DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

12-07-2019 10:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 12.07.2019 um 10.30 UTC



Montag windig und letzte Gewitter, danach vorübergehend ruhiges, mäßig warmes
Sommerwetter. In der zweiten Wochenhälfte wieder wechselhafter, teils gewittrig
und lokal windig.
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Synoptische Entwicklung bis zum Freitag, den 19.07.2019


Am Montag liegt Deutschland auf der Vorderseite eines Rückens, dessen Hauptachse
sich von der Iberischen Halbinsel zu den Britischen Inseln und weiter ins
Nordmeer erstreckt. Neben der Hauptachse zeigt sich eine sekundäre Achse, die
von Frankreich aus ostwärts gerichtet. Dieser verlagert sich am Tage und in der
Nacht nach Süden, so dass er am Vormittag noch den Süden Deutschlands, in der
Nacht dann Norditalien und die nördliche Adria überdeckt. Da sich im
Tagesverlauf ein über Mittelschweden liegendes Höhentief intensiviert und nach
Südosten zieht, sinkt am Boden über dem Nordosten der Druck. Der größte Teil
Deutschlands befindet sich zu Tagesbeginn dagegen im Einflussbereich eines
großräumigen Tiefs über England. Dieses wird aber im Laufe des Tages und in der
Nacht von Norden und Westen her abgebaut und in der Folge verschiebt sich sein
Schwerpunkt nach Benelux. Insgesamt verschärft sich durch die geschilderten
Entwicklungen im Nordosten und Norden der Gradient, so dass es an Nord- und
Ostsee zu Wind- und einzelnen Sturmböen kommen kann. Dort sind durch die mit dem
Tief verbundene Hebung einzelne mäßig kräftige Schauer nicht ausgeschlossen,
weiter ins Binnenland bis etwa zur Mittelgebirgsschwelle können einzelne Tropfen
fallen. Sonst ist es trocken, abgesehen vom Stau der Alpen, wo es noch bis in
den Abend leicht bis mäßig regnen kann, wobei einzelne kräftige Schauer und
Gewitter nicht ausgeschlossen sind. Die Temperaturen in 850 hPa liegen zwischen
4 und 12 Grad.

Am Dienstag ziehen sich sowohl das Höhentief als auch das korrespondierende
Bodentief in Richtung Baltikum zurück und verlieren damit an Einfluss auf unser
Wetter. Da gleichzeitig der Druck über Benelux und Nordfrankreich weiter fällt,
wird der Druckgradient deutlich auseinandergezogen, so dass voraussichtlich
nicht mehr mit warnwürdigen Böen gerechnet werden muss. Gleichzeitig bleibt der
Rücken für uns zumindest am Tage das dominierende Geopotentialgebilde, er wird
allerdings mehr und mehr abgeschliffen, so dass sich in der Nacht eine mehr oder
weniger gradlinige, zumeist westliche Höhenströmung einstellt, in die schwache
kurzwellige Trog- und Rückenstrukturen eingelagert sind. Da die Luftmasse aber
recht trocken ist und zudem deutlich Hebungsimpulse fehlen, ist, abgesehen von
vormittäglichen Schauern in der Nordhälfte, die mit dem abziehenden Tiefkomplex
in Verbindung stehen, nicht mit nennenswerten Niederschlägen zu rechen.
Allerdings nähert sich in der Nacht die Warmfront eines Tiefs westlich von
Schottland, was im Nordwesten für Bewölkungsaufzug und in der Frühe für einzelne
Tropfen an der Nordseeküste sorgen kann. Bezüglich der 850er Temperaturen zeigt
sich ein deutliches Nord-Süd-Gefälle mit Werten um 5 Grad im Nordosten und bis
zu 14 Grad im Süden.

Am Mittwoch breitet sich vom Nordatlantik bis nach Nordwestrussland eine Zone
tiefen Geopotentials aus, in die zwei markante Höhentiefs eingelagert sind. Das
erste hat seinen Kern über dem Nordwesten Weißrusslands, es zieht zögerlich nach
Nordosten und es handelt sich um das Tief, das zwei Tage zuvor über dem Norden
für Wind und Regen gesorgt hat. Das zweite liegt am Tage südlich von Island und
zieht unter leichter Vertiefung nach Westen. Zwar zeigt sich zwischen diesen
Höhentiefs das Geopotentialfeld über Metteleuropa ausgesprochen gradientschwach,
allerdings ist es leicht zyklonal geprägt und stark diffluent konturiert. In der
Folge kommt es verbreitet zu Hebungsprozessen und zu teils konvektivem,
gewittrig durchsetztem Regen, wobei Starkregen zumindest lokal ein Thema sein
könnte. Die Temperaturen in 850 hPa zeigen weiter das bekannte Nord-Süd-Gefälle
mit einer Spanne von etwa 5 bis 13 Grad.

Am Donnerstag greift das Höhentief vom Nordatlantik auf Schottland über, gefolgt
vom zugehörigen Bodentief, welches aufgrund der Retrograden Versatzen im
Vergleich zum Höhentief kein weiteres Entwicklungspotential mehr aufweist. Eine
Tiefgreifende Veränderung des Geopotentialmusters über Deutschland ist damit
nicht verbunden, es bleibt stark diffluent und mit Ausnahme des Südwestens auch
leicht zyklonal. In der Folge bleibt eine gewisse Hebungsaffinität bestehen, so
dass es im Tagesverlauf erneut gebietsweise zu Schauern kommen kann. In der
Nacht greift dann von Nordwesten das Frontensystem des Schottlandtiefs auf uns
über, wobei die entsprechenden, teils kräftigen Regenfälle bis zum Morgen die
Nordwesthälfte überdecken sollen und der Wind deutlich auffrischt mit Böen bis
Stärke 7. Starke niedertroposphärische WLA treibt die 850er Temperaturen am Tage
fast überall, mit Ausnahme des Nordwestens, über die 10-Grad-Marke, in der Nacht
ist dann wieder ein 850er-Temperaturfall zu beobachten.

Am Freitag liegt Deutschland im Einflussbereich eines Langwellentroges, wobei am
Tage eine Achse des Troges Deutschland von West nach Ost überquert. Das
Frontensystem des Schottlandtiefs wird zunehmend schleifend, so dass es
verbreitet zu Regenfällen kommt, die in der Nacht abklingen.

Im Bereich der erweiterten Mittelfrist von Samstag bis Montag bleiben tiefer
Luftdruck und tiefes Geopotential für Deutschland wetterbestimmend. In der Folge
gestaltet sich das Wetter wechselhaft, teils windig und es kommt verbreitet zu
weitern Regenfällen.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Der aktuelle Lauf zeigt zu Beginn der Mittelfrist am Montag (Referenz für alle
angesprochenen Tage immer 12 UTC) nur geringe Unterschiede zu seinen Vorläufen,
allerdings ist schon zu diesem Zeitpunkt zu erkennen, das der Höhenrücken über
Westeuropa und dem Nordmeer nach dem aktuellen Lauf deutlich weniger weit nach
Norden ausgreift als in den Vorläufen und dass das Geopotentialmuster über dem
östlichen Mitteleuropa teils schwach gegenläufig gekrümmt ist (aktueller Lauf:
zyklonal, Vorläufe: antizyklonal).

Am Dienstag zeigt der heutige 00-UTC-Lauf über der Nordsee einen im Vergleich
zum Vortag nur wenig abgeschwächten Rücken. Das kehrt die Verhältnisse des
Vortags um, denn damit ist der Rücken bei den Vorläufen schwächer als beim
aktuellen Lauf. Der gestrige 12-UTC-Lauf zeigte einen flachen Rücken über
Nordfrankreich, der gestrige 00-UTC-Lauf einen flachen Rücken über
Ostfrankreich. Das Höhentief über der Ostsee wird im aktuellen Lauf für den
Dienstag auch stärker gerechnet als dies in den Vorläufen der Fall war.

Einheitlich sehen die betrachteten Modellläufe am Mittwoch über Deutschland und
Mitteleuropa nur geringe Geopotentialgradienten, allerdings zeigte der gestrige
00-UTC-Lauf über Deutschland eine von West nach Ost verlaufende
Geopotentialrinne, die nunmehr einer mehr gradlinigen westlichen Höhenströmung
Platz gemacht hat. Diese zeigt im aktuellen Lauf wie auch im direkte Vorlauf
schwache Trog- und Rückenstrukturen, die allerdings teilweise gegenläufig sind.
Ungewohnt klare Einigkeit herrscht aber bei den 850er Temperaturen, wobei die
10-Grad-Isotherme etwas entlang der Mainlinie verläuft.

Im weiteren Laufen die Modellläufe noch mehr auseinander.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Im Grundsatz zeigen die hier betrachteten Modelle (EZMW, ICON, GFS, LFPW, UKMO)
am Montag einen Rücken, der sich über Großbritannien nach Norden erstreckt und
der von zwei Trögen, einem über dem Nordatlantik und einem über
Nordostskandinavien, eingerahmt wird. Im Detail zeigen sich aber schon deutliche
Unterschiede, so ist der Rücken bei GFS deutlich breiter angelegt als bei den
anderen Modellen, und im Bodendruckfeld greift das Hoch über England bei GFS bis
zur mittleren Ostsee aus, was keines der anderen Modelle auch nur ansatzweise so
zeigt.

Am Dienstag ist beispielsweise die Lage des Höhentiefs (nordöstlich?) von uns
diskutabel. Laut ICON soll es sich über Zentralpolen befinden, laut EZMW über
der mittleren Ostsee, laut GFS über dem Finnischen Meerbusen, Unterschied der
hier genannten Modelle also etwa 1000 km! Bei den korrespondierenden Bodentiefs
zeigen sich ähnliche Unterschiede, aber während bei ICON und EZMW wenigstens
noch ein klar konturiertes Bodentief erkennbar ist, ist dieses bei GFS in einem
diffusen Tiefdrucksumpf aufgegangen. Immerhin herrsche bezüglich der 850er
Temperatur noch so etwas wie Einigkeit, die 10-Grad-Isotherme liegt bei ICON im
Alpenvorland, bei GFS am Main.

Die Geopotentialunterschiede ziehen sich auch in den Donnerstag, der darüber
hinaus auch bezüglich des Bodendruckfelds recht individuelle Lösungen aufweist.
So liegt bei GFS über dem nahen Atlantik und der Biskaya der Druck um 5 hPa über
dem von ICON oder EZMW, nordwestlich von Schottland liegt er sogar 10 hPa höher
als bei den genannten Vergleichsmodellen.

Die "Königskinder" können auch im Weiteren nicht zueinander finden.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Unsicherheit in den Prognosen spiegelt sich auch in der Zahl der Cluster des
EZMW-EPS wieder, die schon im Zeitraum +72 bis +96 Stunden bei 6(!) liegt, wobei
die Cluster 5 bis 12 Einzelläufen enthalten. Einheitlich ist zumindest die
Wetterkategorie "Atlantischer Rücken" die bei allen Clustern über die gesamte
Zeit anzutreffen ist.

Im Zeitfenster +120 bis +68 Stunden reduziert sich die Clusterzahl auf 4 (mit 10
bis 17 Läufen), dabei ist zwischen und innenhalb der Cluster ein Wechsel
zwischen den Wetterkategorien "Positive NAO" und "Negative NAO" und damit
zwischen mehr oder weniger gegenläufiger Wetterkategorien zu erkennen, was auch
für die Unsicherheit der Vorhersage spricht.

Im Zeitfenster +192 bis +240 Stunden wird dann nur noch ein Cluster angeboten,
das von der Wetterkategorie "Negative NAO" in eine Blockierungslage wechselt.

Die EZMW-EPS-Rauchfahnen zeigen für Offenbach schon zu Beginn der kommenden
Woche eine deutlichen Zunahme der Streuung in den 850er Temperaturen (Montag bis
8 Grad, Mittwoch bis 12 Grad). Auch bezüglich des Geopotentials steigt die
Varianz, allerdings nicht so deutlich wie beiden 850er Temperaturen.

Die GFS-Ensembles zeigen ebenfalls eine (erwartbare) Zunahme in der Streuung der
850er Temperaturen, die allerdings bei weitem nicht so stark ist wie bei den
EZMW-Ensembles (Montag bis 6 Grad, Mittwoch bis 7 Grad).
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


EFI zeigt zu Beginn des mittelfristigen Vorhersagezeitraums gebietsweise im
Norden, am Dienstag und Mittwoch dann nur noch in unmittelbarer
Nordseeküstennähe Signale für signifikant zu niedrige Temperaturen. Ansonsten
liefert EFI keine Signale.

COSMO-LEPS zeigt für Montag im Küstenumfeld Signale für Stürmische Böen, die in
Nordfriesland mit Werten bis 60% ihr Maximum erreichen. Die Signale verschwinden
in der Nacht zu Dienstag und am Dienstag weitestgehend.

Bezüglich Niederschlag von mehr als 20 l/qm in 12 Stunden liefert COSMO-LEPS an
den Alpen in der Nacht zu Montag Signale bis 10%, wobei der Grund dafür in
kräftigen konvektive Entwicklungen liegt.
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Basis für Mittelfristvorhersage
EZMW, EZMW-EPS, MOSMIX
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Martin Jonas