DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

02-07-2019 11:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 02.07.2019 um 10.30 UTC



Zonal geprägte Großwetterlage mit kurzen Wellen, dabei thermisches
Süd-Nord-Gefälle. An der See zeitweise stürmisch und nass, im Süden einige
Gewitter, sonst aber vielfach trocken oder nur wenig Regen.
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Synoptische Entwicklung bis zum Dienstag, den 09.07.2019


Zu Beginn des mittelfristigen Prognosezeitraums am kommenden Freitag befindet
sich Deutschland am Südrand einer umfangreichen, mit verschiedenen Drehzentren
gespickten Tiefdruckzone über Fennoskandien und dem Europäischen Nordmeer. Als
Antagonist entpuppt sich das leicht nach Norden verschobene Azorenhoch (Freitag
00 UTC Schwerpunkt mit etwas über 1020 hPa westlich von Irland), dessen "langer
Arm" in Form eines Keils über Mitteleuropa bis zum Schwarzen Meer gerichtet ist.
Thermisch bedingt diese Konstellation ein klares Süd-Nordgefälle der Temperatur,
was sich in T850-Werten von rund 15°C in Alpennähe und gerade mal 5°C an der
Grenze zu Dänemark widerspiegelt. In 2m Höhe ist der Temperaturunterschied sogar
noch etwas größer, stehen doch 17/18°C im Küstenraum rund 30°C im Süden und
Südwesten gegenüber. Dazu regnet es teils schauerartig im Norden, während im
Süden verbreitet die Sonne scheint.

Noch im Laufe des Freitags beginnen das Hoch und der zugehörige Keil zu
schwächeln, was am Samstag mit einer leichten Südverlagerung der nördlichen
Schauerzone quittiert wird. Genau genommen verlagert sich die Kaltfront eines
Randtiefs über Südskandinavien langsam südwärts, auf deren Rückseite in den
Norden etwas kühlere Nordseeluft gespült wird (T850 2 bis 5°C). Südlich der
Donau, schwerpunktmäßig an den Alpen nimmt die Wahrscheinlichkeit einzelner
Schauer oder Gewitter in der weiterhin präsenten Warmluft zu.
Zum Sonntag hin dehnt sich die Frontalzone in Form eines sehr breiten, dafür
aber flachen Troges non Norden her etwas nach Süden aus, was dort weiteren
Druckfall und eine Zunahme der Schauer- und Gewitterneigung bei gleichzeitig
leichtem Rückgang der Sonnenscheindauer zur Folge hat. Zudem geht die Temperatur
etwas zurück, was aber nichts am Fortbestand des Süd-Nord-gefälles ändert.
Apropos Norden, dort deutet sich ein Refresh des vorübergehend in der Versenkung
verschwundenen Bodenhochkeils an, der wahrscheinlich die Schaueraktivität etwas
dämpft.
Zu Wochenbeginn kräftigt sich der Hochkeil etwas (das Hoch selbst liegt weit
draußen auf dem Atlantik und zwar deutlich südlicher als noch am Freitag) bei
gleichzeitiger Ausdehnung nach Süden. Da sich zudem in der Höhe - wenn auch mit
Bummelzugtempo - ein flacher Rücken aufwölbt, bekommt das gesamte Setup einen
zunehmend antizyklonalen Touch. Die Folgen sind u.a. eine abnehmende Schauer-
und Gewitterwahrscheinlichkeit im Süden sowie eine Erwärmung im Norden, ohne
dass dort gleich die Bullenhitze ausbricht.

In der erweiterten Mittelfrist ab Mittwoch deutet sich von Westen her die
Annäherung eines aktiven Kurzwellentrogs an, der - ohne hier schon auf
Einzelheiten eingehen zu können - wieder wechselhafteres Wetter mit Regenfällen
und Gewittern bringen würde.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die Konsistenz der jüngsten IFS-Modellläufe (ECMF) kann summ summarum als gut
bezeichnet werden. Dabei wird die eingeschlagene Richtung der großräumigen
Strömungskonstellation von Lauf zu Lauf bestätigt. Sie, also die
Strömungskonstellation, lässt sich vereinfacht durch eine mal mehr, mal weniger
antizyklonal ausgeprägte West-Nordwestlage charakterisieren mit einem
Süd-Nord-Gefälle der Temperatur sowie einem oszillierenden Azorenhochkeil (siehe
oben). Der Norden präsentiert sich dabei zunächst wechselhaft und windig mit
Schauern, während nach Süden hin zeitweise Hochdruckeinfluss wirksam ist (was
Schauer oder auch Gewitter nicht kategorisch ausschließt).
Unsicherheiten ergeben sich in den jeweiligen Modellläufen vor allem in der
genauen Positionierung der Wetterzonen, sprich, wann genau dehnt sich die
nördliche Schauerzone wie weit in Richtung Mitte und Süden aus, vice versa. Fakt
aber ist, dass weder eine landesweite Hitzewelle noch ein hochgradig
unterkühlter Witterungsabschnitt auf der Karte stehen.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Was für die Konsistenzbetrachtung des IFS gilt, gilt im Großen und Ganzen auch
für den Vergleich der etablierten Globalmodelle (ICON, GFS, GEM, UKMO). Die
Grundidee, wie sich das Wetter im weiteren Verlauf der ersten Julidekade
entwickeln soll, ist überall gleich. Unschärfen respektive Unterschiede sind im
Wesentlichen der Behandlung kurzer Wellen geschuldet, was völlig normal ist. Als
Beispiel sei der Anfang der kommenden Woche herausgegriffen, den besonders ICON
und GFS zyklonaler einschätzen (ein ostwärts schwenkender Randtrog wird spitzer
und langsamer simuliert => mehr Niederschläge im Norden und in der Mitte) als
IFS.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die IFS-EPS-Rauchfahnen verschiedener deutscher Städte beginnen schon ab Freitag
ein wenig zu spreizen. Gleichwohl ist ein Trend erkennbar mit einem Temperatur-
und Potenzialmaximum am Freitag und einem nachfolgenden Rückgang am Wochenende.
Im Laufe der nächsten Woche nimmt der Spread weiter zu bei zunächst leicht
steigender, dann wieder leicht fallender Tendenz (T850 und Pot500). Haupt- und
Kontrolllauf befinden sich dabei meist im oberen Bereich der Kurvenscharen. Bei
den Niederschlagssignalen fällt auf, dass diese in den im mittleren Drittel
Deutschlands liegenden Städten (hier Leipzig, Offenbach, Essen) am schwächsten
ausgeprägt sind.
Der o.e. zunehmende Spread spiegelt sich auch in der Clusterung wider. So wartet
IFS-EPS im Zeitraum T+120...168h (Sonntag bis Dienstag) mit fünf Clustern auf, die
Deutschland meist am Rande der leicht flatternden Frontalzone sehen. Auch der
schon angesprochene Azorenhochkeil taucht in unterschiedlicher Ausprägung immer
wieder auf. Daraus und aufgrund von Phasenunterschieden erklärt sich die hohe
Clusterzahl, substanziell sind die Abweichungen nicht.
Ab Mittwoch (T+192...240h) reduziert sich die Anzahl an Clustern auf drei. In
allen drei Fällen bleibt die Grundströmung vergleichsweise zonal ausgerichtet,
in der kurze Wellen den Ton angeben (=> wechselhafter Witterungscharakter).

FAZIT: Trotz der angesprochenen Modellunschärfen und dem vorhandenen Spread in
den probabilistischen Vorhersagen ist die Grundausrichtung unstrittig.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Gerne legen wir Meteorologen an dieser Stelle den Fokus auf Begrifflichkeiten
wie Gewitter, Sturm, Hagel/Starkregen etc., aber am signifikantesten im kurz-
und mittelfristigen Prognosezeitraum ist die in vielen Regionen fortdauernde
Niederschlagsarmut respektive Trockenheit. Allein der Blick auf die
akkumulierten Niederschläge von IFS, ICON und GFS bis nächsten Dienstag zeigt in
den mittleren Landesteilen (mal mehr, mal wenig breit) eine extrem dürftige
Bilanz mit wenig bis gar kein Regen. Und auch das Maximum im Süden sollte man
nicht überinterpretieren, kommt doch ein Großteil davon konvektiv zustande, was
häufig nur bedingt zielführend ist, wenn es um kontrollierten Wassereintrag in
die Böden geht. Einzig der äußerste Norden bzw. Nordosten könnte aufgrund
wiederholter Schauer oder schauerartiger Regenfälle einen gewissen Benefit aus
der Wetterlage beziehen.

Ansonsten sei auf die erhöhte Wahrscheinlichkeit für Sturmböen 8-9 Bft am
Wochenende an der See sowie in einigen Hochlagen hingewiesen, die laut GFS und
ICON auch am Wochenanfang noch gegeben ist. In der Probabilistik werden die
Signale ab Montag aber merklich dünner.
Im Süden nimmt im Laufe der Zeit die Gewitterneigung zu, insbesondere südlich
der Donau und dort an den Alpen. Starkregen und Hagel dürften dabei die oberen
beiden Plätze in der Liste der begleitenden Parameter einnehmen.
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Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-Mix mit IFS-EPS und Modellmix.
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Hoffmann