DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

26-08-2019 11:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Montag, den 26.08.2019 um 10.30 UTC



Wechselhaft mit zwei Kaltfrontdurchgängen, dabei teils kräftige Gewitter. Vor
allem in der nächsten Woche zurückgehende Temperaturen.
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Synoptische Entwicklung bis zum Montag, den 02.09.2019


Zu Beginn des mittelfristigen Prognosezeitraums am kommenden Donnerstag kommt
nach tagelangem Dahindümpeln in gradientschwacher und sehr warmer bis heißer
Atmosphäre etwas Schmackes in die Bude. Ein Höhentrog über dem nahen Ostatlantik
sowie die Kaltfront mit vorgelagerter Konvergenz eines von der Norwegischen See
in Richtung Spitzbergen ziehenden Tiefs unternehmen den Versuch, bei uns etwas
zu verändern, was unter dem Strich mit Einschränkungen gelingt. So kommt von dem
durchaus wohlgeformten Höhentrog nur eine abgespeckte Randtrogversion im
Vorhersageraum an, während der Haupttrog durch einen markanten, in seine
Rückseite laufenden KW-Trog regeneriert wird. Und auch die Kaltfront ist nicht
gerade ein Musterexemplar ihrer Zunft, obwohl der von ihr eingeleitete
Luftmassenwechsel vor allem im Norden und Westen sehr gut funktioniert (Rückgang
T850 von rund 13°C Donnerstagfrüh auf 10 bis 6°C am Freitagmorgen). Nach
Südosten hin gelingt der Austausch der Luftmassen hingegen nur bedingt, was dort
am Freitag trotz Übergreifen eines Azorenhochkeils mit weiteren konvektiven
Umlagerungen quittiert wird. Am Donnerstag selbst kommt es von Nordwest nach
Südost fortschreitend zu kräftigen Schauern und Gewittern, die im Gegensatz zu
den Gewittern der Vortage mehr Dynamik aufweisen, was wiederum die Gefahr
größeren Hagels und schwerer Sturmböen erhöht (Starkregen gibt es eigentlich
fast immer gratis dazu).

Ab dem Wochenende unternimmt dann der mittlerweile regenerierte Höhentrog einen
weiteren Versuch, sich in Mitteleuropa respektive Deutschland nachhaltig in
Szene zu setzen. Laut IFS von 00 UTC sind die Erfolgsaussichten deutlich besser
als beim Vorgänger. So soll der Trog langsam aber kontinuierlich ostwärts
vorankommen und bis Dienstag den gesamten Vorhersageraum okkupiert haben. Einen
Teil der dazu nötigen Kärrnerarbeit übernimmt abermals eine Kaltfront, die schon
am Samstagabend auf den Nordwesten übergreifen, den äußersten Süden und Südosten
Bayerns wohl aber erst am Sonntagabend (oder in der Nacht zum Montag) erreichen
soll. Das zugehörige Tief ist kräftiger als sein Vorgänger vom Donnerstag, zieht
aber auf ähnlicher Bahn vom Seegebiet knapp nördlich Schottlands (Freitag 12
UTC) zum nördlichen Teil des Europäischen Nordmeers. Hinter der Kaltfront
gelangt ein Schwall erwärmter maritimer Polarluft in den Vorhersageraum, in der
die 850-hPa-Temperatur auf Werte von rund 2°C auf an der Nordsee und rund 7°C im
südöstlichen Bayern zurückgeht.

Die erweiterte Mittelfrist ab Dienstag ist geprägt vom Höhentrog und maritimer
Polarluft, die gemeinsam für wechselhaftes Wetter mit frühherbstlichem Touch
sorgen.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Bis einschließlich kommenden Freitag zeigen die jüngsten Modellläufe von IFS
(ECMF) eine gute bis sehr gute Übereinstimmung (erst Kaltfrontpassage, dann
Hochdruckeinfluss). Das ändert sich aber bereits ab Samstag, wo die Unterschiede
rasch zunehmen - Unterschiede zwischen der gestrigen 00-UTC-Version auf der
einen und den beiden Folgeläufen (gestern 12 UTC und heute 00 UTC) auf der
anderen Seite. Letztere setzen deutlich schneller auf einen Abbau des Hochs,
indem von Westen her das Übergreifen einer weiteren Kaltfront mit nachfolgendem
Höhentrog simuliert wird (siehe oben). Folgerichtig würde es mehr regnen und
gewittern sowie eher und deutlicher abkühlen. Rein aus Konsistenzbetrachtungen
muss das gestern veröffentlichte Prognosekonzept vor allem nach hinten raus in
Frage gestellt werden.

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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Die anderen an dieser Stelle für gewöhnlich begutachteten Globalmodelle
(namentlich sind das ICON, GFS, GEM und UKMO) unterscheiden sich gar nicht mal
so sehr von der IFS-Variante. Alle haben am Wochenende die Kaltfront auf der
Karte, wobei der Startschuss im Nordwesten des Landes am späten Samstagabend bei
ICON, GFS, UKMO und IFS sogar weitgehend gleichzeitig erfolgt (GEM steigt etwas
später ein). Bis Montag nehmen die Diskrepanzen insofern zu, als dass IFS die
Frontpassage am schnellsten rechnet, während der Rest das Geschehen etwas
entschleunigt und zum Montag hin im Süden ein leichte Wellenbildung oder
zumindest ein Schleifen andeuten. Erkennbar ist das u.a. an den höheren
850-hPa-Temperaturen. Darüber hinaus wird der Höhentrog bei IFS am kräftigsten
und am progressivsten simuliert.

FAZIT: Nach einem ersten Kaltfrontdurchgang am Donnerstag erfolgt am Wochenende
ein zweiter, der hinsichtlich Timing und Intensität aber noch ein paar
Fragezeichen offen lässt.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die IFS-EPS-Rauchfahnen verschiedener deutscher Städte zeigen bis einschließlich
Samstag einen vergleichsweise eng gebündelten Verlauf. Zwar gibt es nach
Kaltfrontpassage am Donnerstag noch etwas Spielraum, wie weit die Temperatur
postfrontal letztlich zurückgeht, wesentlich mehr als 2 Grad beträgt die
Toleranz allerdings nicht. Das ändert sich ab Sonntag, wenn sowohl die T850- als
auch die Pot500-Kurven in ein größeres Delta laufen. Dabei fällt zunächst mal
auf, dass der Hauptlauf zu den Gesellen gehört, die den Rückgang beider
Parameter sehr früh propagieren. Es gibt Ensemblemitglieder, die den
Temperaturrückgang erst zum Montag hin ins Visier nehmen, ein paar wenige sogar
erst zum Dienstag hin. Das unterstreicht eindrucksvoll die im Kapitel
"Modellvergleich" getroffene Aussage zu den noch offenen Fragezeichen beim
Timing/Intensität des Frontdurchgangs. Dass es in der nächsten Woche abwärts
geht, ist allerdings mehr als wahrscheinlich. Nur ein bis maximal drei Ensembles
halten sich konservativ auf hohem T- und Potniveau. Ob es am Ende aber so kühl
wird wie es uns die am unteren Rand der Kurvenscharen verlaufenden Haupt- und
Kontrolllauf verkaufen wollen, ist fraglich. Übrigens, das GFS-Ensemble weist
ähnliche Kurvencharakteristika wie IFS-EPS auf.
Zur Clusterung von IFS-EPS, die für den Zeitraum T+120...168h (Samstag bis Montag)
volle sechs Schubläden aufmacht (13 Fälle, 11+HL, 8, 8+KL, 6, 5). Der
Unterschied für den Vorhersageraum liegt im Wesentlichen an der Konfiguration
und dem Timing des von Westen übergreifenden Höhentrogs. Sechs Cluster tauchen
auch in der erweiterten Mittelfrist ab Dienstag auf (T+192...240h). Haupt- und
Kontrolllauf werden dem mit 6 Fällen besetzten Cluster 5 zugeschustert, der
eindeutig das GWL-Muster TrM (Trog Mitteleuropa) ansteuert. Die meisten Lösungen
zeigen den Trog flacher oder tendieren sogar in Richtung Zonalisierung, während
CL 6 eine vorzeitige Abtropfung über Südwesteuropa ins Kalkül zieht.

FAZIT: Der grobe Kurs steht. Offen sind auf probabilistischer Basis noch
Timing/Intensität der Front am Wochenende (oder gar erst am -anfang) sowie die
das Maß der postfrontalen Abkühlung.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


So wie es aussieht, fokussieren sich mögliche signifikante Wettererscheinungen
ausschließlich auf den Parameter "Gewitter". Die Signale der Numerik halten sich
zwar in Grenzen, gleichwohl muss man im Zuge zweier bevorstehender
Kaltfrontdurchgänge durchaus mit kräftigeren und auch etwas dynamischeren Zellen
rechnen als die aktuellen Stehburger aus der Popcornmaschine. Dass dabei
zumindest punktuell Unwettergefahr vorliegt, ist evident.
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Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-Mix mit IFS-EPS. Beim Timing wird gegenüber dem IFS etwas auf die Bremse
getreten.
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Hoffmann