DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

06-07-2019 18:01
SXEU31 DWAV 061800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 06.07.2019 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Kaltfrontpassage von Nord nach Süd, dabei im äußersten Süden konvektive
Umlagerungen mit lokaler Unwettergefahr. An der See weiterhin windig, teils
stürmisch.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 12 UTC
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Aktuell ... ist eine Kaltfront dabei, Deutschland von Nord nach Süd zu
überqueren, was aber dauert. So wird sie es von Norddeutschland kommend im Laufe
der Nacht bis in die Mitte schaffen und erst am Sonntag die Alpen ansteuern. Das
zugehörige Tief PIRMIN - heute Mittag über Südnorwegen gelegen - zieht langsam
ostwärts, erreicht Mitternacht UTC Gotland und morgen Mittag das Baltikum. Auf
seiner Rückseite gelangt ein Schwall frischer Meeresluft polaren Ursprungs
insbesondere in den Norden (T850 2 bis 5°C), in der die Bewölkung zeitweise
auflockert. Viele Schauer sind nicht am Start, weil es an ausreichend Labilität
durch höhenkalte Luft mangelt. Zwar schwenkt über Jütland ein KW-Trog hinweg,
sein Wirkungsradius ist aber limitiert. Was bleibt ist ein lebhafter
Nordwestwind im Küstenbereich mit steifen Böen 7 Bft, an der nordfriesischen
Küste sowie vermehrt auch an der Ostsee stürmischen Böen 8 Bft.
Kommen wir zur Landesmitte, wo wie schon erwähnt die Kaltfront aufschlägt mit
dichter Bewölkung und einem zonal exponierten Regenband. Während im westlichen
Teil die ohnehin nicht überbordend ausgeprägte Niederschlagsintensität
nachlässt, kommt es nach Osten hin durch die o.e. Trogpassage zu einer leichten
Aktivierung. So oder so, viel Regen fällt nicht, mehr als 5 mm innert 12 h -
lokal - dürften morgen früh kaum bilanziert werden.
Weiter geht es in den Süden, wo sich vor der Kaltfront eine zonal ausgerichtete
Konvergenz ausgebildet hat, deren Abstand zur Kaltfront bis zum Morgen aber
immer geringer wird. Die Konvergenz müht sich zwar sehr, schafft es aber trotz
aller Anstrengungen nicht, vernünftige Konvektion in Gang zu bringen. Wie auch,
wenn der Treibstoff, sprich, die präfrontale Warmluft nicht viel hergeben. Zwar
ist die Luftmasse durchaus labil geschichtet, es mangelt aber an ausreichend
Wasserdampf, auch wenn die Taupunkte von Norden her allmählich vom einstelligen
in den zweistelligen Bereich steigen. So bleibt es bei Wolken, einigen wenigen
Schauern (deren Tropfen nicht immer unten ankommen) und einem mitunter etwas
auflebenden, von Südwest auf West bis Nord drehenden Wind (vereinzelte
7er-Böen).
Abschließend noch der Blick in den äußersten Süden, wo die Luftqualität der
Konvektion am zuträglichsten ist. Der Feuchtegehalt nimmt von Westen her immer
weiter zu (PPWs über 30 mm, spez. Feuchte bis zu 13 g/kg), dazu gibt es eine
abgehobene Mischungsschicht etwa zwischen 800 und 550 hPa, in der ausreichend
MU-CAPE (teils zwischen 1000 und 1500 J/kg) vorhanden ist. Für Hebung ist durch
die Annäherung der Konvergenz von Norden her sowie durch die Passage von kurzen
Wellen in der zunehmend zyklonal konturierten Höhenströmung. Während der Fokus
am Nachmittag und am frühen Abend aufgrund der zu dieser Zeit noch trocknen
Grundschicht und der nachfolgenden Druckwelle auf (schweren) Sturmböen lag (so
richtig gebeutelt wurden allerdings unsere schweizer Nachbarn, wo verbreitet
schwere Gewitter sogar Orkanböen bis in tiefe Lagen brachten (z.B. Luzern mit
sagenhaften 135 km/h)), verschiebt sich das Ganze im Laufe der Nacht mehr und
mehr in Richtung Starkregen (teils durch Verclusterung, teils durch
Mehrfachtreffer). Warnmäßig sollte man sich weiterhin auf die üblichen
Mechanismen des Nowcastings verlassen, die Modelle, seien sie noch so
hochauflösend, können nur bedingt Hilfestellung leisten.

Sonntag ... trogt die Höhenströmung über Deutschland noch etwas aus, ohne dass
daraus eine nennenswerte Amplitude erwächst. Eingelagert in die großräumige
Trogstruktur ist ein markanter KW-Trog, der wohl noch am Vormittag von der
Nordsee her auf NW-Deutschland übergreift, um im weiteren Verlauf über den
Norden ostwärts zu schwenken. So imposant der Trog im Potenzialfeld aussieht, so
harmlos gibt er sich in der Realität, will heißen, bis auf ein paar wenige
Schauer wird wohl nur ein Satz heißer Luft geliefert - obwohl, die einfließende
Meeresluft ist eher das Gegenteil, nämlich kühl und trotz der marinen Herkunft
ziemlich trocken, was nicht gerade konvektionsfördern ist. Hinzu kommt eine
Inversion bei ca. 800 hPa (relativ warme Wolkenoberfläche um 0°C), die die
vertikale Ausdehnung bremst und die Quellungen eher in die Breite lenkt. Der KLA
folgend baut sich von Westen her ein schwacher Bodenkeil auf, der im Verbund mit
dem zum Baltikum abziehenden Tief den Druckgradienten soweit aufrecht hält, dass
an der Küste und im angrenzenden Binnenland mit Böen 7 Bft, an der Ostsee
anfangs auch noch 8 Bft gerechnet werden muss. Wie weit die steifen Böen nach
Süden ins norddeutsche Binnenland ausgreifen, muss abgewartet werden, ist aber
im Nordosten wahrscheinlicher als im Nordwesten.
Ansonsten gilt es zu konstatieren, dass die Kaltfront (mit immer schwächer
werdendem frontalen Regen) im Tagesverlauf auch Süddeutschland hinter sich lässt
und irgendwann die Alpen erreicht. Zuvor muss aber schon am Morgen mit
konvektiven Resten aus der Nacht in Form von Gewittern oder auch schauerartigem
(Stark)Regen gerechnet werden, die dann wahrscheinlich in die vormittägliche
Depression laufen. Danach deuten quasi alle Modelle eine "Erholung" der
präfrontalen Warmluft an, sprich, die Voraussetzungen für (schwere) Gewitter
werden noch mal regeneriert (Labilität, Feuchte, CAPE), einschließlich etwas
Scherung. Betroffen sind die südlichen Teile BWs und Bayerns, wobei die genaue
Formation der Konvektion noch Fragezeichen offenlässt. Auf en Alpengipfeln
treten weiterhin stürmische Böen 8 Bft, vereinzelt Sturmböen 9 Bft auf.
Während die Nordhälfte mit Tageshöchstwerten von 15 bis 21°C zufrieden sein
muss, sind es weiter südlich 20 bis 26°C.

In der Nacht zum Montag dauert die Troglage an, wobei von Nordwesten her ein
weiterer kurzwelliger Anteil nicht nur die Regeneration sichert, sondern auch
die Schauertätigkeit im äußersten Norden aktiviert. Ob dabei auch ein kurzes
Gewitter herausspringt, ist noch offen. Der Wind an der Küste büßt etwas an
Power ein, an der Ostsee reicht es aber noch für die eine oder andere 7er-Böe.
Im Süden ziehen sich die Gewitter unter Abschwächung mehr und mehr an und in die
Alpen zurück.

Montag ... verlagert sich die Achse des Höhentrogs gen Osten. Rückseitig dreht
die weiterhin zyklonale Höhenströmung zusehends auf Nordwest und auch der
Bodenwind kommt weiterhin aus dem Nordwestsektor - kein Wunder, wenn der hohe
Luftdruck über UK/Irland bzw. dem Nordmeer und der tiefe Luftdruck weiterhin
über dem baltischen Raum liegt. In der einfließenden erwärmten maritimen
Polarluft entwickeln sich Schauer, die von Norden her bis in die mittleren
Landesteile ausgreifen. Dabei kann im Norden auch ein kurzes Gewitter nicht
ausgeschlossen werden. Dazu weht an der Nordsee und etwas landeinwärts ein
frischer Wind mit Böen 7 Bft.
Im südlichen Drittel des Landes stellt sich im Bereich eines schwachen
Bodenhochkeils heiter bis wolkiges und meist trockenes Wetter ein - mit einer
Ausnahme. An, vor allem aber in den Alpen, wo sich noch Reste der feuchten
Warmluft, sind mit Unterstützung leichter Staueffekte zu Wochenbeginn noch
schauerartige Regenfälle und einzelne Gewitter möglich, lokaler Starkregen
inclusive.
Die Höchsttemperatur reicht von gerade mal 15/16°C an der Nordsee bis zu 23°C im
Süden.

In der Nacht zum Dienstag dreht die Höhenströmung im Zuge einer sich über dem
nahen Ostatlantik Aufwölbung eines Rückens etwas nach rechts. Gleichzeitig
verstärkt sich der besagte Bodenkeil etwas. Die Schaueraktivität im Norden
verlagert sich zusehends in den Nordosten, wo auch immer noch ein kurzes
Gewitter möglich ist. Am Alpenrand schwächen sich Schauer und (mögliche)
Gewitter ab. Ansonsten bleibt es im Großen und Ganzen trocken bei z.T.
aufgelockerter Bewölkung. In den westlichen Mittelgebirgen kühlt es bei längerem
Aufklaren stellenweise auf etwas unter 5°C ab.

Dienstag ... liegen wir zwischen dem Rücken im Westen und dem langsam
abziehenden Trog im Osten, der aber durch einen in die Rückseite
reingrätschenden kurzwelligen Anteil noch mal etwas nach Westen ausgeweitet
wird. Am Rande des von Westeuropa über die Alpen bis zum Balkan reichenden
Bodenkeil scheint im Süden und Südwesten häufig die Sonne. Auch an den Alpen
dürfte die anfänglich noch vorhandene stärkere Bewölkung zunehmend getilgt
werden (später aber wieder Quellungen).
Im Norden und Osten ist der Wolkenanteil höher, es zeigen sich aber auch Lücken
und die Schauerneigung ist nicht besonders ausgeprägt. Am ehesten entwickeln
sich im Nordosten ein paar Huschen. Windwarnungen sind wahrscheinlich nicht mehr
nötig und temperaturmäßig geht es hoch auf 17°C am Blanken Hans und bis zu 25°C
im Oberrheingraben.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die großräumige Entwicklung ist unstrittig. Die Konvektion im Süden muss mit den
üblichen Werkzeugen des Nowcastings abgearbeitet werden.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann