DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

22-07-2019 17:01
SXEU31 DWAV 221800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 22.07.2019 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Ruhiges Hochdruckwetter, aber sehr heiß. Ab Dienstag verbreitet starke, am
Mittwoch und Donnerstag vor allem im Westen/Südwesten sehr starke bis extreme
Wärmebelastung.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 12 UTC
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Aktuell ... befindet sich Deutschland knapp vorderseitig eines umfangreichen
Höhenrückens, der vom westlichen Mittelmeer über Frankreich und Benelux bis zur
Nordsee reicht, unterhalb einer antizyklonal konturierten nordwestlichen
Höhenströmung. Im Laufe der Nacht kommt der Rücken ein wenig nach Osten voran
und kann sich unter Amplitudengewinn weiter verstärken. Morgens wird in 500 hPa
eine abgeschlossene 592 gpdm-Isohypse simuliert, die in etwa vom Löwengolf bis
zur Schweizer bzw. Französischen Jura reicht.
Der Höhenrücken wird überlaufen von recht kräftiger WLA, die vor allem über den
Norden und Osten Deutschlands auch bis in die niedere Troposphäre wirksam ist
und sich dort aktuell noch in Form einer Warmfront bemerkbar macht, die bis
Dienstagfrüh auch den Nordosten des Landes überquert hat. Dabei fällt im Vorfeld
der Front vor allem dort anfangs auch noch gebietsweise etwas Regen, der aber
später von Westen her nachlässt und die Wolken lockern zögernd auf.
Im Rest des Landes verläuft die Nacht im Einflussbereich eines umfangreichen
Bodenhochs wettertechnisch ruhig und nach Durchzug meist dünner hoher
Wolkenfeldern auch vielerorts gering bewölkt oder klar. Dabei fällt die Nacht
mit Tiefstwerten zwischen 18 und 10 Grad - in einigen Mittelgebirgstälern auch
darunter - nochmals angenehm temperiert aus.

Dienstag ... verlagert sich der Höhenrücken mit seiner Achse nach Mitteleuropa
und kann sich noch ein wenig verstärken bzw. nach Norden aufwölben. Das
Bodenhoch verlagert seinen Schwerpunkt allmählich Richtung östliches und
nördliches Mitteleuropa, in Frankreich und in Südwestdeutschland setzt leichter
Druckfall ein. Dadurch dreht die niedertroposphärische Strömung mehr auf Süd bis
Südost, womit zunehmend heiße Luft subtropischen Ursprungs ins Vorhersagegebiet
advehiert wird, die sich durch das Absinken im Keil noch zusätzlich erwärmen
kann. Die 850 hPa-Temperatur steigt bis zum Abend auf Werte zwischen 13 Grad an
der Oder und 20, vielleicht 21 Grad im südlichen Oberrheingraben. Vor allem ganz
im Süden wird die Luftmasse durch die Einstrahlung zunehmend labilisiert und es
wird kleinräumig auch Cape simuliert, allerdings dürfte es aufgrund des
Absinkens selbst an den Alpen und im Südschwarzwald für kaum mehr als flache
Quellbewölkung reichen.
Im Nordosten ist es mit der abziehenden Warmfront anfangs noch teils dichter
bewölkt, ansonsten scheint aber überwiegend die Sonne von einem quasi
wolkenlosen Himmel. Auch bodennah macht die Erwärmung mit der kräftigen
Einstrahlung weitere Fortschritte, die Höchstwerte liegen im Norden und Osten
zwischen 27 und 32 Grad - an Küstenabschnitten mit auflandigem Wind bleibt es
mit 20 bis 25 Grad kühler -, im Süden und Westen werden dagegen schon 29 bis 34
Grad erreicht, an Rhein und Mosel eventuell auch schon bis knapp 36 Grad. Außer
im Nordosten (insbesondere an der Ostseeküste), im Bergland und in einigen höher
gelegenen Regionen Süddeutschland ist verbreitet mit einer starken, im
Südwesten/Westen und sehr starken Wärmebelastung zu rechnen.
In der Nacht zum Mittwoch wird ein markanter Kurzwellentrog vom nahen
Ostatlantik über Irland hinweg nordnordostwärts geführt. Die Achse des
Höhenrückens kommt dadurch zwar weiterhin nur geringfügig nach Osten voran,
allerdings geht die Passage mit einem vorübergehenden leichten Potenzialverlust
über Mitteleuropa bzw. Südskandinavien einher.
Auf den Wetterablauf im Vorhersagegebiet hat das Ganze keinen weiteren Einfluss,
die Nacht verläuft überwiegend gering bewölkt oder wolkenlos. Lediglich im
äußersten Osten/Nordosten ist es noch gebietsweise locker bewölkt. Die
Tiefstwerte liegen meist zwischen 19 und 12 Grad, in einigen Senken und Tälern
insbesondere der östlichen und süddeutschen Mittelgebirge bzw. der Alpen auch
darunter. Einigen Ballungszentren in Westdeutschland bzw. exponierten
Mittelgebirgslagen steht mit einem Minimum von 20 Grad oder darüber auch schon
eine Tropennacht bevor.

Mittwoch ... verlagert sich der oben erwähnte Kurzwellentrog rasch weiter
Richtung Nordmeer, ein weiterer, markanter Höhentrog nähert sich den Britischen
Inseln an. Vorderseitig kann sich der inzwischen bis nach Mittelskandinavien
reichende Höhenrücken aufgrund von WLA wieder verstärken und bleibt mit seiner
Achse nahezu quasistationär.
Im Bodenfeld verlagert die umfangreiche, inzwischen vom zentralen Mittelmeerraum
über das östliche Mitteleuropa bis weit nach Nord- und Nordosteuropa reichende
Hochdruckzone ihren Schwerpunkt allmählich ein wenig nach Osten und über West-
bzw. Mitteleuropa setzt sich der schwache Druckfall weiter fort, nachmittags
verläuft eine Tiefdruckrinne über Zentralfrankreich und Benelux hinweg
nordwärts. Vor allem in den Westen und Süden des Vorhersagegebietes wird somit
eine zunehmend potenziell instabile und sehr labil geschichtete Luftmasse
advehiert. Kleinräumig werden dort 500 bis über 1000 J/kg ML-Cape simuliert,
dennoch dürfte es mangels dynamischen Hebungsantriebs (insgesamt dominiert noch
Absinken) kaum zur Auslöse reichen. Wenn - dann am ehesten wohl noch
orographisch getriggert im Südschwarzwald bzw. an den Alpen. Bis dahin rechnende
Konvektion erlaubende Modelle (SuperHD) haben aber keinerlei Gewitter auf der
Agenda, ICON-EU, GFS und auch GEM simulieren am Abend/erste Nachthälfte
lediglich im Bereich der Tiefdruckrinne, also deutlich westlich des
Vorhersagegebietes, einzelne Gewitter.
Somit steht erneut ein überwiegend sonniger Tag ins Haus, vor allem über den
Westen des Landes ziehen zeitweise dünne hohe Wolkenfelder. Die
niedertroposphärische Erwärmung macht weitere Fortschritte, in 850 hPa steigt
die Temperatur bis zum Abend auf Werte zwischen 15 Grad an der Oder und 23 Grad
an Mosel, Saar und Oberrhein (IFS und GEM ähnlich, GFS nicht ganz so heiß). Je
nachdem, ob vielleicht schon etwas Saharastaub die Atmosphäre trübt (das deutet
sich aber eher für die Regionen weiter westlich an) werden Höchstwerte zwischen
30 Grad im Nordosten und 38, vielleicht auch schon 39 Grad an Mosel und Saar
erreicht. Somit steigt die Wärmebelastung weiter an, in einigen Regionen
Südwestdeutschlands eventuell schon in den extremen Bereich (wobei die relativ
niedrigen Taupunkte eher dagegensprechen). Der Wind weht im Tagesverlauf
zeitweise mäßig aus Nordost bis Südost, an Küstenabschnitten mit quasi
durchgehend auflandigem Wind (also in erster Linie an einigen Abschnitten der
Ostseeküste und auf Helgoland) werden kaum 25 Grad erreicht.
In der Nacht zum Donnerstag verstärkt sich der Höhenrücken weiterhin etwas,
dessen Achse verläuft nach wie vor über Mitteleuropa. Auch im Bodenfeld steigt
der Luftdruck tagesgangbedingt ein wenig, die Tiefdruckrinne über dem westlichen
Mitteleuropa wird aufgefüllt und der Schwerpunkt des Hochs bleibt über Nordpolen
bzw. der südöstlichen Ostsee. Vor allem im Westen bzw. Nordwesten macht sich
nach wie vor dünne hohe WLA-Bewölkung bemerkbar, ansonsten verläuft die Nacht
vielerorts wolkenlos. Vielen Regionen im Westen sowie einigen höheren
Mittelgebirgslagen bzw. (dort, wo der Wind durchgreift) auch Leelagen steht mit
Tiefstwerten zwischen 23 und 20 Grad eine Tropennacht bevor. Ansonsten kühlt es
auf 19 bis 14 Grad ab, in den klassischen "Kältelöchern" natürlich auch
darunter.

Donnerstag ... weitet sich der Höhentrog über dem nahen Ostatlantik eher nach
Süden aus als weiter nach Osten voranzukommen, wodurch die Höhenströmung über
Westeuropa etwas aufsteilt. Durch WLA wird der Höhenrücken über Mitteleuropa und
weiten Teilen Skandinaviens in seinem Westteil wieder regeneriert. Im Bodenfeld
setzt mit der Überhitzung im Tagesverlauf erneut leichter Druckfall ein, wobei
die Tiefdruckrinne ein wenig kräftiger, aber auch etwas weiter westlich als am
Vortag simuliert wird. Somit gelangt von Süden her weiterhin
niedertroposphärisch heiße Luft aus dem spanischen Raum, eventuell sogar aus
Nordafrika nach Mitteleuropa. Die Temperatur in 850 hPa steigt auf Werte
zwischen 16 Grad an der Oder und 23, vielleicht sogar 24 Grad (darüber sind sich
die Modelle noch nicht ganz einig, GFS hat maximal 22 Grad drin) im
Südwesten/äußersten Westen. Nach Lesart des IFS bzw. des griechischen SKIRON
Modells mach sich in der Troposphäre höchstens ganz im Westen ein recht geringer
Saharastaubeintrag bemerkbar, der aber letztendlich zusammen mit dünner
Cirrus-Bewölkung, die aus der WLA resultiert, das "Zünglein" an der Waage sein
könnte, was eventuelle Rekordtemperaturen angeht. So oder so, heiß wird es
trotzdem, die Wärmebelastung ist stark bis sehr stark, im Westen gebietsweise
auch extrem. Mit Ausnahme einiger auflandiger Küstenabschnitte werden 30 bis 39
Grad erreicht, die höchsten Werte im Westen bzw. Südwesten. Ob nun die 40
Gradmarke fällt oder gar der Deutschlandrekord (40,3 Grad) bleibt noch
abzuwarten. MOSMIX hat einige "41er" (im Lee von Eifel und Hunsrück) auf der
Karte, aber das war bei der letzten Hitzewelle Ende Juni 3 Tage vorher auch der
Fall.
Die Luftmasse ist vor allem im Westen weiterhin sehr labil geschichtet (ICON-EU
sogar bis 2500 J/kg ML-Cape im Nordwesten). Allerdings dominiert unterm
Höhenrücken nach wie vor Absinken und es wird auch ein recht markanter Deckel
simuliert. Somit bleibt das Gewitterpotenzial nach wie vor sehr gering, wobei
ICON-EU (als einziges Modell) immerhin schwache Schauer im Westen Deutschlands
simuliert, so dass Gewitter aus aktueller Sicht nicht kategorisch ausgeschlossen
werden sollten. Eventuelle Gewitter würden in dieser Luftmasse (PPW-Werte über
30 mm, teilweise bis an die 40 mm im Nordwesten) rasch Unwetterpotenzial
erreichen.


Modellvergleich und -einschätzung
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Alle vorliegenden Modelle simulieren im Kurzfristzeitraum ein sehr ähnliches
Szenario. Prognose- und warnrelevante Unterschiede sind nicht auszumachen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff