DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

22-06-2019 17:01
SXEU31 DWAV 221800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 22.06.2019 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Im Süden bis in die Nacht hinein noch kräftige Gewitter, Unwetterpotenzial
aufgrund von Starkregen aber abnehmend. Sonntag nur noch im Südosten vereinzelte
Gewitter. Zu Wochenbeginn zunehmende Wärmebelastung.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 12 UTC
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Aktuell ... befinden sich weite Teile Deutschlands im Einflussbereich eines
flachen Höhenrückens, der sich - ausgehend vom osteuropäischen Raum - über das
nördliche Mitteleuropa bis nach Frankreich bzw. zu den Britischen Inseln
erstreckt. Durch WLA vorderseitig eines Höhentroges westsüdwestlich der
Britischen Inseln kann sich der Rücken im Laufe der Nacht vor allem in seinem
Westteil noch verstärken, wobei sich dessen Achse Sonntagfrüh über
Zentralfrankreich hinweg nordnordostwärts bis nach Norddeutschland erstreckt.
Im Bodenfeld stützt dieser Höhenkeil eine Hochdruckzone, die im Prinzip vom
Nordostatlantik bis ins Baltikum reicht, dabei kann sich eine eigenständige
Hochdruckparzelle mit einer 1025 hPa-Kernisobare über Dänemark ebenfalls
verstärken.
An der Südflanke der Hochdruckzone gelangt von Osten her trocken-stabile
Festlandsluft in den Norden und zunehmend auch in die Mitte des Landes.
Lediglich die Südhälfte Deutschlands bleibt noch im Einflussbereich feuchterer
und potenziell instabiler Luftmassen. Ein von Norditalien Richtung Balkan
ziehendes Höhentief bietet vor allem in Bayern und Baden-Württemberg noch
längere Zeit Hebungsantrieb, so dass die aktuell stattfindende Schauer- und
Gewittertätigkeit nur langsam zur Ruhe kommt. Bei PPW-Werten von über 30 mm und
mehreren 100 J/kg Cape steht natürlich einmal mehr das Thema Starkregen im
Fokus. C-D2 simuliert im Zeitraum 18 bis 00 UTC vor allem im Osten Oberbayerns
und in Niederbayern noch recht hohe Wahrscheinlichkeiten für mehr als 35 mm/6h
(Unwetter), die deterministischen und Konvektion erlaubenden Modelle sehen das
ähnlich. Aktuell verlagert sich ein erster Gewittercluster über
Baden-Württemberg bzw. dem südlichen Rheinland-Pfalz und Südhessen hinweg
westwärts, während ein zweiter sich aktuell über Schwaben befindet und ein
dritter von Österreich auf den Südosten Bayerns übergreift. Dieser dürfte Teile
Bayerns noch in der ersten Nachthälfte beschäftigen, was ja den meisten
Modellösungen zumindest ähnelt.
Im Laufe der zweiten Nachthälfte klingen die Niederschläge aber mehr und mehr
ab, vor allem im Südosten Bayerns kann es aber durchaus noch bis in die
Frühstunden noch vereinzelte Schauer oder Gewitter bzw. schauerartigen Regen mit
Starkregenpotenzial geben. Während es im Nordosten bei klarem Himmel auf recht
frische 10 bis 7 Grad abkühlen kann, bleibt es in der Südhälfte mit 16 bis 12
Grad recht mild.

Sonntag ... verstärkt sich der Höhenrücken aufgrund von WLA über Mitteleuropa
weiter, wobei dessen Achse noch ein wenig nach Osten voran kommt. Das Bodenhoch
verlagert seinen Schwerpunkt allmählich Richtung Nordostatlantik, ein kräftiger
Keil bleibt aber weiterhin zur Ostsee und zum Baltikum gerichtet und weitet sich
dort noch ein wenig nach Süden aus. Somit dreht die Bodenströmung über
Deutschland mehr auf Ost bis Südost. Die über Süddeutschland lagernde, etwas
feuchtere und potenziell instabile Luftmasse kann somit zwar nicht verdrängt
werden, dennoch trocknet sie durch allmähliches Entrainment trockener
Festlandsluft von Osten her etwas ab, die PPW-Werte sinken auf unter 30 mm. Im
Einflussbereich des Rückens ist kein dynamischer Hebungsantrieb mehr vorhanden.
Dennoch könnte es im Tagesverlauf im Südosten Bayerns - etwas Einstrahlung
vorausgesetzt (die Konvektion erlaubenden Modelle simulieren eine ML-Cape von
mehreren 100 J/kg, ICON-EU über 500 J/kg) - am ehesten mit orographischer
Unterstützung nochmals vereinzelt für Auslöse reichen. Als Begleiterscheinungen
kommen dann Starkregen, kleinkörniger Hagel und stürmische Böen in Frage, die
Unwettergefahr ist allerdings gering. Die hochauflösenden Modelle sind bzgl.
Auslöse aber sehr zurückhaltend.
Im übrigen Land steht dagegen ein wettertechnisch ruhiger Tag ins Haus. Vor
allem im Norden und Westen, zunehmend aber auch in der Mitte und später im
Südwesten scheint überwiegend die Sonne, lediglich ganz im Westen macht sich die
WLA durch den Aufzug dichterer Cirrus-Felder bemerkbar. Im Keilbereich macht die
advektive Erwärmung niedertroposphärisch erst einmal nur geringe Fortschritte,
die Temperatur in 850 hPa steigt bis zum Abend auf Werte zwischen 15 Grad im
Südwesten und 10 Grad im Nordosten. Mit der nahezu ungehinderten Einstrahlung
reicht das aber für Höchstwerte zwischen 26 und 32 Grad, die höchsten Werte im
Westen. Nicht ganz so warm wird es mit 22 bis 26 einerseits unter den dichteren
Wolken im Südosten, andererseits bei frischem Ostwind im Nordosten, an den
Küsten werden bei auflandigem Wind knapp 20 Grad erreicht.

In der Nacht zum Montag kippt der sich noch etwas verstärkende Höhenrücken ein
wenig nach Südosten, der Nordwesten Deutschlands gerät unterhalb einer
allerdings antizyklonal konturierten südwestlichen Höhenströmung.
Die umfangreiche Hochdruckzone im Bodenfeld bleibt quasistationär, kann sich
aber sogar noch etwas verstärken, auch in den Süden Deutschlands sickert nach
und nach etwas trockenere Luft.
Letzte eventuelle Schauer und Gewitter im Südosten Bayerns fallen rasch in sich
zusammen und die Wolken lösen sich mehr und mehr auf. Stellenweise kann sich
dort Nebel bilden. Ansonsten ist es vielerorts gering bewölkt, nach Osten zu
klar, lediglich über den Westen und Norden ziehen dünne hohe Wolkenfelder, vom
Niederrhein bis zur Nordsee vielleicht auch etwas dichtere. Die Tiefstwerte
liegen zwischen 8 Grad im Nordosten und 18 Grad ganz im Westen.

Montag ... verstärkt sich der Höhenrücken über Mitteleuropa aufgrund von WLA
vorderseitig des quasistationären Höhentroges mit Drehzentrum südwestlich der
Britischen Inseln noch weiter mit einem Geopotenzial von über 590 gpdam. Die
Rückenachse verlagert sich kaum mehr weiter nach Südosten, im Achsenbereich
steigt die Temperatur in 500 hPa auf -8 Grad.
Im Bodenfeld verlagert sich die Hochdruckzone ein wenig nach Norden, von
Südwesten setzt mit zunehmender Advektion subtropischer Luftmassen im
Vorhersagegebiet schwacher Druckfall ein, abends verläuft von Zentralfrankreich
bis nach Benelux eine flache Tiefdruckrinne. Somit bleiben der Südwesten und
äußersten Westen des Landes im Einflussbereich potenziell instabiler Luftmassen
mit PPW-Werten teils über 25 mm. Im Keilbereich dominiert Absinken und somit
bleibt die Luftmasse stark gedeckelt, so dass sich die konvektive Aktivität wohl
auf einzelne höher reichende Quellwolken vor allem im südwestdeutschen
Mittelgebirgsraum und an den Alpen beschränkt, für Gewitter sollte es aber nicht
reichen.
Sowohl advektiv als auch durch Absinken macht die Erwärmung weitere
Fortschritte, in 850 hPa steigt die Temperatur bis zum Abend auf 18 Grad im
Südwesten und 12 Grad im Nordosten. Dazu ziehen über den Westen und Nordwesten
zeitweise lockere hohe und mittelhohe Wolkenfelder, sonst scheint nahezu
ungehindert die Sonne. Das reicht für Höchstwerte zwischen 27 und 34 Grad, mit
den höchsten Werten im Westen. Etwas kühler bleibt es bei auflandigem Wind (es
weht tagsüber weiterhin in Böen mäßiger bis frischer Wind aus östlichen
Richtungen) an den Küsten, vor allem der Ostsee.

In der Nacht zum Dienstag weitet sich der Rücken bei nochmals leichtem
Geopotenzialanstieg sogar noch etwas nach Norden aus, ansonsten ändert sich kaum
etwas. Vor allem über den Westen und Norden Deutschlands ziehen zeitweise dünne
hohe Wolkenfelder hinweg, die der WLA geschuldet sind, ansonsten bleibt es meist
gering bewölkt oder klar. Im Westen sinken die Temperaturen in begünstigten
Lagen (Hügel-, Bergkuppen, Innenstädte) kaum mehr unter 20 Grad oder bleiben
sogar knapp drüber, sonst kühlt es auf 18 bis 11 Grad ab, mit den tieferen
Werten im Osten sowie im zentralen Mittelgebirgsraum.

Dienstag ... ändert sich an dem großräumigen Geopotenzialmuster so gut wie gar
nichts: Dem umfangreichen Höhentrog südwestlich der Britischen Inseln steht ein
markanter Höhenrücken gegenüber, der von Nordafrika über den westlichen
Mittelmeerraum mit über 594 gpdam im Achsenbereich bis ins östliche Mitteleuropa
reicht. Das Geopotenzial bleibt auch über dem Westen und Norden Deutschlands
antizyklonal konturiert, so dass trotz WLA auch dort noch leichtes Absinken
dominiert. Allerdings macht sich die WLA anhand hoher und mittelhoher
Wolkenfelder bemerkbar, die die Sonneneinstrahlung zeitweise etwas hemmen.
Im Bodenfeld kann sich die flache Tiefdruckrinne knapp westlich des
Vorhersagegebietes noch etwas verstärken und der äußerste Westen und Südwesten
Deutschlands bleiben im Einflussbereich potenziell instabilerer Luftmassen mit
einer hohen spezifischen Feuchte. Das starke Absinken verhindert allerdings
weitgehend Konvektion.
Die Erwärmung macht weiter Fortschritte - sei es advektiv oder durch das
beständige Absinken. Dadurch können die Temperaturen in 850 hPa auf für die
Jahreszeit ungewöhnlich hohe Werte zwischen 23 Grad im Südwesten und 16 Grad im
Nordosten steigen. Somit rückt die Wärmebelastung zunehmend in den Fokus (und
bleibt es voraussichtlich auch für den Rest der Woche). Die Höchsttemperaturen
erreichen voraussichtlich Werte zwischen 30 Grad ganz im Norden und eventuell
(in dem Fall dann schon rekordverdächtige) 38 Grad punktuell an Mosel und Main.
Lediglich an den Küsten wird es nicht ganz so heiß. Wie heiß es letztendlich
wirklich wird, hängt auch noch ein wenig von der WLA-Bewölkung ab, aber auch von
einem eventuellen Saharastaubeintrag in die mittlere und untere Troposphäre. Die
38 Grad bedeuten für den Dienstag eher das obere Ende der Fahnenstange, das aber
an den Folgetagen eventuell noch getoppt werden könnte.


Modellvergleich und -einschätzung
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Alle vorliegenden Modelle kommen im Kurzfristzeitraum zu einem ähnlichen
Ergebnis. Prognoserelevante Unterschiede sind keine auszumachen. In den Fokus
rücken zunehmend die Temperaturen, die Wärmebelastung steigt ab Dienstag
erheblich an, nicht zuletzt auch wegen der vor allem in den Ballungszentren
ungewöhnlich milden bis warmen Nächten.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff