DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

08-07-2019 10:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Montag, den 08.07.2019 um 10.30 UTC



Wechselhaft und mäßig-warm mit gebietsweisen Schauern und Gewittern, dabei teils
markanter Starkregen wahrscheinlich.
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Synoptische Entwicklung bis zum Montag, den 15.07.2019


Nach den ausgeprägten Hitzewellen Ende Juni und Anfang Juli hat sich nun
Sommerwetter der Marke "mäßig-warm" eingestellt, das allerdings mehrheitlich
ziemlich trocken vonstattengeht und den Gartenbesitzern und Landwirten weiter
Sorgenfalten auf die Stirn treibt. Grund genug mal zu schauen, ob es in der
Mittelfrist dringend benötigte Niederschläge gibt, die die Trockenheit lindern
können.

Die Ausgangslage ist dabei nicht die Schlechteste. So liegt Deutschland am
Donnerstagmittag zwischen einem umfangreichen Höhentrog über Skandinavien und
Nordwestrussland und einem weiteren Trog etwa bei Island sowie einem Rücken über
dem Nordostatlantik in einer nordwestlichen Höhenströmung. Die Frontalzone ist
bis zur Biskaya, der Mitte Frankreichs und bis in den Norden Griechenlands
vorgedrungen. An den Trog über Island ist ein Bodentief mit Zentrum knapp
nördlich von Schottland gebunden, dessen Ausläufer Deutschland mit gebietsweise
Schauern und einzelnen Gewittern erreichen. Damit gelangt auch mäßig-warme
Meeresluft mit T850 hPa von 6 Grad im Norden bis 13 Grad im Süden in unser Land.


Der Höhentrog über Island macht sich bis zum Samstag auf dem Weg nach
Mitteleuropa und führt das zugehörige Bodentief über Deutschland nach Polen. Die
Frontalzone verbleibt südlich von uns und feuchte Meeresluftmassen, die weiter
vom Atlantik über die Nordsee zu uns gebracht werden, führen das Regiment. Sie
bewirken Schauer und Gewitter in vielen Teilen Deutschlands. Etwas ausgenommen
ist der Nordosten, der unter der Leewirkung des Skandinavischen Gebirges zu
"leiden" hat. Die 850 hPa-Temperaturen bleiben mit 7 bis 13 Grad im gedämpften,
aber nicht allzu kalten Bereich. So sind in 2 m Höchstwerte meist zwischen 20
und 25 Grad zu erwarten, im Südwesten auch mal knapp darüber, sodass dort
Sommertage verzeichnet werden dürften.

Am Sonntag verabschieden sich Höhentrog und zugehöriges Bodentief nach Osteuropa
und hinterlassen eine nördliche Strömung am Rande eines blockierenden neuen
Hochdruckgebietes über den Britischen Inseln, das bis nach Island reicht. Die
damit verbundenen Luftmassen stammen aber nicht aus polaren Gebieten, sondern
werden von Süden über den Atlantik um das Hoch herum wieder nach Süden und nach
Deutschland gelenkt. Die T850 hPa ändern sich folglich nicht wesentlich. Da nun
jedoch der Luftdruck steigt, nehmen die Niederschlagssignale allmählich ab, am
deutlichsten sind sie noch im Süden ausgeprägt, dort kommt es zu Staueffekten.

In der erweiterten Mittelfrist ab Montag herrscht zunächst Zwischenhocheinfluss.
Das blockierende Hoch über den Britischen Inseln wird aber rasch wieder
abgebaut, weil ein Trogvorstoß südlich von Grönland diesem zusetzt. Aus diesem
Trogvorstoß spaltet sich dann ein Höhentief ab, das Kurs auf die Nordsee nimmt
und ein korrespondierendes Bodentief dorthin mitschleppt. Ausläufer dieses Tiefs
ziehen nach Deutschland und sorgen wieder für wechselhafteres Wetter bei etwas
zurückgehenden Temperaturen.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die Konsistenz des aktuellen EZWM-Laufs von 00 UTC zu seinen beiden Vorläufen
ist bis zum Sonntag sehr hoch. Gewisse Timingunterschiede, insbesondere bezogen
auf den Höhentrog, der von Island nach Mitteleuropa und dann nach Polen
weiterzieht, sind nur marginaler Natur und ändern die Vorhersage kaum. Erst in
der erweiterten Mittelfrist ab Montag zeigen sich dann leichte Unterschiede, die
vor allem auf das Timing und die Dauer des Hochdruckeinflusses
(Zwischenhocheinflusses) beruhen. Dieser könnte stärker sein (gestrige 00
UTC-Lösung), später beginnen (gestrige 12 UTC-Lösung) oder kürzer ausfallen
(heutige 00 UTC-Lösung.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


ICON ist dem EZMW sehr ähnlich, lässt den Islandtrog aber nicht nach Osteuropa
abwandern, sondern zum Mittelmeer abtropfen. Für unser Wetter spielt das kaum
eine Rolle. GFS zeigt den Islandtrog nur als sehr flachen und kaum erkennbaren
Randtrog und lässt den nachfolgenden Rücken viel stärker aufwölben. Dieser wäre
früher bei uns als der EZMW-Rücken. Die Niederschlagssignale sind entsprechend
schwächer und hören früher auf, zudem würden die Temperaturen ansteigen. GEM
wandelt auf den Spuren des EZMW, setzt aber auch auf einen kräftigeren Rücken ab
Montag. NAVGEM ist dem GFS nahe und lässt den Islandtrog nur wenig zur Geltung
kommen, womit die Konvektion ebenfalls nicht so stark ist wie beim EZWM.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Rauchfahnen des EZMW-Ensembles sind für diverse deutsche Städte bis zum
Samstag eng gebündelt (T850 hPa und Geopot 500 hPa). Ab Sonntag öffnen sich die
Spreads, was die Vorhersageunsicherheit ab diesem Zeitpunkt bestätigt. Vor allem
hinsichtlich eines wieder absinkenden Geopotenzial sind auch andere Lösungen
denkbar, befinden sich Haupt- und Kontrolllauf doch eher im unteren Bereich der
Verteilungen. Niederschlagssignale sind von Mittwoch bis Samstag fast überall,
aber mit abnehmender Tendenz in Richtung Nordosten, vorhanden.

Die Clusteranalyse wartet zwischen Donnerstag und Samstag mit vier Clustern auf.
Wesentliche Unterschiede gibt es nur bei C4, der den Islandtrog länger über
Mitteleuropa hängen lässt. Zwischen Sonntag und Dienstag gibt es dann drei
Cluster. Alle drei zeigen verschiedene Variationen des neuen Höhentiefs/-trogs,
das zur Nordsee zieht. Bei C1 wird er zurückgehalten und erreicht erst am
Dienstagabend Schottland. C2 entspricht der deterministischen Lösung. C3 lässt
das Höhentief in die Biskaya ziehen.

FAZIT: Dem wechselhaften Wetter mit Schauern und Gewittern bei mäßig-warmen
Temperaturen bis zum Wochenende steht kaum was entgegen, sodass sich die
Trockenheit in vielen Regionen etwas entspannen dürfte. Danach folgt ab
Samstag/Sonntag wahrscheinlich Zwischenhocheinfluss bei ähnlichen Temperaturen.
Ab Montag wird die Vorhersage unsicher. Etwas mehr spricht dafür, dass der
Hochdruckeinfluss nur vorübergehend ist und erneut wechselhaftes Wetter
aufkommt. Dabei würden sich die Temperaturen nur wenig ändern. Eine Rückkehr zu
heißem Wetter wird dagegen von den meisten Modellen/Ensembles nicht angeboten.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Bei den zu erwartenden Gewittern im Wochenverlauf sollte sich die Stärke in
Grenzen halten. Zwar ist die Dynamik mit dem Höhentrog gut ausgeprägt, die
Labilität bei Temperaturen bei etwa -20 Grad in 500 hPa aber nicht überbordend.
CAPE steht auch nur im begrenzten Maße zur Verfügung. Am ehesten könnte noch
Starkregen für kräftigere Gewitter sorgen, zumal sich die Zuggeschwindigkeit bei
recht flauem Gradienten des eher flachen Troges in 500 hPa in Grenzen hält. Eine
ausgewachsene Schwergewitterlage deutet sich vorerst nicht an.
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Basis für Mittelfristvorhersage
MOSMIX, EZMW, EZMW-MOS
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Simon Trippler