DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

04-07-2019 07:01
SXEU31 DWAV 040800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 04.07.2019 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
NW a, Übergang zu NW z
Heute an der See einzelne stürmische Böen, zum Abend hin in den Alpen einzelne
Gewitter nicht ausgeschlossen. Am Freitag wahrscheinlich keine markanten
Wettergefahren. Am Samstag an der Küste erneut auffrischender Wind mit
stürmischen Böen bis ins küstennahe Binnenland, exponiert (vor allem Ostsee)
auch Sturmböen. Außerdem an den Alpen wieder vermehrt Gewitter, bis in die Nacht
zum Sonntag hinein andauernd, dabei Sturmböen und Starkregen nicht
ausgeschlossen.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 24 UTC
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Donnerstag... liegt Deutschland unter einer nordwestlichen Strömung. In diese
ist ein Höhentief eingelagert, das Mittelskandinavien ost- südostwärts überquert
und eine im Raum Stockholm einsetzende Zyklogenese induziert. Das sich dort
entwickelnde Bodentief bringt im Norden und Nordosten eine Gradientzunahme mit
sich. Während zunächst nur an der Küste ein paar Windböen auftreten, legt der
Wind im Tagesverlauf, gestützt durch den Tagesgang, zu, so dass Windböen bis ins
nördliche und nordöstliche Binnenland hinein auftreten können. Vor allem an der
Ostseeküste, mit etwas geringerer Wahrscheinlichkeit auch an der Nordfriesischen
Küste, muss mit stürmischen Böen bis Bft 8 gerechnet werden. In Verbindung mit
der einsetzenden Zyklogenese streift ein schwacher Frontenzug den Norden, so
dass im Küstenbereich ein paar Millimeter Niederschlag fallen können.
Im weitaus größten Teil Deutschlands hält sich der Einfluss einer Hochbrücke,
die von einem Bodenhoch nördlich der Azoren ausgeht und über Mitteleuropa hinweg
bis in den Schwarzmeerraum gerichtet ist. Absinken lässt keine nennenswerte
Wolkenbildung zu. Eine Ausnahme stellt vielleicht noch der unmittelbare
Alpenrand dar. Dort sind noch Reste feuchtlabiler Luft zu finden. Im
Zusammenspiel mit Orografie und Tagesgang kann es vor allem inneralpin für
einzelne Gewitter (aber bei einem Flüssigwassergehalt kaum über 20 mm nicht für
Unwetter) reichen.
Die Tageshöchsttemperaturen sind von Nord nach Süd gestaffelt. Während im Norden
nur 17 bis 22 Grad zu erwarten sind, können in der Mitte 21 bis 25 Grad erreicht
werden. Südlich der Mittelgebirge steigt die Temperatur auf 25 bis 30 Grad.
In der Nacht zum Freitag bringt die Zyklogenese ein kräftiges Tief hervor, das
nach Estland gesteuert wird. Mit der steiler werdenden nordwestlichen Strömung
wird die Kaltfront dieses Tiefs bis ins nördliche und nordöstliche Binnenland
gedrückt und wird danach bald wieder rückläufig. Nennenswerte Niederschläge
bleiben jedoch auf den Küstenbereich beschränkt. Mit dem Übergreifen des
Frontenzuges bleibt der kräftige Gradient im Norden und Nordosten bestehen, so
dass sich der Wind tagesgangsbedingt zwar im Binnenland, aber an der Küste nur
unwesentlich abschwächt. Erst ausgangs der zweiten Nachthälfte sollte auch dort
der Wind allmählich abflauen.

Freitag... verlagert sich ein weiteres Höhentief in die nördliche Nordsee.
Zwischen diesem und dem mittlerweile über den Baltischen Staaten liegenden
Höhentief wird die nordwestliche Strömung über Mitteleuropa leicht antizyklonal
deformiert. Zudem kann sich ein über dem westlichen Mittelmeer liegender
Höhenkeil etwas nach Norden ausweiten, was noch etwas Geopotentialgewinn bringt.
Allerdings liegt vor der Iberischen Halbinsel ein breiter Trog, der Warmluft
nach Westeuropa führt. Hierdurch beginnt der Druck zu fallen, was die bisher
wetterbestimmende Hochbrücke allmählich abbaut. Das bringt eine Gradientabnahme
mit sich, so dass kaum noch Windböen auftreten sollten. Noch bleibt aber der
Einfluss der Brücke bestehen. Im Westen und Süden hält Absinken mögliche
Bewölkung flach, wogegen der Norden und Nordosten noch von Warmfrontbewölkung
gestreift wird, die aber keine nennenswerten Niederschläge bringt. Im
Tagesverlauf dürfte aber auch diese Bewölkung von Westen und Süden her zusehends
auflockern oder zumindest Lücken bekommen.
Am Alpenrand ist zwar die Schichtung noch labil, Absinken unterdrückt jedoch
Konvektion, so dass selbst inneralpin Gewitter eher unwahrscheinlich sind.
Die Tageshöchsttemperaturen ändern sich gegenüber heute nur unwesentlich. In
tieferen Lagen Wert- und Südwestdeutschlands kann ein leichter Temperaturanstieg
erfolgen.
In der Nacht zum Samstag gelangt das Höhentief von der nördlichen Nordsee bis
vor die Südspitze Norwegens, so dass sich dort eine weitere Zyklogenese
abzeichnet. Allerdings liegt dieses Tief nicht sonderlich entwicklungsgünstig.
Im Bereich des Warmsektors dieses Tiefs frischt der Wind auch wieder auf und
wird ausgangs der Nacht an der Nordsee warnrelevant. Zudem setzt im Norden Regen
ein, mehr als 10 mm Niederschlag innerhalb von 12 Stunden sind jedoch
unwahrscheinlich. Im Süden und zumeist auch in der Mitte dürfte es erneut
aufklaren.

Samstag... verlagert sich das Höhentief weiter südostwärts und gelangt nach
Südschweden, der von diesem Tief ausgehende Trog erfasst den Nordwesten
Deutschlands. Die Kaltfront des sich nicht mehr wesentlich intensivierenden
Tiefs gelangt an die Vorderseite es übergreifenden Troges und arbeitet sich
leicht schleifend etwas bis zur nördlichen Mitte Deutschlands voran. Dabei ist
die Niederschlagstätigkeit an dieser Front nach wie vor nicht warnrelevant.
Rückseitig dreht die bodennahe Strömung steil auf Nordwest, der Wind frischt
auf, erreicht bis ins nördliche Binnenland hinein Warnschwellen und an der
gesamten Küste können dann, mit Hilfe durch den Tagesgang, stürmische Böen
auftreten.
Mit dem (vor allem in den diagnostischen Feldern) weit nach Süden reichenden
Trog kann sich die nach wie vor an den Alpen liegende feuchtlabile Luft wieder
etwas mehr nach Norden, d.h. bis ins nördliche Alpenvorland, vorschieben. Zudem
wird die Luftmasse aktiviert, Hebung lässt konvektive Umlagerungen
wahrscheinlicher werden als an den Tagen zuvor. Das Kondensationsniveau liegt
bei 800 hPa oder wenig darüber, der Gehalt an niederschlagbarem Wasser steigt
auf deutlich über 30 mm, so dass die Konvektion durchaus wieder heftiger
ausfallen kann. Zudem liefert die Scherung (sowohl nieder- als auch
mitteltroposphärisch) Indizien für organisiertere Entwicklungen. Allerdings
könnte die rasch auf den Süden übergreifende Kaltluftadvektion der Konvektion
einen Strich durch die Rechnung machen - die Entwicklung ist folglich noch
keinesfalls sicher. Was sich allerdings mit Sicherheit feststellen lässt, ist
das vollständige Verschwinden der bisher wetterbestimmenden Hochbrücke. Das
äußert sich in einem Übergreifen hoher und mittelhoher, aber zunächst lockerer
Wolkenfelder auf den Süden und Teile der Mitte. Da in diese Gebiete advektiv
eher etwas wärmere Luft gelangt, sollte sich an den Temperaturen gegenüber
Freitag nicht allzu viel ändern.
In der Nacht zum Sonntag schwenkt der nördliche Teil des Troges über den Norden
Deutschlands hinweg nach Polen, wogegen der südliche Trogteil "zurückhängt" und
ausgangs der Nacht erst den Südwesten Deutschlands erreicht. Immerhin dürfte die
Kaltfront dann die Mittelgebirge überqueren. Da diese Front von
Kaltluftadvektion überlaufen wird, sind daran allenfalls in Staulagen einige
Millimeter Niederschlag gekoppelt.
Der Süden verbleibt noch größtenteils an der Trogvorderseite, so dass die
Konvektion nicht so rasch zum Erliegen kommen dürfte und unmittelbar an den
Alpen vielleicht sogar eine Intensivierung, möglicherweise bis hin zum
unwetterartigen Starkregen, vorstellbar ist.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle zeigen eine weitgehend ähnliche Entwicklung. Anhand der
synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognoserelevanten Unterschiede
finden. Die Intensivierung der Niederschläge am Alpenrand in der Nacht zum
Sonntag wird von allen verfügbaren Modellen gezeigt.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann