DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

28-06-2019 10:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 28.06.2019 um 10.30 UTC



Am Montag in der Südosthälfte noch heiß mit Gewittern, teils Unwetterpotenzial.
An den Küsten zeitweise stürmische Böen.
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Synoptische Entwicklung bis zum Freitag, den 05.07.2019


Am Montag, zu Beginn des mittelfristigen Vorhersagezeitraumes, liegt eine
Kaltfront, die zu einem von der Bottenwiek nach Finnisch-Lappland ziehenden Tief
gehört, diagonal über Deutschland. Sie trennt kühlere Luft in der Nordwesthälfte
(mittags Temperatur im 850-hPa-Niveau 7 bis 13 °C) von einer heißen und instabil
geschichteten Luftmasse (T850 13 bis knapp 25 °C) in der Südosthälfte.
Entsprechend gestaltet sich auch das Temperaturniveau am Boden: in der
Südosthälfte 28 bis 34 °C, in der Nordwesthälfte 19 bis 28 Grad. In der Höhe
liegen wir auf der Vorderseite eines Troges über Nordeuropa und dem
Nordatlantik, von dem ausgehend sich zum Mittagstermin von Nordwesten her ein
kurzwelliger Anteil nähert. Das führt dazu, dass die bis dahin unspektakuläre
Kaltfront aktiviert wird und sich an ihr sowie in ihrem Vorfeld schauerartiger
Regen bzw. kräftige Schauer und Gewitter entwickeln. Angesichts der Luftmasse
sind dabei auch schnell die Unwetterwarnschwellen erreicht. Im Norden
Deutschlands macht sich der nordeuropäische Trog indes mit Schauern bemerkbar,
die allerdings meist von schwacher Natur sind.
Allgemein frischt der westliche Wind auf: Während in der Mitte und im Süden
warnwürdige Böen hauptsächlich in Kaltfrontnähe und bei konvektiven Ereignissen
auftreten, gibt es diese im Norden durchaus gradientbedingt. An den Küsten kommt
es zeitweise zu stürmischen Böen.

Am Dienstag hat die Kaltfront die instabile Warmluft in den äußersten Süden
Deutschlands abgedrängt. Dort können sich im Tagesverlauf erneut kräftige
Schauer und Gewitter bilden. Der große Rest des Landes befindet sich postfrontal
in der deutlich kühleren Luftmasse (an der Nordseeküste nur knapp über 0 °C im
850-hPa-Niveau, in der Mitte noch um 9 °C). Das spiegelt sich auch in den
prognostizierten Maxima wider, die es nördlich einer Linie Emsland-Stettiner
Haff nicht oder nur mit Mühe über die 20-Grad-Marke schaffen. In der Mitte wird
es mit Höchstwerten um 25 °C sommerlich warm, im Süden werden lokal 29 °C
erreicht. Im Norden gibt es vor allem in der ersten Tageshälfte im
Einflussbereich des nordeuropäischen Troges noch Schauer. In der zweiten
Tageshälfte beruhigt sich das Wetter in weiten Teilen, da wir nun auf die
Rückseite des Troges gelangen und gleichzeitig ein Hoch mit Schwerpunkt westlich
Irland einen Keil in unsere Richtung schiebt.
In Sachen warnwürdiger Elemente stehen neben den Gewittern im äußersten Süden an
den Küsten stürmische Böen, im angrenzenden Binnenland steife Böen auf dem
Programm.

Am Mittwoch lagern zwar am Alpenrand noch Reste leicht instabiler Luft, mangels
dynamischen Antriebs sollte aber niederschlagstechnisch nicht allzu viel
passieren. Große Teile Deutschlands profitieren von einer aus dem o.e. Keil
hervorgegangenen Antizyklone (Schwerpunkt mit ca. 1038 hPa am östlichen Rand von
Humber). Ganz lupenrein ist das Ganze aber nicht, denn an der Nordostflanke des
Hochs wird feuchte Nordseeluft herangeführt, sodass die Sonnenanteile vor allem
im Norden Deutschlands reduziert sein dürften. Niederschlag ist aber
unwahrscheinlich. Die Maxima erreichen zwischen 19 Grad in Südschleswig (T850 =
6 °C) und 28 Grad im Südwesten (T850 = 13 °C).

Am Donnerstag verlagert das Hoch seinen Schwerpunkt rasch nach Südosteuropa. Die
zunächst noch schwach ausgeprägte Brücke zu einem Hoch über dem Seegebiet
westlich der irischen Insel weicht im Tagesverlauf einer schwachen Rinne,
nennenswerte konvergente Strukturen lassen sich allerdings nicht ausmachen. Und
so (und auch, weil weitere dynamische Unterstützung fehlt) verwundert es nicht,
dass es trotz des Vorankommens der Warmluft nach Norden (15-Grad-Isotherme in
850 hPa abends auf einer Linie Eifel-Berlin) nicht zur Auslöse von Schauern und
Gewittern kommen soll. Einzig im äußersten Süden zeigt der DMO schwache Signale
für Niederschlag. Neben ein paar Wolken wird also vielfach die Sonne scheinen
und die Maxima erreichen nördlich o.g. Linie 19 bis 25 °C, südlich davon 25 bis
lokal 31 °C.
In der Nacht zum Freitag greift von Nordwesten her die Kaltfront/Okklusion mit
KF-Charakter eines Tiefs über Südostnorwegen über. Besonders wetteraktiv ist
diese aber nicht aufgestellt, bringt sie dem Norden im neuesten IFS-Lauf kaum
einen Millimeter. In erster Linie macht sie sich durch den Rückgang der
Temperatur bemerkbar (s.u.).

Am Freitag erreicht die Kaltfront den Süden, sodass die 850-hPa-Temperatur zum
Tageswechsel zwischen knapp über 0 °C im Norden und 14 °C am Alpenrand liegt. Es
stehen Tageshöchstwerte zwischen 19 °C in Nordfriesland und 28 Grad im Süden ins
Haus. Ganz vereinzelt simuliert der deterministische Lauf des IFS ein wenig
Niederschlag (im krassen Gegensatz zum gestrigen 00-UTC-Lauf!), größtenteils
bleibt es demnach aber trocken.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die Konsistenz des aktuell vorliegenden IFS-Laufes kann bis einschließlich
Mittwoch als sehr gut bis gut bezeichnet werden. Ab Donnerstag zeigen die
Lösungen der drei neuesten Läufe größere Unterschiede.

Den neuerlichen Vorstoß der Warmluft nach Norden, den der gestrige 00-UTC-Lauf
für Donnerstag zeigte, haben auch seine beiden Nachfolger im Programm. Alle drei
Läufe simulieren dabei nur schwache Luftdruckgegensätze. Im Gegensatz zu seinen
Vorgängern offenbart sich nun allerdings zum Mittagstermin statt eines
Tiefdrucksumpfes über Frankreich bzw. Deutschland zunächst eher eine schwache
Hochdruckbrücke. Zwar fällt der Luftdruck im weiteren Verlauf und es bildet sich
eine Rinne, niederschlagstechnisch passiert nach dem neuesten Lauf allerdings
kaum etwas - ganz im Gegensatz zum gestrigen 00-UTC-Lauf. Auch die ab der Nacht
zum Freitag folgende Kaltfront tauchte erst mit dem gestrigen 12-UTC-Lauf auf.
Im gestrigen 00-UTC-Lauf lagen wir am Freitag in einem breiten Warmsektor, wo es
verbreitet zu kräftigen Schauern und Gewittern kommen sollte.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Ein Vergleich der Globalmodelle zeigt bis einschließlich Mittwoch eine ähnliche
Entwicklung. Nachfolgend nehmen auch bei diesem Vergleich die Unterschiede
zwischen den Modellen zu.
Sowohl GFS als auch ICON simulieren wie IFS im äußersten Süden Schauer und
Gewitter. GFS lässt weiterhin einen Keil des atlantischen Hochs über Deutschland
hinweg reichen, an dessen Nordostflanke allerdings eine Okklusion für etwas
Regen im Nordosten sorgen soll. Gleichzeitig liegt das Temperaturniveau in 850
hPa beim GFS deutlich niedriger (2 °C auf Rügen und 14 °C am Alpenrand) als beim
IFS. ICON zeigt ähnliche Strukturen wie das IFS, ist mit seinen T850 aber um ca.
2 Kelvin verhaltener.
Während GFS für Freitag gar keine Kaltfrontpassage, sondern auf der Vorderseite
eines Tiefs über Frankreich einen Anstieg der niedertroposphärischen
Temperaturen im Angebot hat, setzt ICON auf ein ähnliches Timing und auch auf
ähnliches Temperaturniveau wie IFS. Grundlegender Unterschied zwischen IFS und
ICON ist jedoch die Wetteraktivität der Front: ICON zeigt daran (zumindest
soweit verfügbar) flächige Niederschläge bis 5 mm/12 h, in Vorpommern teils
sogar um 10 mm/12 h. Zudem wird der Gradient im Norden um einiges schärfer
gerechnet, sodass es dort demnach an der See zu Sturmböen, im Binnenland zu
Wind- oder stürmischen Böen kommen würde.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Rauchfahnen einer repräsentativen Auswahl deutscher Städte zeigen bis
einschließlich Mittwoch einen relativ gebündelten Verlauf mit einem sukzessiven
Rückgang der 850-hPa-Temperatur. Danach nimmt die Streuung der Kurvenschar
deutlich zu, was untermauert, dass die Vorhersage ab diesem Zeitpunkt keineswegs
in trockenen Tüchern ist. Die meisten Member zeigen zum Donnerstag wieder einen
mehr oder weniger starken Anstieg der T850, wobei Haupt- und Kontrolllauf aber
eher im oberen Bereich der Lösungen liegen. Für Süddeutschland zeigt eine
Vielzahl von Membern am Montag Niederschlagssignale (Schauer/Gewitter in der
labilen Luftmasse), ebenso für Norddeutschland (Schauer im Trogbereich,
allerdings mit bedeutend kleinerer Amplitude). Für Niederschlag in den mittleren
Regionen sprechen nur einzelne Lösungen. Im weiteren Verlauf der Woche sind
Niederschlagssignale meist nur bei einigen Membern gegeben, nur für München gibt
es immer wieder ein paar Ausschläge, die wohl der Nähe zur labilen Luftmasse
geschuldet sind. Erst zum Freitag häufen sich die Signale vor allem für Essen
und Hamburg.

Das Clustering offeriert für den Zeitraum von Montag bis Dienstag (T+72...96h)
gleich fünf Cluster, die mit zwölf, elf, elf, neun und acht Membern relativ
gleichmäßig besetzt sind. Der Hauptlauf lässt sich dem zweiten, der Kontrolllauf
dem ersten Cluster zuordnen. Für das Wettergeschehen hierzulande ergeben sich
aber keine allzu großen Unterschiede, was im Endeffekt auch zum gebündelten
Verlauf der Rauchfahnen passt.
Auch für den nachfolgenden Zeitraum von Mittwoch bis Freitag (T+120...168h) gibt
es fünf Cluster, die mit 18, zwölf, acht, acht und fünf Membern diesmal aber
nicht mehr ganz so gleichmäßig besetzt sind. Haupt- und Kontrolllauf gehören dem
ersten Cluster an. Besonders am Mittwoch gibt es noch keine größeren
Unterschiede für unser Gebiet. Für Freitag zeigt das erste Cluster die
zyklonalste Variante, Cluster Nummer vier ähnelt mit seiner schmalen
Hochdruckbrücke ein wenig der GFS-Lösung.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Am Montag wird es in der Südosthälfte noch einmal heiß, sodass dort weiterhin
mit einer starken Wärmebelastung gerechnet werden muss. Auch der EFI zeigt für
diese Region eine positive Temperaturanomalie. Zudem entwickeln sich dort im
Tagesverlauf kräftige Gewitter mit Starkregen und Hagel, bezüglich dieser
Begleiterscheinungen besteht durchaus Unwetterpotenzial, was durch erhöhte
CAPEShear-Werte vor allem im Süden untermauert wird. Darüber hinaus treten an
den Küsten gradientbedingt zeitweise stürmische Böen um West auf.

Am Dienstag beschränken sich die teils kräftige Gewitter auf den äußersten
Süden. Vor allem an der Ostseeküste gibt es stürmische Böen aus Nordwest.

Während am Mittwoch wahrscheinlich keine signifikanten Wetterereignisse zu
erwarten sind, kann es am Donnerstag im äußersten Süden wieder starke Gewitter
geben.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-EPS, MOSMix
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VBZ Offenbach / M.Sc. Met. Stefan Bach