DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

01-08-2019 17:01
SXEU31 DWAV 011800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 01.08.2019 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Am Freitag von Norden bis in die Mitte ausgreifend Schauer und einzelne
Gewitter, lokale Unwetter durch Starkregen nicht ausgeschlossen. Auch im
äußersten Süden einzelne, teils kräftige Gewitter.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 12 UTC
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Aktuell ... liegt Deutschland einmal mehr im Bereich flauer Druck- und
Potenzialgegensätze. Dabei befindet sich der äußerste Norden unter einer zonal
exponierten Potenzialrinne, in die zwei Höhentiefs eingelagert sind. Während
sich das östliche Exemplar - zu einem Randtrog mutierend - vom Vorhersageraum
entfernt (genau genommen schwenkt der Trog via Baltikum und NO-Polen gen
Belarus), bleibt uns das westliche Gebilde noch ein wenig treu. Über der Nordsee
vor der westfriesischen Küste gelegen hat das Höhentief als Bestandteil des
gesamttroposphärischen Tiefs WOLFGANG zwar seine besten Tage bereits hinter
sich, aber auch rüstige Rentner - das lehrt uns die Erfahrung - sind durchaus
noch in der Lage, dem gesellschaftlichen Leben substanzielle Impulse zu geben.
Schauen wir uns als so an, wie es mit WOLFGANG im Laufe der Nacht zum Freitag
weitergeht. Ähnlich wie der namenlose Kollege weiter östlich strebt das
Höhentief auch hier den Status eines Randtroges an (d.h. die letzten
geschlossenen Isohypsen werden geöffnet), der in den Frühstunden die
südwestliche Nordsee sowie den Norden der Niederlande und Ostfriesland
überdeckt. Das korrespondierende Bodentief - quasi der eigentliche WOLFGANG -
hält wacker seine 1013/1014 hPa Kerndruck, mit denen er um 06 UTC dicht bei der
Insel Texel zu finden sein wird. Hartnäckigkeit und Nähe des Tiefs sorgen dafür,
dass es auch in der Nacht auf und an der Nordsee sowie bis in benachbarte
Binnenland ausgreifend einzelne Schauer oder Gewitter geben kann. Die Intensität
hält sich aber in Grenzen, gelb, maximal ocker (Starkregen), das sollte genügen.

Im Osten und Nordosten, wo es tagsüber - wenn auch in sehr überschaubarem Rahmen
- gebrodelt hat bzw. noch wenige Schauer oder Gewitter unterwegs sind, fällt die
Konvektion mehr und mehr zusammen. Gleiches gilt für die zugehörigen Quellungen,
denen ebenfalls die Luft ausgeht. Bei geringer bis gar keiner Bewölkung bilden
sich in der feuchten Grundschicht ein paar meist flache Nebelfelder.
Der Chronistenpflicht halber abschließend noch der Blick in den großen Rest der
Republik. Ein von der Biscaya nach Zentralfrankreich schwenkender Randtrog
befördert auf seiner Vorderseite hohe und auch mittelhohe Wolkenfelder in den
Süden sowie in Teile der Mitte, es bleibt aber weitgehend trocken. Einzig
unmittelbar an den Alpen besteht eine wenig erhöhte Neigung für ein paar Tropfen
Regen, allerdings ist man dort (liegt noch gar nicht so lange zurück) ganz
andere Kaliber gewöhnt.

Freitag ... Während der französische Randtrog unter Amplitudenverlust über die
Schweiz hinweg nach Norditalien schwenkt, legt sein niederländisch-friesischer
"Kollege" einen wenn auch extrem behäbigen Südostkurs ein. Beides hat
Konsequenzen auf das Wettergeschehen im Lande, was übrigens weiterhin unter
extremer Druckgradientschwäche leidet. Gerade mal eine einzige Hauptisobare
(1015 hPa) zeigt sich zum 12-UTC-Termin über Teilen des Vorhersageraums,
gleichwohl wehen die schwachen, durch den Tagesgang hier und da etwas
angefachten Bodenwinde im Wesentlichen aus nördlichen Richtungen. Bodentief
WOLFGANG lässt sich auch morgen noch auf den Wetterkarten finden, bis zum Abend
steuert es mit seinem Kern bei nahezu gleichbleibender Drucktendenz die
deutsch-niederländische Grenze am Niederrhein an.
Nun zu den o.e. Konsequenzen. Im Süden wird durch den südlicheren der beiden
Tröge etwas Hebung ausgelöst, die aufgrund der relativ trockenen Luftmasse aber
häufig in Leere geht. Einzig an den Alpen sowie zwischen Südschwarzwald und
Allgäu, wo von unseren südlichen Nachbarn Schweiz und Österreich etwas feuchtere
(und mithin labile) Luft angesaugt wird, können sich im Tagesverlauf Schauer und
auch einzelne Gewitter entwickeln, die mit Starkregen (Unwetter wenig
wahrscheinlich), kleinem Hagel und Böen 7-8 Bft einhergehen können.
Weit mehr Konvektion als im Süden sollte es am Freitag aber im Norden und
zunehmend auch in der Mitte geben. Mit Verlagerung des nördlichen Randtroges
nach Südosten sowie zeitweiliger Einstrahlung wird die gealterte Warmluft
zusehends labilisiert, aber auch angefeuchtet. So steigt das PPW in der
Nordhälfte verbreitet auf 25 bis 30 mm bei gleichzeitiger Grenzschichtfeuchte
von 10 bis 12 g/kg. ML-CAPE wird auch generiert, gebietsweise zwischen 500 und
1000 J/kg. Kurzum, die Rezeptur für verbreitet konvektive Umlagerungen passt,
wobei diese mangels Scherung einmal mehr zufällig und pulsierend denn
organisiert auftreten werden. Erneut steht Starkregen als Begleitparameter ganz
oben auf der Agenda, wobei auch schnell mal die Schwelle von 25 mm innert kurzer
Zeit gerissen ist (Unwetter). Trotzdem ist nicht mit einer großräumigen
Unwetterlage zu rechnen, in der Basis sollten markante Warnungen (die dann auch
kleineren Hagel, Hagelansammlungen und Böen 7-8 Bft beinhalten), ausreichen.
Wie weit die die Schauer und Gewitter bis zum Abend nach Süden ausgreifen, ist
noch nicht ganz sicher. Main und Mosel taugen sicherlich ganz gut als
Demarkationslinie, trotzdem sollte man ab dem Nachmittag insbesondere den
Odenwald und die fränkischen Mittelgebirge auf dem Schirm haben.
Bei 850-hPa-Temperaturen zwischen rund 9°C im Norden und bis zu 14°C im Süden
sowie unterschiedlich langer Einstrahlung liegen die Tageshöchstwerte meist
zwischen 23 und 28°C. Im höheren Bergland sowie an Küstenabschnitten mit
auflandigem Wind bleibt es etwas frischer.

In der Nacht zum Samstag schwenkt der Randtrog weiter südostwärts, erreicht die
Alpen aber noch nicht. Es kommt zu weiteren schauerartigen Regenfällen und
einzelnen Gewittern, die teilweise zu nicht-gewittrigem Starkregen verclustern.
Insgesamt verschiebt sich der Schwerpunkt der Niederschlagsaktivität in den
Osten und Südosten mit der Gefahr örtlichen Starkregens, während im Norden und
Westen allmähliche Abtrocknungs- respektive Stabilisierungstendenzen erkennbar
sind.

Samstag ... zieht der Randtrog nach Südosten ab, gleichzeitig bringt sich über
Westeuropa ein Höhenrücken in Positur. Der muss sich allerdings noch etwas
gedulden, bis er bei uns so richtig zuschlagen kann, was an der stark
limitierten Progressivität des großräumigen Strömungsmusters liegt. Somit
gelangen wir am Samstag quasi zwischen die Stühle unter eine nordwestliche bis
nördliche Höhenströmung, die zunächst noch reichlich zyklonal konturiert ist.
Bodennah steigt der Luftdruck allerdings etwas an, was uns an den Rand einer von
Grönland bis nach Frankreich reichenden Hochdruckzone bringt. Bei weiterhin
geringen Luftdruckgegensätzen stellt sich schwacher Nordwest- bis Nordwind ein
(außer in den Hochlagen der Alpen, wo es auch mal etwas zugiger werden kann),
mit dem sich - ohne Mitwirkung irgendwelcher Fronten - etwas weniger warme,
zunächst aber noch leicht instabil geschichtete Meeresluft (T850 um 10°C) auf
weite Teile des Landes ausbreiten kann. Einzig im Südwesten funktioniert das
nicht ganz so gut, dort bleibt es mit 12 bis 14°C etwas wärmer.
Wettermäßig bedeutet das Ganze einen ziemlichen Gemischtwarenladen mit
wechselnder Bewölkung, Schauern und einzelnen Gewittern, die bei PPWs um oder
etwas über 25 mm aufgrund ihrer Trägheit mit Starkregen einhergehen können.
Hagel und Sturm spielen bei erneut geringem Organisationsgrad der Zellen und
begrenzten ML-CAPE-Werten (nur im Osten und Südosten punktuell mal zwischen 500
und 800 J/kg) keine große Rolle, können aber in kleinerem Format nicht
kategorisch ausgeschlossen werden. Am Alpenrand, vor allem am östlichen, kann
die Schauerfrequenz staubedingt mitunter soweit ansteigen, dass man kaum noch
zwischen Schauer und Dauerregen unterscheiden kann.
Dafür trocknet die Luftmasse im Norden und Westen immer weiter ab, zudem macht
sich im Westen bereits leichtes Absinken bemerkbar, was im Laufe des Tages die
Bildung einer schwachen Inversion bei 750 bis 700 hPa zur Folge hat. Kurzum, die
Schauer- und Gewitterneigung nimmt in den genannten Gebieten immer mehr ab und
besonders von SH über HH und das nordöstliche NDS bis hinüber nach Vorpommern
scheint sogar für längere Zeit die Sonne. Darauf kann übrigens auch das südliche
BW hoffen, wo die Luft ebenfalls relativ trocken ist (genau genommen handelt es
sich um die Reste der trockenen Luftmasse, die heute in großen Teilen der Mitte
und des Südens mit einstelligen Taupunkten präsent ist).
Die Höchsttemperatur liegt zwischen 22 und 27°C, an der Nordsee bei auflandiger
Windkomponente um 20°C.

In der Nacht zum Sonntag rückt der Höhenrücken dichter an den Vorhersageraum
heran, die nordwestliche Höhenströmung bekommt mehr und mehr indifferente bis
antizyklonale Züge. Hinzu kommt der Tagesgang, so dass der von allen Modellen
simulierte deutliche Rückgang der Schauer- und Gewitteraktivität auch synoptisch
nachvollziehbar ist. Letzte Schauer und Gewitter ziehen demnach alsbald nach
Österreich und Tschechien ab (leichte Verzögerung am östlichen Alpenrand) und es
stellt sich eine ruhige Nacht ein, in der die Bewölkung vielerorts auflockert.
Dort, wo es tagsüber geregnet hat und die Grundschicht entsprechend angefeuchtet
ist, kann sich Nebel bilden. Für eine veritable Nebellage großräumiger Natur
dürfte es Anfang August aber noch nicht langen.
Temperaturmäßig geht es auf 16 bis 10°C runter - in einigen Mittelgebirgstälern
noch etwas tiefer, unmittelbar an der See etwas höher.

Sonntag ... bekommt besagter Höhenrücken endlich seinen Einsatz auch bei uns,
indem er sich im Tagesverlauf über das gesamte Vorhersagegebiet legt. Dabei löst
er sich ganz allmählich von seinem Nordteil, der über dem Europäischen Nordmeer
verbleibt. Auch wenn der Rücken nicht gerade zum Adonis taugt, für ein schwaches
Bodenhoch (etwas über 1015 hPa) und einen passablen Sonntag reicht es allemal.
Passabel meint in diesem Fall verbreitet heiter bis wolkiges, vor allem nach
Süden und Südwesten häufig auch sonniges und weitgehend trockenes Wetter. Eine
leichte Schauerneigung gibt es im Osten und Südosten, am ehesten ausgelöst im
Bergland. Dabei ist auch ein kurzes Gewitter nicht völlig auszuschließen. Die
Luft erwärmt sich auf 22 bis 28°C, im Südwesten (Anstieg T850 durch Absinken auf
15/16°C am Abend) lokal bis 30°C.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Entwicklung wird von allen Modellen ähnlich gesehen, substanzielle
Abweichungen sind nicht erkennbar.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann