DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

04-06-2019 10:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 04.06.2019 um 10.30 UTC



Schwül-warm mit örtlichen, kräftigen Gewittern. Dazwischen kurze
"Verschnaufspausen".
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Synoptische Entwicklung bis zum Dienstag, den 11.06.2019


Mein geschätzter Kollege Adrian Leyser hat es in seiner gestrigen Übersicht
bereits auf den Punkt gebracht. An der großräumigen Wetterlage bestehen im
Mittelfristzeitraum zwar nur wenig Zweifel - was im ersten Moment
vielversprechend klingt. Deutschland verbleibt auf der Vorderseite eines
Langwellentroges über Westeuropa in einer süd- bis südwestlichen Höhenströmung.
Unter dieser befindet sich die Luftmassengrenze, die heiße Kontinentalluft im
Osten von mäßig-warmer Atlantikluft im Westen trennt. Mesoskalige Prozesse
(rasche Abfolge von Gewittertiefs/Konvergenzen mit Mesohochs und vorübergehender
Stabilisierung) bestimmen dabei das regionale Wettergeschehen. Da diese sich
untereinander bedingen, ist eine regional-detaillierte mittelfristige Vorhersage
nahezu unmöglich.

Beispiel: Ein nicht gut vorhersagter nächtlicher Gewitterkomplex - bewölkter
Tagesbeginn - keine/kaum Capegenerierung - ausbleibende neue Gewitter - kühler
als vorhergesagt, usw.

Zumindest für den Rest der aktuellen Woche können wir aber dennoch etwas in
Detail gehen.

Am Freitag ziehen die Überbleibsel der nächtlichen Gewitter in Form meist nur
noch leichter Regenfälle in den Frühstunden über die Oder ostwärts ab.
Nachfolgend stellt sich landesweit Zwischenhocheinfluss ein. Dieses
verabschiedet sich um die Mittagszeit mit seinem Zentrum aber bereits von Rügen
weiter zur südlichen Ostsee, womit sich die Blicke wieder nach Westen richten.
Dort schwenkt im Bereich des Langwellentroges über Westeuropa ein markanter
Randtrog von Frankreich nach Benelux. Korrespondierend befindet sich unter der
diffluenten Vorderseite ein markantes Bodentief, das mit einem Kerndruck unter
1000 hPa zum Abend den Raum Paris erreicht. An dessen Südflanke bildet sich ein
stattlicher Gradient aus, weshalb es über Frankreich verbreitet zu Sturmböen,
exponiert schweren Sturmböen kommt. Die dem Tief vorgelagerte Kaltfront nähert
sich in den Abendstunden dem äußersten Westen Deutschlands an. Während die durch
Föhn (Sturmböen auf den Alpengipfeln) abgetrocknete Luft im Alpenvorland zu
stark gedeckelt ist, sollte die großskalige Hebung und zunehmende Feuchte
ausreichen, um den Deckel in den westlichen Mittelgebirgen zum Abend hin zu
überwinden. Bei reichlich Sonne wird es mit 24 bis 27 Grad angenehm (weil nicht
schwül) warm. An der See bleibt es am Rande des Hochs in der etwas kühlerer und
stabilen Luftmasse (T850 hPa unter 10 Grad) bei maximal 20 bis 24 Grad.

Am Samstag schwenkt der o.e. Randtrog nordostwärts nach Dänemark, womit sich das
Bodentief zur Nordsee verlagert. Unter der inzwischen senkrechten Achsenneigung
hat es seinen Höhepunkt überschritten und von dem einst scharfen Gradienten an
der Südflanke bekommt "lediglich" der Nordwesten des Landes noch ein paar
Windböen, exponiert stürmische Böen ab. Die Kaltfront schwenkt ebenfalls
progressiv über Deutschland hinweg ostwärts. Neben schauerartigen Regenfällen
kann die Labilität im äußersten Nordosten noch ausreichen, um ein lokales
Gewitter zu produzieren. Die große Nummer wird das aber wohl nicht, da mit
westlichen Winden rasch ein niedertroposphärischer Temperaturrückgang
eingeleitet wird. Im Süden sorgt die trogrückseitige negative Vorticityadvektion
unterdessen für Druckanstieg, womit die Wetteraktivität stark limitiert ist und
südlich des Mains nur ein paar Tropfen fallen. In der einfließenden frischen
Atlantikluft (T850 hPa um 5 Grad) wird es mit Höchstwerten meist zwischen 18 und
23 Grad etwas kühler.

Am Pfingstsonntag steht zunächst im Zeichen des Zwischenhocheinflusses. Das
Bodenhoch über Süddeutschland kann sich noch etwas kräftigen, wandert allerdings
unter der beharrlichen, leicht antizyklonal konturierten Südwestströmung in der
Höhe abermals rasch nordostwärts ab und liegt um die Mittagszeit bereits im Raum
Danzig. Von der Biskaya schwenkt unterdessen ein neuer Randtrog ostwärts und
induziert Druckfall über dem Südwesten Deutschlands. Diabatisch, aber auch
advektiv ist im Endeffekt gegen Tagesende in der Südhälfte wieder eine
subtropische Luftmasse (T850 hPa Anstieg auf rund 15 Grad im Süden)
vorherrschend. Deren Grundschichtfeuchte ist aber wohl noch zu limitiert, um
nennenswerte Konvektion (Ausnahme eventuell das südwestliche Bergland) in Gang
zu setzen.

Zu Beginn der kommenden Woche weitet sich der westeuropäische Trog zur
Iberischen Halbinsel aus. Dadurch steilt die Strömung über Mitteleuropa etwas
auf und schwül-heiße Luftmassen (Theta 850 hPa > 55 Grad) weiten sich sukzessive
nordwärts aus. Richtung Nordsee bleibt voraussichtlich kühlere und stabilere
Meeresluft liegen. Im Bereich der Luftmassengrenze kann es zu teils
unwetterartigen, gewittrigen Regenfällen kommen. Im Süden und Osten besteht die
Gefahr einer neuen Hitzewelle.

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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die großräumige Potentialverteilung wird konsistent vorhergesagt. Der zeitliche
Ablauf und die Ausprägung der nordostwärts ablaufenden Kurzwellentröge in der
Südwestströmung bereiten noch einige Probleme. So ist der Randtrog über der
Biskaya am Sonntag deutlich schärfer als noch im gestrigen EZ 00z Lauf
ausgeprägt, was ein Bodentief über Südfrankreich und nicht über England speist.
In der Konsequenz treten Schauer und Gewitter zum einen verzögert (nicht vor
Sonntagabend), zum anderen eher nur im Südwesten auf. Aufgrund der eingangs
erwähnten Problematik im mesoskaligen Bereich sollte diesen Feinheiten
allerdings nicht allzu Gewicht beigemessen werden, da es im Detail eh ganz
anders kommen kann.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Bis Sonntag sehen auch die Berechnungen anderer Globalmodelle recht ähnlich aus.
Zu Beginn der kommenden Woche bestimmen modellübergreifend im Bereich der
Luftmassengrenze weiterhin mesoskalige Gewittertiefs mit rückseitigen
Zwischenhochs unser Wettergeschehen. Deren zeitliche Abfolge und räumliche
Ausprägung variiert dabei mitunter sehr stark.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Rauchfahnen zeigen einheitlich die Abkühlung von Freitag auf Samstag
(Kaltfrontdurchgang) mit einem Abfall der 850 hPa Temperatur von rund 13 auf
etwa 5 Grad (im Westen auch darunter). Dieses Szenario ist demnach recht sicher.
Nachfolgend sind bei rasch zunehmenden Spreads keine verlässlichen Aussagen mehr
möglich. Die Wahrscheinlichkeit einer heißen Südosthälfte mit Tmax um oder über
30 Grad und einer mäßig-warmen Nordwesthälfte mit Tmax < 25 Grad ist aber
erhöht.

Die 5 unterschiedlichen Cluster im Zeitraum +120-168h (So-Di) zeigen den
westeuropäischen Trog in unterschiedlicher Ausprägung. In den Clustern 1 und 5
und damit in 19 der insgesamt 51 Member (gutes Drittel) neigt er dazu, über
Portugal zum Ende des Vorhersagezeitraums abzutropfen. Das hätte eine eher
antizyklonal geprägte Höhenströmung über Deutschland zur Folge. Letztlich ist
dadurch auch die Ausweitung der heißen Luft in die nördlichen und westlichen
Landesteile wahrscheinlicher als ein Vorstoß kühlerer Meeresluft nach Osten.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


GEWITTER:
Der EFI CAPESHEAR und NIEDERSCHLAG springt nicht an, was mittelfristig zumindest
nicht für eine dynamisch geprägte Unwetterlage spricht. Gleichwohl kann es
aufgrund der Luftmasseneigenschaften mit PPW's um die 30 mm auch bei
pulsierenden Multizellen ohne großartige Organisation lokal zu unwetterartigen
Entwicklungen durch heftigen Starkregen und Hagelansammlungen kommen.

STURMBÖEN:
An der Südflanke des über die Nordsee ziehenden Tiefs sind am Samstag zwischen
Münsterland und Nordfriesland von den probabilistischen Verfahren (COSMO-LEPS
und EZ-EPS) ernstzunehmende Signale mit Wahrscheinlichkeit zwischen 40 und 70%
für stürmische Böen (Bft 8) zu finden.

HITZE:
Der EFI zeigt für nächste Woche Dienstag nur sehr schwache Signale im äußersten
Osten. Das allgemeine Setup erscheint aber prädestiniert für eine Hitzewelle mit
Temperaturen deutlich über der 30 Grad-Marke im Osten und Süden des Landes und
muss daher in den kommenden Tagen weiter verfolgt werden.
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Basis für Mittelfristvorhersage
EZ, EZ-EPS, Mos-Mix
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Robert Hausen