DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

14-08-2019 17:01
SXEU31 DWAV 141800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 14.08.2019 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
West zyklonal: Am Donnerstag Schauer und Gewitter, auf den Bergen Sturmböen,
Freitag Zwischenhocheinfluss, am Wochenende erneut Durchzug eines
Frontensystems.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 12 UTC
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Aktuell ... befindet sich das Vorhersagegebiet unterhalb einer recht kräftigen
und nur leicht mäandrierenden zonalen Höhenströmung. Darin eingebettet, schwenkt
ein flacher Höhenrücken rasch über Deutschland hinweg ostwärts. Von den
Britischen Inseln her nähert sich ein Kurzwellentrog, der zunächst noch ziemlich
flott vorankommt, dann aber mit beginnender Amplifizierung eingebremst wird (die
zur Verfügung stehende Energie wird zunehmend in die Amplifizierung statt in die
Translation gesteckt) und morgens auf die westliche Nordsee übergreift.
Das mit dem KW-Trog korrespondierende Bodentief befindet sich aktuell noch knapp
westlich der Hebriden und zieht bis Donnerstagfrüh zur nordwestlichen Nordsee.
Dessen teilokkludiertes Frontensystem erreicht morgens die Deutsche Bucht und
Benelux. Die frontalen Hebungsprozesse überlappen gut mit dem
trogvorderseitigen, durch WLA induzierten dynamischen Hebungsantrieb. Im Vorfeld
der Front beginnt es im Westen und Nordwesten bereits in der ersten Nachthälfte
mit meist leichter, teilweise aber auch mäßiger Intensität zu regnen. Bis zum
Morgen erreichen die nun allmählich schwächer werdenden Regenfälle auch die
Mitte des Landes und weiten sich etwas nach Süden aus. Von Westen nehmen die
Niederschläge mit zunehmendem Hebungsantrieb und ebenfalls zunehmender Labilität
vor allem in der mittleren Troposphäre (in 850 hPa ist die WLA etwas stärker
ausgeprägt als in 500 hPa) bereits präfrontal im Laufe der zweiten Nachthälfte
vermehrt konvektiven Charakter an. Ob das Ganze dann auch schon für einzelne
Gewitter Marke "Warmlufteinschubgewitter" reicht, ist aber fraglich. C-D2
simuliert morgens etwa 100 bis 200 J/kg MU-Cape und entsprechend hat das Modell
im Nordwesten auch gar nicht so wenige Gewitter auf der Agenda, andere
Konvektion erlaubende Modelle ziehen da aber nicht mit.
Die simulierten RR-Mengen bewegen sich ansonsten mit 1 bis 5 mm, im Nordwesten
mehr, in schauerartigen Verstärkungen gebietsweise über 10 mm in 12 Stunden
unterhalb der Warnschwellen. Einige Konvektion erlaubenden Modelle haben im
Nordwesten lokal eng begrenzt - ob mit (C-D2) oder ohne (EURO4) Gewitter - mehr
als 20 mm in 6 Stunden auf der Karte.
Mit Annäherung des Frontensystems verschärft sich der Gradient und mit
Rückdrehen auf Süd frischt der Wind im Nordwesten auf. Im Nordseeumfeld reicht
es für steife Böen (Bft 7), auf Helgoland vielleicht auch für stürmische Böen
(Bft 8). Auch auf dem Brocken gibt es zunehmend stürmische Böen oder Sturmböen
(Bft 8 bis 9).
Im Osten und Süden bekommt man wenig mit von dem frontalen Geschehen. Dort
bleibt es noch längere Zeit gering bewölkt oder klar, erst in der zweiten
Nachthälfte und morgens ziehen auch dort Wolkenfelder auf. Entsprechend bewegen
sich die Tiefstwerte zwischen relativ milden 16 und 12 Grad im Westen und Norden
bzw. frischen 11 und 5 Grad im Süden und Osten.

Donnerstag ... setzt sich die Amplifizierung des Kurzwellentroges zunächst noch
fort, weshalb er einerseits nur zögernd nach Osten vorankommt, sich andererseits
aber auch die Krümmung auf dessen Vorderseite noch etwas verschärft, so dass
trotz abnehmender WLA bzw. beginnender KLA aufgrund von PVA weiterhin
dynamischer Hebungsantrieb geboten ist. Erst zum Abend hin greift er auf den
äußersten Westen des Landes über.
Das okkludierte Frontensystem des über die mittlere Nordsee Richtung Skagerrak
ziehenden und sich zunächst kaum auffüllenden Tiefs überquert im Tagesverlauf
Deutschland ostwärts. Ihm folgt mit Winddrehung auf Südwest bis West erwärmte
subpolare Meeresluft (T850 hPa um 9 Grad), die vorübergehend hochreichend labil
geschichtet ist. Die Niederschläge unmittelbar vor oder im Frontbereich
zerbröseln mehr und mehr, postfrontal folgen aber relativ rasch und recht
verbreitet Schauer und auch kurze Gewitter. Dazwischen lockern die Wolken auf,
so dass innerhalb der gut durchmischten Luftmasse mit etwas Einstrahlung etwa
200 bis 600 J/kg ML-Cape generiert werden können bei PPW-Werten zwischen 25 und
30 mm. Das genügt für überwiegend markante Begleiterscheinungen der Gewitter in
Form von Starkregen, kleinkörnigem Hagel und auch steifen bis stürmischen Böen.
Bei Oberwinden um 25 bis 30 kn in 850 hPa und unter Berücksichtigung der
Verdunstungsabkühlung kann es innerhalb kräftigerer Entwicklungen lokal eng
begrenzt auch Sturmböen geben. Mangelnde hochreichende Scherung lässt
organisierte Strukturen allerdings eher unwahrscheinlich erscheinen. Am späten
Nachmittag und Abend wird in den Nordwesten Deutschlands dann eine
niedertroposphärisch etwas kühlere (T 850 hPa um 7 Grad) und damit stabilere
Luftmasse eingesteuert, so dass dort die Schauertätigkeit beginnt nachzulassen.
Der Wind weht an der Südflanke des Tiefs weiterhin lebhaft, dennoch reicht es
außerhalb der Schauer und Gewitter zumindest im Binnenland nur selten für
warnrelevante Böen (Bft 7). Im Bereich der südlichen Nordsee ist das dagegen
häufiger der Fall und in den Kamm- bzw. Gipfellagen der Mittelgebirge sowie der
Alpen gibt es stürmische Böen oder Sturmböen.
Die Sonne zeigt sich am häufigsten wohl von der Lausitz bis nach Bayern, später
dann auch im Südwesten sowie im Nordseeumfeld. Die Höchstwerte bewegen sich
zwischen 19 und 24 Grad, mit Sonne in der Lausitz auch knapp darüber.

In der Nacht zum Freitag schwenkt der kurzwellige Höhentrog allmählich über
Deutschland hinweg ostwärts. Vor allem über Süddeutschland steht vorderseitig
innerhalb der diffluenten Höhenströmung aufgrund kräftiger PVA im Bereich eines
IPV-Maximums nochmals vorübergehend markanter dynamischer Hebungsantrieb zur
Verfügung, der im Laufe der ersten Nachthälfte dort zur Verstärkung der
konvektiven Niederschläge in erster Linie im Süden und Osten von BaWü sowie in
Bayern führt. Vor allem C-D2 (von 03 UTC) und EURO4 deuten das auch in den
RR-Prognosen an, EURO4 (06 UTC-Lauf) hat auch Signale für Starkregen vor allem
in Mittelfranken auf der Agenda, SuperHD zeigt dagegen kaum Signale für eine
verstärkte konvektive Aktivität. Im Laufe der zweiten Nachthälfte und morgens
klingen dann allerdings auch im Südosten dort die Schauer allmählich ab.
Im übrigen Land gelangt von Westnordwest her eine niedertroposphärisch etwas
kühlere, trockenere und auch stabiler geschichtete Luftmasse ins
Vorhersagegebiet. Ein Azorenhochkeil schiebt sich dabei wieder nach West- und
Südwestdeutschland. Somit klingen die Schauer und Gewitter rasch ab, lediglich
über den Küstengewässern von Nord- und Ostsee bietet die diabatische Komponente
noch genügend Labilität für einzelne Schauer und eventuell sogar für kurze
Gewitter.
Die Wolken lockern aber auch im Westen und Südwesten unterhalb einer sich
verstärkenden Absinkinversion nur zögernd auf, dort, wo es gering bewölkt ist,
kann sich Nebel bilden. Das Bodentief zieht über den Skagerrak hinweg zum
Kattegat, so dass sich im Bereich der Deutschen Bucht der Gradient vorübergehend
verschärft und es im Nordseeumfeld vermehrt steife, vereinzelt auch stürmische
Böen aus Nordwest gibt. Ausgangs der Nacht flaut der Wind, wie schon vorher in
den übrigen Gebieten, aber wieder ab.

Freitag ... zieht der sich noch etwas intensivierende Höhentrog allmählich
ostwärts ab. Ihm folgt ein flacher Höhenrücken, der gestützt wird durch kräftige
WLA vorderseitig eines kräftigen und hochreichenden Tiefdruckgebietes (Kerndruck
des Bodentiefs um 980 hPa) südlich von Island. Bereits am Abend erreicht die
Achse des Rückens den Osten des Vorhersagegebietes.
Im Bodenfeld verstärkt sich der Azorenhochkeil zunächst noch etwas und weitet
sich nach Osten aus, ehe im Nordwesten am Nachmittag und Abend wieder Druckfall
einsetzt.
Somit steht ein wettertechnisch weitgehend ruhiger Tag ins Haus. Vor allem im
Ostseeumfeld, aber auch in den östlichen Mittelgebirgen ist die Labilität
anfangs vielleicht noch hochreichend genug für einzelne kurze Schauer, eventuell
sogar mit Blitz und Donner. Ansonsten breiten sich die Quellwolken, die sich mit
der Einstrahlung im Tagesverlauf innerhalb der labilen Grundschicht bilden, im
Bereich der Absinkinversion in 850 bis 700 hPa eher horizontal aus und
verhindern vielerorts einen überwiegend sonnigen Tag. Erst zum Nachmittag und
Abend hin und vor allem im Südwesten zeigt auch die SC Cugen-Bewölkung vermehrt
Auflösungstendenzen. Dann ziehen von Westen her aber bereits vermehrt hohe und
eventuell auch schon mittelhohe Wolken auf, die der WLA geschuldet sind.
Von Südwesten wird wieder etwas wärmere Luft aus dem Biskayaraum nach
Deutschland advehiert, die Temperatur in 850 hPa steigt bis zum Abend auf Werte
zwischen 7 Grad im Norden und 13 Grad in Südbaden. Die Höchsttemperaturen
erreichen somit, je nach Sonne, Werte zwischen 20 und 26 Grad, in Südbaden
vielleicht sogar schon etwas darüber.

In der Nacht zum Samstag schwenkt der Höhenrücken rasch weiter nach Osten und
Deutschland gelangt auf die Vorderseite des hochreichenden Zentraltiefs, welches
sein Drehzentrum vom Seegebiet südlich Islands nur wenig nach Osten verlagert,
sich aber ostwärts ausweitet.
Die Warmfront des Bodentiefs greift im Laufe der Nacht auf die Nordsee und
später auch auf Nordwestdeutschland über. Die sich verstärkende WLA bietet recht
großflächig Hebungsantrieb, der im Vorfeld der Front durch PVA noch etwas
verstärkt wird. Somit setzen im Laufe der Nacht im Nordwesten leichte Regenfälle
ein, die sich bis Freitagfrüh etwa bis zu einer Linie Eifel - Westmecklenburg
ausweiten. Dabei fallen allerdings meist weniger als 5 mm, lediglich im
Nordseeumfeld können es gebietsweise etwas mehr sein.
Mit Annäherung der Front verschärft sich der Druckgradient über dem Nordwesten
Deutschlands und der Wind frischt aus Süd bis Südwest auf. Im Nordseeumfeld gibt
es morgens recht verbreitet Böen Bft 7, vereinzelt auch Bft 8, in den Kamm- und
Gipfellagen einiger Mittelgebirge im Westen und in der Mitte des Landes
ebenfalls Böen Bft 8, auf dem Brocken eventuell auch erste Sturmböen (Bft 9).
Ansonsten verläuft die Nacht wettertechnisch ruhig und im Südosten auch noch
längere Zeit aufgelockert bis gering bewölkt. Während es im Nordwesten mit
Minima von teils über 15 Grad recht mild bleibt, kühlt es in Tallagen
Süddeutschlands auf einstellige Werte ab.

Samstag ... weitet sich der vom hochreichenden Zentraltief südlich von Island,
dass sein Drehzentrum ein wenig südwärts verlagert, im Tagesverlauf etwas nach
Süden aus und wird durch einen von Nordwesten hereinlaufenden kurzwelligen
Anteil regeneriert. Das Bodentief hat aufgrund achsensenkrechter Exposition zum
Höhentief den Höhepunkt seiner Entwicklung überschritten, füllt sich zunächst
kaum auf und bleibt quasistationär. Die Warmfront überquert Norddeutschland
ostwärts, die Kaltfront kommt mangels Schubkomponente kaum nach Osten voran,
verwellt über Frankreich und erreicht erst am späten Nachmittag bzw. Abend den
Nordwesten/Westen Deutschlands. Sie wird dort von KLA überlaufen, was den
frontalen Hebungsantrieb dämpft, erst im Bereich der Welle wird wieder deutlich
markantere Hebung simuliert. Somit ziehen die Niederschläge der Warmfront rasch
über den Norden und die Mitte des Landes ostwärts. Im Laufe des Mittags und des
Nachmittags setzen dann mit Annäherung der Kaltfront im Nordwesten erneut
schauerartige Niederschläge ein, die aber zunächst kaum nach Osten vorankommen.
Die Luftmasse im Vorfeld der Kaltfront ist leicht labil geschichtet, dazu werden
einige 100 J/kg ML-Cape generiert, so dass es auch einzelne Gewitter geben kann.

In der Mitte bleibt es nach Abzug des Warmfrontregens überwiegend bewölkt, nach
Süden zu scheint dagegen im Warnsektor häufig die Sonne, vor allem Richtung
Alpen, dort bleibt es trocken. Gegen Abend setzen dann mit Annäherung der Welle
von Frankreich her im Westen/Südwesten leichte Regenfälle ein.
Von Warnrelevanz bleibt der Wind. Im Nordseeumfeld gibt es Böen Bft 7, exponiert
8 aus Südwest, auch im Westen kann es in exponierten Lagen steife Böen (Bft 7)
geben. Auf den Bergen muss mit stürmischen Böen, exponiert mit Sturmböen
gerechnet werden. Mit Annäherung der Welle fächert der Gradient am Nachmittag
und Abend allerdings wieder etwas auf und der Wind nimmt tendenziell ab.
Im Warmsektor gelangt warme Luft aus dem Biskayaraum bzw. auch Südwesteuropa vor
allem in die Mitte und in den Süden Deutschlands. Die Temperatur in 850 hPa
steigt auf Werte zwischen 11 Grad im Nordwesten und 16 bis 17 Grad an den Alpen.
Unter den oft dichten Wolken im Norden und Westen werden somit Höchstwerte
zwischen 19 und 24 Grad erreicht, im Süden und Osten wird es mit 24 bis 28 Grad,
stellenweise auch bis an die 30 Grad hochsommerlich warm.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die großräumige Wetterentwicklung wird im Kurzfristzeitraum von allen Modellen
sehr ähnlich simuliert. Wie fast immer bei konvektiven Wetterlagen ergeben sich
Unterschiede im Detail.
Für die kommende Nacht simuliert C-D2 - im Gegensatz zu den anderen, Konvektion
erlaubenden Modellen - eine auffällig, vielleicht auch übertrieben hohe
Gewitteraktivität im präfrontalen Bereich über Westdeutschland. Vereinzelte
Warmlufteinschubgewitter erscheinen aber durchaus plausibel und sollten ins
Kalkül gezogen werden.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff