boden korreliert der Rücken mit einem Hoch über Nordfrankreich und
England. Deutschland liegt auf dessen Vorderseite in einer nordwestlichen bis
nördlichen Bodenströmung, mit der eine Kaltfront von den Küsten her nach Süden
geschoben wird. Während südlich der Front Richtung Hochrhein in 850 hPa noch
Temperaturen bis 16 Grad gezeigt werden, liegen die Werte im Küstenumfeld nur
noch bei 1 bis 2 Grad.

Am Mittwoch bleiben die großskaligen Geopotential- und Luftdruckmuster
grundsätzlich bestehen. Auf dem Nordatlantik weist der neuste IFS-Lauf weiter
einen Rücken auf. Diesem setzt jedoch ein sich intensivierendes Höhentief im
Bereich der Azoren zu, das zudem Kontakt zur Höhenströmung vor der Küste
Neufundlands aufnimmt. Interessanter für das Wettergeschehen in Deutschland
dürfte aber die Verlagerung eines kleinen Höhentiefs von Island nach Südschweden
sein. Einhergehend mit dem Höhentief verschärft sich sowohl der Geopotential-
als auch der Luftdruckgradient im Bodenniveau. Zudem hat es einen neuerlichen
Schwung kalter Luft polaren Ursprungs im Gepäck, die das Land von Norden her
flutet. In der Nacht zum Mittwoch simuliert das IFS entsprechend im
850-hPa-Niveau von Nordost nach Südwest nur noch Temperaturen zwischen -1 und 10
Grad. Niederschläge sind am Dienstag und Mittwoch überwiegend im zykonal
geprägten Norden und Osten zu erwarten, während nach Südwesten zu hoher
Luftdruck das Wetter bestimmt.

Bis Samstag verschiebt sich die Trog-Rücken-Struktur allmählich ostwärts.
Korrelierend schiebt sich ein Bodenhoch von Frankreich her nach Deutschland und
liegt am Freitag mit Schwerpunkt über Ostdeutschland und Tschechien. Der
Nordosten des Landes verbleibt jedoch bis einschließlich Donnerstag in der
zyklonal geprägten Nordwestströmung. Ein Kurzwellentrog sorgt zudem für
Hebungsprozesse, sodass von der Nordsee bis zur Oder weiter mit Niederschlägen
gerechnet werden muss. Erst zum Freitag setzt auch dort Wetterberuhigung ein.
Mit Verlagerung des Hochschwerpunktes nach Osten kommt Deutschland auf die
Rückseite zunehmend in eine südliche Strömungskomponente, sodass die
Temperaturen wieder ansteigen.

Am Samstag soll nach den derzeitigen Modell-Berechnungen des ECMW die Achse des
Höhenrückens über Deutschland hinwegschwenken, sodass das Land von Westen her
allmählich auf die Vorderseite eines neuen Troges gelangt, der sich vom
Nordatlantik südwärts bis vor die Küsten der iberischen Halbinsel erstreckt.
Einhergehend wird mit einer auf Südwest drehenden Strömung deutlich wärmer Luft
aus Südwesteuropa angezapft, sodass die Temperaturen auf 850 hPa in der Nacht
zum Sonntag wieder Werte zwischen 9 und 16 Grad erreichen.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die Konsistenz des heutigen 00 UTC Laufes ist bis einschließlich Freitag als
recht gut zu bezeichnen. Die großskaligen Geopotential- und Luftdruckstrukturen
werden vergleichbar simuliert. Der neuste IFS-Lauf sieht dabei die Verlagerung
der Systeme etwas rascher und rechnet die Kaltfront zum Donnerstag intensiver.
Einhergehend muss im Norden und Osten am Donnerstag mit Niederschlägen gerechnet
werden, die in diesem Umfang von den Vorläufen nicht oder etwas später gezeigt
wurden. Zum Samstag nehmen die Unterschiede deutlich zu. Anstatt eines
eigenständigen Höhenhochs simuliert der aktuelle Lauf des ECM nur noch einen
flacheren Rücken. Da dessen Achse jedoch noch westlich von Deutschland liegt,
sind für Samstag bei antizyklonalem Einfluss noch keine nennenswerten
Wettererscheinungen zu rechnen.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Die Globalmodelle führender Wetterdienste (GFS, IFS, ICON, GEM) simulieren die
mittelfristigen Geopotential- Luftdruckstrukturen vergleichbar. Bis
einschließlich Freitag sind auch die Unterschiede von Amplitude und Timing der
Geopotentialstrukturen als sehr ähnlich anzusehen. Signifikante Abweichungen
ergeben sich ab Mittwoch bei der Stärke des Hochs über West- bzw.
Nordwesteuropa. Vor allem GFS und ICON zeigen teilweise einen um 5 hPa höheren
Druck im Zentrum. Einhergehend ist der Gradient zwischen dem Hoch und dem Tief
über Ostskandinavien bzw. dem Baltikum nochmals verschärft, was sich wiederum
bei der Advektion der polaren Luftmasse bemerkbar macht. Die Werte auf 850 hPa
gehen beim GFS und ICON noch unter die vom IFS simulierten -1 Grad zurück. Zudem
dringt die kältere Luft weiter nach Südwesten vor, sodass am Hochrhein ebenfalls
nur noch etwa 6 Grad im genannten Niveau erreicht werden sollen. Dafür fallen
die Niederschlagssignale beim GFS und ICON etwas schwächer aus.

Am Samstag nehmen auch die Unterschiede unter den Modellen schließlich deutlich
zu. Während das IFS einen recht flachen Rücken über Deutschland hinweg ziehen
lässt, ist der Rücken beim GFS und ICON wesentlich steiler aufgestellt. Zudem
sind ICON und GFS deutlich rascher bei der ostwärtigen Verlagerung der
Rückenachse, wobei das ICON die zügigste Interpretation liefert. Entsprechend
sind nach der deutschen Modellkette auf der Trogvorderseite schon am Samstag
erste Niederschläge zu erwarten. Beim GEM ähneln die Höhenstrukturen den
Prognosen des IFS, während es am Boden eine eigene Lösung mit einer
Hochdruckzone vom Nordmeer bis in die Mitte Frankreich und Deutschlands zeigt,
die zum Samstag zu einem kräftigen Bodenhoch mit Schwerpunkt über Dänemark
mutiert.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Rauchfahnen diverser Städte in Deutschland zeigen bezüglich der Temperaturen
bis einschließlich Donnerstag bei einem recht geringen Spread und einer hohen
Konzentration der Modellmember im gleichen Temperaturniveau eine gute
Vorhersagegüte. Nur wenige Einzelmember zeigen einen deutlich milderen Verlauf.
Beim Geopotential liegen die meisten Modellinterpretationen ebenfalls auf einem
ähnlichen Kurs. Dennoch gibt es schon ab Dienstag eine signifikante Vergrößerung
des Spreads, da ein Teil des Ensembles zu einem tieferen Geopotential neigt. Am
Freitag nimmt der Spread beim Geopotential sogar nochmals ab bevor die
Abweichungen im Ensemble ab Samstag wieder sehr stark ansteigen. Bei den
Temperaturen auf 850 hPa nehmen die Unsicherheiten schon ab Freitag deutlich zu.
Auch wenn der Trend aller Member eine Milderung zeigt, ist das Timing dieser
noch sehr verschieden. Der Hauptlauf und auch der Konrolllauf liegen über dem
gesamten mittelfristigen Zeitraum im oberen Drittel des Ensembles.

Die Meteogramme der betrachteten Städte stützen die Aussagen der Rauchfahnen.
Bis Freitag zeugen recht kleine Boxplots bei der Temperatur für eine hohe
Vorhersagegüte. Der verhältnismäßig große Unterschied zwischen Min und Max wird
von den abweichenden Einzelmembern erzeugt.

Die Abweichungen innerhalb des Ensembles bei der Geopotential- und
Luftdruckverteilung wird im Zeitraum von +72 bis +96h in vier Cluster
abgebildet, die aber alle dem Wetterregime eines atlantischen Rückens zugeordnet
sind. Die Unterschiede zwischen den Clustern sind recht gering und beziehen sich
größtenteils auf die Trog-/Höhentief-Entwicklungen auf dem Atlantik
beziehungsweise die Intensitäten der Druckgebilde samt einhergehender
Verschärfung des Gradienten über Nordwest- und Mitteleuropa.
Der Kontrolllauf befindet sich dabei im ersten Cluster und der Hauptlauf in
Cluster 4. Entsprechend der Strukturen ist vor allem im Norden und Osten des
Landes bei einer mehr oder weniger starken und zyklonal geprägten Nordbrise mit
Niederschlägen zu rechnen.

Im Zeitraum +120 bis +168h werden die Abweichungen der Geopotential- und
Luftdruckmuster in insgesamt fünf Cluster aufgeteilt. Während Cluster 1 und 2
vergleichbare Strukturen zeigen und vom Schema eines atlantischen Rückens zum
Blocking driften, verbleiben Cluster 3 und 4 durchgehend beim atlantischen
Rücken. Analog zu den Veränderungen im Regime sind auch die wesentlichen
Unterschiede der Strukturen zwischen Cluster 1 und 2 auf der einen und Cluster 3
und 4 auf der anderen Seite zu erklären. Die ersten beiden Cluster, die
insgesamt 26 Member umfassen und auch den Kontrolllauf enthalten, zeigen eine
etwas raschere Verlagerung der Trog-Rücken-Kombination nach Osten. Zudem ähnelt
die Geopotentialverteilung der Cluster ab Donnerstag einer Omega-Lage. Bei
Cluster 3 und 4 ist der Trog auf dem Atlantik deutlich schwächer ausgeprägt.
Einhergehend fehlt es an Schubkomponente. Der Rücken verlagert sich langsamer
und flacht zudem zunehmend ab. Diese Lösung wird von 19 Ensemblemitgliedern
gestützt. Entsprechend der Prognosen der Geopotential und Luftdruckverteilung
liegt Deutschland unter Hochdruckeinfluss, wobei der Schwerpunkt zwischen den
ersten vier Clustern uneinheitlich simuliert wird. Das Cluster 5 zeigt eine
ähnliche Verlagerung wie Cluster 1 und 2. Allerdings wird der Rücken von den 6
Membern schwächer und im Gegensatz dazu der Trog auf dem Atlantik stärker
gerechnet, sodass zum Freitag über See Strukturen einer negativen NAO zu
verzeichnen sind.

Im Zeitraum +192 bis 240h geben insgesamt vier Cluster die Unterschiede im
Ensembleraum wieder. Die Cluster 1, 2 und 4 zeigen dabei mehr oder weniger stark
ausgeprägt blockierende Verhältnisse vom Nordmeer bis zum zentralen Mittelmeer.
Vor allem bei den ersten beiden Clustern mit 32 Membern zonalisiert zudem die
Strömung über dem Atlantik. Sowohl der Kontrolllauf, als auch der Hauptlauf
liegen im Cluster 2 und stützen somit die blockierenden Strukturen. Das Cluster
3 mit 11 Mitgliedern zeigt dagegen eine etwas abweichende Geopotential- und
Luftdruckverteilung, indem es über dem europäischen Kontinent weitgehend zonale
Strömungsverhältnisse liefert. Mit im Spiel in diesem Cluster ist aber auch ein
Rücken, der sich bevorzugt über dem Atlantik nordwärts aufwölbt. Die
Interpretationen von Cluster 4 würden ein Fortbestand des Hochdruckwetters
bedeuten. Bei Cluster 1 und 2 pirscht sich langsam ein großräumiges Tief vom
Atlantik an, ohne jedoch auf Deutschland komplett überzugreifen. Lediglich der
Nordwesten würde zum Ende des Zeitraums schon im frontalen Bereich liegen.
Insgesamt würde dabei eine Südwestströmung wieder warme bis sehr warme Luft ins
Land transportieren. Bei Cluster 3 würdenestwinde samt überquerender Störungen
für einen eher unbeständigen Wettercharakter sorgen.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Am Dienstag ist vor allem im Norden und Osten im Bereich des stärksten
Druckgradienten mit stürmisch auflebendem Nordwestwind zu rechnen. Zudem können
in Verbindung einzelner Gewitter im Ostseeumfeld hohe Windgeschwindigkeiten zum
Boden gemischt werden.

Im Norden und Osten reagiert auch der EFI und zeigt für den aktuellen
Jahreszeitraum überdurchschnittlich hohe Windspitzen. Von der Nordsee bis zur
Oder werden dabei vom EZ-EPS und C-LEPS mit 80 bis 100% Wahrscheinlichkeit Böen
der Stärke 7 simuliert. Im Küstenumfeld stützen 50 bis 90% stürmische Böen (Bft
8) und 20 bis 50% Sturmböen (Bft 9). Für schwere Sturmböen zeigen die genannten
Ensemble Wahrscheinlichkeiten zwischen 0 und 10%, punktuell auch bis 20%. Auch
die Hochlagen von Harz und Erzgebirge sprechen mit Werten um 10% an.
Das ICON-EPS zeigt eine vergleichbare räumliche Verteilung, wobei die
Wahrscheinlichkeiten meist um 10 bis 20% niedriger liegen.

Am Mittwoch ist es im Küstenumfeld, im Osten des Landes sowie in Kammlagen der
zentralen und östlichen Mittelgebirge weiter windig. Für Bft 7 stehen demnach
beim EZ-EPS 25 bis 75% im Osten und bis 85% direkt an der Küste bzw. auf den
Inseln. Das C-LEPS zeigt im Osten Bft 7 mit einer Wahrscheinlichkeit von 25 bis
65%, ICON mit 25 bis 50%. Direkt an der Küste sowie in den Kammlagen der
genannten Gebirge werden 50 bis 90% erreicht. Für stürmische Böen werden im
Küstenumfeld vom EZ-EPS 5 bis 15% wiedergegeben, ICON-EPS und C-LEPS an der
nordfriesischen Küste teils bis 50%. Sturmböen werden an exponierten
Küstenabschnitten von den Ensemble-Modellen mit Werten zwischen 0 und 7%
gestützt.

Am Donnerstag gibt es nur noch an exponierten Küstenabschnitten noch geringe
Wahrscheinlichkeiten kleiner 5% für markante Windspitzen (Bft 8).
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Basis für Mittelfristvorhersage
EZ-EPS, det-EZ, für Temperatur auch MosMix
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Lars Kirchhübel