DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

11-07-2019 17:01
SXEU31 DWAV 111800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 11.07.2019 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Nachts nachlassende, aber nicht komplett abklingende Gewitter. Am Freitag recht
verbreitet Gewitter mit Starkregen, örtlich Unwetter. Am Wochenende in den
Südosten und Osten zurückziehende Gewitter.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 12 UTC
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Aktuell ... gelangen wir auf der Rückseite eines Höhenrückens in einen zusehends
diffluenten Bereich der westnordwestlichen Höhenströmung, vor einem sich über
der Nordsee formierenden Trog. Das Bodentief bei Schottland verlagert sich in
die südöstliche Nordsee, fast schon Deutsche Bucht. Die feuchte und milde, von
Westen her zunehmend instabile geschichtete Luft breitet sich dabei mit teils
schauerartig verstärktem Regen bis in den Nordosten aus. Ausgespart bleibt dann
wohl nur noch der wirklich äußerste Nordosten, in Form Ostvorpommerns.

Ansonsten sorgen weitere Hebungsgebiete ausgelöst durch kurzwellige Tröge für
Schauer- und Gewitteraktivität, die aber im Laufe der Nacht nachlässt. Einzelne
Schauer und Gewitter sind aber weiter möglich. Unwetter durch Starkregen, wie
sie in den Abendstunden noch möglich sind, sollten aber der Vergangenheit
angehören.
Die Temperaturen gehen meist auf 16 bis 10 Grad zurück.

Freitag ... schwenkt der sich verschärfende Trog nach Norddeutschland, die Achse
liegt nahe dem Küstenbereich von Nord- und Ostsee. Wir liegen somit weiter unter
seiner Vorderseite, wo durch PVA Hebung generiert wird. Das Bodentief schließt
sich dem tiefen Druck über Osteuropa an und bildet eine Rinne über dem Norden
des Vorhersagenraumes.
Bei geringem Druckgradienten ist die westnordwestliche Strömung ebenso flau
unterwegs. Nur im Süden kann der Wind etwas auffrischen. Ob dann dabei auch die
starken bis steifen Böen, die Mos signalisiert, exponiert auftreten, ist noch
unsicher.

Die instabile, mäßig warme bis warme Luftmasse bestimmt dabei weiter unser
Wetter. Wobei Wassergehalt (25 bis 30 mm PPW) und Labilität (bis 1000 J/kg ML
Cape) weiter zunehmen. Somit dürften sich im Tagesverlauf recht verbreitet
Schauer und Gewitter bilden, die durch Starkregen örtlich Unwetterpotential
besitzen, aber auch kleinerer Hagel und stürmische Böen sind im Bereich des
Möglichen.
Der Organisationsgrad der Zellen dürfte eher gering sein, da nur über
dem Südwesten nennenswerte Scherung vorhanden ist. Minima der konvektiven
Aktivität zeichnen sich über dem Nordosten und ganz im Südwesten ab, wo die
Lapse Rates nicht mitspielen, bzw. im Südwesten etwas die Feuchte fehlt.

Vor der Trogspitze zeigt ICON durch Advektion von IPV ein markantes
Hebungssignal, das nachmittags und abends auf den Westen übergreift und bis in
die Mitte und den Südwesten vorankommt. Dort könnte ein Gewitterschwerpunkt
liegen mit erhöhter Wahrscheinlichkeit für Starkregen bis in den Unwetterbereich
und auch organisierten Strukturen, wie sie C D2 ins Spiel bringt. Hier zeigen
sich auch Signale für eine stärkere Windentwicklung bis hin zu Sturmböen, die
aber zunächst mal noch mit Vorsicht zu genießen sind. Einfach, weil C D2
diesbezüglich gerne mal auf den Putz haut.
Bundesweit am meisten Sonne gibt es an der vorpommerschen Ostseeküste, dort ist
immer noch nicht viel los in Sachen Niederschlag. Auch im Südwesten schafft es
die Sonne zeitweise durch die Wolken und es sind sommerliche Temperaturen von
über 25 Grad möglich, sonst liegen die Maxima meist zwischen 22 und 25 Grad.

In der Nacht zum Samstag schwenkt der Trog nach Südosten. Die Bodenrinne zieht
sich nach Osten zurück, so dass die schwache Strömung zwischen der Rinne und dem
Hoch westlich Irlands (sich verstärkend) auf nordwestliche bis nördliche
Richtungen dreht. Damit stabilisiert die Schichtung im Norden etwas.
Gebietsweise kommt es zu weiteren schauerartigen, vor allem anfangs
teils von Gewittern begleiteten Regenfällen. Diese stauen sich zunehmend an den
Alpen, so dass dort (markante) Niederschlagswarnungen in Spiel kommen können.
Bis Samstagabend sind 24h Mengen von 30 bis 50 mm möglich. Die Ensembles (00 UTC
Läufe) stützen dies und haben auch geringe Wahrscheinlichkeiten für mehr als 50
mm (Unwetter) auf Lager.

Der Norden gelangt auf die Trogrückseite, wo nur noch geringe Hebung simuliert
wird. Damit lassen dann auch die Regenfälle und Schauer von Nordwesten her nach.

Auf einigen Alpengipfeln frischt der Wind stärker auf. Dort sind stürmische
Böen, exponiert Sturmböen aus West bis Nordwest nicht ausgeschlossen.

Samstag ... liegen wir in einer schwachen nördlichen Strömung, zwischen einer
hochreichenden Antizyklone westlich Irlands und dem Trog über Osteuropa, bzw.
dem östlichen Mitteleuropa. Der Höhenrücken weitet sich dabei nach Norden aus,
kommt aber mit seiner Achse westlich Irlands nicht nach Osten voran.
Entsprechend behält auch das Hoch am Boden nahezu seine Position. Bodendruck und
Geopotential steigen zwar leicht an, aufgrund der Nähe zum Trog und der
zyklonalen Prägung der Strömung wird weiter Hebung ausgelöst, in der nach wie
vor instabilen, feuchten und mäßig warmen Luftmasse.

Dabei gehen Wassergehalt und Cape gegenüber dem Vortag leicht zurück,
dennoch bilden sich wieder recht verbreitet Schauer und Gewitter, für
die ähnliches gilt, wie am Freitag, vielleicht mit leicht abschwächender Tendenz
und Schwerpunkt der Gewitterneigung in die Südosthälfte verschoben. Die Schauer
oder schauerartigen Regenfälle stauen sich an den Alpen, so dass diese, wenn
auch mit Unterbrechungen, dort weitergehen. Die Gewitter dürften meist markant
durch Starkregen sein, WU ist aber nicht ausgeschlossen.

Nur ganz im Norden scheint häufiger die Sonne, sonst behalten die
Wolken die Oberhand. Die Temperaturen bewegen sich zwischen 19 und 24
Grad.
Der Wind spielt lediglich in Hochlagen des Südens eine Rolle,
dort sind starke bis stürmische Böen zu erwarten, sonst bleibt er
meist schwach unterwegs.

In der Nacht zum Sonntag nähert sich von Norden her ein kurzwelliger Rücken, der
auch dazu führt, dass sich von Westen her das Bodenhochdruckgebiet nach
Deutschland ausweitet. In der Nordwesthälfte stabilisiert die Schichtung damit
weiter und die Schauer klingen ab, während es ansonsten zunächst einzelne
Gewitter gibt, im Laufe der Nacht dann gebietsweise Regen oder Schauer, die sich
an den Mittelgebirgen und Alpen stauen. Sollte es vorübergehend stärker
auflockern kann sich flacher Nebel bilden. Ansonsten behalten in der weiter
feuchten Luft die Wolken die Oberhand.

Sonntag ... liegen wir in einer nördlichen Strömung zwischen dem nahezu
stationären Hoch bei Irland und dem Trog über Nord- und Osteuropa. Vor allem im
Osten und Süden ist die Strömung immer noch leicht zyklonal geprägt und die
Luftmasse feucht und instabil, was zu weiteren schauerartigen Regenfällen führt,
die auch von Gewittern begleitet sein können. Die Unwettergefahr ist höchstens
noch gering, wenn überhaupt.
Weiter westlich und nördlich beruhigt sich das Wetter unter zunehmendem
Hochdruckeinfluss und neben Wolken/Quellwolken scheint auch zeitweise die Sonne.

Der Wind spielt keine große Rolle, an der Nordsee langt es zu einzelnen 7er Böen
aus Nordwest.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Entwicklung ist im groben Maßstab unstrittig. Detailfragen, gerade was die
Konvektion angeht, müssen noch offen bleiben. Auch der Regen an den Alpen kann
eventuell auch mit Starkregenwarnungen erschlagen werden.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner