DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

24-08-2019 17:01
SXEU31 DWAV 241800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 24.08.2019 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Schwachgradientig mit lokalen Gewittern bis in den Unwetterbereich durch
heftigen Starkregen.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 12 UTC
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Aktuell ... ist zum Beginn der aus meteorologischer Betrachtung letzten
Sommerwoche des Jahres erneut eine blockierende Wetterlage für heißes und
sonniges Wetter verantwortlich. So lagen die Höchstwerte heute verbreitet um
oder knapp über der 30 Grad-Marke. Vorläufiger Spitzenreiter ist Tönisvorst
(NRW) mit 31,9 Grad dicht gefolgt mit 31,6 Grad in Köln-Stammheim und 31,2 Grad
in Kleve (ungeachtet der "üblichen Verdächtigen" Lingen und Bernburg an der
Saale).
Der dafür verantwortliche, über uns befindliche Rücken wird durch WLA auf der
Vorderseite eines ostatlantischen Langwellentroges am Leben erhalten und stützt
selbst ein Bodenhoch mit Zentrum über der zentralen Ostsee und dem Baltikum. An
dessen Südwestflanke hat sich eine feuchtere und potentiell instabil
geschichtete Luftmasse aus dem zentralen Mittelmeerraum in den Südosten des
Landes "herangepirscht". Ein anderes Wort würde den schwachen Gradienten und
damit wenig dynamischen Advektionsvorgängen nicht gerecht werden. Immerhin hat
es am unmittelbaren Alpenrand und dem Bayerischen Wald doch lokal schon für
einige Unwetter mit heftigem Starkregen gereicht. Der große Arber meldete schon
30 Liter pro Quadratmeter zum 15 UTC Termin. Den Hauptantrieb dafür liefert
neben der Orographie ein flaches, dipolartiges Höhentief, das sich vom Großraum
Rom über die Alpen hinweg bis nach Franken erstreckt. Auf dessen Vorderseite
sind im Grenzbereich zu Österreich und Tschechien schwache IPV Maxima
auszumachen, die schwache Hebungsimpulse liefern. Mit Beendigung des Tagesgangs
sollten lokale Schauer und Gewitter aber überwiegend in sich zusammenfallen, so
dass die Nacht bei vielfach klarem Himmel meist ruhig über die Bühne geht. C-D2
12 UTC Lauf und Euro4 0 UTC simulieren allerdings punktuell über Sachsen bis
nach Südbrandenburg in der zweiten Nachthälfte neue Gewitter (in den neuesten
Läufen etwas zurückgenommen). Das ist insofern plausibel, als das sich der
nördliche Trog des Höhentiefs bis etwa zum Berliner Raum ausweitet. Die "große
Nummer" sollte das aber nicht werden. Im C-D2 EPS Median sind beispielsweise
keine Signale bei den simulierten Reflektivitäten vorhanden. Bei PPW's nahe 40
mm geht bei dieser abgehobenen, sich nur langsam verlagernden Konvektion die
Hauptgefahr vom Starkregen aus. Die Tiefstwerte liegen meist zwischen 17 und 12
Grad. Im Bereich der trockensten Luftmasse (Taupunkte aktuell im Westen häufig
einstellig) sind in Tallagen der westlichen Mittelgebirge am Morgen teils nur um
7 Grad zu verorten - flache frühherbstliche Nebelfelder (schwerpunktmäßig wohl
"klassisch" entlang und südlich der Donau) inklusive.

Sonntag ... verlagert sich der Schwerpunkt des Hochs vom Baltikum langsam nach
Westrussland, da über Nordeuropa doch eine gut ausgeprägte Frontalzone mit
vielen Kurzwellentrögen zu finden ist, die die ostwärtige Progression
begünstigt. Bei gleichzeitigem leichten Druckfall über Süddeutschland unter dem
nahezu unveränderten Höhentief nimmt in der Folge der bodennahe Südostwind etwas
zu, womit sich die schwül-warme und potentiell instabile Luftmasse mit
Theta-Werten in 850 hPa bis nahe 60 Grad im Tagesverlauf weiter nordwestwärts
ausdehnt. Sie erreicht bis zum Abend mit Hessen und Ostniedersachsen auch die
Mitte des Landes. Die Luftmasseneigenschaften können sich mit CAPE-Werten von
1000 bis 1500 J/kg und niederschlagbarem Wasser von 35 bis 40 mm durchaus sehen
lassen. Allein es fehlt komplett an Scherung, weshalb von Einzel-, in
orographisch gegliedertem Gelände auch von Multizellen auszugehen ist, die sich
lokal im Tagesverlauf entwickeln. Aufgrund der langsamen Verlagerung geht die
Hauptgefahr weiterhin vom Starkregen aus, der punktuell - gerade nach den
heutigen Erfahrungen gut und gerne bis in Sphären des Unwetterkriteriums
vorstoßen kann (>25 l/qm binnen einer Stunde). Mit geringer Wahrscheinlichkeit
kann auch extrem heftiger Starkregen über 40 l/qm auftreten. Da hiervon aufgrund
des schwachen Hebungsantriebs nur vereinzelt ausgegangen werden kann, bietet
sich eine Vorabinformation aus heutiger Sicht nicht an. Zudem sind auch größere
Hagelansammlungen vorstellbar. In den Randbereichen - sprich im Nordosten sowie
von der Nordsee bis zum Bodensee - scheint noch teils ungehindert die Sonne und
die 27 bis 32 Grad fühlen sich nicht ganz so schwül an.
In der Nacht zum Montag weitet sich der von dem Höhentief ausgehende Trog noch
etwas nach Norddeutschland aus. Seichte, PVA bedingte Hebungsvorgänge halten die
Konvektion bis weit in die Nacht hinein vor allem noch über der Mitte des Landes
aufrecht. Nach wie vor besteht primär die Gefahr von teils heftigem Starkregen,
wobei die Unwettergefahr im Laufe der Nacht zusehends abnimmt. Vor allem in den
Gebieten, in denen es tagsüber geregnet hat und aufklart, bilden sich erneut
Nebelfelder.

Montag ... bleibt uns die Hochrandlage mit überlagertem Höhentief erhalten.
Insgesamt bleibt die Druckverteilung sehr flach und die Dynamik damit limitiert.
Inzwischen hat die zu Gewittern neigende Luftmasse nahezu das komplette Land
erfasst. Ausnahmen bilden vor allem noch die Küstenabschnitte mit auflandigem
(östlichen Wind) - also primär die Ostseeküste als auch die Bereiche entlang und
westlich des Rheins. Zunächst wird als Trigger wohl wieder die Orographie
herhalten müssen. Trotz hoher Auslösetemperaturen um oder über 30 Grad werden
diese im Nachmittagsverlauf aber wohl doch wieder recht verbreitet erreicht, so
dass sich die Gewitter nicht ausschließlich auf das Bergland beschränken. Wo die
Gewitter letztlich schwerpunktmäßig auftreten wird sich aufgrund der diffusen
weil äußerst gradientschwachen Höhenströmung wohl selbst im Nowcasting letzten
Endes kaum klären lassen. Von der Deterministik wird weiterhin die Mitte
(Nordbayern, Thüringen, Sachsen-Anhalt, östl. Niedersachsen) präferiert, was
mittels Zutatenmethode tatsächlich auch dem "günstigsten" Überlapp von
Labilität, Feuchte und (schwacher) Hebung entspricht. Was die Unwettergefahr
betrifft, sollte sich die durchaus vorhandene Wahrscheinlichkeit für lokalen
heftigen Starkregen bei vergleichbarere Konstellation nicht groß zum Vortag
unterscheiden. Kurzum: Punktuell ja, mehrfach und verbreitet eher nein.
Derartige pulsierende "Popcornlagen" sind in jedem Falle mehr als undankbar und
sehr herausfordernd für jeden Warnmeteorologen.
In der Nacht zum Dienstag verliert das Höhentief immer mehr an Struktur und ist
dann wirklich nur noch bei sehr hoher Auflösung (1 gpdm) zu erkennen. Restliche
konvektive Umlagerungen sollten dementsprechend nach Sonnenuntergang allmählich
abklingen. In der feuchten Luft bleibt bei der weiterhin nur schwachen
Luftbewegung Nebel ein Thema. Die Tiefstwerte finden sich zwischen 18 und 13
Grad ein.

Dienstag ... ändert sich an der Großwetterlage kaum etwas. Zwar schwenkt von
England ein Kurzwellentrog zur Nordsee. Dessen hebungsrelevante Vorgänge bleiben
aber wohl außerhalb des Vorhersagegebietes. Nachfolgend steigt das Geopotential
im Südwesten Deutschlands etwas an, wodurch dort die Luftmasse etwas abtrocknet.
Während die Gewitteraktivität im Süden und Westen des Landes eher unterdrückt
wird, bleibt das Potential in den übrigen Gebieten weiter erhöht. Die
Begleiterscheinungen ändern sich im Vergleich zu den Vortagen nicht wesentlich,
die Unwettergefahr durch lokal heftigen Starkregen bleibt imminent. Die Storm
Motion Vektoren geben kaum einmal mehr als 10 Knoten her bei anhaltenden PPW's
nahe 40 mm. Während in der Mitte aufgrund der fehlenden Dynamik erneut die Berge
schwerpunktmäßig betroffen sein sollten, deutet sich im Norden eine schwache
bodennahe Windkonvergenz an. Diese liegt nach dem aktuellen ICON 12z Lauf zum
späten Nachmittag in etwa zwischen Weser und Elbe. Abseits davon ist bei
reichlich Sonnenschein weiterhin Schwitzen angesagt bei heißen 29 bis 33 Grad.
Womöglich werden gebietsweise sogar nochmals Hitzewarnungen wegen der starken
Wärmebelastung nötig.


Modellvergleich und -einschätzung
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GFS mit seiner übertriebene Grundschichtfeuchte, aber auch das IFS lassen die
gewitterträchtige Luftmasse am Sonntag schon bis in den äußersten Westen
vorankommen, was aufgrund der schwachen Advektionsvorgänge bezweifelt werden
darf. Somit sollten Gewitter in NRW, Rheinland-Pfalz und dem Saarland die
absolute Ausnahme und vor allem auf die Orographie beschränkt bleiben. Aufgrund
der Erfahrung des heutigen Tages müssen Unwetter bis in den extremen Bereich mit
extrem heftigen Starkregen punktuell für die nächsten Tage in Betracht gezogen
werden - insbesondere über den Bergen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Robert Hausen