DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

27-05-2019 17:01
SXEU31 DWAV 271800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 27.05.2019 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Im Süden und Südosten Dauerregen (teils Unwetter). Am Dienstag im Westen und in
der Mitte einzelne Gewitter, lokal mit Starkregen (markant).

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 12 UTC
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Aktuell ... befindet sich Deutschland auf der Vorderseite eines sich
amplifizierenden Höhentrogs über Westeuropa, der im Laufe der Nacht etwas
dichter an den Vorhersageraum heranrückt. Entsprechend dreht die Höhenströmung
rück auf Südwest, was es der vorgeschalteten Kaltfront - sie gehört zu einer
flachen Tieffamilie über Südskandinavien und der Nordsee mit dem Namen CLAUDIUS
- schwer macht, weiter nach Südosten voranzukommen. Letztlich schafft sie es
aber doch, so dass in den Frühstunden nur noch in Süd- und Ostbayern sowie in
der Lausitz Reste der präfrontalen, durch Hebungsabkühlung inzwischen aber etwas
runtergekühlter Warmluft zu finden sind (T850 bei 7°C). Ansonsten breitet sich
von Nordwesten subpolare Meeresluft aus (T850 1 bis 6°C), wobei ein flaches,
sich über Tschechien bildendes und gen Polen ziehendes Tief (DIRK) durch seine
Sogwirkung mithilft, diese Luftmasse auch in die östlichen und südlichen
Landesteile zu locken.
Um die Angelegenheit noch etwas komplexer zu gestalten, kommt - ganz wichtig für
die Entwicklung im Süden - ein weiteres, bis in große Höhen reichendes Tief über
dem Tyrrhenischen Meer ins Spiel, das sich im Laufe der Nacht zwar abschwächt,
über der nördlichen Adria aber ein sekundäres Drehzentrum installiert. Auf
seiner Nordflanke befindet sich ein diffluentes Delta, in dem durch PVA ein
größerer Hebungsimpuls generiert wird. Die Folge sind flächige, teils
schauerartig verstärkte Niederschläge, die sich von Österreich und Tschechien
her auf den Süden und Südosten des Landes ausbreiten (vor allem Bayern und Teile
BWs, aber auch Sachsen nebst thüringischer und brandenburgischer Nachbarschaft)
und sich dabei mit den frontalen Schauern der sich nähernden Kaltfront
vermischen. Die Niederschläge stellen den Anfang einer bis in den Donnerstag
anhaltenden Dauerregenlage dar, die ihren Schwerpunkt bis hin zu Unwettern am
Alpenrand, im südlichen Vorland sowie im Osten Niederbayerns hat (entsprechende
Warnungen laufen bereits seit gestern Abend). Dort kommen bis Dienstagfrüh 15
bis 25 mm, stellenweise um oder über 30 mm zusammen, wobei die lokalen Spitzen
durch Staueffekte, aber auch durch schauerartige Einlagerungen verursacht werden
können. In den Alpen sinkt die Schneefallgrenze auf rund 2200 m. Richtung Donau
und darüber hinaus fallen die Regenfälle nicht so intensiv aus wie weiter
südlich, in der Oberlausitz sowie im Zittauer Gebirge könnte es punktuell aber
durchaus für 10 bis 25 mm innert weniger Stunden reichen, was im schlechtesten
Fall sogar eine Starkregenwarnung zur Folge haben könnte.
So Freunde, das war es immer noch nicht ganz. Zurück noch mal in den Westen, wo
mit Annäherung des o.e. Troges die Luftmasse etwas labilisiert, was gegen den
Tagesgang die ersten Schauer zur Folge hat. Ach ja, nicht zu vergessen eine
zweite Kaltfront, die ebenfalls zu einem Vasallen aus der CLAUDIUS-Dynastie
gehört und in den Frühstunden von der Nordsee her das nordwestdeutsche Tiefland
betritt - wetterunwirksam und mit trocken-kühler Luft auf der Rückseite (T850
bei 0°C oder etwas darunter).

Dienstag ... verschärft sich der Höhentrog unter Verkürzung seiner Wellenlänge
noch etwas bei gleichzeitiger Progression nach Osten. Am Abend reicht seine
Achse (Referenz 500 hPa) etwa von Südnorwegen über die Nordsee und die
Westschweiz bis zum Löwengolf, wo es in der Nacht zum Mittwoch zu einem Cut-Off
kommt. Mit der süd-südwestlichen Höhenströmung wird das flache Tief über Polen
weiter in Richtung baltische Staaten gesteuert, gleichzeitig schiebt sich das
Azorenhoch etwas dichter an den europäischen Kontinent heran. Dazwischen
resultiert bei uns eine überwiegend schwache westliche bis nördliche
Grundströmung, die im Südosten bis etwa 600/650 hPa reicht. Darüber erfolgt dann
die Drehung auf südliche Richtungen, was unter dem Strich eine schöne
Gegenstromlage ergibt. Entsprechend kommt es dort zu weiteren, skalig
motivierten Regenfällen, die sich mehr und mehr in die Regionen südlich der
Donau sowie nach Ostbayern zurückziehen. Die höchsten Mengen werden vom
Alpenrand über das südliche Vorland bis nach Niederbayern erwartet, wo weitere
10 bis 20 mm, lokal um 25 mm zusammenkommen, was tendenziell etwas weniger ist
als die Nacht zuvor. In den Alpen sinkt die Schneefallgrenze auf unter 2000 m.
Nicht nur im Südosten regnet es, auch nach Westen hin sowie in der (westlichen)
Mitte muss im Zuge der angesprochenen Trogannäherung und einhergehender
Labilisierung (T500 -22 bis -25°C, T850 um +3°C) mit schauerartigem Regen und
einzelnen pulsierenden Gewittern gerechnet werden. Aufgrund schwacher Höhenwinde
präsentieren sich die Zellen nicht sonderlich mobil, so dass trotz des
limitierten Feuchtegehalts von unter 20 mm PPW lokaler Starkregen von 15 mm/h
oder etwas darüber ebenso nicht ausgeschlossen werden kann wie die eine oder
andere steife Windböe 7 Bft.
Auffallend in den Niederschlagssimulationen ist nach wie vor ein Minimum im
Norden BWs und Umgebung, was offensichtlich so etwas wie kompensatorischem
Absinken zwischen der Schauerzone im Westen und dem Dauerregen im Südosten
geschuldet ist.
Das zweite Regenminimum taucht über Norddeutschland auf (nördliches NDS, SH und
HH, MV), wo sich hinter der noch etwas landeinwärts vorankommenden Kaltfront
trockenere (Td unter 5°Cm PPW unter 15 mm, spez. F. unter 5 g/kg) Polarluft
breitmacht (T850 0°C oder geringfügig darunter), was vor allem im Küstenbereich
mit sonnigen Abschnitten quittiert wird. Im Gegensatz zur gestrigen Prognose
frischt der Nordwestwind nur mit angezogener Handbremse auf, Warnungen werden
also nicht fällig.
Temperaturmäßig ist an einem der letzten Frühlingstage - am Samstag beginnt
schon der meteorologische Sommer - nicht viel zu holen. Mehr als 14 bis 19°C
stehen nicht auf der Karte. An Küstenabschnitten mit auflandigem Wind, in
höheren Lagen sowie bei Dauerregen im Süden und Südosten wird es sogar schwer,
die untere Schwelle der genannten Spanne zu erreichen.

In der Nacht zum Mittwoch tropft der Höhentrog endgültig in Richtung Golf von
Genua ab. Über Norddeutschland bleibt das flache Residuum übrig, während sich
weiter südlich eine schwache Potenzialbrücke etabliert. Die anfänglich noch
aktiven Schauer und Gewitter geben alsbald ihren Geist auf, so dass nur die
Regenfälle im Südosten übrigbleiben. Gebietsweise kommen dort noch mal 10 bis 25
mm/12 h zusammen mit den Schwerpunkten in den Gebieten, wo die Warnungen laufen.

Im Nordwesten sowie in den westlichen Mittelgebirgen geht die Temperatur bei
längerem Aufklaren auf etwas unter 5°C, lokal sogar bis 2°C zurück. Damit steigt
dort die Gefahr von leichtem Frost in Bodennähe (etwa bis -2°C).

Mittwoch ... zieht das Cut-Off-Tief vom Golf von Genua via Mittelitalien gen
Adria. Bei uns ändert sich relativ wenig: im Süden liegt weiterhin die schwache
Potenzialbrücke, im Norden schwenkt von Westen her ein weiterer flacher Trog
heran, der sich mangels höhenkalter Luft aber als handzahm entpuppt. Ganz im
Gegenteil, im Bodendruckfeld spaltet sich aus dem schon in der Nacht recht
progressiv anklopfenden Azorenhochkeil eine eigenständige Parzelle ab, die um 12
UTC mit etwas über 1020 hPa über Norddeutschland liegt. Klein aber fein sorgt
das Hoch in weiten Teilen des Landes, sprich im gesamten Norden und Westen sowie
Teilen der Mitte und des Ostens für einen passablen Vorfeiertag mit sonnigen
Phasen und einigen Quellwolken, die maximal bis 750/700 hPa aufsteigen, wo sie
durch eine Absinkinversion gedeckelt werden.
Nicht ganz so freundlich sieht es im Süden und Südosten aus, wo der Regen zwar
schwächer wird, aber noch nicht aufhört. Weiterhin fungiert die Gegenstromlage
als Motor, wobei in den Prognosesoundings eine fast schulbuchmäßige Rechtdrehung
des Windes mit der Höhe erkennbar ist (von NW/N über O auf S), was nach
thermischer Windgleichung den Tatbestand der WLA erfüllt. Trotzdem, die
12h-Tagessummen liegen häufig nur noch unter 10 mm, lediglich am östlichen
Alpenrand sowie im südlichen Vorland können es ein paar Millimeter mehr sein.
Temperaturmäßig geht es trotz vielerorts vermehrter Einstrahlung nur sehr
schleppend bis gar nicht bergauf, meint, an der Spanne von 14 bis 19°C
(vielleicht im Westen mal ´ne angekratzte "Zwanzig") ändert sich wenig. Im
Dauerregen südlich der Donau sowie auf den vorgelagerten Inseln sind es z.T. nur
rund 12°C.

In der Nacht zum Donnerstag wandert die Hochzelle ostwärts ab, es bleibt aber
noch eine brückenartige Verbindung mit dem Azorenhoch bestehen, die über
Süddeutschland verläuft. Dort schwächen sich die Regenfälle weiter ab, wobei sie
sich mehr und mehr an bzw. in die Alpen zurückziehen (meist nur noch weniger als
5 mm/12 h). Ansonsten lockert die Wolkendecke im Süden teilweise auf, was in der
feuchten Grundschicht das eine oder andere Nebelfeld zur Folge hat. In den
östlichen Landesteilen kann es lokal leichten Frost in Bodennähe geben.
Im Westen und Nordwesten geht es mit dem Zwischenhocheinfluss schon wieder zu
Ende. WLA im Vorfeld eines kleinen Randtiefs, das aus einer Warmfrontwelle im
Bereich UK/Irland hervorgeht und in Richtung Nordsee steuert, lässt
mehrschichtige Bewölkung heranziehen, aus der am frühen Morgen im Grenzbereich
zu Benelux sowie an der Nordsee erste Tropfen fallen können.

Donnerstag ... seines Zeichens "Vaddertach" kommt es - grob - zu einer
wettermäßigen Zweiteilung in Deutschland. Da wäre zunächst mal die
Nordwesthälfte, die diesen Tag klar in der Hinterhand verbringt. Zwar zieht das
flache Rand- oder auch Wellentief über die Nordsee hinweg nach Osten, gleichwohl
dauert die WLA auch tagsüber weiter an. Entsprechend stark bewölkt bis bedeckt
präsentiert sich das Ausflugswetter, zudem regnet oder nieselt es zeitweise mit
meist leichter Intensität. Und als wenn das nicht schon reichen würde, lebt auch
noch der Südwestwind auf, vor allem Richtung Küste und dort besonders in
Nordfriesland (Böen 7 Bft). Dass die Temperatur mit Höchstwerten von 16 bis
21°C, auf den Nordseeinseln nur 14°C, keine herausragende Rolle spielt, versteht
sich von selbst, aber nun.
Zone 2 umfasst die Südosthälfte, wo weiterhin leichter Hochdruckeinfluss greift,
der dem Regen an den Alpen nun endgültig den Garaus macht. Trotzdem dauert es
dort einige Zeit, bis die Wolkendecke einige Lücken bekommt. Im großen Rest
hingegen stehen die Chancen auf sonnige Abschnitte trotz einiger Wolken gut. Den
meisten Sonnenschein dürften nach heutigem Stand die Bewohner zwischen
Erzgebirge und Berlin bis hoch zur Uckermark abbekommen, wo es bis zu 23°C warm
wird. Ansonsten sieht es mit Höchstwerten von 16 bis 22°C nicht wesentlich
besser aus als in der NW-Hälfte.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle ziehen weitgehend an einem Strang.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann