DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

20-06-2019 11:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 20.06.2019 um 10.30 UTC



Am Sonntag sommerlich warm und nur ganz im Süden und Südosten letzte Gewitter.
In der kommender Woche Hitzewelle und ab Dienstag im Westen und Südwesten sehr
heiß mit Werten örtlich über 35 Grad. Erste Gewitter wahrscheinlich erst im
Laufe des Donnerstages.
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Synoptische Entwicklung bis zum Donnerstag, den 27.06.2019


Am Sonntag zieht ein flacher mitteleuropäischer Trog nach Polen ab und ein Teil
tropft zum Balkan ab. Es folgt von Südfrankreich her ein Höhenkeil nach, der
sich unter kräftiger Verstärkung bis Tagesende nach Deutschland schiebt. Ursache
für die Kräftigung ist ein Zentraltief, welches vom Seegebiet weit westlich der
Biskaya nach Nordosten
zieht und auf seiner Vorderseite sehr warme Luft ansaugt und nach Mitteleuropa
führt.

Am Montag kommt der Höhenkeil unter weiterer Verstärkung kaum noch weiter
ostwärts voran, wobei in der Mitte und im Süden ein ungewöhnlich hohes Potential
von über 5920 geopotentiellen Metern erreicht wird. In 850 hPa steigt die
Temperatur im Süden bis zum Abend örtlich auf 18 Grad und an der See auf über 12
Grad. Dabei entwickelt sich ein neuer Hochschwerpunkt über dem südlichen
Nordmeer und das ursprüngliche Hoch über dem Baltikum ist nun als Bodenhochkeil
erkennbar.

Im Laufe des Dienstags entwickelt sich ein flaches Höhenhoch über Mitteleuropa
und die Isolinie von 5920 geopotentiellen Metern erreicht die Küste. Durch einen
zum nördlichen Balkan reichenden Hochkeil verstärkt sich die
niedertroposphärische WLA deutlich und bis Tagesende steigt die Temperatur in
850 hPa nach Lesart des aktuellen EZMW-Laufes auf Werte zwischen 15 Grad in
Vorpommern und 22 Grad am Hochrhein. Innerhalb des Rückens ist konvektive
Aktivität dank fortlaufenden Absinkens selbst über den Mittelgebirgen
unwahrscheinlich.

Am Mittwoch ändert sich an der großräumigen Verteilung des Geopotenzialfeldes
nur wenig, der nach Mitteleuropa gerichtete Höhenrücken kann sich immer wieder
regenerieren. Im Bodenfeld verstärkt sich über dem Vorhersagegebiet allerdings
von Südwesten her der Druckfall und aus dem Hochkeil entwickelt sich ein
Schwerpunkt über Polen. Durch andauernde WLA und Einstrahlung steigt in 850 hPa
die Temperatur bis zum Abend auf Werte zwischen 17 Grad an der Oder und 25 Grad
am Niederrhein.
Damit wird wahrscheinlich der Höhepunkt der Hitzewelle erreicht: So gibt es
wahrscheinlich verbreitet Höchstwerte um 35 Grad und im Westen und Südwesten
Temperaturen bis rekordverdächtige 38 Grad. Selbst knapp 40 Grad erscheinen
nicht ganz abwegig! Ganz im Osten und an der Küste ist es nicht ganz so heiß.

Am Donnerstag schwächt sich der Höhenrücken geringfügig ab und kippt etwas nach
Südosten. Währenddessen verlagert sich das Höhentief weiter nach Nordosten und
erreicht Irland. Insgesamt kippt die Höhenströmung etwas nach Südwesten und
intensiviert sich in Nordwestdeutschland, so dass dort Kurzwellentröge ablaufen
können. Die Kaltfront über der Bretagne und England erreicht aber lediglich die
südliche Nordsee und die Küste Belgiens. Damit bleibt die heiße Luft noch über
Mitteleuropa liegen, ja an der Oder wird es sogar noch etwas wärmer. So liegt
ganz Deutschland innerhalb der 20-Grad-Isotherme in 850 hPa und örtlich gibt es
sogar 24 Grad. Entsprechend wären abermals Werte über 35 Grad möglich!
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Der neue Modelllauf vom EZMW simuliert die Entwicklung ähnlich wie die beiden
Modell-Runs von gestern.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Die anderen globalen Modelle simulieren einheitlich die Hitzewelle zumindest bis
Mittwoch.
JMA lässt die o. e. Kaltfront früher, nämlich bereits Mittwochnachmittag nach
Nordwestdeutschland vordringen.
NAVGEM dagegen lässt bereits Mittwoch in der 2. Tageshälfte antizyklonal von
Norden kühlere Luft nach Norddeutschland einströmen. Dabei wird das Cut-Off-Tief
Donnerstagmittag deutlich weiter im Süden vor Portugal berechnet und somit
reicht ein kräftiger Hochkeil vom Nordostatlantik zur Nordsee und entsprechend
wird die frischere Luft nach Norddeutschland gelenkt.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Rauchfahne von Offenbach zeigt ausgehend vom Freitag einen kontinuierlichen
Temperaturanstieg in 850 hPa von knapp 10 Grad bis Mittwochabend auf Werte um 20
Grad. Am Donnerstag sinkt in 6 Modellläufen die Temperatur ab
(Kaltfrontdurchgang), bei weitere Modellruns erst am Freitag. Etwa die Hälfte
der Läufe bleiben aber noch im ungewöhnlich warmen Bereich. Selbst am Samstag
hält in knapp 10 Modellläufen die Hitzewelle an.
Die Clusteranalyse bildet heute bis zum 7. Folgetag 3 Cluster, die allesamt den
mitteleuropäischen Rücken zeigen. Dabei erkennt man im ersten und dritten
Cluster mit insgesamt 32 Modellruns ein Cut-Off-Tief, das bis Donnerstag noch
westlich der Biskaya verbleibt. Damit ist es in Mitteleuropa störungsfrei. Im 2.
Cluster mit 19 Modellläufen nähert sich das Höhentief Mitteleuropa an
(Tiefzentrum am Donnerstag, 00 UTC bei Irland), so dass die Vorderseite des
Troges in der Nacht zum Donnerstag auf den Westen Deutschlands übergreift.
In der erweiterten Mittelfrist gibt es 2 Cluster, wobei im ersten Cluster mit 28
Modellläufen am Freitag der Höhenrücken nach Osten abzieht und einer Südwest-
bis Westlage Platz macht, die im Süden anfangs noch antizyklonal geprägt ist. Im
2. Cluster hält der Höhenrücken noch bis Samstag mit entsprechend hohen
Tagestemperaturen.
Die EPS-Meteogramme zeigen ab Montag die Hitzewelle mit Temperaturen um 30 Grad
und mehr. Die höchsten Temperaturen der Woche werden im Mittel am Mittwoch und
Donnerstag erreicht, wobei am Donnerstag schon rund 25 Prozent der Modellläufe
eine leichte Abkühlung bringen. 25 Prozent (im Osten rund 10 Prozent) der Läufe
bleiben aber noch bis Samstag heiß mit 37 Grad und mehr. Ab Sonntag ist aber die
Wahrscheinlichkeit von 35 Grad und mehr nur noch gering.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Die Wahrscheinlichkeit von Starkregen im Zusammenhang mit Gewittern ist am
Sonntag im Alpenraum und vom Erzgebirge bis in den Bayerischen Wald noch leicht
erhöht (CosmoLEPS). Ansonsten ist nicht mit markanten Warnungen zu rechnen. Von
Montag bis Mittwoch ist nach EZMW-EPS die Wahrscheinlichkeit von Starkregen bei
Gewittern praktisch gleich null. Am Donnerstag steigt sie lokal etwas an.
1 bis 2 Läufe von ICON-EPS bringen bereits ab Dienstagnachmittag einige kräftige
Schauer und Gewitter im Südwesten und Westen Deutschlands. Dieses Szenorio
erscheint aber als unwahrscheinlich.
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Basis für Mittelfristvorhersage
Mosmix, operationelle Modelle, EPS
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Olaf Pels Leusden