DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

19-06-2019 09:01
SXEU31 DWAV 190800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 19.06.2019 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Heute vor allem am Nachmittag und Abend erneut teils starke Gewitter, besonders
im Nordwesten mit lokalen Unwettern. Morgen besonders im Mittelgebirgsraum und
örtlich im Osten sowie im Alpenraum Gewitter mit Starkregen, vereinzelt heftiger
Starkregen (Unwetter).
Am Freitag vor allem im Alpenraum teils starke Gewitter.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 24 UTC
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Mittwoch... Auf der Vorderseite eines Langwellentroges mit Kernen dicht westlich
der Hebriden und über dem südlichen Nordmeer herrscht über Mitteleuropa eine
südwestliche Höhenströmung, in der Kurzwellentröge eingelagert sind. Ein erster
schwenkt bereits bis zum frühen Nachmittag über den Norden nach Nordosten. Ein
weiterer erreicht abends Benelux. An der knapp nordwestlich von Deutschland
liegenden Kaltfront hat sich ein Bodentief entwickelt, das vom Westausgang des
Ärmelkanals über die südliche Nordsee zum Westausgang des Skagerraks zieht. Die
Kaltfront erreicht am frühen Nachmittag den Westen und zieht weiter langsam nach
Osten. Sie wird aber von Kaltluftadvektion überlaufen, so dass Hebungsimpulse an
der Front leicht gedämpft werden. So sind die Signale für Gewitter bis 12 UTC
noch nicht sehr groß. In der Fläche berechnet ICON im Zusammenhang mit dem
ersten Trog im Osten und Nordosten kaum Schauer, während CosmoD2 im östlichen
Mittelgebirgsraum erste Gewitter simuliert. Bis Mittag baut sich bereits
ordentlich CapeML auf meist zwischen 750 und 1500 J/Kg, vor allem in
Schleswig-Holstein örtlich auch mehr Cape.
Am Nachmittag und Abend kommt dann im Westen und Nordwesten sowohl in unteren
Schichten als auch zwischen 0 und 6 km leichte bis mäßige Scherung auf, was die
Entwicklung von Gewitterlinien oder -Clustern begünstigt.
Die Signale für Starkregen sind bei CosmoDE-EPS am stärksten im westlichen
Niedersachsen und in Schleswig-Holstein sowie im Rothaargebirge (Zeitraum 15 bis
21 UTC), wobei Unwetterregenmengen nur gering wahrscheinlich sind (nur bis 10
Prozent). Wahrscheinlicher sind schwere Sturmböen (vereinzelt über 30 Prozent in
Niedersachsen und Schleswig-Holstein bei CosmoDE-EPS). Abgesetzt vom dynamischen
Nordwesten sind im Osten und Süden besonders über den Gebirgen teils kräftige
Wärmegewitter möglich (Starkregensignal bei Euro4 über der Alb und von
CosmoD2-EPS über dem Erzgebirge und über Brandenburg).
In der Nacht zieht das Tief weiter nach Südnorwegen und seine Kaltfront erreicht
in der 2. Nachthälfte den Osten und Südosten Deutschlands. Dabei überquert der
o. e. Kurzwellentrog den Nordwesten.
Die diffluente Vorderseite eines weiteren Kurzwellentroges greift in der 2.
Nachthälfte auf den den Südwesten über. Dort setzten vermehrt Gewitter ein, die
erneut Starkregen bringen bis hin zu Unwettern (rund 10 Prozent
Wahrscheinlichkeit für heftigen Starkregen im württembergisch-bayerischem
Grenzgebiet).

Donnerstag... kommt der Langwellentrog nur langsam weiter nach Osten voran,
erreicht ohne große Struktur am Abend Deutschland und wird von Kaltluftadvektion
überlaufen. Diese stützt einen Azorenhochkeil, der sich mit über 1015 hPa nach
Süddeutschland ausweitet.
Die über dem Osten Deutschlands angelangte Kaltfront zieht nur langsam weiter
nach Südosten, so dass sie anfangs noch aktiv ist. Die feuchtlabilen Luftmassen
werden im Osten und Südosten nicht vollständig ausgeräumt. Insgesamt nimmt
CapeML zwar gegenüber heute ab, erreicht aber im Osten und Südosten noch
gebietsweise 500 bis 800 J/Kg bei PPWs zwischen 28 und 35 mm.
Aber selbst in der gemäßigten Luftmasse im Nordwesten werden noch capeML-Werte
zwischen 100 und 500 J/Kg aufgebaut und die Quellungen können bis unter -20 Grad
reichen, so dass auch hier einzelne Gewitter möglich sind. In der Südosthälfte
Deutschlands sind die Gewitter häufiger und intensiver. Die Zellen sind bei
850-hPa-Windgeschwindigkeiten von 10 bis 15 Knoten nur langsam unterwegs, so
dass auch Starkregen möglich ist. Selbst Unwettermengen sind gering
wahrscheinlich. Hinweise für Starkregen geben zum Beispiel Euro4, aber auch
CosomoD2 (inclusive der EPS-Ergebnisse, s. unten). Großhagel und schwere
Sturmböen sind aber kaum ein Thema im Gegensatz zu möglichen Hagelansammlungen.

Insgesamt wird es nicht mehr so heiß wie heute. Die Höchstwerte liegen in der
Osthälfte sowie am Oberrhein bei 25 bis 28 Grad und in der Westhälfte sowie im
Bergland bei 20 bis 24 Grad.

In der Nacht zum Freitag bleibt die Höhenströmung zyklonal konturiert respektive
der Trog bleibt bei uns liegen. Dabei überqueren schwache Randtröge unseren
Raum. Insgesamt überwiegt aber Kaltluftadvektion, so dass kaum Hebung generiert
wird. In der ersten Nachthälfte sind am ehesten noch im Osten und Südosten
Schauer und Gewitter möglich, da hier noch die feuchteste und labilste Luft
liegen bleibt. In der 2. Nachthälfte sollten die meisten Gewitter aber
absterben. Mit Aufklaren ist am ehesten im Westen und Nordwesten zu rechnen und
vereinzelt bilden sich flache Nebelfelder.

Freitag... dreht die Strömung nach Passage des Troges im Norden mehr auf
westliche Richtungen. Nachfolgend nähert sich von Westen her ein Höhenkeil, der
mit seiner Hauptachse die Britischen Inseln erreicht. Südlich des Keils befindet
sich aber ein kleines Höhentief über der Biskaya, welches noch am Samstag
wichtig wird. Der Höhenkeil stütz ein Bodenhoch, das sich bis zum Abend zum
Ärmelkanal vorschiebt. Die feuchtinstabile und warme Luft wird dabei in den
Süden und die östliche Mitte zurückgedrängt, während in den anderen Bereich eine
gemäßigte, vor allem aber trockene und stabilere Luftmasse einfließt. Diese
gelangt von Westen her unter den Einfluss eines Bodenhochkeils, der sich
ausgehend vom Hoch nach Deutschland vorschiebt.
Unter dem Einfluss des Bodenhochs passiert wettertechnisch nicht viel, zeitweise
zeigt sich die Sonne und es bleibt trocken.

Die feuchtlabile Luftmasse wird im Tagesverlauf mit nördlichem Wind in den Süden
Deutschlands abgedrängt. Mit Schauern und Gewittern muss daher bevorzugt im
Alpenraum gerechnet werden. Der Organisationsgrad der Konvektion ist mangels
Scherung nicht groß, es bilden sich eher Einzelzellen, die verclustern können
und vor allem mit Starkregen und Hagel verbunden sind. Vereinzelte Unwetter sind
aber nicht ausgeschlossen.
Ganz im Norden sind unter dem anfangs noch vorhandenem Trog mit höhenkalter Luft
Schauer zu erwarten. Gewitter sind angesichts einer Deckelung bei -10 Grad
unwahrscheinlich und können am ehesten noch im Grenzbereich zu Dänemark
auftreten.
Die heiße Luft ist erstmal wieder komplett raus aus Deutschland, die
Temperaturen erreichen Werte zwischen 19 Grad im Nordseeumfeld und 26 Grad in
Mittelfranken und Südbrandenburg.

ModTellvergleich und -einschätzung
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Großräumig simulieren die externen Modelle recht ähnlich. Lediglich die
kurzwelligen Anteile der Höhenströmung sehen leicht unterschiedlich aus.
Die Starkregengefahr ist nach CosmoD2-EPS morgen größer als heute, da die
Schauer- und Gewitterzellen langsamer ziehen als heute. Bei CosmoD2-EPS gibt es
die größten Wahrscheinlichkeiten für Starkregen auf der Alb, im nördlichen und
östlichen Mittelgebirgsraum sowie im Alpenraum. Unwettermengen sind hier zu 20
bis 30 Prozent wahrscheinlich ähnlich wie auf der Alb. Ansonsten ist heftiger
Starkregen gering wahrscheinlich (5 bis 15 Prozent).

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Olaf Pels Leusden