DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

17-06-2019 15:30
SXEU31 DWAV 171800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 17.06.2019 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Zunächst antizyklonal geprägte Großwetterlage. Im Laufe des kurzfristigen
Vorhersagezeitraum ansteigendes Gewitterpotential. Am Mittwoch in der
Nordwestenhälfte und am Donnerstag abgesehen vom Nordwesten und Norden Gewitter
bis in den Unwetterbereich denkbar.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 12 UTC
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Aktuell ... befindet sich Deutschland in einer südwestlichen Anströmungsrichtung
mit der der warme Luftmassen herangeführt werden, welche die heutigen
Höchstwerte vielerorts erneut in den sommerlichen Bereich oberhalb von 25 Grad
verholfen haben.

Da die Höhenströmung zudem leicht antizyklonal gekrümmt ist und auch am Boden
hoher Luftdruck analysiert wurde, bleibt es bis zum Abend vielerorts
langanhaltend sonnig. Einzig ein paar mittelhohe Wolken dekorieren das Blau des
Himmels. Die Mittagsaufstiege zeigen eine Absinkinversion zwischen 800 und 850
hPa. Das ist dann auch die Höhe, an der die nur dünnen und harmlosen Quellwolken
ausgelöst werden. Nur im Bergland können die Wolkenfelder orographisch gestützt
auch mal dichter sein.

In den Alpen besteht ein geringes Gewitterrisiko. Dort sind eine labile
Schichtung und etwas bodennahe Feuchte vorhanden. Mit dem Berg-Talwind-System
als Trigger sind einzelne Gewitter im Bereich des Möglichen.

Nachts bleibt der Hochdruckeinfluss bestehen, sodass abgesehen von lokalen
Nebelfeldern keine Störungen zu erwarten sind. Bei vielfach klarem Himmel gehen
die Werte auf 17 bis 10 Grad zurück.

Dienstag ... zieht am Südrand eines Höhentiefs über dem Nordmeer ein
Kurwellentrog ostwärts und greift auf Spanien über. Für Deutschland ist zunächst
einmal relevant, dass mit dieser Entwicklung der Trog über Westeuropa stärker
amplifiziert und die Höhenströmung damit deutlicher auf Südwest dreht. Als
Konsequenz intensiviert sich die Warmluftzufuhr von Frankreich und Spanien
kommend. Die 15 Grad Isotherme in 850 hPa kommt entsprechend bis zu den
mittleren Landesteilen voran.

Während zu Tagesbeginn die Höhenströmung eher noch indifferent verläuft, nähert
sich in der zweiten Tageshälfte von Frankreich kommend ein kurzwelliger
Troganteil. Am Boden zieht sich das Hoch nach Osteuropa zurück. Damit sinkt in
allen Höhen das Druckniveau und es wird der Weg geebnet zu einer erneut zyklonal
geprägten Wetterphase.

Der ganze Prozess erfolgt aber schrittweise. In der Südosthälfte merkte man von
der negativen Drucktendenz noch nicht wirklich viel. Die Sonne scheint abgesehen
von harmlosen dünnen Quellwölkchen den ganzen Tag. Mit der verstärkten
Warmluftzufuhr können die Maxima in den heißen Bereich bis 32 Grad steigen.

Auch weiter nach Westen und Nordwesten sind solche Maxima zu erwarten. Dort
nehmen aber die Quellwolken am Nachmittag deutlich zu. Trotz steigender
Labilität hält sich die Gewittergefahr vielfach noch in Grenzen, da die
bodennahe Feuchte noch recht gering ist. Es gibt allerdings zwei Ausnahmen.

Da die Strömung sehr gradientschwach ist, kommt an der Nordsee im Tagesverlauf
der Seewind in Gang. Die daraus resultierenden nördlichen bzw. westlichen Winde
treffen auf die vorhandene südliche Bodenströmung. Entsprechend kann sich etwas
abgesetzt von der Küste, im Landesinneren, eine schöne Konvergenzzone
entwickeln. Diese kommt im Lauf des Nachmittages bis zum Abend weiter
landeinwärts voran.

Diese Entwicklung lässt ich auch gut im Feuchteflussdivergenzfeld
nachvollziehen. Durch das Zusammenströmen resultiert auch eine
Feuchteanreicherung. Mit dem Maximum im bodennahen Feuchtfeld ergibt sich auch
eine CAPE-Schliere mit Spitzenwerten bis 1500 J/kg. Auslöse wird von den
Modellen bisher aber nur recht spärlich prognostiziert. Das mag zum einen daran
liegen, dass die südliche Grundströmung und damit auch die Konvergenz- und
resultierende Hebungsprozesse eher schwach sind. Zum anderen ist auch die
Höhenströmung noch eher antiyzklonal geprägt und der kurzwellige Anteil greift
erst am Abend langsam über.
Dennoch besteht in dieser Region das Potential für Gewitter, die aufgrund
erhöhter hochreichender Scherwerte auch organisert ausfallen können. Zum Abend
steigt mit Annäherung des kurzwelligen Anteils das Potential noch an.

Eine weitere Ausnahme ist der Süden und Südwesten, wo ebenfalls die bodennahe
Feuchte erhöht ist. Aufgrund des fehlenden synoptikskaligen Antriebs, muss als
Trigger dort also die Orographie herhalten. Namentlich sind das Schwarzwald,
Schwäbische Alb und die Alpen. Dort können sich im Laufe des Tages einzelne
Gewitter entzünden. Aufgrund nur geringer Oberwinde ist dann vor allem
Starkregen als Begleiterscheinung das Thema. Es bleibt allerdings zu bemerken,
dass die Modelle auch für diese Region nur schwache Signale zeigen.
Möglicherweise verhindert ein schwacher Deckel (geringe CIN-Werte) eine
verbreitetere Auslöse.

In der Nacht auf Mittwoch greift der kurzwellige Anteil auf Deutschland über und
bewegt sich unter Abschwächung gesteuert durch die Trogvorderseite langsam in
nordöstliche Richtung. Die Modelle zeigen in ihren Outputs kaum Signale für
Konvektion. Hebung und Labilität sind ausreichend vorhanden und so ist es wohl
der Mangel an bodennaher spezifischer Feuchte, der eine Auslöse unterbindet.

Am plausibelsten erscheint derzeit, dass die durch die Land-See-Windzirkulation
am Tage ausgelöste Konvektion durch das Übergreifen des kurzwelligen Anteils
noch längere Zeit am Leben gehalten oder gar verstärkt wird. Spätestens in der
zweiten Nachthälfte sollte die Konvektion aber dann zum Erliegen kommen.

Die orographisch getriggerten Gewitter im Süden sollten ebenfalls mangels
Antrieb bald nachlassen. Bei Tiefstwerten zwischen 19 und 12 Grad, wird es
vielerorts eine ruhige Nacht.

Mittwoch ... gelangt Deutschland endgültig auf die Trogvorderseite, in eine
straffe südwestliche Höhenströmung. Die 15 Grad Isotherme greift bis in den
Norden von Deutschland aus. Damit wird auch der Hitzehöhepunkt der Wetterwoche
erreicht. Die Spitzenwerte werden erneut in den östlichen Landesteilen mit
Maxima bis nahe 34 Grad erwartet.

Weiter nach Westen und Nordwesten nimmt die Quellbewölkung im Tagesverlauf
deutlich zu. Bei hohen Labilitätswerten steigt von Westen kommend die
spezifische Feuchtigkeit an, sodass im Tagesverlauf recht üppige CAPE-Werte
vorhergesagt werden. In der Spitze liegen diese bei 1500 bis 2000 J/kg.

Schaut man sich die Prognosesounding an, so erkennt man eine hochreichende
breite CAPE-Fläche und einiges an Feuchtigkeit in allen Höhenleveln. Der Wind
kommt hochreichend aus südwestlicher Windrichtung und zeigt aber keine
ausgeprägten Maxima. Entsprechend gering sind die Werte an hochreichender
Scherung. Ungünstig ist zudem, dass die Höhenströmung rückseitig des
nordostwärts abziehenden kurzwelligen Anteils vorübergehend einen leicht
antizyklonalen oder indifferenten Verlauf zeigt. Erst zum Abend nähert sich von
Frankreich und BeNeLux ein neuer kurzwelliger Anteil.

Als denkbares Szenario, dürften sich im Westen ab dem frühen Nachmittag einzelne
nicht organisierte Gewitter entwickeln, die eng mit der Orographie in Verbindung
stehen. Zum späteren Nachmittag und Abend greifen dann verstärkte Gewitter auf
den Westen über, die vereinzelt bei Scherwerten zwischen 10 und 15 m/s auch
etwas besser organisiert sein können.

Neben größere Hagel sind bei besserer Organisation auch Sturmböen nicht
ausgeschlossen. Zudem muss Starkregen bis in den Unwetterbereich mit einbezogen
werden, schließlich steigen die ppw-Werte bei moderates Zuggeschwindigkeit auf
Werte um 35 mm.

Fraglich ist, ob in Verbindung mit den nordostwärts abziehenden kurzwelligen
Anteil über dem Osten ebenfalls Gewitter ausgelöst werden können, oder ob dieser
vom Tagesgang her eher ungünstig hereinkommt. Zudem ist es nach Osten noch recht
trocken. Einzelne hochaufgelöste Modell zeigen die Auslöse immerhin.

In der Nacht auf Donnerstag zieht der kurzwellige Anteil nordostwärts, ist aber
nicht sehr gut erkennbar. Die Höhenströmung bleibt nachfolgend zyklonal.
Wenn sich am Tage ein größerer Gewittercluster entwickeln kann (wie es
beispielsweise ICON6 zeigt), dann dürfte dieser ebenfalls nordostwärts in
Richtung Ostsee geführt werden.

Zum Morgen erreicht die Kaltfront den Nordwesten und Westen und sorgt dort für
Stabilisierung. Im Rest des Landes können sich in der labilen Warmluft auch
weiterhin Gewitter entwickeln. Wobei sich Details noch nicht nennen lassen. Das
gesamte Höhen- und Bodenfeld ist zu unaufgeräumt und in den verschiedenen
Prognosemodellen auch einfach im Detail zu unterschiedlich, um irgendwelche
Gewitterschwerpunkte zu benennen.

Donnerstag ... verbleibt Deutschland in einer zyklonal konturierten
südwestlichen Höhenströmung auf der Vorderseite des Haupttroges über Westeuropa.
Eine Luftmassengrenze trennt feuchtwarme Luft im Süden und Osten von stabiler
geschichteten und deutlich kühleren Luftmassen im Westen und Norden. Während die
Maxima in der Lausitz bis 32 Grad steigen, werden im Emsland nur 22 Grad
erwartet.

In der schwülwarmen Luftmasse entwickeln sich im Tagesverlauf einige Gewitter
bzw. die Überbleibsel aus der Nacht intensivieren sich. Die Scherung bleibt eher
moderat, sodass organisiertere Entwicklungen nicht verbreitet sein werden. Die
Mehrzahl der Gewitter sollte demnach bei Wind- bis lokal Sturmböen liegen, zudem
ist Hagel denkbar (maximal 2-3 cm). Daneben muss vor allem der Starkregen
beachtet werden, bei ppw-Werten bis 35 mm. Allerdings nimmt die
Zuggeschwindigkeit zu, sodass auch die Unwettergefahr zumindest etwas
zurückgeht.

Am Nachmittag greift von Frankreich kommend erneut ein markanter Kurzwellentrog
über, der die Gewitterentwicklung anheizen sollte. Mit dann steigender
Windscherung sind auch organisiertere Strukturen denkbar. Wie weit die
Entwicklung auch in die westlichen Landesteile ausgreift und wo die Schwerpunkte
zu erwarten sind, ist zum derzeitigen Stand noch nicht zu beantworten. Gut
denkbar ist zum Beispiel auch, dass sich aus den Alpen heraus ein größerer
Gewittercluster entwickeln kann.

Tendenziell abseits etwaiger Gewitter sind der Nordwesten und Norden. Dort ist
die Luftmasse einfach zu kühl und zu stabil, in allen Modellen.



Modellvergleich und -einschätzung
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Generell wird die kurzfristige Wetterentwicklung von allen Vorhersagemodellen
gleich vorhergesagt. Unterschiede ergeben sich aber im Detail. So bestehen vor
allem größere Fragezeichen bezüglich der Gewitterschwerpunkt von Mittwoch bis
Donnerstag.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Marcus Beyer