DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

14-06-2019 17:01
SXEU31 DWAV 141800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 14.06.2019 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Weiterhin gewittrig. In der Nacht zum Samstag von der Mitte nord- und
nordostwärts ausgreifend teils heftige Gewitter, Unwetter durch Starkregen und
größeren Hagel, auch schwere Sturmböen nicht auszuschließen. Gewitter spät am
Samstag zur Ostsee und nach Polen abziehend. Dann im Süden und Südosten
aufkommend Gewitter, auch dort Unwetter nicht auszuschließen.
Am Sonntag im Südosten noch einmal Gewitter, wahrscheinlich aber keine Unwetter
mehr. Am Montag ruhiges Frühsommerwetter bei nur geringer Gewitterneigung.

Synoptische Entwicklung bis Montag 12 UTC
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Aktuell ... liegt Deutschland an der Vorderseite eines Höhentiefs, dessen
Zentrum sich von Schottland nach Westen in das Seegebiet nördlich von Irland
verlagert. Von diesem Höhentief geht ein Trog aus, der nach Portugal gerichtet
ist und bis Samstagfrüh zu den westlichen Pyrenäen schwenkt. Mit einer
süd-südwestlichen Strömung gelangt feuchtlabile Subtropikluft aus dem westlichen
Mittelmeerraum in das Vorhersagegebiet. Ein in dieser Strömung eingelagerter
erster Kurzwellentrog schwenkt über Schleswig-Holstein nach Nord-Nordosten, Mit
diesem Trog ging bereits heute Nachmittag in Niedersachsen und in
Schleswig-Holstein eine rege Gewittertätigkeit einher. Diese Gewitter wiesen
eine hohe Verlagerungsgeschwindigkeit auf, so dass Starkregen nur eine
untergeordnete Rolle spielte. Vielmehr ergab nach Norden hin durch eine
zunehmende Scherung vielmehr die Gefahr rotierender Strukturen.
Mit der Passage des Troges dürfte die Situation erst einmal zur Ruhe kommen;
aufgrund der dann eher antizyklonalen Strömung ist sogar leichtes Absinken
vorstellbar. Allerdings ist diese Ruhe trügerisch, denn bereits in der Nacht zum
Samstag folgt ein weiterer und kräftigerer Kurzwellentrog. Dieser bringt zum
einen mehr Hebung ins Spiel, zum anderen induziert dieser Trog mit seinem
Schwenken über die Westalpen eine Zyklogenese. Das resultierende flache
Bodentief, das sich von den Alpen ablöst und bis Samstagfrüh in die mittleren
Gebiete Deutschlands verlagert, saugt die feuchtlabile Luft aus dem Osten an.
Der Gehalt an niederschlagbarem Wasser erreicht 30 bis über 40 mm, CAPE (most
unstable) bis über 2000 J/kg und die Lapse rate mehr als 0,8 K pro 100
Höhenmeter. Zudem ist die Scherung (sowohl niedertroposphärisch als auch bis in
höhere Niveaus hinaufreichend) höher als an den bisherigen Gewittertagen dieser
Lage. Somit sollte das gesamte Spektrum, was mit konvektiven Umlagerungen
verbunden sein kann, vertreten sein, als da wären heftiger Starkregen bis über
50 mm, größerer Hagel und schwere Sturmböen. Dabei kann nicht ausgeschlossen
werden, dass sich rotierende Strukturen bilden. Die Gewitter, die zusehends
verclustern, verlagern sich von den mittleren Teilen Deutschlands
nord-nordostwärts. Der am meisten gefährdete Bereich ist entsprechend der
Konsens-Vorhersage mit einer Unwetter-Vorabinformation versehen worden. Da die
anderen verfügbaren Modelle ähnliche Strukturen zeigen, dürfte das beschriebene
Szenario relativ wahrscheinlich sein. Würde diese Konstellation am Nachmittag
und am Abend auftreten und dann noch durch den Tagesgang "befeuert" werden, wäre
die Lage durchaus als "Loaded gun" zu bezeichnen.
Als weitere Region ist der Westen und Südwesten im Auge zu behalten, wo aufgrund
der Nähe zum Trog ebenfalls Hebung generiert wird und dort bei der zwar weniger,
aber auch noch hinreichend labilen Luftmasse konvektive Umlagerungen bis hin zu
Gewittern vorstellbar sind. Da aber in diese Gebiete zuvor eine eher gemäßigtere
Luftmasse gelangte, sind dort Unwetter eher unwahrscheinlich.
Am geringsten ist die Gefahr konvektiver Umlagerungen im Osten und auch im
größten Teil Süddeutschlands. In diesen Gebieten macht sich noch leichtes
Absinken bemerkbar, was aus der Nähe zum Höhenkeil resultiert.
An der Südostflanke des o.g. flachen Tiefs kann der Wind auffrischen, so dass es
im Erzgebirgsraum für warnrelevante Böen, exponiert vielleicht auch für
stürmische Böen, reichen kann. Zudem dauert an den Alpen der Föhn an und kann
mit warnrelevanten Böen bis in die Täler vordringen.

Samstag ... wird der Kurzwellentrog, der vor allem in unteren
Troposphärenschichten ausgeprägt ist, nach Nordosten gesteuert und schwenkt in
die Ostsee. Mit diesem Kurzwellentrog verlagert sich die Gewittertätigkeit nach
Nordosten und zum Abend hin nach Polen und in die Ostsee. Dabei ist weiterhin
die Unwettergefahr sehr hoch, wobei das volle Programm bis hin zu rotierenden
Strukturen geboten wird. Dabei ist noch tagesgangsbedingt gegenüber der Nacht
eine leichte Intensivierung vorstellbar. Inwieweit diese jedoch eintritt, ist
davon abhängig, wie rasch die feuchtlabilste Luftmasse nach Nordosten
herausgedrängt wird. Wahrscheinlich erstreckt sich die Tiefdruckrinne, in der
die labilste Luft anzutreffen ist, am Abend bereits von der dänischen Grenze ins
Oderhaff. An deren Südflanke setzt sich von Westen her eine gemäßigtere
Luftmasse durch, zudem wird die Schichtung stabiler, so dass Entspannung
einsetzt. Allerdings ist dies nur vorübergehend, der über Westeuropa liegende
Trog gibt noch keine Ruhe. Ein weiterer Kurzwellentrog läuft heraus und nähert
sich den Westalpen. Vorderseitige Hebung bringt in der dort leicht labil
geschichteten Luftmasse erneut konvektive Umlagerungen in Gang, die sich vom
Schwarzwald und von den Alpen bis in die Donauregion ausweiten können.
Allerdings weist diese Luftmasse nur ein CAPE bis 500 J/kg auf, der Gehalt an
niederschlagbarem Wasser liegt bei 25 bis 35 mm, so dass es sich dort auch um
kräftigere Entwicklungen handeln kann, die aber nicht an das heranreichen, was
im Nordosten zu erwarten ist. Zudem ist die Scherung sehr schwach, so dass der
Organisationsgrad gering ist. Dennoch können Unwetter auch in diesen Gebieten
nicht ganz ausgeschlossen werden.
In den anderen Regionen (also hauptsächlich südwestlich und später auch südlich
der sich nach Norden verlagernden Tiefdruckrinne) dürfte Absinken für eine
Wetterberuhigung mit nur geringer Gewitterneigung und größeren Auflockerungen
sorgen. Die Tageshöchsttemperaturen erreichen 20 bis 26, im Südosten 26 bis 30
und im Nordosten (bevor die Konvektion richtig einsetzt) 27 bis 34 Grad.
In der Nacht zum Sonntag sollte die Konvektion ganz im Norden dann allmählich
auf die Ostsee heraus verschwinden. Anders dagegen im Südwesten, wo dann der
über die Westalpen hinweg nordwärts schwenkender Haupttrog wetterwirksam wird.
Zwar wird diesem Trog durch Kaltluftadvektion ein wenig die Show gestohlen, aber
der verbleibende Hebungsantrieb sollte noch hinreichend sein, die Konvektion
weiter nord- bis nordostwärts bis in den zentralen Mittelgebirgsraum hinein
ausgreifen zu lassen. Aufgrund des Charakters der Luftmasse sollen die
Entwicklungen aber weniger heftig ausfallen, dennoch können Unwetter (vor allem
durch Starkregen) nicht ausgeschlossen werden, mehrere Modelle zeigen auch
entsprechende Strukturen. Vorstellbar ist auch, dass sich ausgangs der Nacht die
Gewittertätigkeit mehr in den Südosten Deutschlands verlagert, da dort die
Luftmasse noch am labilsten ist und den höchsten Flüssigwassergehalt aufweist.
In den anderen Gebieten sollte Absinken für eine Wetterberuhigung mit Aufklaren
sorgen, wobei sich dort, wo es zuvor am kräftigsten geregnet hat, flache
Nebelfelder bilden können.

Sonntag ... setzt sich Zwischenhocheinfluss durch, der durch leichte
Kaltluftadvektion gestützt wird. Die Südwestströmung ist zwar über Mitteleuropa
nach wie vor zyklonal geprägt, aber ausgewachsene Hebung ist nicht mehr zu
finden. Der nach wie vor vorhandene Kurzwellentrog schwenkt bis in die mittleren
Gebiete, mit diesem greift die Konvektion (zunächst in Form von schauerartigem
Regen und nur vereinzelten, später am Tag mit häufigeren Gewittern) auf den
zentralen und vermehrt dann auch auf den östlichen Mittelgebirgsraum über.
Allerdings erreicht CAPE nur wenige hundert J/kg, der Gehalt an
niederschlagbarem Wasser kaum 30 mm, so dass Unwetter zusehends weniger
wahrscheinlich werden. Aufgrund der dann langsamer werdenden Verlagerung der
Konvektionszellen kann vielleicht über den Mittelgebirgen die Unwetterschwelle
für Starkregen noch einmal gerissen werden.
Der Norden und der Westen bleibt von diesen Entwicklungen unbeeinflusst, dort
entfaltet der Zwischenhocheinfluss seine Wirkung, aber in der eingeflossenen
gemäßigten Luftmasse sind nur 20 bis 25 Grad zu erwarten, wogegen im Nordosten
noch einmal Maxima bis 27 Grad möglich sind.
In der Nacht zum Montag setzt sich der Geopotentialgewinn fort, wobei durch
Kaltluftadvektion sich das über Mitteleuropa liegende Zwischenhoch eher noch
kräftigt. Dies sollte der Konvektion alsbald auch in den östlichen
Mittelgebirgen den Garaus machen. Verbreitet lässt Absinken den Himmel
aufklaren, wobei sich dort, wo zuvor viel Niederschlag gefallen ist, flache
Nebelfelder entstehen können.

Montag ... verlagert sich das Zwischenhoch ein wenig nach Nordosten, wobei am
Abend dessen Schwerpunkt über Nordwestpolen zu finden ist. Eine Absinkinversion,
die im Nordosten bei etwa 600 hPa liegt und im Südwesten etwas tiefer, aber
nicht so ausgeprägt vorhanden ist, sollte hochreichende Konvektion im Keime
ersticken. Allenfalls über den Alpen können sich infolge orografischer
Unterstützung konvektive Umlagerungen entwickeln, wobei die dort in Hochlagen
noch vorhandene Schneedecke eher stabilisierend wirken dürfte.
Absinken im Randbereich des o.g. Bodenhochs sorgt für längere sonnige
Abschnitte, wodurch dann auch wieder ein Temperaturanstieg auf 24 bis 29 Grad in
Gang kommt. Lediglich an der Küste, im höheren Bergland und ganz im Süden wird
es mit Höchstwerten um 22 Grad noch nicht ganz so warm.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die verfügbaren Modelle zeigen eine weitgehend ähnliche Entwicklung. Anhand der
synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognoserelevanten Unterschiede
ableiten.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann