DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

05-07-2016 11:00
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 05.07.2016 um 10.30 UTC



Freitag v.a. im Norden einzelne Gewitter, maximal markant. Von Samstag bis
Montag vor allem im Süden kurze Hitzewelle mit zunehmender Wahrscheinlichkeit
für unwetterartige Gewitter.
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Synoptische Entwicklung bis zum Dienstag, den 12.07.2016


Zu Beginn der Mittelfrist - am Freitag - befindet sich Deutschland unterhalb
einer westnordwestlichen Höhenströmung, wobei ein Kurzwellentrog im Tagesverlauf
vor allem den Norden und Ostend es Landes südostwärts überquert. Rückseitig
wölbt sich ein Höhenrücken über Westeuropa auf, der sich am Samstag, 00 UTC über
der Nordsee befindet.
Im Bodenfeld überquert die Kaltfront eines zur mittleren Ostsee ziehenden
Tiefdruckgebietes am Freitag Norddeutschland, in der Nacht zum Samstag noch die
mittleren Landesteile, ehe sie im weiteren Verlauf über Süddeutschland wieder
rückläufig wird.
Die Kaltfrontpassage geht meist mit schauerartigen Regenfällen einher, wobei
auch einzelne kurze Gewitter auftreten können. In der Südhälfte bleibt es
dagegen zunächst meist trocken, wobei sich allerdings vor allem aus den Alpen
heraus zum späten Nachmittag und Abend einzelne kräftige Gewitter entwickeln
können. Insgesamt steht im Süden ein sommerlich warmer Tag ins Haus, während
postfrontal ein Schwall erwärmter Polarluft bzw. subpolarer Meeresluft (T in 850
hPa zwischen 6 und 9 Grad) nach Norddeutschland gelangt.
Am Samstag und in der Nacht zum Sonntag schwenkt der Höhenrücken unter weiterer
Aufwölbung nach Norden über Deutschland hinweg ostwärts. Die Westhälfte gelangt
bereits wieder auf die Vorderseite eines westeuropäischen Troges.
Insgesamt setzt markante WLA ein, die Kaltfront über Süddeutschland geht über in
die Warmfront eines Tiefs nordwestlich von Schottland und überquert Deutschland
nordostwärts. Vor allem im Norden und Osten fällt dabei auch etwas Regen.
Postfrontal gelangt sehr warme und potentiell instabil geschichtete Luft nach
West- und Süddeutschland. Ob es dabei am Abend oder in der Nacht zum Sonntag im
Westen/Südwesten schon für einzelne, dann durchaus kräftige Gewitter reicht, ist
aber noch fraglich. Fakt ist, dass vor allem im Süden und Südwesten die Sonne
scheint und die Temperaturen dort auf gebietsweise über 30 Grad steigen, während
es im Norden und Osten nicht ganz so warm wird und eher bewölkt bleibt.
Am Sonntag befindet sich der Höhenrücken östlich des Vorhersagegebietes und
vorderseitig des breit angelegten Langwellentroges über dem nahen
Nordostatlantik überqueren uns in die südwestliche Höhenströmung eingebettete
Kurzwellentröge.
Das korrespondierende Frontensystem im Bodenfeld befindet sich über
Norddeutschland und kommt unter Wellenbildung zunächst kaum nach Süden voran. In
seinem Einflussbereich gibt es einzelne Schauer und Gewitter, postfrontal
gelangt eine etwas kühlere und vor allem stabiler geschichtete Luftmasse nach
Nordwestdeutschland. Präfrontal verbleiben dagegen weite Teile des Landes
innerhalb einer sehr warmen bis heißen und instabil geschichteten Luftmasse, in
der es im Tagesverlauf zu teils kräftigen Gewittern kommt, die vor allem
nachmittags und abends ohne Probleme auch Unwetterpotential aufweisen dürften.
Während die Höchstwerte im Nordwesten und Norden sich bei etwa 20 bis 25 Grad
einpendeln dürften, wird es in Süddeutschland verbreitet über 30 Grad heiß.
Am Montag kommt die Kaltfront unter Wellenbildung zunächst nur zögernd, in der
Nacht zum Dienstag dann rasch südostwärts voran. Vor allem im Süden und Südosten
steht noch einmal ein heißer Tag ins Haus mit teils schweren Gewittern, während
im Frontbereich eher mit schauerartigen Regenfällen zu rechnen ist und
postfrontal noch mit einzelnen Schauern bei deutlich niedrigeren Temperaturen.
Am Dienstag greift der westeuropäische Langwellentrog auch auf die Nordsee über,
das korrespondierende Bodentief verlagert sich nach Südskandinavien und die
Kaltfront überquert auch den äußersten Südosten des Landes. In der postfrontal
einströmenden mäßig warmen Meeresluft entwickeln sich verbreitet Schauer und
Gewitter, im Südosten kann es im Frontbereich eventuell auch noch länger
anhaltende und mit Gewittern durchsetzte Regenfälle geben.
In der erweiterten Mittelfrist verlagert sich der Langwellentrog nach
Mitteleuropa, so dass weiterhin unbeständige und nur mäßig warme Witterung
dominiert.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Insgesamt kann dem aktuellen Lauf zu Beginn der Mittelfrist eine gute Konsistenz
zu den Vorläufen bescheinigt werden. Der gestrige 00 UTC-Lauf ließ den Trog am
Freitag geringfügig weiter südostwärts ausgreifen als der gestrige 12 UTC- und
der heutige 00 UTC-Lauf.
Der nachfolgende Höhenrücken ist im aktuellen Lauf etwas schwächer ausgeprägt
als bei den beiden Vorgängern.
Insgesamt hat das zur Folge, dass die unbeständige Witterung sich am Freitag
doch wohl eher auf die nördlichen und mittleren Landesteile beschränkt, während
im Süden Hochdruckeinfluss überwiegt mit nur einzelnen, teils kräftigen
Gewittern an den Alpen. Am Samstag bleibt es dann bei deutlich ansteigendem
Temperaturniveau im Norden und Osten leicht unbeständig, während im Süden und
Südwesten wohl ein heißer Tag ins Haus steht.
Ab Sonntag werden die Unterschiede dann größer, vor allem, was Lage und Kontur
des Langwellentroges über Westeuropa angeht. Ähnlich wie der gestrige 00
UTC-Lauf lässt auch der aktuelle Lauf den Trog über Westeuropa etwas nach Süden
ausweiten, während der gestrige 12 UTC-Lauf ein zonaleres Muster auf der Karte
hat. Folglich gelangen vor allem am Sonntag, aber auch noch am Montag der Süden
und die Mitte des Landes in den Einflussbereich sehr warmer bis heißer und
instabil geschichteter Luftmassen, in denen es zu teils unwetterartigen
Gewittern kommen kann bei Höchstwerten über 30 Grad. Nach dem zonaleren Szenario
des gestrigen 12 UTC-Laufs hätte die Kaltfront bereits in der Nacht zum Montag
den Vorhersagebereich überquert und diese Luftmasse verdrängt.
Bis Mittwoch lassen dann alle Läufe den Langwellentrog auf Mitteleuropa
übergreifen
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Im Allgemeinen ähneln die Lösungen der externen Modelle der des aktuellen ECMWF-
Laufes. Am Freitag bestehen noch kleinere Differenzen bzgl. Lage und Ausprägung
des Kurzwellentroges, der vor allem den Norden und Osten Deutschlands überquert.
ICON hat noch immer die antizyklonalste Variante auf der Karte, wenngleich sich
GFS und ECMWF dieser Version etwas angenähert haben. Als Quintessenz steht wohl
im Norden und Osten ein leicht unbeständiger Tag ins Haus, während im Süden und
Südwesten häufiger die Sonne scheint und es meist trocken bleibt.
Das Durchschwenken eines Höhenrückens am Samstag und den kräftigen
Warmlufteinschub vor allem im Süden und in der Mitte bis zum Sonntag zeigen dann
in leicht unterschiedlicher Ausprägung bzw. Ausweitung nach Norden alle Modelle.
Den Höhepunkt der "kurzen" Hitzewelle über Süddeutschland sehen GFS und ECMWF am
Montag, während nach ICON dann bereits die Kaltfront auf Süddeutschland
übergreift und sich nach GEM Südostbayern sogar am Dienstag, 12 UTC noch
unterhalb der 20 Grad-Isotherme befindet. Wie auch immer - es ist recht
wahrscheinlich, dass diese kurze Hitzeperiode mit "Pauken und Trompeten" - also
mancherorts in Form unwetterartiger Gewitter - beendet wird. Ob das bereits am
Sonntag geschieht (ICON) oder erst am Dienstag (GEM in Südostbayern), ist aber
noch unsicher.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Haupt-, Kontrolllauf und die 49 Einzelläufe verteilen sich im Zeitraum 72 bis 96
Stunden auf insgesamt drei Cluster (jeweils 19, 17 und 15 Member), die allesamt
einen flachen Kurzwellentrog am Freitag über Nord- und Ostdeutschland hinweg
schwenken lassen. Die zyklonalste Variante für Mitteleuropa, die auch der
GFS-Lösung ähnelt, hat dabei Cluster 3 auf der Karte, während Cluster 1 -
ähnlich wie ICON - eine recht antizyklonale Variante fährt. Haupt- und
Kontrolllauf befinden sich in Cluster 2.
Im Zeitraum 120 bis 168 Stundenwird nur ein Cluster gezeigt, der Mitteleuropa -
ähnlich wie der deterministische Lauf - unterhalb einer südwestlichen
Höhenströmung zeigt, innerhalb derer kurzwellige Anteile vor allem über West-
und Norddeutschland hinweg nordostwärts geführt werden.
Auch im nächstfolgenden Cluster (192 bis 240 h) verteilen sich die Läufe auf
einen Cluster. Dabei wird - ähnlich wie in den deterministischen Läufen der
meisten vorliegenden globalen Modelle - spätestens zum Mittwoch hin ein
Übergreifen des westeuropäischen Langwellentroges auf Mitteleuropa gezeigt.
Die Rauchfahne Offenbach zeigt ab Freitag einen ansteigenden Trend der
Temperatur in 850 hPa, der am Montag seinen Höhepunkt findet. Dabei verläuft
dieser Anstieg in einem vor allem ab Sonntagmittag deutlich breiter werdenden
Spread. Einige Einzellösungen simulieren den Kaltfrontdurchgang wohl bereits in
der Nacht zum Montag, andere erst am Dienstagabend bzw. in der Nacht zum
Mittwoch. Am Dienstag, 00 UTC bewegt sich der Spread der 850 hPa Temperatur
zwischen 6 und 20 Grad. Insgesamt weisen aber alle Member einen deutlichen
Abwärtstrend spätestens am Mittwoch auf, wobei der Spread dann wieder deutlich
enger wird.
Ab Montag nehmen auch die Niederschlagssignale deutlich zu.
Ein ähnliches Bild ist im ENS-Diagramm des GFS für Frankfurt erkennbar. Der
Höhepunkt der "Hitzewelle" ist dort aber ein klein wenig nach hinten verschoben.

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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Am Freitag stehen als warnwürdiges Element im Norden und Nordosten wohl
vereinzelte Gewitter auf der Karte, die aber maximal markant ausfallen dürften.
Mit geringerer Wahrscheinlichkeit könnte es auch an den Alpen einzelne kräftige
Gewitter geben. In den probabilistischen Verfahren tauchen allerdings kaum
Hinweise darauf auf.
COSMO-LEPS und ECMWF-EPS dann zeigen am Samstag und Sonntag geringe
Wahrscheinlichkeiten für stürmische Böen Bft. 8 im Nordwesten, insbesondere im
Nordseeumfeld.
Ab Samstag nimmt dann im Süden und Südwesten die Wahrscheinlichkeit für kräftige
Gewitter allmählich zu, wobei am Sonntag und vor allem am Montag bis in die
mittleren Landesteile auch unwetterartige Entwicklungen möglich sind. ECMWF-EPS
zeigt dann auch die höchsten Wahrscheinlichkeiten für eine ML-Cape von über 1500
J/kg in Süddeutschland. Zum Dienstag hin nehmen due Wahrscheinlichkeiten für
unwetterartige Gewitter dann von Nordwesten her auch im Süden wieder deutlich
ab.

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Basis für Mittelfristvorhersage
ECMWF-EPS, MOSMIX und die gestern proklamierte Prise Bauchgefühl gilt auch für
den Verfasser der heutigen Übersicht.
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Winninghoff