DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

16-07-2019 17:01
SXEU31 DWAV 161800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 16.07.2019 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Zunächst ruhige Hochdruckrandlage, ab Donnerstag zunehmendes Gewitterpotenzial.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 12 UTC
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Aktuell ... nähert sich ein zwischen einem hochreichenden, vor allem in der Höhe
gut ausgeprägten Tiefdruckgebiet über der mittleren Ostsee bzw. dem Baltikum und
einem umfangreichen Höhentrog mit Drehzentrum südlich von Island gelegener und
recht breit aufgestellter Höhenrücken von Westen her dem Vorhersagegebiet an.
Eine erste Keilachse hat aktuell Westdeutschland erreicht und schwenkt in der
Nacht unter Amplitudenverlust rasch über den Norden und die Mitte des Landes
hinweg südostwärts. Eine weitere erreicht morgens die westliche Nordsee bzw. die
norwegische See. Dazwischen ist im Geopotenzialfeld allerdings ein flacher
Kurzwellentrog auszumachen, der morgens die Deutsche Bucht bzw.
Nordwestdeutschland erreicht.
Im Bodenfeld erstreckt sich eine von den Azoren ausgehende Hochdruckzone über
die Biskaya hinweg bis nach West- und Süddeutschland. An dessen Nordostflanke
gelangt von Nordwesten her weiterhin recht kühle und niedertroposphärisch
feuchte Nordseeluft in den Norden und Osten sowie in die Mitte des Landes.
Vorderseitig des Kurzwellentroges kann aufgrund von PVA etwas Hebung generiert
werden, so dass die sich unterhalb einer Inversion (in etwa 900 bis 800 hPa)
ausgebreitete, aber inzwischen durchaus lückenhafte Stratocumulusbewölkung sich
im Laufe der Nacht wohl wieder etwas verdichtet und etwas nach Südosten
ausweitet. Hier und da - am ehesten im Nordseeumfeld - fällt vielleicht auch
etwas Regen. Größere Wolkenlücken gibt es am ehesten im Nordosten, von
Ostvorpommern bis in den Berliner Raum. Dazu weht vor allem an den Küsten noch
recht lebhafter Nordwestwind, wohl aber ohne Warnrelevanz, zudem fächert der
Gradient etwas auf, so dass sich der Wind ein wenig abschwächt.
Im Süden und Südwesten, etwa südlich einer Linie von der Eifel bis nach
Oberfranken, bleibt es dagegen unter Hochdruckeinfluss locker bis gering
bewölkt, im Übergangsbereich zur dichteren Bewölkung kann sich vor allem nach
Westen zu auch mal dichterer Bodennebel ausbilden.

Mittwoch ... schwenkt der wenig wetterwirksame Kurzwellentrog über den Norden
und Osten des Landes allmählich ostsüdostwärts. Dahinter greift der Höhenrücken
unter leichtem Amplitudengewinn bis zum Abend auf Benelux, die Deutsche Bucht
und Südskandinavien über.
Im Bodenfeld wird die Hochdruckbrücke allmählich abgebaut und es stellen sich
schwachgradientige Druckverhältnisse ein, dennoch bleibt die nordwestliche
Grundströmung in der Nordhälfte des Landes zunächst noch aufrecht. Erst zum
Nachmittag und Abend schwächt sie sich weiter ab und dreht allmählich auf Nord
bis Nordost. Somit gelangt weiterhin kühle Nordseeluft dorthin und die
Sc-Bewölkung zeigt zunächst kaum Auflockerungstendenzen. Mit dem Trog wird die
Inversion etwas angehoben (auf etwa 700 hPa), so dass es vor allem im Nordwesten
sowie am Nordrand der Mittelgebirge gebietsweise auch mal für etwas Regen oder
gar für einen kurzen (Nieselregen)schauer reicht, die Mengen sind aber marginal.
Trogrückseitig können die Wolken dann im Nordwesten nachmittags und abends dann
stärker auflockern. Auch im Nordosten bleibt es aufgelockert, gebietsweise auch
gering bewölkt, was vor allem der Lee-Wirkung durch das Norwegische
Küstengebirge geschuldet ist. Ziemlich dicht bewölkt bleibt es hingegen - wie
auch schon an den Vortagen - in einem Streifen von Ostfriesland bis zum
Weserbergland/Harz/Erzgebirge.
In den äußersten Süden des Landes wird trogvorderseitig eine etwas wärmere und
potenziell instabile Luftmasse geführt. Dabei können mit der Einstrahlung in
erster Linie Richtung Alpen und Bayerwald mehrere 100 J/kg ML-Cape generiert
werden. Vor allem inneralpin dürfte es zur Auslöse reichen, eventuell aber auch
direkt am Bayerischen Alpenrand (Bayerwald wohl eher nicht, aber ganz
ausschließen sollte man es auch dort nicht). Die Gewitter werden bei PPW-Werten
von etwa 17 bis 22 mm lokal eng begrenzt von Starkregen und maximal
kleinkörnigem Hagel.
Ansonsten scheint im Südwesten und Süden und nachmittags auch zunehmend im
Westen vielerorts die Sonne und es bleibt trocken. In die Nordhälfte gelangt
weiterhin eine recht kühle bzw. mäßig warme Luftmasse mit Werten in 850 hPa
zwischen 6 und 9 Grad, im Süden werden dagegen 10 bis 14 Grad erreicht. Das
mündet in Höchstwerte zwischen 20 und 24 Grad (bei dichter Bewölkung bzw. an den
Küsten um 18 Grad) in der Nordhälfte bzw. zwischen 24 und 28 Grad im Süden und
Südwesten, am Oberrhein vielleicht etwas darüber.

In der Nacht zum Donnerstag erreicht der Höhenrücken mit seiner Achse das
Vorhersagegebiet und kommt zögernd nach Osten voran. Somit steht unter schwachem
Hochdruckeinfluss eine ruhige Nacht ins Haus. Vor allem von Schleswig-Holstein
über das östliche Niedersachsen bis zum Harz bzw. zum Erzgebirge hält sich noch
recht dichte Sc-Bewölkung, ansonsten können auch im Norden die Wolken mal
stärker auflockern, wobei dann die Nebelneigung zunimmt. Im Süden und Südwesten
bleibt es zunächst oft gering bewölkt oder klar. Der Höhentrog über dem
Nordostatlantik weitet sich allmählich Richtung Britische Inseln aus, ein erster
Randtrog greift samt korrespondierender Kaltfront morgens auf die westliche
Nordsee über. Vorderseitig ziehen im Westen ausgangs der Nacht erste dichtere
mittelhohe Wolkenfelder auf, es bleibt aber noch trocken.

Donnerstag ... verlagert sich der Höhenrücken weiter ostwärts und erreicht
abends mit seiner Achse in etwa das westliche Polen bzw. Süd- und
Mittelschweden. Die auf der Vorderseite des nordwesteuropäischen Höhentroges auf
Südwest bis West drehende Höhenströmung auf dessen Rückseite bekommt vor allem
über dem Westen und Nordwesten Deutschlands einen zunehmend zyklonalen Touch;
ein erster Randtrog schwenkt vormittags/mittags über die Nordsee hinweg rasch
nordostwärts und zeigt noch wenig Wetterwirksamkeit im Vorhersagegebiet, ein
weiterer überquert abends den Ärmelkanal bzw. die westliche Nordsee (in 500
hPa). Auf dessen Vorderseite kann etwas markantere Hebung generiert werden.
Im Bodenfeld setzt von Westen her leichter Druckfall ein. Abends erreicht die
weiter oben erwähnte Kaltfront von Westen her den äußersten Westen des Landes.
Vorderseitig wird vor allem in den Westen/Nordwesten sowie in den Süden des
Landes ein Schwall etwas wärmerer und feuchterer und somit potenziell
instabilerer Luft geführt. Die generierte ML-Cape bleibt mit meist unter 500
J/kg noch eher marginal und auch die PPW-Werte halten sich mit um 20 mm im Süden
und bis über 25 mm im Nordwesten noch in Grenzen. Vor allem im Westen muss noch
abgewartet werden, ob diese Modellcape durch Einstrahlung überhaupt generiert
werden kann oder ob es nur für mehr oder weniger skaligen bzw. schauerartig
verstärkten Niederschlag reicht. Sollten einzelne Gewitter auftreten - diese
sind übrigens mit etwas geringerer Wahrscheinlichkeit auch im zentralen,
östlichen und ostbayerischen Mittelgebirgsraum möglich - so bewegen sich die
Begleiterscheinungen wohl überwiegend im markanten Bereich (Starkregen um 20 mm
in kurzer Zeit, kleinkörniger Hagel, stürmische Böen).
Etwas höher ist das Gewitterpotenzial an den Alpen bzw. im südlichen
Alpenvorland, während es im Norden und Osten überwiegend trocken bleiben sollte
und auch im Südwesten so gut wie keine Niederschlagssignale auftreten.
Insgesamt bleibt es im Westen und Nordwesten bewölkter als im Osten und Süden,
wo längere Zeit die Sonne scheint. Trogvorderseitig gelangt wie wärmere
Luftmasse allmählich auch nach Norddeutschland, bis zum Abend steigt die
Temperatur in 850 hPa auf Werte zwischen 9 Grad ganz im Norden und 15 Grad im
Süden. Somit sind Höchstwerte zwischen 23 und 29 Grad, im Südwesten vielleicht
30 Grad oder knapp darüber, zu erwarten. An den Küsten bleibt es vor allem bei
auflandigem Wind etwas kühler.
In der Nacht zum Freitag greift der Randtrog von Westen her auf Deutschland über
und kommt rasch nach Osten voran, morgens erreicht er bereits die Osthälfte des
Landes. Die Kaltfront überquert den Norden und Westen Deutschlands rasch
ostwärts und kommt über Süddeutschland kaum mehr nach Süden voran. Dabei gibt es
verbreitet schauerartigen Regen, vereinzelt können auch kurze Gewitter
auftreten, Starkregen ist dabei lokal eng begrenzt wohl nicht ausgeschlossen. In
der Fläche werden allerdings kaum mehr als 5 mm in 12 Stunden simuliert. Ganz im
Osten bleibt es bis zum Morgen noch trocken, im Westen klingen die Niederschläge
nach Abzug der Front rasch wieder ab und im Südwesten kommt kaum etwas an.

Freitag ... zieht der Trog rasch nach Osten ab. Dahinter stellt sich eine recht
glatt konturierte westliche Höhenströmung ein. Bis zum Abend nähert sich vom
nahen Ostatlantik ein weiterer Kurzwellentrog dem europäischen Festland an, auf
dessen Vorderseite sich aufgrund von WLA ein flacher Rücken über Mitteleuropa
aufwölbt.
Die Kaltfront zieht unter Abschwächung rasch nach Osten ab, gefolgt von
schwachem Druckanstieg. Vor allem im Osten und im Süden wird die potenziell
instabile Luftmasse nicht komplett ausgeräumt, so dass sich dort bei einer
ML-Cape vom mehreren 100 J/kg und PPW-Werten um 25 mm vor allem nachmittags
einzelne Gewitter entwickeln können, die lokal eng begrenzt erneut von
Starkregen, kleinkörnigem Hagel und Böen Bft 7 bis 8 begleitet werden können.
Unwetterartige Entwicklungen sind aber wohl eher weniger zu erwarten.
Im Westen und Norden sowie zunehmend in den mittleren Landesteilen macht sich
die mitteltroposphärische WLA bemerkbar und die Luftmasse stabilisiert deutlich,
zeitweise scheint die Sonne. Zwar können sich auch dort Quellwolken bilden, für
Schauer oder Gewitter sollte es aber kaum reichen. Zum Nachmittag und Abend hin
ziehen mit Annäherung einer Warmfront dort mittelhohe und hohe Wolkenfelder auf.

Die Kaltfront macht sich thermisch kaum bemerkbar, die Temperatur in 850 hPa
bewegt sich weiterhin zwischen 9 Grad im Nordwesten und 15 Grad im Süden. Somit
sind erneut Höchstwerte zwischen 23 und 29 Grad zu erwarten, am Oberrhein etwas
darüber, an den Küsten etwas darunter.


Modellvergleich und -einschätzung
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Alle vorliegenden Modelle simulieren im Kurzfristzeitraum eine ähnliche
Wetterentwicklung. Kleinere Unterschiede sind am ehesten bzgl. der Frontpassage
in der Nacht zum bzw. am Freitag tagsüber auszumachen. ICON fährt dabei im
aktuellen Lauf eine etwas progressivere Variante als die Vorläufe bzw. GFS und
IFS.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff