DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

06-07-2016 21:00
SXEU31 DWAV 061800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 06.07.2016 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
An der Ostsee anfangs noch stürmische Böen. Freitag im Norden und Osten einzelne
kräftige Gewitter möglich.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 12 UTC
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Aktuell ... befindet sich Deutschland auf der Rückseite eines Kurzwellentroges,
der sich im Laufe der Nacht von Polen nach Weißrussland verlagert, unterhalb
einer recht kräftigen nordwestlichen Höhenströmung. Darin eingebettet, zieht ein
flacher Höhenrücken bis Donnerstagfrüh von den Britischen Inseln zur östlichen
Nordsee.
Nennenswerte dynamische Hebungsantriebe sind somit erst einmal keine
auszumachen.
Im Bodenfeld kommt das Tief über der südöstlichen Ostsee ebenfalls ostwärts
voran und füllt sich mehr und mehr auf. Von Westen her weitet sich ein flaches
Hochdruckgebiet nach Deutschland aus, womit der Gradient auch im Nordosten
deutlich auffächert und auch niedertroposphärisch die Advektion polarer
Meeresluft gekappt wird.
Somit nimmt der Wind im Nordosten weiter ab, in der zweiten Nachthälfte dürfte
es wohl nur noch entlang der vorpommerschen Ostseeküste, eventuell auch noch auf
Fehmarn, für starke bis stürmische Böen (Bft. 7 bis 8) aus Nordwest reichen.
Für den Rest des Landes steht eine ruhige Nacht ins Haus. Im Nordosten bleibt es
noch eher bewölkt, ansonsten klart der Himmel gebietsweise auf. Vielerorts
sinken die Temperaturen in den einstelligen Bereich, in höher gelegenen
Mittelgebirgstälern wird es auch teilweise unter 5 Grad kalt. Hier und da kann
sich Nebel bilden.

Donnerstag ... schwenkt der Keil über Mitteleuropa hinweg ostwärts, wird dabei
aber mehr und mehr "abgehobelt". Somit stellt sich über dem Vorhersagegebiet
eine recht glatte, kaum mäandrierende westliche Höhenströmung ein. Vor allem im
Norden und Nordwesten des Landes macht sich WLA- induzierte Hebung in Form
dichterer Wolkenfelder bemerkbar.
Im Bodenfeld verlagert das flache Hochdruckgebiet seinen Schwerpunkt allmählich
in die Südhälfte bzw. in die Mitte Deutschlands, wobei es aufgrund der in allen
Troposphärenschichten wirksamen WLA zu leichtem Druckfall kommt. Von Südwesten
her steigen die Temperaturen in 850 hPa bis zum Abend auf Werte zwischen 6 Grad
in Vorpommern und 14 Grad an den Alpen.
Vor allem im Norden und Westen dämpfen auch mittelhohe Wolken, aus denen es aber
höchstens vereinzelt etwas regnet, aber noch die Einstrahlung. In der Südhälfte
scheint dagegen meist die Sonne durch lediglich zeitweise etwas dichtere
Cirrusfelder. Die Höchstwerte liegen somit zwischen 17 Grad an einigen
Küstenabschnitten und 27 Grad am Oberrhein.
Vor allem im Nordosten weht zunächst noch spürbarer West- bis Nordwestwind,
entlang der vorpommerschen Ostseeküste kann es noch einzelne starke Windböen
geben. Ansonsten spielt er warntechnisch keine Rolle mehr.

In der Nacht zum Freitag verbleiben wir unterhalb der leicht mäandrierenden
westlichen Höhenströmung, wobei das Isohypsenfeld bei geringem Potenzialabfall
eine insgesamt etwas zyklonalere Kontur annimmt. Vor allem über der Nordhälfte
Deutschlands bleibt WLA- induzierte Hebung wirksam, auch, wenn sie nicht allzu
markant ausfällt.
Im Bodenfeld fällt der Druck weiter, das Hochdruckgebiet wird allmählich ins
südöstliche Mitteleuropa abgedrängt. Die Kaltfront eines zur Norwegischen See
ziehenden Tiefs erreicht im Laufe der Nacht Schleswig-Holstein, kommt aber -
mangels Schubkomponente - kaum nach Süden voran. Dabei gibt es dort und im
Nordseeumfeld vor allem ab der zweiten Nachthälfte schauerartige Niederschläge,
ein kurzes Gewitter nicht ausgeschlossen. Die Mengen sind aber nicht
warnrelevant.
Weiter südlich greift die WLA-Bewölkung vor allem im hohen und mittelhohen
Niveau weit nach Süden aus, gering bewölkt bleibt es wohl nur südlich von Main
und Mosel. Örtlich können dabei auch ein paar Regentropfen fallen. Mit Nebel ist
somit - wenn überhaupt - wohl nur ganz im Süden zu rechnen.

Freitag ... verlagert sich ein in die westliche Höhenströmung eingebetteter
Kurzwellentrog im Tagesverlauf rasch von Schottland zur östlichen Nordsee. Im
diffluent konturierten Isohypsenfeld auf dessen Vorderseite kommt es in der
Nord- und Osthälfte Deutschlands vor allem ab den Nachmittagsstunden verstärkt
zu Hebung.
Im Bodenfeld setzt sich der Druckfall weiter fort, das verwellende Frontensystem
des Richtung Südnorwegen ziehenden Tiefs kommt in etwa bis zum Nordrand der
Mittelgebirge voran. Dabei verschärft sich auch wieder der Druckgradient, für
warnwürdige Böen (Bft. 7) aus West dürfte es aber wohl nur an den Küsten
reichen. Ansonsten gibt es lediglich noch auf exponierten Alpengipfeln,
vielleicht auch noch auf Fichtelberg und Brocken, stürmische Böen und Sturmböen
(Bft. 8 bis 9).
Die schauerartigen Niederschläge im äußersten Norden bzw. Nordwesten verstärken
sich mit zunehmender Hebung im Tagesverlauf und weiten sich weiter nach
Südsüdost aus. Die Luftmasse dort ist leicht labil geschichtet, die im Norden
und Nordosten simulierte Cape beträgt meist 100 bis 300 J/kg, wobei GFS bzw. WRF
diese potentiell instabile Luftmasse vor allem in der Osthälfte etwas weiter
nach Süden vorankommen lässt (WRF 4 km punktuell bis 500 J/kg am Thüringer
Wald), als ECMWF und die ICON-Kette bzw. COSMO_EU. Somit sind vereinzelt auch
Gewitter denkbar, die bei ppw-Werten von 30 mm oder knapp darüber durchaus auch
mal lokal eng begrenzt von Starkregen und kleinkörnigem Hagel begleitet werden
könnten. Die hochreichende Scherung lässt auch linienförmig organisierte
Strukturen zu, wobei dann auch stürmische Böen oder Sturmböen auftreten könnten.
Die genaue räumliche Verteilung der Gewitter ist aus aktueller Sicht aber noch
schwer abschätzbar.
Insgesamt lassen ICON, ECMWF (von 00 UTC) und COSMO_EU die Niederschläge in etwa
bis zu einer Linie Niederrhein - Thüringen - Südbrandenburg vorankommen, GFS
dagegen in etwa bis knapp südlich des Mains. Die höchsten Mengen werden mit 5
bis knapp über 10 mm/12 h im Norden simuliert.
Vereinzelte Gewitter mit Starkregen und kleinem Hagel sind auch direkt an den
Alpen denkbar; dort dürfte mit der Einstrahlung wohl ebenfalls Cape generiert
werden, allerdings fehlt dort jeglicher dynamischer Antrieb und ob die
Orographie als Trigger ausreicht, ist fraglich. Modellseitig gibt nur GFS
Signale für Gewitter.
Insgesamt scheint in etwa südlich von Main und Mosel häufig die Sonne, während
es im Norden überwiegend stark bewölkt bleibt. Die niedertroposphärische WLA
nach Süddeutschland verstärkt sich noch etwas, während in den äußersten Norden
postfrontal wieder etwas kühlere Luftmassen gelangen. Die Temperaturen in 850
hPa bewegen sich zwischen 7 Grad an der dänischen Grenze und 17 Grad an den
Alpen. Im Norden werden somit Höchstwerte zwischen 17 Grad (im Regen) und 23
Grad (mit etwas Sonne) erreicht, nach Süden zu 24 bis 28, an Ober- und Hochrhein
auch bis an die 30 Grad.

In der Nacht zum Samstag zieht der Kurzwellentrog rasch weiter südostwärts nach
Polen und verschärft sich vorübergehend noch etwas. Rückseitig wölbt sich ein
Höhenrücken über der Nordsee auf, daraus resultierend dreht die Höhenströmung
über Deutschland auf Nordwest.
Im Bodenfeld kommt die Kaltfront dadurch etwas schneller südostwärts voran und
überquert die gesamte Nord- und Osthälfte, während der Südwesten und Süden im
Bereich der deutlich wärmeren Luftmasse verbleiben. Das dazugehörige Wellentief
vertieft sich zwar deutlich, zieht aber rasch ostwärts ab und verliert seinen
Einfluss auf unser Wetter. Von Westen her weitet sich ein flacher Hochkeil nach
Südwest- und Süddeutschland aus. Die schauerartigen Regenfälle und Gewitter
ziehen somit im Laufe der Nacht über den Nordosten und Osten Deutschlands hinweg
ostwärts. Vor allem anfangs können während der Gewitter auch noch markante
Begleiterscheinungen auftreten. In der zweiten Nachthälfte klingen die Schauer
dann endgültig ab. Im Nordosten kann es anfangs auch außerhalb der Schauer und
Gewitter noch starke Windböen geben.
Im Westen und Süden verläuft die Nacht ruhig, wobei die Wolken von Westen her
stärker auflockern. Örtlich bildet sich Nebel.

Samstag ... kommt der Höhenrücken weiter nach Mitteleuropa voran und liegt mit
seiner Achse zum 18 UTC-Termin über der Westhälfte Deutschlands.
Im Bodenfeld verlagert das flache Hochdruckgebiet seinen Schwerpunkt nach
Süddeutschland. Die Kaltfront über der Osthälfte Deutschlands löst sich dabei
komplett auf, die postfrontal nach Nord- und Ostdeutschland eingeströmte
subpolare Meeresluft wird im weiteren Tagesverlauf zögernd wieder nordostwärts
abgedrängt. Bis zum Abend steigt die Temperatur in 850 hPa auf 8 bis 12 Grad im
Norden und Osten und 12 bis 17 Grad im Westen und Süden. Vor allem im Norden und
Osten - im Bereich der ehemaligen Front - bleibt es eher bewölkt, vor allem
ECMWF (von 00 UTC) und GFS simulieren in Norddeutschland auch noch leichte
schauerartige Niederschläge (weniger als 2 mm), ICON-Nest dagegen lediglich im
Nordseeumfeld.
Im Süden und Südwesten scheint überwiegend die Sonne. Die Temperaturen steigen
im Norden und Osten auf 20 bis 25 Grad - an den Küsten bleibt es bei auflandigem
Wind etwas kühler -, im Westen und Süden werden 25 bis 30 Grad, an Ober- und
Hochrhein bis zu 32 Grad erreicht.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die externen Modelle unterscheiden sich bzgl. der großräumigen synoptischen
Strukturen kaum von der deutschen Modellkette. Im Detail fällt schon seit
einigen Läufen auf, dass das GFS die Kaltfront am Freitag etwas weiter nach
Süden vorankommen lässt als ICON, COSMO_EU und ECMWF (von 00 UTC).


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff