DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

24-07-2019 17:01
SXEU31 DWAV 241800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 24.07.2019 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Hitzewelle. Ab Freitag zunehmende Gewitterneigung im Südwesten, Unwettergefahr.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 12 UTC
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Aktuell ... befindet sich Deutschland weiterhin unter einem ausgedehnten
Höhenkeil der sich von Afrika bis zum Nordkap erstreckt. Und auch am Boden ist
ein Bodenhoch zu erkennen, welches sich aber zunehmend nach Nordosteuropa
zurückzieht. Von Westen her greift eine schwache Tiefdruckrinne (Bodenniveau)
auf Südwesteuropa über. Konvektion über Deutschland wird aber bei dem
allgemeinen Absinken nicht auftreten.

An der West- sowie an der Ostflanke wird der Keil von Langwellentrögen
flankiert. Der Zustrom heißer Luftmassen aus dem Südwesten bleibt bestehen.
Somit werden die Nachttemperaturen vor allem in den südwestlichen
Ballungsgebieten und Großstädten oftmals nicht unter 24 bis 20 Grad sinken.
Verbreitet liegen die nächtlichen Tiefstwerte zwischen 14 und 20 Grad.

In der Nacht zu Donnerstag weitet sich der Höhenkeil weiter nach Norden aus,
wobei der westliche Langwellentrog etwas weiter nach Osten (Westeuropa)
übergreift. Westlich von Irland befindet sich ein hochreichendes Tief, das sich
in der Nacht etwas weiter nach Süden verlagert.

Donnerstag ... weitet sich der westeuropäische Höhentrog noch etwas nach Süden
aus, kommt aber kaum nach Osten voran, wodurch die Strömung auf dessen
Vorderseite aufsteilt und der Zustrom heißer Luftmassen sogar noch etwas
verstärkt wird. Auch der osteuropäische Höhentrog schwenkt in seinem Westteil
nach Süden. Dadurch verkürzt der Höhenrücken bei uns seine Wellenlänge.

Im Bodenfeld verlagert sich der Hochschwerpunkt auch etwas nach Norden,
begleitet von leichtem Druckfall. Die Tiefdruckrinne kann sich etwas verstärken,
befindet sich aber weiterhin westlich von uns.

Die Luftmasse über uns wird zwar labiler. Bei dem vorherrschenden Absinken kann
sich Konvektion aber nicht durchsetzen. Neben den recht hohen CAPE-Werten über
dem Nordwesten und an den Alpen gibt es aber auch ein hohes CIN und ein hohes
HKN von 600-700 hPa. Nur im Alpenraum können sich einzelne Gewitter dank
orografischer Unterstützung entwickeln.

Für ganz Deutschland gelten Warnungen teils extremer Wärmebelastung. Die
Hitzewelle erreicht am Donnerstag ihren Höhepunkt. Die Luftmasse wird fast
direkt aus dem andalusischen Raum zu uns transportiert. In 850 hPa werden nach
ICON-EU Werte zwischen 23 Grad im Westen/Südwesten und 17 Grad in Vorpommern
erreicht.

Die Höchsttemperaturen könnten hier und da für neue Rekorde reichen; ob der
Deutschlandrekord (40,3 Grad) geknackt wird, ist natürlich noch fraglich, da der
Saharastaub, der in den Südwesten Deutschlands geführt wird, eine dämpfende
Wirkung auf die Temperaturentwicklung ausübt.

In der Nacht zum Freitag wird der Höhenrücken über Mitteleuropa abgebaut und
über dem mittleren Skandinavien spaltet sich eine eigenständige Höhenantizyklone
ab. Insgesamt bleibt das Umfeld über Mitteleuropa aber weiterhin deutlich
antizyklonal geprägt.

Die Tiefdruckrinne über Westeuropa breitet sich bis Benelux aus und kann
ausgangs der Nacht auch die Grenze zu Deutschland überschreiten.

Freitag ... schwächt sich das Potenzial weiter leicht ab. Es bildet sich eine
Art vierer Feld, wobei sich Deutschland in der Mitte befindet. Der
Langwellentrog über Westeuropa greift langsam weiter auf Mitteleuropa über.

Im Bodenfeld kommt auch die Tiefdruckrinne nach Osten voran. Vor allem südlich
einer Linie Niederrhein - Passau gelangen dabei potenziell instabile Luftmassen.
Mit CAPE Werten bis 3000 J/kg MU CAPE, relativ hohen Niederschlagsbaren Wasser
und einer eher geringen Verlagerungsgeschwindigkeit sind vor allem am Nachmittag
lokale Unwetter (Gewitter) wegen heftigem Starkregen und größerem Hagel möglich.
Da in der Höhe immer noch eine antizyklonale Krümmung erkennbar ist, fallen die
Signale für hochreichende Konvektion nur spärlich aus. Die Gewitteraktivität
sollte im Südwesten schon deutlich stärker ausfallen als in den Tagen zuvor. Die
Orografie wird dabei aber wieder eine tragende Rolle spielen.

Die Temperatur in 850 hPa geht von Osten her etwas zurück, am Abend bewegt sie
sich zwischen 13 Grad an der unteren Oder und 22 bis 23 Grad im Westen und
Süden. Vor allem im Nordosten wird die Hitze mit auffrischendem Ostwind etwas
gelindert. Die Höchstwerte bewegen sich zwischen 29 Grad im Nordosten und 38,
vielleicht 39 Grad an Rhein und Mosel, abhängig auch von der Bewölkung, die
sowohl im Südwesten und Süden als auch im Nordosten gegenüber den Vortagen etwas
zunimmt. An auflandigen Küstenabschnitten insbesondere der Ostseeküste werden
dagegen kaum 25 Grad erreicht.

In der Nacht zum Samstag weitet sich der Trog zum westlichen Mittelmeer aus,
während der osteuropäische Trog in ein Höhentief über Westpolen abtropft. Dabei
kräftigt sich die Rinne über Süd- und Westdeutschland und es kommt bis in die
mittleren Landesteilen Hebung auf. Die Modelle haben vorerst lediglich im Süden
und Westen Schauer und Gewitter im Programm, die aber rasch unwetterartig durch
den Starkregen und Hagel ausfallen können. Ansonsten spricht der Tagesgang gegen
die Gewitter, auch wenn sie vielleicht weiter nördlich als in den globalen
Modellen angedeutet, auch nicht ausgeschlossen sind. Die Nacht wird gebietsweise
wieder sehr mild bis warm, Tropennacht. An der See und in einigen höheren
Berglagen kann der östliche Wind auffrischen mit einigen steifen Böen.

Samstag ... greift der Trog auf Deutschland über. Der antizyklonale Einfluss
lässt nun auch in der Höhe nach und es können sich verbreitet kräftige Gewitter
entwickeln. Mit PPWs zwischen 40 und 50 l und CAPE mit zum Teil über 1000 J/kg
steht ein unwetterträchtiger Samstag (im Westen und Süden) bevor.

Das Temperaturniveau in 850 hPa lässt nach, sodass die Hitzewelle erst mal
leicht nachlässt. Es bleibt aber weiterhin hochsommerlich warm/heiß mit
Tageshöchsttemperaturen zwischen 27 und 33 Grad.



Modellvergleich und -einschätzung
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Es gibt gewisse Unterschiede wann genau die Tiefdruckrinne bzw. später auch der
Trog von Westen auf Deutschland übergreift. Im Gro simulieren aber alle
betrachteten Modelle ein ähnliches Szenario. Wo im Einzelnen die Gewitter
auslösen, ist aber noch unsicher und wird auch von jedem Modell etwas anders
simuliert.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Christina Speicher