DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

05-08-2019 17:01
SXEU31 DWAV 051800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 05.08.2019 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Am Dienstag und Mittwoch vor allem ab der Mitte südwärts teils kräftige
Gewitter, im Süden mit erhöhtem Unwetterpotenzial. Im Bereich einer
schleifenden, nur langsam südwärts ziehenden Kaltfront auch mehrstündiger
Starkregen möglich.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 12 UTC
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Aktuell ... hat sich eine in früheren Jahren für Mitteleuropa typische, in der
jüngeren Vergangenheit aber eher selten gewordene sommerliche Großwetterlage
eingestellt: Die zyklonale West- bzw. Südwestlage.
Dabei befindet sich Deutschland aktuell auf der Vorderseite eines recht breit
angelegten Höhentroges bzw. hochreichenden Zentraltiefs mit Drehzentrum westlich
von Schottland. Im Laufe der Nacht verlagert sich ein in die westliche
Höhenströmung eingebetteter Kurzwellentrog samt korrespondierender Okklusion
bzw. Warmfront rasch über die Osthälfte des Landes hinweg weiter ins östliche
Mitteleuropa. Der nachfolgende flache Höhenrücken befindet sich aktuell bereits
über der Mitte Deutschlands und kommt ebenfalls ziemlich flott ostwärts voran.
Er sorgt für eine vorübergehende Stabilisierung, so dass die Schauer- und
Gewittertätigkeit im Norden und Osten im Laufe der ersten Nachthälfte rasch
nachlässt. Die Kaltfront eines von den Faröer-Inseln nach Südschweden ziehenden
Teiltiefs überquert im Laufe der zweiten Nachthälfte den Nordwesten
Deutschlands, kommt aber erst einmal kaum weiter nach Süden voran. ICON-EU
simuliert dabei vor allem im Nordseeumfeld, insbesondere entlang der Küste
Schleswig-Holsteins, vermehrt Schauer und Gewitter, die meisten anderen Modelle,
auch die Konvektion erlaubenden, haben dagegen nur vereinzelte auf der Karte.
Im Warmsektor bleibt die Luftmasse potenziell instabil geschichtet. Während der
Rücken zunächst für eine gewisse Stabilisierung sorgt, bieten nach dessen Abzug
in die dann auf Westsüdwest drehende Höhenströmung eingelagerte kurzwellige
Troganteile eventuell regional eng begrenzt etwas dynamischen Hebungsantrieb.
Vor allem in der Mitte und im Süden kann die Schauer- und Gewittertätigkeit
somit im Laufe der zweiten Nachthälfte gebietsweise erneut etwas aufleben. Die
Modellsimulationen, auch die der Konvektion erlaubenden Modelle sind nach wie
vor noch mit größeren Unterschieden behaftet. Während SuperHD (im 06 UTC-Lauf)
sich bzgl. Konvektion sehr zurückhält, haben C-D2 (von 12 UTC) und insbesondere
das AROME (von 06 UTC) an den Alpen sowie etwas abgesetzt davon von Nordbaden
bis ins mittlere Bayern im Laufe der zweiten Nachthälfte zahlreiche Schauer und
Gewitter auf der Karte. Auch EURO4 simuliert zumindest Richtung Alpen
schauerartige und konvektiv durchsetzte Regenfälle. Bei PPW-Werten um bzw. knapp
über 30 mm bleibt Starkregen - vielleicht auch mehrstündig - als
Begleiterscheinung der Gewitter im Fokus.
Vor allem im Norden und - nach Abzug der Schauer und Gewitter auch im Osten
bleibt es aber vielerorts trocken und die Wolken können auch mal stärker
auflockern. Vereinzelt bildet sich flacher Bodennebel und mit Tiefstwerten
zwischen 18 und 13 Grad bleibt die Nacht verhältnismäßig mild.

Dienstag ... kommt die Achse des zum zentralsteuernden Tiefs knapp westlich von
Schottland gehörenden Troges über dem nahen Ostatlantik etwas nach Osten voran
und weitet sich dabei ein wenig nach Süden aus. Der vorgelagerte Höhenrücken hat
inzwischen das östliche Mitteleuropa erreicht und verlagert sich weiter
ostwärts. Dadurch steilt die Höhenströmung über dem Vorhersagegebiet etwas auf
und dreht mehr auf Westsüdwest.
Im Bodenfeld kommt die zunehmend parallel zur Höhenströmung positionierte
Kaltfront über der "nördlichen Mitte" Deutschlands somit kaum mehr nach Süden
voran und gerät ins Schleifen. Vor allem im Frontbereich und weiter südlich kann
vorderseitig eines sich nähernden kurzwelligen Anteils zunehmend dynamischer
Hebungsantrieb wirksam werden.
Mit dem Aufsteilen der Höhenströmung gelangt vor allem in den Süden von
Südwesten her eine sehr warme bis heiße und potenziell instabile Luftmasse
subtropischen Ursprungs (T850 hPa 14 bis 18 Grad). Die meisten Modelle
simulieren über 1000 J/kg, gebietsweise auch über 2000 J/kg ML-Cape bei
PPW-Werten um oder über 35 mm. Dynamischer Hebungsantrieb ist geboten (siehe
weiter oben), der sich einstellende leichte Föhn an den Alpen dürfte die
Konvektion noch bis zum Nachmittag dämpfen. Sollte die Cape generiert werden
können (genügend Einstrahlung vorausgesetzt, wovon wohl südlich einer Linie
Nordbaden - Oberfranken auszugehen ist, was aber auch von eventueller
Restkonvektion aus der Nacht heraus noch abhängig ist, die bis weit in den
Vormittag noch anhalten kann), liegt der Fokus der Gewittertätigkeit am morgigen
Dienstag wohl eindeutig in Süddeutschland. Auch die Konvektion erlaubenden
Modelle geben entsprechende Hinweise, vor allem ab dem späten Nachmittag
und/oder Abend. SuperHD simuliert zunächst z.B. mehrere, sich splittende
(Super)zellen (im Modell ist jeweils sehr schön der rotierende Aufwind der
südlichen Zellen zu sehen), die von der Schwäbischen Alb nach Mittelbayern
ziehen und am Abend dann eine markante Gewitterlinie über Baden-Württemberg,
sich rasch ostnordostwärts nach Bayern verlagernd. Hochreichende Scherung ist
hinreichend vorhanden (15 bis 25 m/s 0 bis 6 km), ob genügend low Level Shear
generiert werden kann, hängt unter anderem auch von der Entwicklung eines
Lee-Tiefs im Alpenvorland ab, das die Bodenwinde auf Ost- bis Nordost drehen
lassen würde. Als Begleiterscheinungen dieser Gewitter kommen (neben dem
üblichen Starkregen) nun vor allem auch größerer Hagel (3 cm, je nach
Umgebungsbedingungen bei diskreten Zellen vielleicht sogar auch etwas mehr) und
natürlich auch Sturmböen in Frage. Einerseits kann bei den ersten vorlaufenden
Zellen mit der trockenen Grundschicht (inverted-V Struktur im Sounding) genügend
D-Cape für schwere Sturmböen (vielleicht auch mehr) generiert werden.
Andererseits erhöht sich vor allem abends mit zunehmender Scherung die
Ausbildung organisierter Konvektion in Form eines linearen MCS bis hin zum
Bow-Echo. Auch dann muss mit schweren Sturm- bis hin zu Orkanböen (alles
natürlich nur lokal eng begrenzt) gerechnet werden.
Summa summarum lässt sich konstatieren, dass für den Süden Deutschlands eine
durchaus nennenswerte Unwetterlage ins Haus steht. Details sind aber noch
unsicher, somit ist es für eine Vorabinformation aktuell noch zu früh.
Entlang der schleifenden Kaltfront ist über den mittleren Landesteilen mit
schauerartigen, teils konvektiv durchsetzten Niederschlägen zu rechnen. Signale
für mehrstündigen Starkregen geben die Modelle und auch die Probabilistik vor
allem im westlichen und zentralen Mittelgebirgsraum. Am Südrand dieser
Schleifzone kann es - etwas Einstrahlung vorausgesetzt - ebenfalls zu
kräftigerer Konvektion kommen. Die ML-Cape ist zwar nicht so hoch wie in
Süddeutschland, die Scherung dagegen stärker. Vor allem das französische AROME
simuliert vom nördlichen Rheinland-Pfalz über das mittlere Hessen hinweg bis
nach Südthüringen bzw. Oberfranken eine stärkere Entwicklung in Form eines
Bow-Echos.
Postfrontal gelangt dagegen eine deutlich stabiler geschichtete Luftmasse
subpolaren Ursprungs nach Norddeutschland (T850 hpa um 10 Grad). Einzelne
Schauer (vielleicht auch mal ein kurzes Gewitter) entwickeln sich wohl am
ehesten an den Küsten bzw. in Schleswig-Holstein, sonst bleibt es dort
vielerorts trocken. Die Höchsttemperaturen erreichen allgemein Werte zwischen 22
Grad an den Küsten bzw. innerhalb der Schleifzone dort, wo es länger regnet und
30 Grad, vielleicht auch etwas darüber, im Südosten.

In der Nacht zum Mittwoch erreicht das Drehzentrum des hochreichenden Tiefs über
Westeuropa Schottland. Die Trogachse greift auf Westfrankreich über, ein
kurzwelliger Anteil verlagert sich rasch über die Mitte bzw. den Süden des
Vorhersagegebietes hinweg ostnordostwärts, ein weiterer erreicht morgens bereits
Westdeutschland.
Im Bodenfeld kommt die Kaltfront weiterhin aufgrund nahezu paralleler Exposition
zur Höhenströmung weiterhin nur wenig Süden voran. Mit Abzug des kurzwelligen
Anteils lässt der Hebungsantrieb im Frontbereich und weiter südlich
vorübergehend nach und die schauerartigen Niederschläge in der Mitte bzw. die
Gewitter im Süden ziehen allmählich nach Osten ab. Vor allem in der ersten
Nachthälfte sind nach wie vor auch unwetterartige Entwicklungen möglich. So ganz
zum Erliegen wird die Konvektion innerhalb der potenziell instabilen Luftmasse
wohl danach auch nicht kommen, dennoch deutet sich für einige Regionen vor allem
in der zweiten Nachthälfte eine gewisse Wetterberuhigung an. Mit Annäherung des
nächsten Kurzwellentroges nimmt dann aber schon recht bald die Schauer- und
Gewittertätigkeit im Südwesten wieder zu.
In Norddeutschland verläuft die Nacht dagegen zunächst recht ruhig. Im Laufe der
zweiten Nachthälfte kann sich dann mit Annäherung des Troges vor allem im
Nordwesten etwas höhenkältere Luft bemerkbar machen, über dem recht warmen
Nordseewasser können mehrere 100 J/kg Cape generiert werden und es kann dort
vermehrt Schauer und Gewitter geben. Vor allem ICON-EU hat diese im Programm,
und zwar auch schon recht weit landeinwärts bis ins Weser-Ems-Gebiet und ins
Münsterland.

Mittwoch ... zieht das hochreichende Tief weiter zur mittleren bzw. nördlichen
Nordsee, die Trogachse erreicht am Abend den Westen Deutschlands. Vorderseitig
wird vor allem über der Mitte und dem Süden des Landes aufgrund von PVA recht
markante dynamische Hebung generiert.
Die Kaltfront verwellt mit Annäherung der Trogachse über dem Südwesten bzw. der
Mitte des Landes noch einmal vorübergehend, nimmt danach aber an Fahrt auf und
erreicht abends auch den Südosten Deutschlands. Dorthin gelangt noch einmal ein
Schwall potenziell instabiler Luftmassen mit hohen PPW-Werten von über 35 mm.
Mangels Einstrahlung können wohl nicht mehr so hohe Cape-Werte wie am Vortag
generiert werden, dennoch kann es nochmals kräftige Gewitter - durchaus mit
Unwetterpotenzial - geben. Auch im Bereich der zunächst noch schleifenden
Kaltfront treten verstärkt konvektiv durchsetzte Niederschläge auf, vor allem im
Südwesten, in den mittleren Landesteilen und auch in der Osthälfte muss dabei
gebietsweise auch mit mehrstündigem Starkregen gerechnet werden, wenngleich es
seitens der Modelle nach wie vor wenig Signale dafür gibt. Sowohl bzgl. der
Gewitter als auch des Starkregens sind die Simulationen der vorliegenden Modelle
aber nach wie vor mit größeren Differenzen behaftet.
Postfrontal gelangt vor allem der Nordwesten mit Annäherung der Trogachse in den
Einflussbereich recht labil geschichteter Meeresluft subpolaren Ursprungs. Dort
werden auch gebietsweise mehr als 500 J/kg ML-Cape simuliert. Die PPW-Werte
halten sich mit etwa 25 mm oder knapp darüber in Grenzen, zumal die Schauer und
Gewitter auch eine gewisse Zuggeschwindigkeit aufweisen. Markanter Starkregen
und kleinkörniger Hagel müssen neben Böen Bft 7 bis 9 durchaus in Betracht
gezogen werden, für unwetterartige Entwicklungen dürfte es aber kaum reichen.
Insgesamt gehen die Temperaturen gegenüber dem Vortag etwas zurück, die
Höchstwerte liegen zwischen knapp über 20 Grad im Nordseeumfeld und 27 Grad im
Südosten. An der Südflanke des sich noch etwas verstärkenden und zur mittleren
Nordsee ziehenden Bodentiefs frischt der Südwestwind vor allem im Nordseeumfeld
auch außerhalb der Schauer etwas auf, für warnrelevante Böen sollte es aber kaum
reichen.

In der Nacht zum Donnerstag verlagert das Zentraltief sein Drehzentrum nach
Südwestnorwegen. Die Trogachse zieht rasch über das Vorhersagegebiet hinweg
ostwärts, vor allem über Südostdeutschland wird anfangs noch einmal markante
Hebung simuliert. Rückseitig stellt sich an der Südflanke des Tiefs eine recht
glatt konturierte westliche Höhenströmung ein, innerhalb derer keine
nennenswerten dynamischen hebungsantriebe mehr auszumachen sind.
Im Bodenfeld überquert die Kaltfront rasch auch den Südosten des Landes, dabei
kann es in erster Linie in Süd- und Ostbayern sowie in der Lausitz vor allem in
der ersten Nachthälfte noch recht kräftige und teils konvektiv durchsetzte
schauerartige Regenfälle geben, anfangs auch mit Unwetterpotenzial. In der
zweiten Nachthälfte lassen diese aber rasch nach. Im Einflussbereich eines nach
Süddeutschland schwenkenden Bodenhochkeils klingen postfrontal die Schauer und
Gewitter rasch ab und die Wolken lockern auch mal stärker auf. Lediglich im
Einflussbereich des zur Deutschen Bucht schwenkenden Bodentroges, also vor allem
im Nordseeumfeld, aber auch entlang der Ostseeküste, gibt es noch weitere
Schauer und Gewitter. Die Temperaturen gehen auf Werte zwischen 17 Grad an den
Küsten und teils unter 10 Grad in einigen Tallagen im Südwesten Deutschlands
zurück.

Donnerstag ... verlagert sich das Drehzentrum des Zentraltiefs nur noch wenig
ostwärts. Der zugehörige, breit angelegte, aber nur noch flache Trog schwenkt im
Tagesverlauf allmählich über die Nordhälfte des Landes hinweg ostwärts. In
dessen Einflussbereich entwickeln sich vor allem über den warmen
Meeresoberflächen von Nord- und Ostsee weitere Schauer und auch kurze Gewitter,
auch etwas weiter landeinwärts gibt es im Tagesverlauf mit diabatischer
Erwärmung noch einzelne, teils gewittrige Schauer. Bei 100 bis 600 J/kg ML-Cape
und PPW-Werten um, an den Küsten auch knapp über 25 mm werden die kräftigsten
Zellen von Starkregen und kleinkörnigem Hagel sowie einzelnen Böen Bft 7 bis 8
begleitet. Für unwetterartige Entwicklung dürfte es aber nicht reichen, zumal
die Zellen auch eine gewisse Zuggeschwindigkeit aufweisen. An den Küsten kann es
auch außerhalb der Gewitter einzelne steife Böen (Bft 7) aus West bis Südwest
geben.
Im Süden und in der Mitte des Landes dominiert dagegen der Einfluss des sich
geringfügig abschwächenden Bodenhochkeils. Dort reicht es zumeist nur für flache
Quellbewölkung, ansonsten scheint häufig auch die Sonne. Lediglich an den Alpen
besteht noch ein gewisses Schauer- und Gewitterrisiko. Insgesamt kann sich die
Luftmasse vor allem in der Südhälfte wieder etwas erwärmen, die Temperatur in
850 hPa steigt bis zum Abend auf Werte zwischen 9 Grad an den Küsten und 14 bis
15 Grad an den Alpen bzw. in Südbaden. Somit erreichen die Höchsttemperaturen
Werte zwischen um oder knapp über 20 Grad an den Küsten und 28 Grad in Südbaden.




Modellvergleich und -einschätzung
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Die großräumige Verteilung der Geopotenzial- und Druckgebilde wird von allen
vorliegenden Modellen im Kurzfristzeitraum sehr ähnlich simuliert. Wie bei
konvektiven Lagen üblich, ergeben sich im Detail aber durchaus noch größere
Differenzen, vor allem auch den morgigen Dienstag betreffend. Der Schwerpunkt
der konvektiven Aktivität dürfte aber wohl in Süddeutschland liegen (südlich
einer Linie Nordschwarzwald - Oberpfälzer Wald), wobei es aber durchaus knapp
südlich der schleifenden Kaltfront kräftigere konvektivere Umlagerungen geben
könnte. Potenzial für mehrstündigen Starkregen ist entlang der schleifenden
Kaltfront gegeben.
Die Ausgabe einer Vorabinformation für Teile Süddeutschlands am morgigen
Vormittag erscheint aus aktueller Sicht - allen Unsicherheiten zum Trotz -
dennoch wahrscheinlich.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff