DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

14-09-2019 07:01
SXEU31 DWAV 140800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 14.09.2019 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: BM bzw. Wa
Am Wochenende im Süden und in der Mitte Altweibersommer. An den Küsten ab der
kommenden Nacht auffrischender westlicher Wind, vorübergehend mit stürmischen
Böen an exponierten Abschnitten. Am Montag bis in die Mitte kühler und
unbeständiger.

Synoptische Entwicklung bis Montag 24 UTC
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Samstag... befindet sich Deutschland am Südrand der sowohl in 300 als auch in
500 hPa gut definierten, zonal ausgerichteten und zunächst recht glatt
verlaufenden Frontalzone. Darin eingebettet, verlagert sich ein recht markanter
und mit einer verhältnismäßig kurzen Wellenlänge ausgestatteter Höhentrog mit
seinem Drehzentrum im Tagesverlauf über Island hinweg ostwärts Richtung
Nordmeer. Aufgrund kräftiger WLA wölbt sich stromab ein flacher Höhenrücken auf,
der zum Abend hin von Nordwesteuropa kommend auf Skandinavien und Mitteleuropa
übergreift.
Der Rücken stützt ein kräftiges Bodenhoch über West- und Mitteleuropa, dessen
Schwerpunkt sich allmählich ins östliche Mitteleuropa verlagert, wobei es sich
über dem nahen Ostatlantik westsüdwestlich von Irland aber wieder regeneriert.
Ein mit dem Höhentrog korrespondierendes Sturmtief zieht derweil ins Seegebiet
östlich Islands. Das zugehörige Frontensystem erreicht abends unter
fortschreitendem Okklusionsprozess die nördliche Nordsee.
Somit dominiert im Vorhersagegebiet heute tagsüber Hochdruckeinfluss ohne
signifikante Wettererscheinungen. Nördlich bzw. nordöstlich der Bodenhochachse,
die nur zögernd ostnordostwärts vorankommt, gelangt von Westen her unterhalb
einer anfangs noch recht gut ausgeprägten Absinkinversion (in etwa 800 hPa)
relativ kühle und leicht labil geschichtete Nordseeluft nach Norddeutschland,
wobei sich dort im Tagesverlauf flache Quellbewölkung bildet, die sich an der
Inversion horizontal ausbreitet (klassischer Sc cumulogenitus), so dass es dort
vorübergehend und gebietsweise auch mal etwas stärker bewölkt sein kann.
Nachmittags und abends setzt sich aber wieder zunehmend die Sonne durch. Auch im
östlichen Mittelgebirgsraum und im Südosten des Landes macht sich im Bereich
einer ehemaligen, sich aber inzwischen komplett aufgelösten Kaltfront noch
Quellbewölkung bemerkbar, für Schauer reicht es aber nicht. Ansonsten scheint
die Sonne, zeitweise ziehen dünne hohe Wolkenfelder durch. Die Luftmasse kann
sich durch die Einstrahlung vor allem im Süden und Westen weiter erwärmen und
auch advektiv gelangt in die Regionen südlich der Hochachse wärmere Luft aus dem
südwesteuropäischen Raum. Die Temperatur in 850 hPa steigt bis zum Abend auf
Werte zwischen 13 Grad im Südwesten und 4 Grad in Ostvorpommern. Die Höchstwerte
bewegen sich entsprechend zwischen 17 und 22 Grad im Norden bzw. Osten sowie
zwischen 22 und 27 Grad im Süden und Westen, die höchsten Werte wohl in
mittleren Höhen oberhalb des Oberrheingrabens.

In der Nacht zum Sonntag verlagert der Trog sein Drehzentrum in die Norwegische
See, der vorgelagerte Rücken wird Richtung Baltikum und Osteuropa abgedrängt.
Im Bodenfeld befindet sich das Sturmtief ziemlich genau achsensenkrecht
unterhalb des Höhentiefs und hat somit den Zenit seiner Entwicklung erreicht
bzw. überschritten. Der Okklusionsprozess ist bis zum Morgen oder zum frühen
Vormittag des Sonntags abgeschlossen, die Kaltfront kommt aber mangels
Schubkomponente nur langsam südostwärts voran und befindet sich dann noch knapp
nördlich der Deutschen Bucht. Das Hochdruckgebiet wird weiter nach Südosteuropa
abgedrängt bzw. im Grunde bekommt die vom Ostatlantik über Mittel- bis weit nach
Ost- bzw. Südosteuropa reichende Hochdruckzone eine Schwachstelle über dem
Vorhersagegebiet. Von Nordwesten her setzt mit Annäherung der Kaltfront
Druckfall ein, mit der Gradientverschärfung nimmt der Wind an den Küsten im
Laufe der Nacht deutlich zu. Zunächst gibt es im Nordseeumfeld, ausgangs der
Nacht auch an der Ostsee steife Böen aus Südwest bis West, an exponierten
Küstenabschnitten der Nordsee auch stürmische Böen (Bft 7 bis 8). Auch auf dem
Brockenplateau muss im Laufe der Nacht mit stürmischen Böen gerechnet werden.
Dazu werden die Wolken ganz im Norden dichter, es bleibt aber noch trocken.
Im weitaus größten Teil des Landes bleibt es noch gering bewölkt oder klar,
wobei sich vor allem im Süden örtlich wieder dichter Nebel bilden kann. Die
Tiefstwerte liegen zwischen 13 Grad ganz im Norden (Küsten vielleicht sogar
etwas darüber) und 3 Grad in ungünstigen Lagen im zentralen und westlichen
Mittelgebirgsraum, dort ist ganz vereinzelt Bodenfrost möglich.

Sonntag... zieht der inzwischen eher langwellige Höhentrog allmählich weiter
nach Skandinavien. An dessen Südflanke verschärft sich die westnordwestliche
Höhenströmung über Deutschland, bleibt aber vor allem nach Süden zu am Nordrand
eines von Nordafrika über den westlichen Mittelmeerraum bis zum Westalpenraum
bzw. zum Balkan reichenden Höhenrückens leicht antizyklonal konturiert.
Durch Überströmung des Norwegischen Küstengebirges bildet das sich nur zögernd
auffüllende Bodentief, das sich abends über der Haltenbank befindet, einen
weiteren Kern aus, der abends Finnland erreicht, es nimmt also die Form eines
Dipols an. Das Frontensystem, respektive die Kaltfront kommt mangels
Schubkomponente weiterhin nur zögernd südsüdostwärts voran, wird im weiteren
Verlauf noch durch Wellenbildung über der Nordsee zusätzlich eingebremst und
greift vormittags auf Norddeutschland über, bis zum Abend zieht sie ins
Norddeutsche Tiefland. Die frontale Hebung wird innerhalb der glatten
Frontalzone und mit Annäherung zur Hochdruckzone kaum dynamisch gestützt, somit
fallen die frontalen Niederschläge nur sehr spärlich aus. Auch an den Küsten
bzw. im angrenzenden Binnenland dürfte es nur selten für mehr als 1 bis 2 mm
innerhalb von 12 Stunden reichen. Von Warnrelevanz bleibt allerdings der Wind.
An den Küsten von Nord- und Ostsee gibt es weiterhin steife, exponiert auch
stürmische Böen aus West, später eher Nordwest, nach Kaltfrontpassage schwächt
sich der Wind im Nordseeumfeld allerdings rasch wieder ab. Auch auf dem Brocken
muss mit stürmischen Böen, vereinzelt Sturmböen gerechnet werden.
Die Mitte und der Süden bleiben im Einflussbereich der nur langsam nach Süden
abgedrängten Hochdruckzone. Etwa südlich einer Linie südliches Emsland - Berlin
scheint überwiegend die Sonne, flache Quellwolken beschränken sich hauptsächlich
auf das Bergland und nur zeitweise ziehen dünne hohe Wolkenfelder durch. Die
warme Luftmasse kommt noch etwas nach Norden voran, die Temperatur in 850 hPa
bewegt sich zwischen 5 Grad im Bereich der Kaltfront ganz im Norden und 15,
vielleicht 16 Grad im Süden. Unter den dichten Wolken im Norden liegen die
Höchstwerte somit nur zwischen 17 und 21 Grad, sonst werden spätsommerliche 23
bis 28 Grad, im Südwesten örtlich 30 Grad erreicht.

In der Nacht zum Montag hat der inzwischen mit mehreren Drehzentren
ausgestattete langwellige Höhentrog über Nordeuropa eine zentralsteuernde
Position übernommen. Eingebettet in die westnordwestliche Höhenströmung an der
Südflanke des Troges kommt die Kaltfront über Norddeutschland erst einmal kaum
weiter nach Süden voran, sondern bleibt die Nacht über unter Einbeziehung einer
flachen, über Norddeutschland hinweg ostwärts ziehenden Welle erst einmal
quasistationär. Im Bereich der Welle können sich die frontalen Hebungsprozesse
vorübergehend verstärken und entsprechend intensivieren sich die Niederschläge
über der Norddeutschen Tiefebene. ICON-EU simuliert in einem Streifen vom
Emsland bis nach Nordbrandenburg 5 bis 10 mm in 12 Stunden, gebietsweise auch
knapp darüber, GFS hat nur geringfügig weniger auf der Agenda.
Mit dem Auffüllen und der Ostverlagerung des inzwischen mit mehreren Kernen
ausgestatteten Bodentiefkomplexes über Nord- bzw. Nordosteuropa fächert der
Gradient weiter auf, so dass der Wind im Laufe der Nacht auch an der Ostsee
zögernd abnimmt, entlang der vorpommerschen Küste reicht es aber wohl noch für
einzelne Böen Bft 7. Auf dem Brocken kann es die ganze Nacht über hinweg auch
noch stürmische Böen aus West geben.
Die dichten Wolkenfelder im Vorfeld der Front weiten sich im Laufe der Nacht
allmählich auch auf die mittleren Landesteile aus, während sie postfrontal im
äußersten Norden wieder auflockern. In der Südhälfte bleibt es dagegen erneut
gering bewölkt, wobei sich örtlich wieder Nebel bilden kann. Insgesamt verläuft
die Nacht mit Tiefstwerten zwischen 14 Grad unter den dichten Wolken in der
nördlichen Mitte und 7 Grad in Regionen mit länger klarem Himmel recht mild.

Montag... stößt ein kurzwelliger Troganteil von Island bis zum Abend Richtung
Norwegische See vor und wird in weiterer Folge den zentralsteuernden Höhentrog
über Nordeuropa regenerieren. Zunächst ändert sich aber an der
westnordwestlichen und recht glatt konturierten Höhenströmung über dem
Vorhersagegebiet nur wenig. Dynamische Hebungsprozesse sind nach wie vor so gut
wie keine auszumachen.
Die Kaltfront über Norddeutschland kommt somit weiterhin nur zögernd nach Süden
voran und erreicht am Abend grade so die mittleren Landesteile. Mit dem
Herauslaufen der Welle schwächen sich die Niederschläge im Frontbereich wieder
ab, zumal die Kaltfront auch zunehmend von KLA überlaufen wird, was
frontolytisch wirkt. Im Westen/Nordwesten klingen die Regenfälle am Nachmittag
und Abend wohl sogar ganz ab. 12-stündig werden bis zum Abend etwa vom
Münsterland bis nach Ostsachsen somit nur noch 1 bis 5 mm simuliert,
gebietsweise auch etwas mehr. Postfrontal gelangt maritime Polarluft nach
Norddeutschland, die allerdings höchstens Richtung Küsten unterhalb von etwa 700
hPa leicht labil geschichtet ist. Dort könnte es für einzelne kurze Schauer
reichen, ansonsten lockern die Wolken ganz im Norden aber wieder auf und es
bleibt weitgehend trocken. Der Wind frischt dort tagesgangbedingt wieder etwas
auf (am Gradienten ändert sich nur wenig), vor allem im Ostseeumfeld kann es
einzelne steife Böen (Bft 7) aus West bis Nordwest geben, auf dem Brocken
weiterhin stürmische Böen.
Süddeutschland bleibt tagsüber noch im präfrontalen Bereich, wobei in den
äußersten Süden eine feuchtere und labil geschichtete Luftmasse eingesteuert
wird (PPW-Werte über 25 mm), innerhalb derer auch etwas Cape generiert werden
kann (aus aktueller Modellsicht allerdings weniger als 500 J/kg). Somit sind vor
allem vom Südschwarzwald bis zum Alpenvorland einzelne Gewitter nicht
ausgeschlossen.
Ansonsten scheint etwa südlich von Main und Mosel erneut zumindest zeitweise die
Sonne, insgesamt werden aber auch dort die Wolken allmählich dichter. Während
die 850 hPa-Temperatur postfrontal auf etwa 1 bis 5 Grad zurückgeht, werden im
Süden nochmals 10 bis 14 Grad erreicht. Somit liegen die Höchstwerte im Norden
und in der Mitte bei etwa 15 bis 20 Grad, während im Süden nochmals warme 24 bis
28 Grad erreicht werden.

In der Nacht zum Dienstag setzt sich die Regenerierung des Troges über
Skandinavien fort, der oben angesprochene Kurzwellentrog zieht bis Dienstagfrüh
nach Südschweden, wodurch sich der Trog nach Süden ausweitet, sich die
nordwestliche Höhenströmung über dem Vorhersagegebiet deutlich verschärft und
eine zunehmend zyklonale Kontur annimmt. Aufgrund von PVA auf der diffluenten
Trogvorderseite kann vor allem über dem Norden und Nordosten des Landes Hebung
generiert werden, die aber durch kräftige KLA zumindest teilkompensiert wird.
Der mit dem Kurzwellentrog korrespondierende Bodentrog kann sich nicht zuletzt
aufgrund der Überströmung des Norwegischen Küstengebirges verstärken und reicht
morgens in etwa vom Oslo-Fjord bis zur mittleren Nordsee. Vorderseitig
verschärft sich der Gradient auch über Norddeutschland und der Wind frischt aus
Nordwest auf. An den Küsten gibt es recht verbreitet Böen Bft 7 bis 8, auf
Helgoland und an exponierten Abschnitten der nordfriesischen Küste ausgangs der
Nacht eventuell auch Sturmböen (Bft 9). Auch auf dem Brocken bleibt es bei
stürmischen Böen.
Mit Trogannäherung gelangt allmählich höhenkältere Luft in den äußersten Norden
des Landes, morgens reicht die Labilität vor allem an der Ostsee schon bis auf
nahe 650 hPa. Die Folge ist eine Zunahme der Schauertätigkeit an den Küsten, die
eventuell bis ins angrenzende Binnenland reicht. Auch einzelne kurze Gewitter
(bei kräftiger hochreichender Scherung und Oberwinden von 45 kn begleitet von
Sturmböen) können insbesondere im Ostseeumfeld nicht ausgeschlossen werden.
Die Kaltfront greift zögernd auf Süddeutschland über und erreicht morgens in
etwa die Donau. Sie wird weiterhin von KLA überlaufen, so dass nur nach Osten zu
überhaupt nennenswerte Niederschläge (wenige mm in1 2 Stunden) simuliert werden.
Sonst bleibt es bei Passage oft trocken. Postfrontal sinkt die Temperatur in 850
hPa auf 0 bis 4 Grad, Richtung Alpen liegt sie morgens noch immer zwischen 10
und 12 Grad.


Modellvergleich und -einschätzung
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Alle vorliegenden Modelle simulieren im Kurzfristzeitraum eine sehr ähnliche
Wetterentwicklung. Das GFS hat die Südverlagerung der Kaltfront in den Vorläufen
gegenüber IFS und ICON meist etwas langsamer simuliert, inzwischen hat es sich
aber zumindest dem ICON angepasst.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff