DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

28-05-2019 10:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 28.05.2019 um 10.30 UTC



Am Wochenende sommerlich warm und meist trocken mit geringer Gewittergefahr. Am
Sonntag und Montag in der Spitze örtlich um 30 Grad. Zum Wochenbeginn von Westen
zunehmende Schauer- und Gewitterneigung. Dann lokal Unwettergefahr.
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Synoptische Entwicklung bis zum Dienstag, den 04.06.2019


Die bevorstehende Mittelfrist weist einige Änderungen des vorherrschenden
Druckmusters auf, was sich auch auf die Wetterentwicklung über Mitteleuropa
auswirkt. Aktuell befinden sich der zentrale Atlantik sowie Afrika im
Einflussbereich der konvektiv aktiveren Phase einer
"Madden-Julian-Oszillationswelle", die nun den NCPE/IFS Vorhersagen folgend
zügig in Phase 2 wandert (allerdings mit variablen Intensitäten). Die
resultierende verstärkte Konvektion mit diabatischem Input und die in Richtung
Neutralität strebende AO/NAO Anfang Juni unterstützen die Spaltung des bis dahin
über den Azoren liegende Hochdruckgebietes in eine sich kräftigende und
retrograd verlagernde Zelle mit Zentrum über dem offenen zentralen Atlantik und
in eine progressiv über Europa nordostwärts wandernde Hochdruckzelle. Die Folge
ist eine vorübergehende schwache Zonalisierung der Höhenströmung über dem
Nordatlantik, sowie eine Verkürzung der Wellenamplituden über Nordeuropa bis zur
Karasee. Diese Entwicklung ermöglicht über weiten Bereichen Europas einen
mäßigen Geopotentialanstieg. Dies sorgt zusammen mit der progressiven Natur des
niedertrop. Hochdruckgebietes für eine vorübergehende Wetterberuhigung während
der Mittelfrist, die auch Deutschland betrifft. Allerdings deutet sich zum Ende
der Mittelfrist bereits beständig eine potentielle Schwachstelle entlang der
Ostflanke der Hochdruckzelle über dem zentralen Nordatlantik an, was eine
neuerliche Troglage mit großer Amplitude vor den Toren Westeuropas nach sich
ziehen dürfte. Da diese tendenziell westlicher ansetzt als die vergangenen Tröge
könnte Deutschland jedoch auf die warme Vorderseite gelangen. Zudem zeigt sich
zum Ende der Mittelfrist eine Verringerung der nordhemisphärischen Wellenzahl,
was auf einen Rückfall zu einem eher blockierenden Muster über Europa hinweisen
könnte. Das letzte Wort ist dahingehen jedoch noch nicht gesprochen.

Der Beginn der Mittelfrist, am Freitag den 31.05., steht bereits im Zeichen der
Keilaufwölbung in Richtung Deutschland. Daher zeigen sich der Freitag tagsüber
und die Nacht zum Samstag im gesamten Westen und Süden zunehmend freundlich,
auch wenn die noch feuchte Luftmasse besonders tagsüber eine regen Wolkenbildung
in Form harmloser Cumulus-Bewölkung fördert. Der Norden und Osten werden
hingegen noch von einer über Dänemark und Nordostdeutschland schleifenden
Warmfront mit dichter Bewölkung und etwas Regen -örtlich gewittrig durchsetzt-
beeinflusst. Warnwürdig fällt der Niederschlag von den Mengen nicht aus und
klingt in den Nachtstunden bereits wieder ab.

Am Samstag stehen die Zeichen auf durchgreifenden Hochdruckeinfluss. Unter einem
kräftigen Höhenkeil gelegen überquert das Bodenhoch Deutschland und erreicht in
der Nacht zum Sonntag Polen und die Tschechische Republik. Hochreichendes
Absinken sorgt meist für einen trockenen Tag, einzig im Osten können sich bei
der vorhandenen Restfeuchte der atlant. Front vom Vortag einzelne Schauer,
vielleicht lokal auch ein Gewitter entwickeln. Ansonsten scheint häufig die
Sonne neben zeitweise durchziehender hoher WLA-Bewölkung.

Am Sonntag verlagert sich einerseits die Höhenkeilachse ostwärts und beeinflusst
vor allem den zentralen Alpenraum bis Polen, andererseits schwächt sich diese
sukzessive ab. Der Grund hierfür liegt in der Lage des Keils zwischen einem
progressiven und kräftigen Höhentrog über Irland/Schottland und einem Höhentief
über dem Balkan. Beide Systeme gehen eine lose Bindung ein und dem fällt die
über Mitteleuropa liegende Keilachse zum Opfer. Auf das Wetter in Deutschland
hat diese Umstellung noch keine größeren Auswirkungen, denn bei viel
Sonnenschein tagsüber und klaren Bedingungen in der Nacht zum Montag bleibt es
deutschlandweit meist trocken. Einzig ein geringes Gewitterrisiko im südlichen
Bergland kann nicht ausgeschlossen werden. Ausgangs der Nacht zum Montag nähert
sich dem Westen Deutschland eine Kaltfront, allerdings ist das genaue
Übergreifen auf Deutschland innerhalb der vergangenen Modellläufe noch unsicher
bzw. verzögert sich von IFS-Lauf zu Lauf etwas.

Am Montag erfasst ein Höhentrog Deutschland, der unter verkürzter
Wellenamplitude zügig über Benelux und Norddeutschland nordostwärts zieht und in
der Nacht zum Dienstag Dänemark erreicht. An diesen gekoppelt schwenkt ein
niedertrop. Bodentrog mit eingelagerter Kaltfront von West nach Ost über
Deutschland. Dank postfrontalem Druckanstieg von Frankreich her verzögert sich
die Frontverlagerung über Süddeutschland. Ein weiterer Grund für eine
Verzögerung könnte fallender Luftdruck südlich der Alpen sein. Allerdings ist
fraglich, wie intensiv der Druckfall letztendlich ausfällt, da dieser stark von
der Amplitude der nach Dänemark ziehenden Welle abhängt. Ohne auf Einzelheiten
einzugehen nimmt die Schauer- und Gewitterneigung im Tagesverlauf von West nach
Ost zu, wobei kinematische und thermodynamische Felder aus heutiger Sicht nicht
signifikant überlappen. Dennoch kann eine latente Unwettergefahr bei einzelnen
Gewittern vor allem durch Starkregen und Hagel nicht ausgeschlossen werden. In
den Nachtstunden erfassen die Niederschläge unter Abschwächung auch den Osten.
Ob diese im Süden zunehmend skaligen Charakter annehmen muss noch mit Blick auf
die synoptische Entwicklung und die vorhandenen Unsicherheiten abgewartet
werden.

Am Dienstag wird der Höhentrog über Nordwesteuropa durch einen weiteren
markanten Kurzwellentrog erneuert. Stromab baut sich über Mitteleuropa eine
glatte Südwestströmung auf, die besonders tagsüber sogar antizyklonale Konturen
im Geopotentialfeld aufweist. Die über Deutschland liegende Kaltfront kommt
strömungsparallel gelegen kaum ostwärts voran. Daher verläuft der Tag im Süden
und Osten bewölkt mit vielen Schauer und Gewittern, während sich die Sonne im
Norden und Westen gut gegen lockere Wolkenfelder durchsetzt und Niederschläge
nur in Form eines lokalen/geringen Schauerrisikos auftreten sollten.

Beim Blick auf die Temperaturentwicklung ist zunächst ein kräftiger
Aufwärtstrend zu erkennen, wobei am Sonntag und Montag Höchstwerte von 24 bis 29
Grad, örtlich auch 30 Grad zu erwarten sind (laut ICON am Montag im Nordosten
sogar flächig um 30 Grad und somit aggressiver als IFS). Zum Ende der
Mittelfrist gehen die Werte von Westen postfrontal auf 20 bis 24 Grad zurück und
bleiben im Osten präfrontal noch bei etwas über 25 Grad hängen.
Mit einem signifikanten "skaligen" Niederschlags- bzw. mit einem großflächigen
Windereignis muss während dieser Mittelfrist nicht gerechnet werden.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die Keilaufwölbung am kommenden Wochenende wird innerhalb der letzten IFS-Läufe
einheitlich gezeigt, auch wenn noch geringe Unsicherheiten mit Blick auf die
exakte Stärke des Keils bestehen. Diese Unsicherheiten wirken sich jedoch nur
auf den Nordosten und Osten mit einem geringen Schauer-/Gewitterrisiko am
Samstag aus. Ansonsten stehen der Samstag und Sonntag im Zeichen sommerlicher
Wärme und häufigen Sonnenscheins.
Zum Wochenanfang nähert sich Westeuropa ein umfangreicher Höhentrog, der
tendenziell innerhalb der letzten Läufe etwas verzögert auf Mitteleuropa
übergreifen soll. Dies könnte bedeuten, dass die am Montag erwartete
Kaltfrontpassage mit kräftigen Schauern und Gewittern weiter verzögert werden
könnte. Das ist auch am Dienstag zu erkennen, wo nach dem letzten Modelllauf
anstatt einer Höhentrogpassage eine überwiegend glatte Südwestströmung
vorherrschen würde. Das verzögerte Übergreifen liegt auch daran, dass die
neusten IFS-Läufe einen Sekundärtrog südlich von Irland immer kräftiger und
dominanter zeigen und das Geopotential stromab über Mitteleuropa daher stetig
anheben.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Ähnliches ist auch innerhalb der weiteren Globalmodelle auszumachen. Zeitlich
und räumlich übereinstimmend wird die Entwicklung des Höhenkeils am Wochenende
über Deutschland gezeigt.
Die größeren Diskrepanzen entwickeln sich erst zum Beginn der kommenden Woche
mit der Annäherung des nordatlantischen Höhentroges. Dabei zeigt ICON die
aggressivste Lösung mit dem Übergreifen des Troges auf Deutschland, während IFS
und GFS diesen grob 12 Stunden verzögert sehen. Folglich ist die
Kaltfrontpassage klar der größte Unsicherheitsfaktor, besonders, wenn man die
zeitlichen Aspekte betrachtet. Am Dienstag zeigt IFS eine leicht antizyklonal
geprägte Höhenströmung, während GFS eher ein zyklonal geprägtes Strömungsmuster
andeutet. Beide Modelle lassen die Kaltfront jedoch über dem Osten und Süden
Deutschlands schleifen. Apropos schleifen - alle Modelle deuten alpensüdseitig
am Montag schwachen Druckfall an, was sich in einem teils skaligen
Niederschlagsbild über Süddeutschland besonders in der Nacht zum Dienstag zeigt.


Zusammengefasst folgt einem sommerlichen Intermezzo am Wochenende zum
Wochenbeginn von Westen eine Kaltfront/Abkühlung, wobei jedoch noch zeitliche
Unsicherheiten bestehen. Rückseitig fließt dann vorübergehend etwas kühlere
modifizierte Atlantikluft ein.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Mittelfrist beginnt mit 5 Clustern (positive NAO) wobei der Kontroll- und
der det. Lauf im ersten Cluster zu finden sind. Da alle Lösungen über
Deutschland einen Keil zeigen fallen die Unsicherheiten trotz der hohen
Clusteranzahl gering aus. Einzig der Nordteil des Keils wird leicht variabel
gerechnet und daher besteht hier auch die höchste Wahrscheinlichkeit für etwas
Niederschlag und dichte Bewölkung.

In der Folge geht die Zahl der Cluster auf drei zurück (weiterhin klimat. Regime
"positive NAO"). Kontroll- und det. Lauf befinden sich im zweiten Cluster.
Dieser zeigt für Samstag und Sonntag über Deutschland auch die kräftigste
Keillösung, während diese im ersten und dritten Cluster jeweils etwas fragiler
ausfällt. Die Unterschiede können Auswirkungen auf den Bewölkungsgrad im
Keilbereich haben, was wiederum die Maximalwerte der Temperatur beeinflussen
könnte. Da die schwächste Keillösung aktuell von der geringsten Memberzahl
gestützt wird ist es sicherlich besser bei der stärkeren Keilentwicklung zu
verbleiben. Zudem hat sich tendenziell im Vergleich zu den letzten
Clusterrechnungen die etwas stärkere Keilvariante besser durchgesetzt.
Allerdings sollte hier der weitere Ensembletrend im Auge behalten werden.
Zum Ende der Mittelfrist ändert sich bei den Clustern kaum etwas, wobei
Deutschland mehr oder weniger stark in den Einflussbereich einer südwestlichen
Höhenströmung gelangt.

Innerhalb der Meteogramme ist die Erwärmung am Wochenende deutlich zu sehen,
wobei einzelne Spitzen hier und da das Erreichen der 30 Grad-Marke andeuten.
Nach einem meist trockenen Wochenende nimmt die Niederschlagstätigkeit in Form
von Schauern und Gewittern zum Wochenbeginn rasch zu. Die konvektive Natur wird
durch einzelne markante Memberspitzen beim Niederschlag hervorgehoben. Einzig in
Richtung Süddeutschland (z.B. München) deutet sich in der Nacht zum Dienstag ein
skalig ausgeprägtes Niederschlagsereignis an (breites HRES-Maximum).
Die "plumes" der 850 hPa Temperatur zeigen bis zum Montag stetig und gebündelt
nach oben mit Werten am Wochenende von 13 bis 15 Grad. Ein dramatisch
zunehmender spread in der Folge hebt die zeitliche Unsicherheit hervor, wann die
Kaltfront Deutschland von Westen erfasst.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Signifikante Wettererscheinungen beschränken sich auf leicht erhöhte
EFI-Temperaturwerte am Wochenende/zum Wochenbeginn (nichts Ungewöhnliches) und
eine latente Unwettergefahr durch die Gewitter zum Wochenbeginn. Fehlende
Signale beim EFI "CAPE/shear" unterstreichen jedoch die bereits getätigte
Äußerung, dass kinematische und thermodynamische Felder aus heutiger Sicht nur
bedingt überlappen (wenn dann im Nordwesten). Allerdings könnte durch Starkregen
(PPWs um 25 mm) und Hagel lokal das Unwetterkriterium gerissen werden.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, MOS-MIX, IFS-EPS
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Helge Tuschy