DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

04-07-2016 09:00
SXEU31 DWAV 040800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 04.07.2016 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Wz
Unbeständig; Dienstag und Mittwoch windig, im Osten stürmisch, in Gewitternähe,
an den Küsten und im Bergland Sturmböen.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 24 UTC
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Montag... befindet sich Deutschland unterhalb einer relativ glatt konturierten
westnordwestlichen Höhenströmung. Ein darin eingebetteter flacher kurzwelliger
Anteil überquert aktuell Norddeutschland von West nach Ost, dahinter folgt ein
ebenso flacher Höhenrücken, der abends die Westhälfte erreicht. Insgesamt
dominiert leichte WLA, wobei nennenswerte dynamisch induzierte Hebungsprozesse
ansonsten kaum auszumachen sind.
Im Bodenfeld greift ein nur schwach ausgeprägtes und nicht allzu hoch reichendes
Frontensystem aktuell auf den Westen Deutschlands über und zieht allmählich
nordostwärts, zeigt dabei aber mehr und mehr Auflösungserscheinungen.
Nennenswerte Regenfälle sind somit kaum zu erwarten, ICON-Nest und GFS
simulieren in Rheinland-Pfalz und im Saarland bis ins Rhein-Maingebiet maximal 2
mm, hauptsächlich am Vormittag.
Ansonsten ist im Bodenfeld eine nur sehr flache Druckverteilung über dem
Vorhersagegebiet erkennbar mit etwas höherem Druck im Südosten, wobei insgesamt
leichter Druckfall einsetzt.
Aufgrund der am stärksten noch mitteltroposphärisch (etwa zwischen 800 und 600
hPa) ausgeprägten WLA ist die Atmosphäre insgesamt gedeckelt, vor allem in der
Mitte und im Süden. Die Absinkinversion befindet sich meist in etwa 700 hPa.
Darunter herrscht eine leicht labil bis indifferente Schichtung vor. Somit
können sich bevorzugt nach Norden zu, die sich noch im Einflussbereich des oben
erwähnten abziehenden Kurzwellentroges befinden, einzelne leichte Schauer
bilden. Gewitter können angesichts vom COSMO_EU und GFS simulierter marginaler
ML-Cape (meist unter 200 J/kg) nicht ausgeschlossen werden und sind - wenn
überhaupt - wohl am ehesten noch bis zum frühen Nachmittag möglich. Insgesamt
dürfte die Wahrscheinlichkeit dafür aufgrund der geringen vertikalen Mächtigkeit
der Schauer nur gering sein.
Ansonsten steht ein warntechnisch ruhiger Tag ins Haus. Vor allem im Süden und
Osten wird es wohl auch Regionen geben, wo die Sonne etwas länger scheint,
eventuell auch an den Küsten. Die Höchstwerte liegen zwischen 18 Grad an den
Küsten und 26 Grad im südlichen Oberrheingraben.

In der Nacht zum Dienstag greift von Großbritannien her ein Kurzwellentrog auf
die Nordsee über. Das dazugehörige Bodentief zieht von der Irischen See zur
mittleren Nordsee. Die dem okkludierten Frontensystem vorgelagerten
Niederschläge erreichen in der Früh die Nordseeküste.
Ein dem Kurzwellentrog vorgelagerter, nur flach ausgeprägter und vor allem in
300 hPa erkennbarer kurzwelliger Randtrog greift in der zweiten Nachthälfte bzw.
in der Früh auf den Westen des Landes über, wobei es aber wohl nur für
vereinzelte leichte Schauer im Westen und in der Mitte reichen dürfte, COSMO-EU
lässt es sogar komplett trocken.
Ansonsten verläuft die Nacht ruhig, vor allem im Süden und Osten kann sich
gebietsweise wieder Nebel bilden.

Dienstag... verlagert sich der oben angesprochene Kurzwellentrog zunächst noch
etwas weiter nach Osten, wird dann aber von einem weiteren, sehr scharf
ausgeprägten Kurzwellentrog aufgenommen, der vom Seegebiet nordwestlich
Schottlands rasch zur Nordsee zieht. Auf dessen Vorderseite verstärkt sich die
Hebung aufgrund von PVA deutlich.
Im Bodenfeld vertieft sich das Tiefdruckgebiet über der Nordsee somit noch etwas
und zieht bis zum Abend ungefähr zur dänischen Nordseeküste. Bzgl. dessen
genauer Zugbahn gibt es noch Modelldifferenzen. ICON-Nest und COSMO-EU
simulieren das Tief zum 18 UTC-Termin mit einem Kerndruck von ungefähr 1003 hPa
knapp nordwestlich von Sylt, ECMWF nur unwesentlich weiter östlich, GFS dagegen
mit 1005 hPa deutlich weiter östlich über dem Kattegat.
Vorderseitig des Tiefs ist im Druckfeld eine flache Tiefdruckrinne simuliert,
die wohl dem vorgelagerten Kurzwellentrog aus der Nacht geschuldet ist und bis
zum Nachmittag die Osthälfte Deutschlands überquert. Mit sich verstärkender
Hebung und auch tagesgangbedingt dürfte sich im Vormittagsverlauf die
Schauertätigkeit innerhalb dieser Rinne verstärken, wobei einige 100 J/kg (nach
GFS sogar bis an die 600 J/kg) ML-Cape simuliert wird und somit wohl auch
einzelne Gewitter möglich sind. Die ppw-Werte liegen über 25 mm, wobei die recht
hohe Zuggeschwindigkeit wohl maximal markante Starkregenereignisse zulässt.
Allerdings können durchaus mal stürmische Böen sowie kleinkörniger Hagel
auftreten. Nachmittags ziehen die Schauer und Gewitter ostwärts ab.
Das okkludierte Frontensystem des Nordseetiefs erreicht dagegen in den
Vormittagsstunden Nordwestdeutschland und kommt allmählich südostwärts voran.
Dabei sind ebenfalls schauerartige Regenfälle zu erwarten, wobei auch kurze
Gewitter mit Graupel und stürmischen Böen, eventuell Sturmböen möglich sind.
Mehr und mehr Thema wird auch der Wind. Ein scharf ausgeprägter Bodentrog
erreicht abends in etwa die Deutsche Bucht, präfrontal verschärft sich der
Druckgradient deutlich. Somit sind ab nachmittags im Westen und Nordwesten auch
außerhalb der Schauer starke Windböen (Bft. 7) möglich, an der Nordsee und auf
den Bergen gibt es dann stürmische Böen (Bft. 8), exponiert auch Sturmböen (Bft.
9).
Nach Süden zu verläuft der Tag wettertechnisch ruhiger, eventuelle kurze
Schauer, die vor allem das GFS auf der Karte hat, werden am ehesten orographisch
ausgelöst, vor allem an den Alpen kann es auch mal für ein kurzes Gewitter
reichen. Präfrontal gelangt noch einmal von Südwesten her ein Schub sehr warmer
Luft nach Süddeutschland, in 850 hPa steigt die Temperatur dort auf 11 bis 14
Grad, während am Abend die 5 Grad-Isotherme die Nordseeküste erreicht. Somit
liegen die Höchstwerte in der Nordhälfte bei nur wenig Sonnenschein zwischen 18
und 23 Grad, im Süden scheint dagegen häufig die Sonne bei 24 bis 28 Grad.

In der Nacht zum Mittwoch zieht der Kurzwellentrog weiter zur Odermündung,
verstärkt sich noch und tropft dort aus. Das Bodentief verlagert sich nach
COSMO_EU und ICON-Nest bis Mittwoch, 06 UTC ins Seegebiet knapp nordöstlich von
Rügen und vertieft sich auf einen Kerndruck von knapp unter 1000 hPa. Nach GFS
soll es sich zu diesem Termin bei ähnlich niedrigem Kerndruck bereits knapp
südlich von Gotland befinden, was natürlich unmittelbar Folgen auf die
Simulation der Spitzenböen hat.
Der von Nord- weiter nach Ostdeutschland ziehende Bodentrog ist nach beiden
Modellen deutlich schärfer ausgeprägt als nach GFS. Entsprechend simulieren
COSMO-EU und die ICON-Kette für Nord- und später Nordostdeutschland auch bis ins
Binnenland reichend starke bis stürmische Böen aus West, später Nordwest, an den
Küsten der Nord- und nach Mitternacht vor allem Ostsee auch Sturmböen, exponiert
gar schwere Sturmböen. Auch auf exponierten Gipfeln der Mittelgebirge sind
Sturm- und schwere Sturmböen möglich.
GFS sieht die Lage dagegen deutlich entspannter und hat lediglich im äußersten
Nordosten und Norden Bft. 7 auf der Karte, an der Ostsee auch Bft. 8.
In Trog- bzw. Tiefdrucknähe gibt es über Nord- und Nordostdeutschland weitere
schauerartige Regenfälle, wobei auch kurze Gewitter mit Sturmböen, eventuell
auch Starkregen/kleinem Hagel möglich sind, die Temperatur in 500 hPa sinkt auf
etwa -23 Grad. Vor allem im Ostseeumfeld werden von der deutschen Modellkette
zwölfstündige Mengen über 10 mm simuliert, COSMO_EU hat an der vorpommerschen
Ostseeküste lokal eng begrenzt sogar bis an die 25 mm auf der Karte. GFS
simuliert dagegen deutlich geringere Mengen.
Die Okklusion bzw. Kaltfront des Tiefs erreicht bis Mittwochfrüh die Südhälfte,
wobei sie sich nach Süden zu als wenig wetterwirksam erweist, da vor allem
niedertroposphärisch ausgeprägte KLA für Stabilisierung sorgt. Einzelne Schauer
treten, wenn überhaupt, am ehesten im Bergland auf, an den Alpen ist vielleicht
auch ein kurzes Gewitter nicht ausgeschlossen.
Postfrontal gelangt Meeresluft polaren Ursprungs in den Norden und in die Mitte
des Landes. Die Temperaturen in 850 hPa sinken dort auf knapp unter 5 Grad.

Mittwoch... wandert der Trog allmählich nach Osten und erreicht bis zum Abend
etwa Litauen. Über Westeuropa wölbt sich ein Höhenrücken auf, woraus eine recht
kräftige nordwestliche Höhenströmung über dem Vorhersagegebiet resultiert.
Das Bodentief zieht ebenfalls zögernd ostwärts, womit vor allem nach Lesart der
deutschen Modellkette der Druckgradient über Nordost- und Ostdeutschland noch
längere Zeit scharf ausgeprägt bleibt. Entsprechend simulieren ICON-Nest und
COSMO_EU quasi über der gesamten Osthälfte sowie im Nordseeumfeld bis zum Abend
noch Böen 7 bis 8 Bft, an der Ostseeküste auch 9 Bft, exponiert am Vormittag gar
noch 10 Bft aus Nordwest. Auch auf den Gipfeln vieler Mittelgebirge (außer im
Westen und Südwesten) sowie der Alpen sind stürmische Böen oder Sturmböen zu
erwarten.
Nach GFS reicht es lediglich bis in den Berliner Raum für starke Böen, an der
Ostsee für stürmische Böen.
Die Kaltfront erreicht bis zum Abend Süddeutschland, zeigt dort aber unter dem
zunehmenden Einfluss eines von Westen heranschwenkenden Hochkeils
Auflösungstendenzen. In der postfrontal einströmenden polaren Meeresluft
entwickeln sich vor allem im Nordosten weitere Schauer und Gewitter, wobei es
dabei Sturmböen und Graupel oder kleinen Hagel geben kann. Ansonsten bleibt die
Schauertätigkeit aufgrund der einströmenden stabilen Luftmasse gedämpft und
beschränkt sich wohl hauptsächlich auf das Bergland.
Die Temperatur in 850 hPa sinkt auf Werte zwischen 3 Grad in der Deutschen Bucht
und 10 Grad an den Alpen bzw. im äußersten Südwesten. Dort dürfte am ehesten
auch die Sonne scheinen, während sonst eher der bewölkte Eindruck überwiegt. Die
Höchstwerte liegen somit im Norden und in der Mitte zwischen 16 und 21 Grad, im
Süden dagegen zwischen 19 und 24 Grad, im südlichen Oberrheingraben eventuell
auch knapp darüber.

In der Nacht zum Donnerstag kommt der Trog weiter nach Osten voran, ebenso das
Bodentief, wobei der Gradient auch in der Osthälfte deutlich auffächert. Der
Höhenrücken erreicht die Nordsee und vorgelagert bildet sich eine flache
Bodenhochparzelle über Südwestdeutschland aus.
Der Wind nimmt somit auch in der Nordosthälfte rasch ab, nach Mitternacht reicht
es höchstens an der vorpommerschen Ostseeküste für warnrelevante Böen. Auch die
Schauertätigkeit kommt rasch zum Erliegen. Vor allem im Süden und Westen klart
der Himmel vielerorts auf, wobei sich Nebel bilden kann und vor allem in einigen
Mittelgebirgstälern die Nacht auch recht frisch ausfällt.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die externen Modelle simulieren großräumig eine der deutschen Modellkette
ähnliche Wetterentwicklung. Im Detail ergeben sich größere Unterschiede, vor
allem, was die Zugbahn des Tiefs am morgigen Dienstag angeht. Das hat auch
unmittelbare Auswirkungen vor allem auf die Windprognosen und wurde im Text
weiter oben hinreichend beschrieben.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff