DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

23-08-2019 17:01
SXEU31 DWAV 231800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 23.08.2019 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Viel Sonne und sehr warm bis heiß; Samstag höchstens vereinzelte, ab Sonntag vor
allem im Süden und Osten etwas häufigere Gewitter, dabei Unwetter durch heftigen
Starkregen nicht auszuschließen.

Synoptische Entwicklung bis Montag 12 UTC
-------------------------------------------------------------
Aktuell ... liegt Deutschland an der Südflanke der zunächst nur leicht
mäandrierenden Frontalzone, die über den mittleren Nordatlantik und über
Schottland bzw. Skandinavien hinweg bis nach Nordwestrussland verläuft. Ein
darin eingelagerter flacher Höhenrücken über dem östlichen Mitteleuropa kommt
ein wenig nach Osten voran, von dort aus bleibt ein Höhenkeil aber weiterhin ins
Vorhersagegebiet gerichtet und stützt eine Hochdruckbrücke, die sich von England
kommend über das nördliche Mitteleuropa bis weit in den Westen Russlands
erstreckt. Bis Samstagfrüh zieht sich der Höhenkeil ein wenig nach Osten zurück,
somit kann sich ein von einem Cut-Off-Tief über der Toskana ausgehender Trog
nordwärts bis nach Süddeutschland ausweiten. Aufgrund der nur sehr geringen
Potenzialgegensätze über Mitteleuropa (man muss sich das 500 hPa-Feld schon in
der 1 gpdm-Auflösung anschauen, um die Strukturen gut erkennen zu können) kann
allerdings kaum dynamischer Hebungsantrieb generiert werden. Somit beschränkte
sich die überwiegend an die Orographie gekoppelte Gewittertätigkeit weitgehend
auf den inneralpinen Bereich. Allerdings wurde mit der mehr auf Südost drehenden
Grundströmung in den Süden und Südosten Bayerns bereits eine etwas feuchtere und
instabil geschichtete Luftmasse advehiert. Eine heute Nachmittag noch recht
markant ausgebildete Absinkinversion in etwa 820 hPa (Sounding Oberschleißheim
von 12 UTC) ließ bzw. lässt allerdings abseits der Alpen keine nennenswerte
Konvektion zu. Zwar wird diese mit der Ausweitung des Troges nach Norden im
Laufe der Nacht etwas abgebaut, dennoch breitet sich an ihr weiterhin vielerorts
Sc-Bewölkung aus, so dass die Nacht dort überwiegend bewölkt verläuft. Sollte
die Wolkendecke mal auflockern, besteht im Alpenvorland durchaus ein erhöhtes
Nebelpotenzial.
Im übrigen Land bleibt es unter Hochdruckeinfluss überwiegend gering bewölkt
oder wolkenlos, lediglich über die Nordhälfte ziehen zeitweise hohe
Wolkenfelder, die der beständigen WLA an der Südflanke der Frontalzone
geschuldet sind. Zwar ist die Luftmasse durch das beständige Absinken inzwischen
ziemlich abgetrocknet, dennoch kann vor allem in Küstennähe dichter Bodennebel
nicht ausgeschlossen werden. Die Temperatur geht auf angenehme und
schlaftaugliche 14 bis 7 Grad zurück, an den Küsten bleibt es teilweise milder.

Samstag ... beginnt die Frontalzone aufgrund eines Trogvorstoßes über dem nahen
Ostatlantik stärker zu mäandrieren. Vorderseitig wölbt sich durch WLA ein
flacher Höhenrücken über Südskandinavien auf. Somit geraten der Westen und
Norden Deutschlands unter eine schwache südwestliche Höhenströmung. Damit kann
sich auch der vom Höhentief über Mittelitalien ausgehende Trog weiter nach
Norden, bis in die Mitte Deutschlands ausweiten, wobei er dipolartige Struktur
annimmt mit einem weiteren Höhentief über Süddeutschland. Das Ganze geschieht
nach wie vor bei nur schwachen Geopotenzialgegensätzen, die kaum
prognoserelevante Hebungsantrieb zulassen. Allerdings schiebt sich mit dem
nördlichen Teiltief des Höhentiefkomplexes die labil geschichtete Luftmasse vom
östlichen Alpenrand ausgehend weiter nach Norden bzw. Nordwesten und erfasst
weite Teile Bayerns (außer Unterfranken) und den Südosten Baden-Württembergs,
zum Abend hin auch eventuell den östlichen Mittelgebirgsraum. Die PPW-Werte
steigen auf über 30 mm. Da die Absinkinversion mehr und mehr verschwindet,
lockert die Sc-Bewölkung rasch auf und macht Quellbewölkung Platz, so dass
Einstrahlung gewährleistet ist und auch Cape generiert werden kann. Die
Konvektion zulassenden Modelle simulieren meist 500 bis 1000 J/kg, C-D2
kleinräumig auch deutlich höhere Werte, die aber eher fraglich erscheinen. Da
der dynamische Anteil weitgehend fehlt, muss die Orographie als Trigger
herhalten. Somit dürften sich im Laufe des Nachmittags die ersten Gewitter an
den Alpen entwickeln und ziehen eventuell auch ein wenig ins südliche Vorland.
Einzelne Zellen kann es auch im ostbayerischen Mittelgebirgsraum geben, mit
geringerer Wahrscheinlichkeit zum Abend hin vielleicht auch im Erz- und Zittauer
Gebirge sowie von der Schwäbischen bis zur Fränkischen Alb. Die fehlende
Scherung lässt in der Regel nur Einzelzellen bzw. kleinere Multizellenkomplexe
zu. Als Begleiterscheinung steht somit in erster Linie der Starkregen im Fokus,
wobei punktuell aufgrund der geringen Zuggeschwindigkeit auch mal unwetterartige
Mengen fallen können. Mit kleinkörnigem Hagel (wohl kaum größer als 2 cm, dafür
aber auch mal größere Ansammlungen) und stürmischen Böen bzw. Sturmböen muss
lokal eng begrenzt auch gerechnet werden. Generell treten diese Gewitter aber
nur sehr vereinzelt und isoliert auf, meist bleibt es auch im Südosten
Deutschlands trocken.
Im großen Rest des Landes dominiert sowieso der Einfluss des Hochdruckgebietes,
das sich ein wenig nach Nordosten zurückzieht und seinen Schwerpunkt Richtung
mittlere Ostsee bzw. Weißrussland verlagert. Dort scheint überwiegend die Sonne,
oft sogar von einem wolkenlosen Himmel, Quellwolken bilden sich am ehesten über
dem zentralen Mittelgebirgsraum. Die Luftmasse "heizt" sich noch etwas auf, die
Temperatur in 850 hPa steigt auf 12 bis 15 Grad. Das lässt Höchstwerte zwischen
26 und 32 Grad erwarten, an Küstenabschnitten mit auflandigem Wind (bei Wind,
vorherrschend aus Südost bis Nordost also am ehesten an der Ostseeküste) wird es
mit 21 bis 25 Grad nicht ganz so warm.

In der Nacht zum Sonntag kann sich das Höhentief über Süddeutschland noch ein
wenig nach Norden ausweiten, gleichzeitig verstärkt sich aber durch WLA der vom
östlichen Mitteleuropa bis nach Südskandinavien gerichtete Höhenrücken. Im
Bereich des Höhentiefs bzw. an dessen Ost-/Nordostflanke kann es noch etwas
dauern, bis die Konvektion im Laufe der Nacht zusammenfällt. Vor allem im
ostbayerischen Mittelgebirgsraum sowie im Erz- und Zittauer Gebirge, vielleicht
auch bis nach Südbrandenburg ziehend kann es bis in die zweite Nachthälfte
hinein vereinzelte Schauer und Gewitter geben. Ansonsten steht aber eine
wettertechnisch ruhige Nacht ins Haus. Die Luftmasse ist vor allem im Süden und
Osten etwas feuchter, was einerseits höhere Minima zur Folge hat, andererseits
aber auch eine leicht erhöhte Nebelwahrscheinlichkeit. Insgesamt sind wohl
Tiefstwerte zwischen 18 und 10 Grad, im westlichen Mittelgebirgsraum auch
darunter zu erwarten.

Sonntag ... tropft der inzwischen bei den Britischen Inseln angelangte Höhentrog
nach Südsüdwest, also westlich der Iberischen Halbinsel aus. Der vom östlichen
Mitteleuropa bis zur südlichen Ostsee gerichtete Höhenrücken verlagert sich kaum
nach Osten und stützt weiterhin das umfangreiche Hochdruckgebiet, das seinen
Schwerpunkt allerdings inzwischen zum Baltikum bzw. nach Nordwestrussland
verlagert hat, von dem ausgehend aber weiterhin ein Keil ins nördliche
Mitteleuropa reicht.
Auch der Höhentiefkomplex zeigt weiterhin kaum Verlagerungstendenz, das
nördliche Höhentief kommt über der Osthälfte Deutschlands etwas nach Norden
voran (bis etwa ins Vogtland). Nach wie vor bleibt der Potenzialgradient über
Mitteleuropa nur sehr schwach ausgeprägt (die Potenzialgebilde sind nur in der 1
gpdm-Auflösung zu erkennen), so dass kaum dynamische Hebung generiert werden
kann. Insgesamt kann sich die feuchtlabile Luftmasse somit vor allem über der
Osthälfte Deutschlands weiter nach Norden ausweiten und kommt auch etwas nach
Westen voran. Im Westen, Nordwesten sowie ganz im Nordosten (wohin von Osten her
trockene Festlandsluft advehiert wird) bleibt die Luftmasse dagegen stabiler
geschichtet, dort scheint überwiegend die Sonne.
Im Bodenfeld lassen sich (auch nur in höchster Auflösung) eine oder mehrere
Tiefdruckrinnen ausmachen, die sich von Nordwest nach Südost über den Süden bzw.
die Mitte Deutschlands erstrecken. Entlang dieser Rinnen kann sich im Bereich
leicht konvergenter Windfelder feuchte Luft anreichern und dort werden auch die
höchste ML-Cape (gebietsweise mehr als 1000 J/kg) bzw. PPW-Werte (bis über 35
mm) simuliert. Der dynamische Antrieb fehlt nach wie vor, dennoch können jetzt
neben der Orographie verstärkt auch diese flachen Rinnen als Trigger für Auslöse
wirken, so dass vielleicht etwas verbreiteter als am Samstag mit Gewittern zu
rechnen ist. Während die deterministischen Läufe der Global- bzw.
Regionalmodelle im Südosten bis in die mittleren Landesteile auch recht
verbreitet gewittrige Niederschläge simulieren, agiert das Konvektion zulassende
SuperHD (als einziges Modell, das noch bis Sonntag reicht) nur sehr verhalten,
was Konvektion angeht. Mangels dynamischen Antriebs und angesichts der nun schon
etwas fortgeschrittenen Jahreszeit erscheint diese Variante auch etwas
realistischer.
Wie auch immer - mit einzelnen Gewittern, bevorzugt natürlich wieder an die
Orographie gekoppelt, ist so oder so zu rechnen, im Vergleich zum Samstag auch
etwas weiter westlich und nördlich, also z.B. im zentralen Mittelgebirgsraum,
vielleicht auch bis in den Berliner Raum. Mangels Scherung treten diese auch
wieder als Einzel- oder Multizellen in Erscheinung mit einer nur geringen
Verlagerungsgeschwindigkeit. Erneut steht also wieder das Starkregenkriterium im
Fokus, Unwetter (neben Starkregen auch durch größere Hagelansammlungen) nicht
ausgeschlossen.
An den Temperaturen ändert sich insgesamt nur wenig, die Luftmasse wird
allerdings vor allem im Osten und Süden etwas feuchter und somit schwüler, die
Wärmebelastung steigt somit etwas an, ist aber wohl nicht warnrelevant.

In der Nacht zum Montag ändert sich an der großräumigen Konstellation nur wenig.
Der flache Höhentrogkomplex - eher eine Potenzialrinne - reicht nach wie vor von
Italien über die Alpen und Süddeutschland bis in die Osthälfte des Landes und
wird sowohl im Westen, über Frankreich als auch nach wie vor im Osten flankiert
von Höhenrücken. Das in die Rinne eingebettete Höhentief über der Osthälfte
zieht etwas nordwärts, auch die Tiefdruckrinne am Boden kommt ein wenig nach
Norden voran. Mit der Annäherung an den Höhenrücken weiter östlich bzw.
nordöstlich verschärft sich der Gradient an der Ostflanke des Höhentiefs etwas
und es kann eventuell auch wenig dynamische Hebung aufgrund von PVA generiert
werden. Diese könnte die Konvektion auch über die Nacht hinweg noch länger
aufrechterhalten, vor allem in den östlichen Mittelgebirgen, nicht
ausgeschlossen ist auch ein kleines MCS, welches sich über die Osthälfte
Deutschlands hinweg nach Norden verlagert.
Im Süden und in der Mitte klingen eventuelle Gewitter dagegen wohl rasch ab, im
Westen und Norden bleibt es generell trocken. Bei länger klarem Himmel kann sich
allerdings vermehrt Nebel bilden, vor allem dort, wo es vorher geregnet hat. Die
Tiefstwerte liegen zwischen 18 und 10 Grad.

Montag ... verstärkt sich der über das östliche ins nördliche Mitteleuropa
gerichtete Höhenrücken, gestützt durch kräftige WLA auf der Vorderseite eines
markanten und umfangreichen Höhentroges über dem Nordatlantik mit Drehzentrum
bei Island, etwas. Auch der von Nordafrika über den westlichen Mittelmeerraum
bis nach Frankreich gerichtete Höhenrücken kann sich noch ein wenig
"aufplustern" und reicht schon fast bis in den Südwesten Deutschlands. Der
flache Höhentrogkomplex, respektive die Potenzialrinne über dem Vorhersagegebiet
bleibt aber weiterhin erhalten, wobei dessen Drehzentrum irgendwo über der Mitte
Deutschlands "herumeiert". Im hochaufgelösten Bodendruckfeld der meisten
vorliegenden Modelle ist weiterhin eine flache Tiefdruckrinne erkennbar, die
sich über die westlichen und mittleren Landesteile hinweg ostwärts erstreckt.
Insgesamt kann sich die schwülwarme (fast schon -heiße) potenziell instabile
Luftmasse somit noch etwas nach Westen und vor allem (am Nordrand der Rinne)
nach Nordwesten ausweiten. Ausgenommen bleiben nach Lesart der meisten Modelle
wohl nur die Küstenregionen und der äußerste Westen/Südwesten. Erneut werden im
Bereich dieser instabilen Luftmasse vor allem in Rinnennähe um die 1000 J/kg
ML-Cape simuliert, nach Lesart von ICON-EU eher im Osten und Südosten, nach GFS
weniger im Nordosten, dafür mehr im Nordwesten. Die PPW-Werte bewegen sich in
diesen Regionen weiterhin zwischen 25 und 35 mm, im unmittelbaren Rinnenbereich
auch darüber. Erneut fehlt allerdings weitestgehend der dynamische
Hebungsantrieb aus dem nach wie vor schwachgradientigen Geopotenzialfeld. Somit
ist die Konvektion weiterhin hauptsächlich an die Orographie gekoppelt, als
zusätzlicher Trigger kommen höchstens noch das konvergente Windfeld im Bereich
der Rinne (äußerst fraglich, ob das ausreicht) und Outflow Boundaries von
nächtlicher Konvektion (soweit es überhaupt welche gibt) in Frage. Erneut
simulieren die Regional- bzw. Globalmodelle (ICON-EU, IFS von 00 UTC), außer
ganz im Westen, im Südwesten sowie im Umfeld der Küsten teilweise wieder recht
flächendeckend Niederschläge, lediglich GFS beschränkt die konvektiven
Niederschläge auf die zentralen und östlichen Mittelgebirge sowie den Alpenrand.

Insgesamt ist wohl - ähnlich wie am Vortag - erneut von eher isolierter
Konvektion auszugehen, die sich von den Mittelgebirgen bzw. den Alpen vielleicht
noch etwas ins Vorland ausweitet. Auch die Begleiterscheinungen ähneln denen des
Vortages.
Somit steht in weiten Teilen des Landes erneut ein recht sonniger Spätsommertag
(mehr Sonne im Westen als im Osten und Süden) ins Haus. Die simulierten 850
hPa-Temperaturen liegen um etwa 1 bis 2 K über denen des Vortages, somit sind
Höchstwerte zwischen 27 und 33 Grad zu erwarten, an den Küsten, vor allem der
Ostsee, bei auflandigem Wind etwas darunter.


Modellvergleich und -einschätzung
----------------------------------------------------------------
Alle vorliegenden Modelle simulieren für das Wochenende und für den Montag ein
sehr ähnliches Szenario ohne prognose- und warnrelevante Unterschiede. Genaueren
Aufschluss über die räumliche Verteilung der konvektiven Aktivität, vor allem ab
Sonntag, geben dann hoffentlich sehr kurzfristig die Konvektion zulassenden
Modelle.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff