DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

02-09-2019 07:01
SXEU31 DWAV 020800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 02.09.2019 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Übergang zu BM
An den Alpen anfangs Dauerregen. Entlang exponierter Küstenabschnitte am
Dienstag und Mittwoch zeitweise stürmische Böen (Bft 8). Heute im Nordwesten
kurze Gewitter möglich.


Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 24 UTC
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Montag... befindet sich Deutschland im Einflussbereich eines Höhentroges mit
Drehzentrum über dem Europäischen Nordmeer, dessen Achse über die Nordsee hinweg
bis zum Alpenraum reicht und bis zum späten Abend allmählich über das
Vorhersagegebiet hinweg ostwärts schwenkt. Rückseitig stellt sich eine
nordwestliche Höhenströmung ein, mit der ein darin eingebetteter Kurzwellentrog
bis zum Abend rasch vom Seegebiet südlich Islands nach Schottland geführt wird.
Im Bodenfeld überquert die mangels Schubkomponente ins Schleifen geratene
Kaltfront des mit dem Trog korrespondierenden Bodentiefs über dem Nordmeer im
Tagesverlauf zögernd auch den Südosten des Landes. Anfangs noch trogvorderseitig
gelegen, kann dort aufgrund von PVA Hebung generiert werden und somit dauern die
Niederschläge im Frontbereich bzw. präfrontal zunächst noch an, wenn auch mit
weiter abnehmender Intensität. Bis zum späteren Abend kommen dort noch einmal 10
bis 15 mm, punktuell auch mehr, zusammen. Rückseitig der Kaltfront hat sich von
Frankreich und Benelux her bereits ein Hochkeil bis nach Westdeutschland
ausgeweitet und kommt noch etwas nach Osten voran.
Mit der Trogachse gelangt heute Vormittag ein Schwall etwas höhenkälterer Luft
(-18 bis -20 Grad) in den Norden und in die Mitte des Landes. Bereits aktuell
haben sich (mit Unterstützung der diabatischen Komponente über dem relativ
warmen Wasser) über der Nordsee einzelne Schauer, vereinzelt auch kurze Gewitter
entwickelt. Mit Übergreifen der "höhenkalten" Luftmasse und der Einstrahlung
steigt vor allem im Laufe des Vormittags auch im Binnenland Nordwestdeutschlands
die Wahrscheinlichkeit dafür (Schleswig-Holstein, Teile Niedersachsens und
Mecklenburg-Vorpommerns, vielleicht auch noch das Münsterland und Ostwestfalen).
Als Begleiterscheinung kommen am ehesten steife, ganz vereinzelt auch stürmische
Böen in Frage, Starkregen drängt sich bei PPW-Werten unter 20 mm nicht grade
auf. Mit Durchschwenken der Trogachse am Nachmittag nimmt die
Gewitterwahrscheinlichkeit schon wieder ab.
Auch außerhalb der Schauer frischt der westliche Wind mit Vorankommen des
Hochkeils und einer damit einhergehenden leichten Gradientverschärfung sowie mit
Unterstützung durch den Tagesgang vor allem im Ostseeumfeld vorübergehend auf,
ob es für warnrelevante Böen (Bft 7) reicht, ist aber fraglich. An exponierten
Küstenabschnitten könnte das der Fall sein.
Bodennah gelangt postfrontal subpolare Meeresluft ins Vorhersagegebiet. Die
Temperatur in 850 hPa sinkt bis zum Abend auf Werte zwischen 4 Grad in
Nordfriesland und 8 Grad an den Alpen. Im Südosten bleibt es meist stark bewölkt
bis bedeckt, auch im Nordwesten ist es zeitweise bewölkt, sonst scheint aber
neben lockeren Quellwolken vielerorts auch mal länger die Sonne. Das lässt
Höchstwerte zwischen 18 und 23 Grad erwarten, an den Alpen bleibt es unter den
dichten Wolken teilweise kühler.

In der Nacht zum Dienstag zieht der Trog endgültig nach Osten ab, der
nachfolgende Kurzwellentrog verlagert sich über die Nordsee rasch nach
Südskandinavien bzw. Dänemark. Auf der diffluent konturierten Vorderseite wird
die durch PVA generierte Hebung zunächst noch durch WLA unterstützt und fällt
vor allem über der Deutschen Bucht recht markant aus.
Ein mit dem Kurzwellentrog korrespondierendes Bodentief zieht rasch von der
nördlichen Nordsee nach Südnorwegen. Das teilokkludierte Frontensystem erreicht
morgens auch den Nordwesten Deutschlands. Dabei gibt es vor allem im
Nordseeumfeld und in Schleswig-Holstein schauerartige Regenfälle teils mäßiger
Intensität. ICON-EU simuliert im Bereich der Deutschen Bucht und in
Nordfriesland mehr als 10 mm in 12 Stunden, GFS und IFS (von gestern, 12 UTC)
haben dagegen kaum mehr als 5 mm auf der Karte. Einzelne Gewitter sind nicht
ausgeschlossen, vor allem Richtung Nordfriesland wird auch etwas MU-Cape
simuliert, die Wahrscheinlichkeit dafür ist aber gering und auch die konvektiven
Modelle geben kaum Signale dafür.
Von Warnrelevanz ist allerdings der Wind. Mit Annäherung des Frontensystems
verschärft sich der Gradient vor allem im Norden Deutschlands, zumal sich der
nach Süddeutschland gerichtete Hochkeil ebenfalls verstärkt. Vor allem im Laufe
der zweiten Nachthälfte gibt es an den Küsten steife Böen (Bft 7) aus Südwest
bis West, entlang der Küste Nordfrieslands und über der Deutschen Bucht auch
stürmische Böen (Bft 8).
Der Regen reicht noch in etwa bis ins nördliche Niedersachsen, in der Mitte und
im Süden dominiert dagegen der Einfluss des dorthin gerichteten Hochkeils. Vor
allem in der Südhälfte bleibt es gering bewölkt bis wolkenlos, wobei sich
örtlich dichter Nebel bilden kann. Die Temperatur sinkt auf herbstlich frische
11 bis 3 Grad (in einigen Mittelgebirgstälern ist Bodenfrost nicht
ausgeschlossen), im Nordwesten und Norden bleibt es unter den dichten Wolken mit
14 bis 10 Grad etwas milder.

Dienstag... zieht der Kurzwellentrog rasch nach Osten ab. Von den Britischen
Inseln schwenkt - gestützt durch WLA vorderseitig eines neuen markanten
Trogvorstoßes über dem nahen Ostatlantik - ein flacher Höhenrücken über die
Nordsee nach Mitteleuropa.
Im Bodenfeld schwenkt die Kaltfront des weiter über Schweden zur mittleren
Ostsee ziehenden Tiefs über Norddeutschland hinweg ostwärts, geht aber über in
die Warmfront eines Tiefs nordwestlich von Schottland und kommt damit kaum
landeinwärts voran. Die Niederschlagstätigkeit im Frontbereich hält sich in
einer zunehmend antizyklonal geprägten Umgebung in Grenzen, vor allem an den
Küsten sowie im angrenzenden Binnenland gibt es einzelne Schauer, Gewitter
dürften mangels Labilität eher die Ausnahme bleiben. Die simulierten Mengen
bleiben mit 1 bis 5 mm in 12 Stunden, gebietsweise mehr, eher gering.
Vor allem am Vormittag weht an den Küsten mit Durchschwenken des Bodentroges
noch lebhafter westlicher Wind mit Böen Bft 7, exponiert 8, mittags und
nachmittags lässt der Wind dann rasch nach.
Im übrigen Land dominiert Hochdruckeinfluss. Die Wolkenfelder kommen noch bis in
die nördliche Mitte voran, weiter südlich scheint überwiegend die Sonne. Von
Südwesten wird wieder etwas wärmere Biskayaluft vor allem in die Südhälfte
advehiert, die Temperatur in 850 hPa steigt auf 7 bis 8 Grad in Norddeutschland
und bis 11 Grad im Südwesten. Somit sind Höchstwerte zwischen 18 Grad an den
Küsten und 26 Grad am Oberrhein zu erwarten.

In der Nacht zum Mittwoch kommt der Trog über dem nahen Ostatlantik rasch zu den
Britischen Inseln voran, der vorgelagerte Höhenrücken über Mitteleuropa wird
somit allmählich nach Osten abgedrängt. Somit stellt sich eine zunächst noch
antizyklonal konturierte südwestliche Höhenströmung ein.
Das mit dem Trog korrespondierende Bodentief erreicht bis Mittwochfrüh das
Seegebiet östlich der Färöer-Inseln. Die Warmfront zieht zur westlichen Ostsee
und streift dabei auch Norddeutschland mit allerdings nur noch leichten
Regenfällen an den Küsten. Die Kaltfront erreicht morgens in etwa die mittlere
Nordsee.
Während es im Norden und Nordwesten bewölkt bleibt, ist der Himmel vor allem in
der Südhälfte und nach Osten zu vielerorts klar. Dabei kann sich wieder Nebel
bilden und die Temperaturen gehen in der Mitte bzw. im Süden auf 11 bis 4 Grad
zurück, im Norden und Nordwesten bleibt es unter den Wolken mit 14 bis 10 Grad
milder.

Mittwoch... greift der Trog von den Britischen Inseln auf die Nordsee über, der
vorgelagerte Höhenrücken wird nach Osteuropa bzw. ins Baltikum abgedrängt, kann
sich aber noch verstärken und wölbt sich nach Norden auf. Die Höhenströmung über
dem Vorhersagegebiet steilt dadurch etwas auf und verstärkt sich. Sie nimmt
trogvorderseitig zusehends diffluente Kontur an und nahe der scharf ausgeprägten
Trogspitze, die abends die südwestliche Nordsee erreicht, wird im Bereich der
Deutschen Bucht markante Hebung simuliert, die kräftiger PVA geschuldet ist.
Mit dem Aufsteilen der Strömung wird die Kaltfront über der Nordsee etwas
eingebremst und erreicht das Vorhersagegebiet bis zum Abend noch nicht. Somit
bleibt es zunächst noch weitgehend trocken, erst um die Mittagszeit bzw. am
Nachmittag greifen im Vorfeld der Kaltfront schauerartige Regenfälle auf den
Nordwesten und äußersten Westen Deutschlands über. Die simulierten
sechsstündigen Mengen betragen dabei im Nordseeumfeld meist 5 bis 10 mm. Mit
Annäherung des Troges labilisiert die Luftmasse über der Nordsee etwas, so dass
auch einzelne kurze Gewitter nicht ausgeschlossen sind. Am ehesten könnte das
wohl in Nordfriesland der Fall sein (SuperHD).
Mit Annäherung der Kaltfront verschärft sich der Druckgradient erneut, dieses
Mal auch weiter im Binnenland. Für warnrelevante Böen (Bft 7, Helgoland
vielleicht auch Bft 8) aus West reicht es aber wohl nur im Nordseeumfeld, auch
auf dem Brocken sind einzelne Böen Bft 8 bis 9 denkbar.
Vorderseitig der Kaltfront gelangt noch einmal ein Schwall Subtropikluft nach
Süddeutschland. Die Temperatur in 850 hPa steigt dort auf 10 bis 14 Grad,
während sie im Nordwesten bei 8 Grad verharrt. Während es im Nordwesten und
Norden eher stärker bewölkt bleibt, kann sich sonst noch einmal vielerorts
länger die Sonne durchsetzen. Somit sind im Norden und Westen Höchstwerte
zwischen 18 und 23 Grad zu erwarten, während es sonst mit 23 bis 27, vielleicht
28 Grad noch einmal sommerlich warm wird.

In der Nacht zum Donnerstag zieht der Trog rasch weiter nach Südskandinavien.
Die Kaltfront wird dadurch von KLA überlaufen und verliert an Wetterwirksamkeit.
Sie überquert Nordwestdeutschland ohne nennenswerte Niederschläge (maximal
wenige mm) rasch südostwärts und erreicht morgens in etwa eine Linie
Ostvorpommern-Pfalz. Ihr folgt erwärmte Polarluft, in 850 hPa sinkt die
Temperatur bis Donnerstagfrüh auf Werte zwischen 4 Grad im Nordseeumfeld und 11
Grad präfrontal im Südosten. Mit Annäherung eines der Kaltfront folgenden
Bodentroges frischt der Wind nach vorübergehender Abnahme an den Küsten erneut
auf und es gibt dort recht verbreitet steife Böen aus West bis Nordwest,
exponiert vielleicht auch stürmische Böen, ebenso auf dem Brocken.
Vor allem der Nordwesten des Landes gerät in den Einflussbereich etwas
höhenkälterer Luftmassen (-20 bis -22 Grad in 850 hPa). Bevorzugt an den Küsten
gibt es einzelne Schauer, kurze Gewitter nicht ausgeschlossen.


Modellvergleich und -einschätzung
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Alle vorliegenden Modelle zeigen eine sehr ähnliche Wetterentwicklung im
Kurzfristzeitraum. Bis auf leichte Differenzen, die Niederschlagsprognosen
betreffend (dabei noch eher die für die kommende Nacht als die für Mittwoch)
sind kaum Unterschiede auszumachen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff