DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

05-07-2016 09:00
SXEU31 DWAV 050800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 05.07.2016 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Wz

Im Norden und Nordosten stark auffrischender Westwind mit stürmischen Böen, an
den Küsten und im Bergland vor allem abends und nachts schwere Sturmböen
möglich, vereinzelt orkanartige Böen nicht ausgeschlossen. Dazu im Norden und
Richtung Alpen Gewitter mit Starkregen und Sturmböen. Am Mittwoch im Nordosten
weiter stürmische Böen oder Sturmböen, sonst Wetterberuhigung.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 24 UTC
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Dienstag... liegen wir in einer zyklonalen westlichen Strömung. Dabei überquert
ein erster flacher KW Trog begleitet von einigen Schauern über Sachsen aktuell
Deutschland ostwärts; ein weiterer folgt im Tagesverlauf über die Nordsee nach.
Das zugehörige Tief im Bodendruckfeld zieht unter Intensivierung über die
Nordsee und Jütland ostwärts, dessen Ausläufer erfassen uns von Nordwesten her.
Dabei nimmt der Gradient deutlich zu, so dass der westliche Wind im Tagesverlauf
im Norden und Westen stark böig auffrischt mit Böen Bft 7 bis 8. An der See und
im westlichen Bergland sind später Böen Bft 8 bis 9 möglich.

Bei Zufuhr feuchter Atlantikluft und mit durch die Trogannäherung ausgelöster
dynamischer Hebung und Labilisierung werden insbesondere im Norden und Nordosten
teils gewittrige Schauer ausgelöst, örtlich mit stürmischen Böen oder Sturmböen.
Besonders in der sich präfrontal über dem Nordosten und Osten ausbildenden
Tiefdruckrinne dürfte die
Konvektion am stärksten sein.

Auch in Alpennähe können sich nachmittags und abends lokale Gewitter entwickeln.
Die CAPE-Werte erreichen im Nordosten sowie an den Alpen Werte von 300 bis 500
J/Kg, wobei dort örtlich Starkregen und kleiner Hagel möglich erscheinen.
Starkregen sollte aber aufgrund der relativ hohen Zuggeschwindigkeiten eher die
Ausnahme bleiben. Die Modelle sind auch vergleichsweise zurückhaltend.
Die höchsten 12h-Niederschlagssummen in der Fläche werden dort simuliert, wo der
dynamische Hebungsantrieb am größten ist, nämlich im Norden und Nordosten, ICON,
Cos-EU und EZMW liefern etwa 10 bis 15 mm/12h.

Präfrontal verstärkt sich im Süden und Südosten die Zufuhr wärmerer Luft mit
Höchstwerten von 24 bis 28 Grad, während in der im Nordwesten postfrontal
einfließenden maritimen Polarluft nur um 20 Grad erreicht werden.

In der Nacht zu Mittwoch zieht dann sehr rasch von der Nordsee unter
Verschärfung ein neuer markanter Trog heran, der zu einer weiteren Vertiefung
des dann über Südskandinavien angelangten Tiefs führt. An dessen Westflanke
verschärft sich mit einem Bodentrog der Gradient noch mehr, wobei dann
insbesondere das Küstengebiet, später auch das nordostdeutsche Binnenland von
stürmischen Böen erfasst werden, an der See auch Sturmböen Bft 9. Mit dem
nächsten Trog, der nachts von Jütland kommend über das Küstengebiet nach Osten
bis Südosten schwenkt kommen dann wieder vermehrt Schauer und Gewitter auf,
wobei Sturmböen, teils schwer zu erwarten sind. Vereinzelt sind orkanartige Böen
nicht ausgeschlossen, C DE EPS und PEPS mit geringen Wahrscheinlichkeiten.



Mittwoch... beeinflusst das Wind- und Sturmfeld an der Südwestflanke des über
die Ostsee zum Baltikum abziehenden Tiefs noch längere Zeit den Norden und
Nordosten mit verbreitet starken bis stürmischen Böen, auch im Binnenland. An
der Ostsee sind auch Sturmböen Bft 9, auf exponierten Berggipfeln
Ostdeutschlands und an der Ostsee anfangs auch Bft 10 möglich. Die
Gradientabnahme wird zunächst durch den Tagesgang kompensiert, erst zum Abend
lassen dann auch an der Ostsee und ganz im Nordosten die Böen nach.

Nach Südwesten hin ist der Gradient schwächer, so dass südwestlich einer Linie
Oberpfalz - Weser nur örtlich steife Windböen auftreten sollten.
Nahe dem über der Ostseeküste abtropfenden Trog stehen zunächst noch häufiger
Regenschauer auf dem Programm. Die Labilität nimmt ab, anfangs sind aber
Richtung Ostsee auch noch kurze Gewitter möglich. Warnwürdige
Niederschlagsmengen sind unwahrscheinlich.
Nach Südwesten hin ist die Schaueraktivität stark abgeschwächt oder kaum
vorhanden, bedingt durch den nachrückenden Höhenkeil.
Bei Zufuhr maritimer Polarluft werden im Norden teilweise nur auf 17-18 Grad
Höchsttemperatur erreicht, im Süden hingegen kann sich die kühlere Luft nicht
vollständig durchsetzen, so dass dort 20 bis 24 Grad erreicht werden, am
Oberrhein vielleicht sogar noch etwas mehr.

Die Nacht zu Donnerstag bringt vor allem dem Nordosten noch stark böigen Wind,
der dann aber von Südwesten her allmählich abflaut. An der Ostsee sind zunächst
noch stürmische Böen zu erwarten. Dem abziehenden Trog folgt von Westen ein
markanter Rücken, von Benelux schiebt sich im Bodendruckfeld eine Hochzelle
herein. Bei Aufklaren kühlt sich die Luft vor allem in der Mitte auf einstellige
Werte ab!


Donnerstag... steht ganz im Zeichen des von Westen hereinschwenkenden Rückens,
wobei sich auch am Boden eine langestreckte, zonale orientierte Hochdruckzone
aufbaut, die große Teile des Landes überdeckt. Durch Absinken, nach Norden hin
durch Warmluftadvektion steigen die Temperaturen wieder an.

Bei kräftiger Einstrahlung steigen die Temperaturen in der Südhälfte und im
Westen verbreitet wieder auf sommerliche Werte um oder über 25 Grad. Am
Oberrhein sind auch 30 Grad möglich.

Der Norden verbleibt am Rand der Frontalzone und wird von Tiefausläufern
gestreift, die dort starke Bewölkung, aber nur wenig Regen bringen. Dafür ist
dort noch etwas Gradient zu finden, der an den Küsten starke, vereinzelt
stürmische Böen möglich erscheinen lässt, bevor im Tagesverlauf der Gradient
auch dort aufweicht und der Wind nachlässt. Sonst spielt der meist schwache,
tagsüber etwas auflebende Wind kaum eine Rolle.

In der Nacht auf Freitag dringt eine Kaltfront schleifend in den Norden ein,
verbunden mit teils schauerartigem Regen. Sonst bleibt es ruhig mit nach Süden
hin geringer Bewölkung.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren grundsätzlich ähnlich. Unterschiede gibt es in Details.
Die Windzunahme im Norden wird unisono gebracht. In den probabilistischen
Verfahren werden vor allem nachts an der Ostsee Signale für orkanartige Böen
gezeigt; falls sich dies bestätigt, kann man vor schweren Sturmböen warnen und
exponiert 11er Böen zulassen. Die Passage der Kaltfront wird von den deutschen
Modellen im Südwesten "ohne Wetter" simuliert, ein paar Schauer sollten aber
möglich sein. Der starke Wind dürfte sich am Mittwoch tagsüber im Nordosten noch
längere Zeit halten und erst in der Nacht zum Donnerstag abflauen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner