DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

15-08-2019 17:01
SXEU31 DWAV 151800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 15.08.2019 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Nachts nach Osten abziehende Schauer und Gewitter, Freitag Zwischenhocheinfluss.
Am Wochenende im Einflussbereich eines Sturmtiefs nördlich der Britischen Inseln
unbeständig und windig, auf den Bergen und an der Nordsee zeitweise Böen Bft 8
bis 9.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 12 UTC
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Aktuell ... befindet sich Deutschland unterhalb der nur leicht mäandrierenden
und für diese Jahreszeit schon recht kräftig ausgeprägten Frontalzone. Ein darin
eingebetteter Kurzwellentrog schwenkt im Laufe der Nacht über das
Vorhersagegebiet hinweg ostwärts, hängt mit seinem Südteil über Süddeutschland
aber zunächst noch etwas nach Westen zurück, so dass über dem Südosten des
Landes aufgrund von PVA auf der diffluenten Trogvorderseite noch dynamische
Hebung wirksam werden kann.
Das mit dem Trog korrespondierende Bodentief zieht im Laufe der Nacht vom
Skagerrak allmählich Richtung Oslofjord und füllt sich etwas auf. Die Okklusion
hat Deutschland inzwischen überquert, ihr folgt zunächst subpolare Meeresluft,
später erwärmte Polarluft, so dass die Temperatur in 850 hPa auf Werte zwischen
5 und 8 Grad zurückgeht.
Mit Durchzug des Troges und der allmählichen Abkühlung in 850 hPa setzt eine
Stabilisierung der Luftmasse ein, so dass die Schauer und auch kurzen Gewitter
abends und in der ersten Nachthälfte nach Osten abziehen. Lediglich im Südosten
muss aus den weiter oben genannten Gründen noch längere Zeit mit teils
gewittrigen Schauern, gebietsweise auch mit schauerartigen Regenfällen gerechnet
werden, Starkregen scheint aus aktueller Sicht aber eher unwahrscheinlich.
Ausgangs der Nacht klingen auch dort die Schauer ab.
Auch im Küstenumfeld reicht die durch die diabatische Komponente (warmes
Oberflächenwasser) gegebene Labilität eventuell noch für einzelne Schauer, ob
auch für Gewitter, ist dagegen fraglich.
Mit Auffüllen des Bodentiefs und Vordringen eines Azorenhochkeils vor allem in
den Süden und in die Mitte des Landes schwächt sich der Wind weiter ab, auch auf
dem Brocken gibt es nach Mitternacht wohl keine warnrelevanten Böen mehr.
Lediglich im Nordseeumfeld lebt der Wind im Bereich eines durchschwenkenden
Bodentroges vorübergehend noch einmal auf, für Böen Bft 7 reicht es wohl nur
noch an exponierten Küstenabschnitten.
Vor allem im Südwesten können die Wolken stärker auflockern, im Norden und
Nordosten bleibt es dagegen eher stark bewölkt, da sich mit der einströmenden,
bodennah relativ feuchten Nordseeluft unterhalb der sich allmählich
verstärkenden Absinkinversion Sc-Bewölkung ausbreiten kann. Die Tiefstwerte
liegen meist zwischen 14 und 8 Grad, an den Küsten bleibt es etwas milder.

Freitag ... zieht der Kurzwellentrog weiter ins östliche Mitteleuropa. Ihm folgt
ein flacher Höhenrücken, der gestützt wird durch kräftige WLA auf der
Vorderseite eines umfangreichen und hochreichenden Tiefdruckgebietes mit
Drehzentrum südlich von Island. Das korrespondierende Bodentief weist inzwischen
einen Kerndruck von unter 980 hPa auf. Abends erreicht der Rücken die Osthälfte
Deutschlands.
Das durch den Rücken gestützte Bodenhoch verlagert seinen Schwerpunkt allmählich
über die Südhälfte Deutschlands hinweg südsüdostwärts. Im Bereich des
abziehenden Troges reicht die Labilität der Luftmasse im Nordosten und Osten des
Landes noch so hoch, dass sich dort vor allem im Ostseeumfeld (eventuell auch
noch an der Nordsee) sowie in den östlichen Mittelgebirgen einzelne kurze
Schauer entwickeln können. Ob es auch einzelne Gewitter gibt, ist fraglich.
Mittags und nachmittags gibt es aber auch dort kaum mehr Schauer.
Sonst dominiert schwacher Zwischenhocheinfluss. Allerdings gelangt
niedertroposphärisch relativ feuchte Nordseeluft in den Norden und in die Mitte
des Landes, so dass sich dort - sollte die Wolkendecke mal auflockern - rasch
wieder Quellbewölkung ausbildet, die sich an der Absinkinversion (in 700 bis 850
hPa) horizontal ausbreiten kann (Sc cumulogenitus). Erst zum Nachmittag hin, mit
Abzug des Bodenhochs Richtung Südosten, wird die Zufuhr der Nordseeluft mit
Winddrehung auf Südwest bis Süd gekappt und die tiefe Bewölkung lockert
verstärkt auf. Dann zieht allerdings bereits wieder dichtere hohe und mittelhohe
Bewölkung auf, die der WLA geschuldet ist. Eine erste, vorlaufende Warmfront
zieht im Tagesverlauf über die Nordsee hinweg nordostwärts. Somit zeigt sich im
Norden und in der Mitte nur sporadisch die Sonne. Im Süden, vor allem im
Südwesten, später auch an der Ostsee scheint sie dagegen deutlich häufiger.
Mit Winddrehung auf Süd bis Südwest gelangt vor allem in den Süden und in die
Mitte allmählich wieder wärmere Luft aus Südwesteuropa. Die Temperatur in 850
hPa steigt auf Werte zwischen 12 Grad in Südbaden und 7 Grad ganz im Norden.
Somit sind im Norden und in der Mitte Höchstwerte zwischen 19 und 23 Grad zu
erwarten, mit etwas Sonne auch darüber, im Südwesten können dagegen die 25 Grad
knapp überschritten werden.

In der Nacht zum Samstag kommt der Höhenrücken rasch Richtung östliches
Mitteleuropa voran. Das umfangreiche Zentraltief über West-/Nordwesteuropa
verlagert sein Drehzentrum ein wenig nach Süden, der zugehörige Höhentrog weitet
sich etwas Richtung Kontinentaleuropa aus. Ein vorlaufender kurzwelliger
Troganteil zieht über die Nordsee hinweg nordostwärts. Dadurch bekommt das
Frontensystem des mit dem Trog korrespondierenden Bodentiefs, das zwar den
Höhepunkt seiner Entwicklung mit nahezu achsensenkrechter Exposition zum
Höhentief erreicht hat, sich aber kaum auffüllt, einen "Push" nach Osten und
zieht unter fortschreitendem Okklusionsprozess bis Samstagfrüh von den
Britischen Inseln rasch zur Nordsee. Bereits weit im Vorfeld ist dabei recht
markante WLA wirksam und somit setzen bereits in der ersten Nachthälfte im
Nordwesten leichte Regenfälle ein, die sich mit Annäherung der Front im Laufe
der Nacht noch etwas intensivieren und nach Osten ausweiten. Morgens regnet es
in etwa nordwestlich einer Linie Eifel - Westmecklenburg leicht. Die Schichtung
bleibt stabil, so dass keine konvektiven Einlagerungen und somit auch keine
Gewitter zu erwarten sind. Die Mengen überschreiten lediglich im Nordseeumfeld
die 5 mm, sonst fällt weniger.
Mit Annäherung des Frontensystems verschärft sich der Gradient und der Wind
frischt im Nordwesten auf. Angesichts der stabilen Schichtung können sich die
Böen im Binnenland aber nicht bis ganz nach unten durchsetzen, so dass es
lediglich in den Kamm- und Gipfellagen der westlichen bzw. zentralen
Mittelgebirge sowie im Nordseeumfeld für Böen Bft 7 bis 8 aus Süd reicht. Auf
dem Brocken und an exponierten Abschnitten der nordfriesischen Küste kann es
auch Sturmböen (Bft 9) geben.
Im Süden und im Osten bleibt es zunächst noch aufgelockert, teils gering
bewölkt, später werden aber dort die Wolken dichter, es bleibt aber trocken. Die
Frühwerte bewegen sich zwischen milden 17 Grad ganz im Westen und recht frischen
7 Grad im ostbayerischen Mittelgebirgsraum bzw. in einigen Alpentälern.

Samstag ... kommt das Zentraltief weiterhin kaum nach Süden voran und befindet
sich mit seinem Drehzentrum abends knapp nördlich von Schottland. Der
vorlaufende kurzwellige Anteil zieht von der Nordsee weiter nach Skandinavien.
Das Bodentief füllt sich so gut wie gar nicht auf und weist noch immer einen
Kerndruck von knapp unter 980 hPa auf. Durch einen von Nordwesten
hereinlaufenden Kurzwellentrog weitet sich der Trog über dem nahen Ostatlantik
etwas weiter nach Süden aus. Dadurch steilt die südwestliche Höhenströmung über
dem Vorhersagegebiet bzw. westlich davon etwas auf und die teilokkludierte
Kaltfront gerät über dem Westen und Nordwesten Deutschlands bzw. über Benelux
und Frankreich (die genaue Lage ist noch unsicher) mehr und mehr ins Schleifen.
Mit der Hebung im Frontbereich und unterstützt durch den Tagesgang (insgesamt
"zerfleddert" die Front etwas und die Wolken lockern auf, so dass wohl auch die
diabatische Komponente zum Tragen kommt) wird die Luftmasse etwas labilisiert.
Die Niederschläge im Frontbereich nehmen somit mehr und mehr Schauercharakter
an, bei 100 bis 300 J/kg ML-Cape und PPW-Werten zwischen 25 und 30 mm kann es
somit auch einzelne Gewitter geben, lokal eng begrenzt begleitet von Starkregen
und (hochreichende Scherung ist vorhanden, so dass sich die Gewitter auch
organisieren können) stürmischen Böen oder Sturmböen.
Ein weiterer kurzwelliger Troganteil greift im Tagesverlauf auf Frankreich über
und kommt rasch nach Osten voran. Dynamischer Hebungsantrieb auf dessen
Vorderseite induziert - unterstützt durch WLA - die Ausbildung einer flachen
Warmfrontwelle, die mit leichten Regenfällen im Tagesverlauf von Frankreich her
nach Süddeutschland zieht. Auch diese Welle wird noch von den vorliegenden
Modellen unterschiedlich simuliert. ICON-EU fährt die progressivste Variante und
lässt die Niederschläge bis zum Abend schon nach Ostbayern ausgreifen, sie von
GFS und IFS (00 UTC) deutlich schwächer simuliert wird und nur dem Südwesten
etwas Regen bringt. Die 12-stündigen Mengen betragen aber auch nach Lesart des
ICON-EU meist weniger als 5 mm, lediglich in den Weststaulagen einiger
Mittelgebirge (Schwarzwald) etwas mehr.
Auch, wenn der Gradient wieder etwas auffächert, was mit einer Windabnahme im
Nordseeumfeld einhergeht, frischt der Wind im Westen und Norden mit Frontpassage
und besser durchmischter Luftmasse etwas auf. Warnrelevante Böen sind - außer an
der Nordsee (Bft 7) bzw. auf dem Brocken (Bft 8) - aber wohl hauptsächlich an
Schauer gekoppelt.
Vor Eintreffen der Warmfrontwelle kann sich vor allem im Süden und generell auch
im Osten zumindest zeitweise die Sonne durchsetzen. Insgesamt wird warme
Biskayaluft ins Vorhersagegebiet geführt, die Temperatur in 850 hPa bewegt sich
zwischen 9 Grad postfrontal im Nordseeumfeld und knapp 15 Grad an den Alpen.
Somit liegen die Höchstwerte zwischen 19 und 24 Grad, mit Sonne können in der
Lausitz und im Südosten Bayerns auch bis zu 27 Grad erreicht werden.

In der Nacht zum Sonntag steilt die südwestliche Höhenströmung über Mitteleuropa
noch etwas auf, mit ihr nach Nordosten geführte kurzwellige Troganteile bieten
dabei vor allem über Frankreich und Benelux, später auch über West- und
Nordwestdeutschland recht markanten Hebungsantrieb, der durch zunehmende KLA nur
teilweise kompensiert werden kann.
Die Kaltfront kommt somit mangels Schubkomponente weiterhin kaum nach Südosten
voran, wobei sie verwellt und sich das Wellentief im Laufe der Nacht von der
Biskaya nach Nordostfrankreich bzw. Belgien, vielleicht sogar schon nach
Westdeutschland verlagert. Mit dem oben erwähnten recht markanten Hebungsantrieb
im Frontbereich intensivieren sich die Niederschläge im Bereich der Welle und
greifen auch auf den Westen bzw. Nordwesten Deutschlands über. Die Zugbahn der
Welle wird noch mit leichten Differenzen behaftet simuliert, die höchsten
RR-Mengen sind aber wohl in den Staulagen der westlichen Mittelgebirge, nach
Lesart des ICON-EU eventuell auch im westlichen NRW zu erwarten. Einige
deterministische Modelläufe simulieren dort gebietsweise mehr als 20 mm in 6
Stunden, die probabilistischen Verfahren springen bisher mit nur sehr geringen
Wahrscheinlichkeiten für Dauer- bzw. Starkregen darauf an.
Im Bereich der Welle bleibt die Luftmasse stabil geschichtet, so dass wohl nicht
mit konvektiven Umlagerungen zu rechnen ist. Weiter nördlich, vor allem im
Nordseeumfeld und in Schleswig-Holstein, kann es dagegen noch einzelne Schauer,
eventuell sogar ein kurzes Gewitter geben.
Der Wind frischt am Südrand der Welle mit deren Übergreifen auf das
Vorhersagegebiet auf, angesichts der stabilen Schichtung ist von warnrelevanten
Böen (Bft 8 aus Südwest) aber wohl vorerst nur in den Kamm- und Gipfellagen
einiger Mittelgebirge auszugehen.
Die Warmfrontwelle über Süddeutschland verlagert sich rasch ostwärts und
schwächt sich ab, so dass die Regenfälle dort aufhören. Dann steht dem Osten und
Süden des Landes eine ruhige Nacht bevor, wobei unklar ist, wie weit der Regen
im Bereich der Welle über die Mitte nach Osten ausgreift. Wenn es dort schon in
der zweiten Nachthälfte regnet, werden die Mengen noch gering sein.

Sonntag ... bleibt das Vorhersagegebiet auf der Vorderseite des umfangreichen
und breiten Höhentroges über West- bzw. Nordwesteuropa mit Drehzentrum weiterhin
knapp nördlich von Schottland. Im Bodenfeld zieht die an einen kurzwelligen
Troganteil gekoppelte Welle bis zum Abend über West- bzw. Norddeutschland hinweg
nordostwärts. An deren Südrand verschärft sich vor allem in den mittleren
Landesteilen der Gradient vorübergehend deutlich, so dass es bis in die
Niederungen Böen Bft 7, vereinzelt auch Bft 8 aus Südwest geben kann, auf
einigen Berggipfeln auch Sturmböen (Bft 9). Nach Abzug der Welle kommt die
Kaltfront aber weiterhin kaum südostwärts voran, sondern verwellt erneut in etwa
über Ostfrankreich. Somit zieht der Regen nordostwärts ab, im Westen setzt mit
Annäherung der neuen Welle aber schon bald wieder Regen ein und weitet sich bis
zum Abend auch in die mittleren Landesteile aus. Mit dem Einschub potenziell
instabiler Luftmasse ist der Regen am Südrand der Welle mehr und mehr konvektiv
durchsetzt und es kann auch einzelne Gewitter (lokal eng begrenzt mit
Starkregen) geben.
Während es postfrontal im Nordwesten im Einflussbereich nur mäßig labil
geschichteter Meeresluft subpolaren Ursprungs (T850 hPa 7 bis 10 Grad) nur noch
einzelne Schauer gibt - vor allem an den Küsten auch kurze Gewitter nicht
ausgeschlossen - wird nach Süd- und Südostdeutschland im Warmsektor sehr warme
bis heiße Subtropikluft advehiert. Die Temperatur in 850 hPa steigt dort auf
Werte zwischen 15 und 20 Grad, Richtung Alpen - wohl föhnunterstützt - auch
knapp darüber. Die Luftmasse dort ist zunehmend labil geschichtet und mit der
Einstrahlung kann auch ML-Cape generiert werden - wieviel, diesbezüglich gehen
die Modelle aber noch deutlich auseinander und ist letztendlich auch abhängig
von der Entwicklung eines Leetiefs am Alpenrand. ICON-EU von 06 UTC hatte eine
solche Entwicklung im Programm und simulierte regional über 2000 J/kg ML-Cape,
der aktuelle Lauf hat diese Entwicklung nur noch abgeschwächt auf der Karte.
Auch die externen Modelle differieren noch ziemlich von Lauf zu Lauf. Das
"extremste" Szenario könnte aber durchaus auf eine Schwergewitterlage im
Südosten hinauslaufen, da auch einiges an hochreichender und mit einer
Bodentiefentwicklung an low Level Shear geboten wäre, das alles bei PPW-Werten
zwischen 25 und 30 mm (ICON-EU von 06 UTC). Nach der aktuellen Version des ICON
(und auch des GFS) stünde aber im Großen und Ganzen wohl lediglich eine markante
Gewitterlage ins Haus.
Während es im Frontbereich in einem breiten Streifen von Südwest nach Nordost
quer über Deutschland hinweg stark bewölkt bleibt, lockern die Wolken
postfrontal im Nordwesten auf. Recht sonnig wird es dagegen präfrontal im
Südosten, eventuell auch noch in der Lausitz. Dort steigen die Temperaturen auf
27 bis 32, vielleicht 33 Grad. Ansonsten werden - je nach Sonne - Höchstwerte
zwischen 19 und 24 Grad erreicht.



Modellvergleich und -einschätzung
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Alle vorliegenden Modelle simulieren im Kurzfristzeitraum eine ähnliche
Wetterentwicklung. Differenzen ergeben sich hinsichtlich der Wellenentwicklungen
im Bereich der schleifenden Kaltfront. Diese können vor allem in der Nacht zum
und am Sonntag auch warnrelevant sein und wurden im Text weiter oben bereits
besprochen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff