DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

06-08-2019 11:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 06.08.2019 um 10.30 UTC



Wechselhaft mit Kaltfrontdurchgängen und Zwischenhochs, dabei relativ warm.
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Synoptische Entwicklung bis zum Dienstag, den 13.08.2019


Zu Beginn des mittelfristigen Prognosezeitraums am kommenden Freitag weist die
großräumige Strömung ein stark mäandrierendes Muster auf. Ein Hauptdarsteller
dieser Konstellation ist ein hochreichendes Sturmtief knapp west-südwestlich
Irlands (Kerndruck vorübergehend unter 985 hPa, was für den Hochsommer in
unseren Breiten ´ne fette Duftmarke ist), das sich im Schongang in Richtung UK
orientiert. Vorderseitig des bis vor die Iberische Halbinsel ausgreifenden
Höhentrogs hat sich ein Rücken aufgewölbt, der wiederum ein flaches Bodenhoch
(etwas über 1015 hPa) stützt. Es handelt sich um ein klassisches Zwischenhoch,
das bereits am Donnerstag dem Vorhersageraum eine Wetterberuhigung beschert,
dafür im Laufe des Freitags aber auch schon wieder in Richtung östliches
Mitteleuropa gehen muss. Von Westen her greift WLA in den ebenfalls leicht
progressiven Rücken über, die die Annäherung einer Warmfront ankündigt. So nimmt
die Bewölkung im Westen und Nordwesten stetig zu, was im Tagesverlauf in
leichten Regen skaliger Natur mündet. Im großen Rest des Landes sorgt das
scheidende Zwischenhoch für einen trockenen, sonnenscheinreichen und sehr warmen
bis heißen Freitag (T850 steigt im Süden vorübergehend auf bis zu 18°C).

Zum Samstag hin kommt es dann wie es kommen muss. Das Tief überquert Schottland
und erreicht die nördliche Nordsee, von wo aus es Südnorwegen ansteuert. Wenn es
auch ein paar Pfunde zulegt, der Kerndruck verbleibt noch längere Zeit unter
1000 hPa. Wichtiger als der BMI des Tiefs ist aber die Tatsache, dass bereits in
der Nacht zum Samstag die zugehörige Kaltfront den Westen Deutschlands erreicht,
um von dort im Tagesverlauf ost-südostwärts zu schwenken. Ziel sind die Alpen,
die trotz des samstags obligatorisch hohen Verkehrsaufkommens wahrscheinlich
noch am gleichen Tag erreicht werden. Allerdings könnte es im Süden zu einer
kleinen Verzögerung kommen, da die Front aufgrund ihrer zunehmend
höhenströmungsparallelen Exposition ins Schleifen gerät.
Fakt ist, dass die Luftmasse im Vorhersageraum ausgetauscht wird: die präfrontal
angezapfte potenziell instabile Subtropikluft (=> hohe Gewitterneigung mit und
vor Frontdurchgang) wird postfrontal durch einen Schwall nicht wirklich
frischer, sondern eher warmer Atlantikluft ersetzt (T850 um 24 UTC zwischen 8°C
an der Nordsee und 13°C im höheren Alpenvorland), in der sich im Westen und
Norden mit Hilfe eines nordostwärts schwenkenden kurzwelligen Höhentrogs
einzelne Schauer oder Gewitter entwickeln können.

Kommen wir zum Sonntag, der abermals im Zeichen von Zwischenhocheinfluss steht.
Im Zuge einer markanten Austrogung über dem nahen Ostatlantik wölbt sich über
Mitteleuropa ein breiter Höhenrücken mit allerdings geringer Amplitude auf. Er
stützt eine sich zonal ausbildende Bodenhochdruckzone, die sich zwischen dem
über Norwegen nordwärts abziehenden Tief (das mit dem BMI) und einer Neubildung
über der Iberischen Halbinsel über weite Teile Mitteleuropa legt. Über
Süddeutschland zeichnet sich zumindest vorübergehend sogar eine eigenständige
Hochparzelle mit etwas über 1020 hPa ab. Trotzdem sind am Alpenrand anfangs noch
ein paar Tropfen drin (Reste der Front) und auch im äußersten Norden können ein
paar schwache Schauer nicht ausgeschlossen werden. Im größten Teil des Landes
sollte der Sonntag aber trocken über die Bühne gehen bei einem zunehmend starken
Süd-Nord-Temperaturgefälle (T850 am Abend zwischen 7°C an der Grenze zu Dänemark
und bis zu 19°C).

Zu Beginn der neuen Woche verkürzt sich der Abstand zwischen dem geringfügig
ostwärts schwenkenden Trog und dem sich noch amplifizierenden Rücken über
Mitteleuropa. Die süd-südwestliche Höhenströmung dazwischen steilt mächtig auf
und steuert das "iberische" Bodentief unter Intensivierung via Westfrankreich
zur Nordsee - eine Zugbahn, die nicht allzu häufig bedient wird. Vorderseitig
des Tiefs wird eine richtig fette Portion Heißluft über die Alpen nordwärts
gesteuert, die die 850-hPa-Temperatur bei uns - Achtung, festhalten - bis
Montagabend auf rund 15°C an der Küste und bis zu 26°C m südlichen Oberbayern
hochprügelt - heidewitzka. In der Nacht zum Dienstag ist hat sich der
Hitzeeinschub aber schon wieder erledigt, nicht etwa, weil die Sonne untergeht,
nein, weil die nächste Kaltfront durchschwenkt. Sie dürfte Deutschland am Morgen
weitgehend überquert haben (außer vielleicht der äußerste Osten und Südosten),
was natürlich nicht ohne Pauken und Trompeten (Schwergewitter) vonstattengeht.
Auf alle Fälle fällt der Luftmassenwechsel dieses Mal deutlich veritabler aus
als am Samstag, bis Dienstagmittag sinkt die 850-hPa-Temperatur in der frisch
einfließenden Meeresluft auf 10 bis 5°C. Der KLA folgend steigt der Luftdruck
und bringt weite Teile des Vorhersagegebietes in den Genuss eines von Westen
vorstoßenden Azorenhochkeils. Der Norden allerdings hängt noch ein wenig am
Tropf des von der Nordsee nach Norwegen ziehenden Tiefs (Kerndruck um 12 UTC
knapp unter 990 hPa).

In der erweiterten Mittelfrist ab Mittwoch deutet sich eine nach Nordwesten hin
eher zyklonale, im Südosten eher antizyklonale Südwestlage an.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Bis zum kommenden Sonntag zeigen die jüngsten Läufe von IFS (ECMF) eine gute
Übereinstimmung. Zwar wird die für Samstag avisierte Kaltfrontpassage heute
etwas schneller simuliert als gestern, eine grundlegende Änderung der Vorhersage
ist dadurch aber nicht erforderlich.
Ab Montag nehmen die Unterschiede in den Basisfeldern zwar zu, es deutet sich
aber ein neuerlicher Kaltfrontdurchgang an. Dieser wurde in zurückliegenden
Läufen bereits für den Montag gerechnet, die heutige 00-UTC-Version sieht die
Passage erst in der Nacht zum Dienstag bzw. am Dienstagvormittag - mit der
Konsequenz eines in weiten Landesteilen trockenen und vor allem sehr warmen
respektive (sehr) heißen Wochenstarts.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Ähnlich wie bei der Konsistenzbetrachtung gilt auch beim Modellvergleich, dass
bis zum kommenden Sonntag weitgehend Einigkeit herrscht unter den "Big Five"
(IFS, ICON, GFS, GEM, UKMO). Kleine Unschärfen betreffen u.a. das Timing der an
der Entwicklung beteiligten synoptischen Systeme oder aber die
Niederschlagsprognose. Kennt man alles, ist völlig normal, bringt aber keine
grundlegend neuen Ideen auf´s Papier.
Ab Montag nehmen die Unterschiede zwar zu, das Szenario einer bevorstehenden
neuerlichen Kaltfrontpassage haben aber alle Modelle im Portfolio. Die
"krassesten" Lösungen bieten IFS und GFS an, die beide das im Hauptteil
beschriebene, über Frankreich zur Nordsee ziehende Bodentief simulieren. Der
Durchgang der Kaltfront erfolgt hierbei nahezu orthogonal zur Strömung und somit
mit ordentlich Schmackes, während z.B. ICON einen eher seichten, schleifenden
Prozess von Nordwesten her signalisiert.

FAZIT: Bis Sonntag steht die Vorhersage auf sehr soliden deterministischen
Füßen. Danach wird es etwas wackelig, ohne dass aber die grundlegende
Ausrichtung in Frage steht.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Bei so viel Einigkeit zwischen den Modellen verwundert es nicht unbedingt, dass
auch die Ensembles zumindest im ersten Teil des Vorhersagezeitraums nur eine
geringe Streuung aufweisen. Gut zu erkennen ist das einmal mehr auf den
IFS-EPS-Rauchfahnen (die Kollegen von GFS-EPS sehen übrigens sehr ähnlich aus)
verschiedener deutscher Städte, die eigentlich erst am Montag anfangen zu
spreizen. Am frappierendsten gestaltet sich dabei der Verlauf der
850-hPa-Temperatur am Montag selbst, die einen auffallenden Zacken nach oben
zeigt. Der Hauptlauf markiert dabei in allen Regionen den oberen Rand der
Kurvenschar, die meisten Ensembles lassen es nicht so heiß werden. Nach dem dann
folgenden Kaltfrontdurchgang - wie immer er auch aussehen mag - deutet sich ein
wechselhafter Witterungsabschnitt auf noch nicht klar definiertem
Temperaturniveau an.
Bei der EPS-Clusterung wird bis 168 h (Dienstag) jeweils nur ein einziges
Cluster angeboten. Erst ab Mittwoch (T+192...240 h) erhöht sich die Zahl auf drei
(19 Fälle, 17 + HL/KL, 15). CL 1 lässt den Trog von West- auf Mitteleuropa
übergreifen (=> eher etwas kühler und wechselhaft), wohingegen CL 2 und 3 eine
glatte West- oder Südwestströmung favorisieren (auch wechselhaft, aber milder).


FAZIT: Die Ensembles stützen im Wesentlichen die deterministische Prognose. Am
Montag wird es wahrscheinlich nicht so heiß wie von IFS_det gerechnet, was
wünschenswert wäre.

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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Die Signale der Numerik, insbesondere der probabilistischen, für signifikante
Wettererscheinungen sind eher gering. Gleichwohl muss bei den jeweils
anstehenden Kaltfrontdurchgängen mit kräftigen Gewittern bis in den
Unwetterbereich, im Falle möglichen Schleifens auch mit nicht-gewittrigem
Starkregen gerechnet werden.
Hinzu kommt am Wochenende eine latente Gefahr von Böen 8 (9) Bft an der Küste.

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Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-IFS mit IFS-EPS.
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Hoffmann