DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

20-08-2019 08:01
SXEU31 DWAV 200800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 20.08.2019 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Übergang von SWz (Südwest zyklonal) zu BM (Brücke Mitteleuropa)

Heute und kommende Nacht im Süden und Südosten teils gewittriger Dauerregen. An
und über der Nordsee noch konvektive Umlagerungen. Ab Mittwoch zunehmender
Hochdruckeinfluss.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 24 UTC
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Dienstag... liegt Deutschland weiterhin auf der Vorderseite eines positiv
geneigten LW-Troges über Westeuropa respektive dem nahen Ostatlantik. Die daraus
bei uns resultierende südwestliche Höhenströmung ist relativ glatt gebürstet,
vielleicht mit einem minimalen zyklonalen Einschlag. Schaut man sich den großen
Trog im Detail an, so findet man über der Norwegischen See das Hauptdrehzentrum,
das inzwischen aber nur noch recht kümmerlich aufgestellt ist und heute weiter
an Substanz verlieren wird. Wichtiger als das sind für uns die beiden in den
Haupttrog eingebetteten Randtröge, von denen der nördliche heute Morgen über UK
liegt, während der südliche von der Bretagne über die Biskaya bis zur Iberischen
Halbinsel reicht. Beide Tröge sind progressiv unterwegs und erreichen zum
Tagesende Jütland (Nordteil) bzw. Ostfrankreich und die Schweiz (Südteil).
Von der Höhe zum Boden, wo wir heute im Groben eine Zwei-, im Feinen eher eine
Dreiteilung zu erwarten haben. Fakt ist, dass sich ein Keil des nach Osten
verschobenen Azorenhochs über Mitteleuropa nicht nur etabliert, sondern sogar
Fühlung zu einem weiteren Hoch über dem nahen Osteuropa aufgenommen hat, was ihm
das Prädikat einer Brücke verleiht. Diese Hochdruckbrücke verläuft mitten über
Deutschland und sorgt in der Nordwesthälfte in der eingeflossenen und inzwischen
abgetrockneten subpolaren Meeresluft (T850 5 bis 9°C bei vielfach einstelligen
Taupunkten) für einen geschmeidigen Dienstag mit einer Mischung aus Sonnenschein
und Quellungen. Die "Cumulanten" reichen bis maximal 750 hPa, wo sich die
Bildung einer Absinkinversion abzeichnet. Lediglich über der Nordsee, wo der
o.e. nördlichen Randtrog (besser wäre eigentlich der Begriff Teiltrog) am
nächsten ist und auch etwas höhenkalte Luft am Start ist (T500 um oder etwas
unter -20°C), fällt die Konvektion kräftiger und auch etwas hochreichender aus,
was sich in Form einzelner Schauer oder kurzer Gewitter (7 Bft, Starkregen nur
bei Wiederholungstreffern) ausdrückt. Diese können bis ins nördliche SH (Angeln)
ziehen, allerdings deutet sich im Tagesverlauf eine abschwächende Tendenz an.
Ansonsten sind im nördlichen NDS, im Hamburger Raum und im südlichen SH noch ein
paar wenige schlappe Schauer vorstellbar, weshalb die NW-Hälfte genau genommen
zweigeteilt ist.
Kommen wir in den Süden und Südosten, wo sich das heutige Wetter deutlich
zyklonaler als weiter nördlich gibt. Gründe dafür gibt es mehrere: da wäre zum
einen die fast schon als penetrant zu bezeichnende wellende Luftmassengrenze
über bzw. an den Alpen, die nicht aufgibt und weiterhin zäh unsere Wetterkarten
schmückt (siehe sämtliche Vorhersagekarten von heute 00 UTC). Doch nicht nur
das, sie sorgt für frontale Hebungsprozesse, die in der sich über dem Süden und
Südosten befindlichen feuchten Luftmasse (Taupunkte heute früh gebietsweise über
15°C) sehr gut ankommen. Unterstützt wird die Front von trogvorderseitig (wir
sind jetzt beim südlichen Teiltrog) induzierter dynamischer Hebung sowie einer
Gegenstromsituation. Während nämlich in der unteren Troposphäre der Wind
überwiegend aus nördlichen Richtungen weht, dreht er zwischen 800 und 700 hPa
allmählich auf Süd bis Südwest.
Lange Rede, kurzer Sinn, aus der Schweiz und Teilen Österreichs kommt heute
immer wieder Regennachschub, der sich über die Schwäbische Alb und Schwaben
hinweg bis nach Franken und zur Oberpfalz, ja sogar bis zum Erzgebirge und zur
Lausitz ausbreitet. Der meiste Regen - etwa 30 bis 50 mm bis Mittwoch früh -
soll dabei vom Bodenseeraum bis hinüber zum Werdenfelser Land bzw. etwas
nördlich davon fallen, weshalb dort eine markante Dauerregenwarnung läuft. Diese
wird im Laufe des Vormittags wahrscheinlich noch etwas nach Osten ausgeweitet.
Hinzu können im Tagesverlauf einzelne eingelagerte Gewitter (trotz bescheidener
Labilität liegt etwas MU-CAPE von bis zu 300 J/kg vor) oder "nur" schauerartige,
aber nicht gewittrige Verstärkungen, die räumlich eng begrenzt markanten
Starkregen bringen können. Selbst lokale Unwetter mit Mengen von mehr als 25 mm
innert kurzer Zeit sind denkbar und werden z.B. von COSMO-D2-EPS zaghaft
angedeutet (muss aber alles in situ gewarnt werden).
Die Temperatur erreicht heute Höchstwerte zwischen 19 und 25°C, im
brandenburgischen Grenzbereich zu Polen lokal auch 26°C. Kühler bleibt es im
süddeutschen Dauerregen, wo man gebietsweise froh sein kann, wenn es mehr als
15-17°C gibt.

In der Nacht zum Mittwoch ändert sich gar nicht so viel an der Wetterverteilung.
Die Brücke verstärkt sich noch etwas, wodurch das Regengebiet etwas nach
Südosten abgedrängt wird (wird zudem durch das allmähliche Rückdrehen der
Höhenströmung begünstigt). Am Morgen dürfte es dann "nur" noch zwischen Alpen
und Bayerischem Wald regnen bei langsam abnehmender Intensität. In Franken und
Teilen BWs, wo die Bewölkung teilweise auflockert und die Grundschicht durch den
vorherigen Regen stark angefeuchtet ist, bildet sich gebietsweise Nebel.
Im großen Rest Deutschlands lockert die Bewölkung ebenfalls vielerorts auf, die
Nebelneigung ist aufgrund der trockeneren Luft aber geringer (was einzelne
flache Nebelfelder nicht ausschließt). Vor allem über der Nordsee, wo der
nördliche Teiltrog mit einem IPV-Maximum anlandet und die 500-hPa-Temperatur
noch etwas sinkt, können sich weiterhin einzelne diabatisch motivierte Schauer
oder kurze Gewitter entwickeln, die im einen oder anderen Fall den Weg ins
küstennahe Binnenland finden. Es erstaunt etwas, dass die Numerik diesbezüglich
sehr zurückhaltend agiert und bis auf EURO4 vergleichsweise wenig, COSMO-D2
sogar überhaupt keine Konvektion rechnet.

Mittwoch... zonalisiert die Höhenströmung zunehmend bei gleichzeitig abnehmendem
Gradienten, so dass aus diesem Sektor keine nennenswerten Impulse für die
hiesige Wetterentwicklung zu erwarten sind. Der Hochdruckbrücke gefällt das,
pumpt sie sich (namentlich ist übrigens CORINA im Spiel) über dem Vorhersageraum
auf etwas über 1025 hPa auf. Doch nicht nur das, auch die Luftmassengrenze im
Süden wird etwas zurückgedrängt in den inneralpinen Raum. Damit einher geht eine
allmähliche Abtrocknung der Luftmasse von Nordwesten her, so dass sich der Regen
mehr und mehr in den südöstlichen Zipfel Bayerns respektive den östlichen
Alpenrand zurückzieht (wo es am Nachmittag aber auch aufhört oder nur noch
marginal, aber durchaus lästig tröpfelt).
So ist die Geschichte des Mittwochs rasch erzählt. Unter der Ägide von CORINA
scheint nach Nebelauflösung verbreitet die Sonne (außer natürlich im Südosten,
wo der abziehende Regen nicht mit sofortigem Wolkenschwund gleichzusetzen ist),
garniert von einigen Tagesgangquellungen, die sich unterhalb der auf etwa 800
hPa absinkenden Inversion bilden. Im äußersten Norden deuten vor allem die
externen Modelle noch eine latente Schauerneigung an, was angesichts der der
dort etwas höher liegenden Inversion nicht völlig aus der Luft gegriffen ist;
für Gewitter sollte es aber nicht mehr reichen.
Trotz des Sonnenscheins tut sich die alternde Luftmasse schwer, thermisch so
richtig aus dem Quark zu kommen. 20 bis 25°C lautet die Spanne, im Südosten
sowie an Küstenabschnitten mit auflandigem Wind keine 20°C.

In der Nacht zum Donnerstag bleibt es unter fortwährendem Hochdruckeinfluss
trocken. Besonders im Süden bildet sich gebietsweise Nebel, sonst nur lokal. Der
Nordwesten wird später von einigen hohen, vielleicht sogar mittelhohen
Wolkenfeldern traktiert, die leichter WLA vorderseitig einer die Nordsee
erreichenden Warmfront geschuldet sind. Das zugehörige (Sturm)Tief südlich
Islands ist übrigens ´ne regelrechte Wuchtbrumme mit rund 985 hPa Kerndruck,
wird für das hiesige Wettergeschehen aber keine prominente Rolle spielen.

Donnerstag... arbeitet sich eben dieses Tief bis zum Seegebiet zwischen
Schottland und Island voran, wobei es sich merklich auffüllt. Um 12 UTC findet
man nur noch eine 995-hPa-Kernisobare, am Tagesende dürfte es die "1000er" sein.
Den Vorhersageraum ficht das alles überhaupt nicht an, gibt hier doch weiterhin
die Hochdruckbrücke den Ton an. Zwar findet man über der Nordsee noch die
Okklusion des o.e. Sturmtiefs, ihre Stunden sind aber gezählt und ihre Wirkung
erheblich begrenzt. Kurzum, für zeitweilig etwas dichtere Bewölkung im äußersten
Norden und Nordwesten reicht es noch, für mehr nicht.
Ansonsten gilt es zu konstatieren, dass die Höhenströmung glatt auf West dreht.
Dabei ist der Gradient im Norden stärker ausgeprägt als im Süden, was
antizyklonale Geschwindigkeitsscherung (bzw. Advektion antizyklonaler
Scherungsvorticity) bedingt, die wiederum leichtes Absinken zur Folge hat. So
bekommt die Hochdruckbrücke aus der Höhe Unterstützung, ohne dass sich dort ein
Rücken oder Keil aufwölbt. Die Absinkinversion wird noch etwas nach unten
gedrückt, gleichwohl bilden sich in der labil geschichteten Grenzschicht wieder
Cumuluswolken, die der Sonne aber nicht so viel anhaben können. Einzig im
äußersten Süden (Alpenrand, südliches Vorland) können die Quellungen dichter und
auch höher ausfallen. Ob allerdings einzelne Exemplare der inneralpinen
Konvektion (Schauer und Gewitter) deutsches Hoheitsgebiet erreichen, ist sehr
fraglich.
Die alternde Luftmasse kann sich nicht nur niedertroposphärisch erwärmen
(Anstieg T850 auf 8 bis 11°C), auch in 2 m geht es hoch auf 23 bis 28°C
(abzüglich der unmittelbaren Nordseeküste nebst vorgelagerter Inseln sowie
höherer Lagen, wo es etwas frischer bleibt).

Die Nacht zum Freitag verbreitet gering bewölkt oder klar, an den Alpen teils
wolkig aber trocken. Hier und da bildet sich Nebel.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle schlagen alle den Kurs in Richtung BM (Brücke Mitteleuropa) ein.
Kleinere Unschärfen wurden im Text angerissen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann