DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

06-09-2019 07:30
SXEU31 DWAV 060800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 06.09.2019 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: TrM

Im Nordseeumfeld heute kräftige Schauer und Gewitter mit Starkregen. Dazu
stürmischer Südwestwind. In der Nacht zum Samstag nachlassend. Ab Sonntag im
Süden Dauerregen wenig wahrscheinlich. In der Nacht zum Montag zwischen Eifel
und Saarland lokal Frost in Bodennähe möglich.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC
--------------------------------------------------------------
Freitag... erwartet Deutschland ein zumeist ruhiger Wettertag. Zwischen einem
nach Finnland abgezogenen und einem sich im Tagesverlauf von Schottland zur
Nordsee verlagernden Höhentrog verbleiben wir in einer zyklonal geprägten
südwestlichen Höhenströmung. Dabei wird ein okkludierendes Frontensystem bis zur
Mittagszeit über die Nordsee und bis zur kommenden Nacht in den Nordwesten
Deutschlands geführt. Das Residuum des nach Finnland abgezogenen Troges in Form
einer eigenständigen Zyklone über Norditalien bleibt ortsfest liegen und beginnt
sich allmählich aufzufüllen. Bodennah beeinflusst ein schwacher Azorenhochkeil
besonders die Mitte Deutschlands, sodass sich eine Dreiteilung des Wetters
ergibt.
Entlang und südlich der Donau sorgen schwache synoptisch-skalige bzw.
orografische Hebung und Aufgleiten für einen ganztags bedeckten Himmel, aus dem
wiederholt einzelne Tropfen fallen. Am direkten Alpenrand regnet es zeitweise
leicht. Diesem Bereich schließt sich ein Streifen mit sukzessive nachlassendem
Absinken an und die Mitternachtsaufstiege heben hier in einer durch mehrere
Absinkinversionen geprägten Schicht von 700 bis 400 hPa eine sehr trockene
Luftmasse hervor. Daher verwundert es nicht, dass von Eifel/Saarland/Südpfalz
bis zur Oder ein meist sonniger und trockener Tag erwartet wird. Bleibt noch der
Nordwesten und äußerste Norden zu erwähnen, wo der Tag durch den Wolkenaufzug
der aus Nordwest nahenden Okklusion geprägt wird. Die besonders in der zweiten
Tageshälfte über der Deutschen Bucht einsetzenden skaligen und zeitweise auch
konvektiv verstärkten Niederschläge greifen bis zum Abend auch auf das
Landesinnere über, sollten aber bis zum Einbruch der Nacht Bremen und Hamburg
noch nicht erreicht haben. Besonders in Nordfriesland werden die Bedingungen für
erste organisierte Schauer- und teils auch Gewitterstraßen immer besser
(Einzugsbereich eines kräftigen Höhenjets, konfluente Strömung und Anbindung an
eine modifizierte subtropische Luftmasse vom Nordatlantik), sodass strichweise
mit Starkregen (einstündig wie auch mehrstündig) zu rechnen ist. Dabei frischt
der Südwestwind über der Deutschen Bucht im Tagesverlauf weiter auf, sodass den
Nachmittag und Abend über verbreitet mit steifen Böen Bft 7 und zum Abend über
der See und entlang der nordfriesischen Küste auch mit stürmischen Böen Bft 8 zu
rechnen ist (auf Helgoland kann gar die eine oder andere Sturmböe Bft 9 nicht
ausgeschlossen werden). Ansonsten sorgt die eher ablandige Windkomponente für
geringere Windgeschwindigkeiten und vor allem im Ostseeumfeld bleibt es bei
einem zeitweise auffrischenden Südwestwind warnfrei. Im übrigen Deutschland weht
der Wind schwach bis mäßig aus Süd bis Südwest, im Süden schwach aus Ost bis
Nordost. Die Höchstwerte liegen je nach Sonnenscheindauer zwischen 16 und 23
Grad.

In der Nacht zum Samstag ändert sich an der Wetterdreiteilung wenig, wenngleich
der teils noch klare Abschnitt über der Mitte immer mehr von Aufgleitbewölkung
der Okklusion "aufgefüllt" wird. Zudem nähern sich im Verlauf der zweiten
Nachthälfte von Westen die ersten leichten Niederschläge der Okklusion. Südlich
der Donau bleibt es bedeckt und hier nimmt die Niederschlagsneigung dank
zunehmender Hebung vorderseitig des von Nordwesten nahenden und südwärts
vorstoßenden Höhentrogs wieder zu. Dabei werden 12-std. Niederschlagsmengen von
5 bis 10 l/qm erwartet, strichweise können sie mit eingelagerter Konvektion auch
etwas stärker ausfallen. Der Warnschwerpunkt liegt jedoch weiterhin über der
Deutschen Bucht und deren Umfeld. Die Okklusion zieht schleifend nach Südosten
und dürfte ausgangs der Nacht den Nordwesten Deutschlands endgültig erreicht
haben. Daher besteht die gesamte Nacht über "offshore" und im Küstenbereich die
Gefahr von teils kräftigen Schauer und Gewittern. Weiterhin deuten sich
organisierte Schauer- und Gewitterstraßen an, entlang derer strichweise
markanter Starkregen auftreten kann, punktuell vielleicht auch bis in den
Unwetterbereich. Dabei liegt der Niederschlagsschwerpunkt im Kreis Nordfriesland
und Dithmarschen. Der stürmisch auffrischende Südwestwind mit einzelnen
Sturmböen schwächt sich über der Deutschen Bucht und entlang der Nordfriesischen
Inseln nach Mitternacht rasch ab und dreht auf West. Ansonsten weht der Süd- bis
Südwestwind, im Süden auch Westwind meist schwach. Die Tiefstwerte liegen auf
den Inseln bei rund 14 Grad und gehen entlang der zentralen/östlichen
Mittelgebirge auf bis zu 6 Grad zurück (mit lokal noch tieferen
5cm-Temperaturwerten).



Samstag... erfasst der sich weiter südwärts ausweitende Höhentrog Deutschland,
während das Norditalientief unter rascher Abschwächung nach Österreich geführt
wird. Die Okklusion gerät dabei unter den Höhentrog und schwächt sich in der
Folge quer über Deutschland liegend allmählich ab (bis zum Abend grob die Linie
Bodensee-Rügen erreichend). Dabei ergeben sich folgende
Niederschlagsschwerpunkte: Im Südosten klingen die skaligen
Aufgleitniederschläge von Westen ab, sodass zum Abend nur noch der direkte
östliche Alpenrand betroffen ist. Mit 5 bis 10 l/qm/12h fallen diese
Niederschläge meist nur schwach aus. Dann befindet sich in Okklusionsnähe ein
Streifen mit leichten Niederschlägen, der besonders den Südwesten und die
zentralen Mittelgebirge betrifft. Auch hier fallen die 12-std. Mengen mit
wenigen Litern auf den Quadratmeter gering aus. Bleibt noch der Westen zu
erwähnen, wo sich dank höhenkalter Luft unter dem Höhentrog mit dem Tagesgang
etwas Labilität aufbaut, die sich in Form von Schauern und einzelnen Gewittern
entlädt (auch Küsten betreffend). Punktuell kann dabei Starkregen um 15 l/qm/h
nicht ausgeschlossen werden. Der Wind dreht von Südwest zunehmend auf West,
spielt jedoch deutschlandweit keine warnwürdige Rolle. Im Küstenumfeld frischt
er jedoch zeitweise etwas stärker auf. Die Höchstwerte liegen zwischen 17 und 22
Grad, am Alpenrand bei Regen teils auch etwas darunter.

In der Nacht zum Sonntag erreicht der Höhentrog die Schweiz, wobei über
Norditalien wieder leichter Druckfall erwartet wird. Die Schauer und einzelnen
Gewitter im Westen breiten sich unter rascher Abschwächung noch bis zur Mitte
aus. Orografisch unterstützt kann jedoch besonders im Westen unter der kältesten
Höhenluft auch in der zweiten Nachthälfte der eine oder andere Schauer
auftreten, lokal auch gewittrig (dies gilt auch für die Küsten). Im Süden können
sich auf der direkten Trogvorderseite teils auch größere Niederschlagsgebiete
ausbilden, die jedoch nur wenige Liter Niederschlag auf den Quadratmeter
bringen. Ansonsten lockert die dichte Wolkendecke zeitweise auf und es bleibt
meist trocken bei Tiefstwerten zwischen 11 und 6 Grad.

Sonntag... verbleibt der Höhentrog über Deutschland, weitet sich jedoch noch
etwas mehr in Richtung Norditalien aus. Aus heutiger Sicht setzt sich der
Druckfall südlich der Alpen weiter fort, jedoch mit nur geringen Fallraten,
sodass die Ausbildung eines eigenständigen Bodentiefs bis zu den Abendstunden
weiterhin fraglich ist. Dennoch verstärken sich über den Alpen und auch über dem
Süden Deutschlands die Aufgleitniederschläge der Nacht weiter. Dabei bleibt noch
abzuwarten, wo sich der stärkste Druckfall entlang/südlich der Alpen
herauskristallisieren wird, was auch den Bereich mit den kräftigsten
Niederschlägen beeinflusst. ICON deutet einen recht breiten Aufgleitschirm an
mit 12-std. Niederschlagsmengen im Süden zwischen 15 und 30 l/qm, während IFS
und GFS den Schwerpunkt weiterhin in Österreich sehen. Alles in allem verläuft
der Tag im Süden wolkenverhangen mit vergleichsweise hohem
Niederschlagspotential.
Über der Mitte und dem Norden erwartet uns erneut ein höhenkaltluftgesteuerter
Tag, wo im Zuge diabatischer Erwärmung im Tagesverlauf die Schauer- und
Gewitterintensität zunimmt. Punktuell tritt dabei Starkregen auf, wobei die
Niederschläge nach Osten zu dank etwas höhenmilderer Luft schwächer ausfallen.
Der Nordwestwind weht schwach bis mäßig und die Höchstwerte liegen zwischen 17
und 21 Grad, im Regen im Süden bei rund 13 Grad. Die Schneefallgrenze könnte
dabei an den Alpen zum Abend allmählich auf unter 2000 m absinken, wobei die
Niederschlagsintensität bzw. die thermodynamische Schichtung der Luftmasse
nördlich der Alpen entscheidet, wie stark die 2000 m Marke unterschritten wird.

In der Nacht zum Montag schwenkt der Höhentrog mit seiner südlichen Achse weiter
ostwärts in Richtung Bayern/Österreich und mit ihr zieht auch das mögliche
Bodentief nach Tschechien oder ins südwestliche Polen ab. Sieht man von all den
Unsicherheiten ab kann man zusammenfassend sagen, dass die Nacht im Südosten und
Osten bedeckt verläuft mit zahlreichen Schauern (IFS und GFS) oder skaligem und
warnwürdigem Regen besonders in Bayern (ICON). Im Westen und Norden fallen die
Schauer und einzelnen Gewitter des Tages rasch in sich zusammen und die
Bewölkung lockert zeitweise auf. Dabei liegen die Tiefstwerte zwischen 14 Grad
auf den Inseln und sonst zwischen 9 und 5 Grad. Sollte die Wolkendecke im
Bereich der Eifel in der Tat stärker aufreißen, dann sind dort auch noch tiefere
Werte zu erwarten (mit örtlicher Frostgefahr in 5 cm Höhe). Der Wind weht
schwach aus West mit teils stürmischen Böen aus Nordwest auf exponierten
Alpengipfeln.

Modellvergleich und -einschätzung
--------------------------------------------------------------
Bis in die Nacht zum Sonntag zeigen sich innerhalb der Numerik kaum nennenswerte
Diskrepanzen. In der Folge jedoch nimmt die Unsicherheit mit der möglichen
Norditalientiefentwicklung rasch zu, wobei besonders die Frage einer möglichen
Bodentiefentwicklung sowohl von der Platzierung als auch von der Intensität her
noch nicht beantwortet werden kann. Grundsätzlich besteht aber besonders im
Südosten Deutschlands zu dem Zeitpunkt die Option eines länger anhaltenden,
skaligen Niederschlagereignisses.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Helge Tuschy