DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

24-05-2019 17:30
SXEU31 DWAV 241800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 24.05.2019 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Am Samstag im Süden erhöhte konvektive Aktivität, dabei vor allem Starkregen im
Fokus. Am Sonntag nur noch im äußersten Süden etwas Konvektion. Am Montag von
Nordwesten schleifende Kaltfront.

Synoptische Entwicklung bis Montag 12 UTC
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Aktuell ... befindet sich Deutschland inmitten oder besser unter sehr schwachen
Potenzialgegensätzen. Erst bei höherer Auflösung erkennt man einen positiv
geneigten Höhentrog, der sich ausgehend von einem hochreichenden Tief (BERNHARD)
über Südschweden bis nach Frankreich erstreckt. Das Tief zieht bis Samstagfrüh
vor den Eingang des Finnischen Meerbusens, im Schlepptau den Nordteil des
besagten Troges, der den Norden unseres Landes mit einem korrespondierenden
Bodentrog ostwärts überquert. Der südliche Teil hingegen verbleibt über
Frankreich und Benelux, wo er in den frühen Morgenstunden von einem kleinen, von
der Doggerbank zur südwestlichen Nordsee ziehenden Höhentief gespeist wird.
Klingt alles wahnsinnig komplex und verworren, bringt am Ende aber nix ein, da
die gesamten Höhenwinde derart schwach sind, dass aus der gegebenen
Konfiguration so gut wie keine Dynamik resultiert.
Also widmen wir uns der unteren Troposphäre respektive den bodennahen
Luftschichten, wo auch nicht gerade die wilde Wutz unterwegs ist. Im Gegenteil,
der Druckgradient ist sehr aufgelockert, und auch in Norddeutschland, wo am Tage
die Passage des o.e. Bodentrogs den westlichen Wind vorübergehend hat
auffrischen lassen, kehrt angesichts des von der Nordsee landeinwärts
fortschreitenden Druckanstiegs bald wieder Ruhe ein. Daran ändert auch die
Tatsache nichts, dass die sich aktuell von der Nordsee nähernde Kaltfront
sukzessive landeinwärts vorankommt und dabei Geschenke in Form etwas kühlerer
Nordseeluft (Rückgang T850 auf 5 bis 3°C), reichlich Stratocumulusbewölkung (Sc)
und stellenweise ein paar Spritzer Regen oder Nieselregen verteilt. Bis zum
Morgen liegen dann weite Teile Norddeutschlands und wohl auch der nördliche Teil
NRWs unter einer weitgehend geschlossenen Wolkendecke, woran auch der
Druckanstieg und der sich etwas nach Osten ausweitende Hochkeil nichts ändern
können.
Weiter südlich gestaltet sich das Bewölkungsbild deutlich aufgeräumter. Die
anfänglich noch vorhandenen Quellwolken sowie die einzelnen Schauer und Gewitter
(im Westen und Norden perlenkettig organisiert an einer Bodenkonvergenz) fallen
mehr und mehr dem Tagesgang zum Opfer, gebietsweise wird die Nacht sogar
sternenklar. Mehr gibt es eigentlich nicht zu sagen.

Samstag ... zieht das kleine Höhentief auf Südkurs gen Ostfrankreich, wo es zum
Ende des Tages knapp westlich von Switzerland anlandet. Die Mitte und der Süden
des Vorhersageraums verbleiben auf der Vorderseite unter einer mehr als
luschigen südwestlichen Höhenströmung, während der äußerste Norden peu a peu in
den Randbereich der sich ganz allmählich südwärts verlagernden Frontalzone
gelangt. Die Kaltfront des nach Finnland ziehenden Tiefs BERNHARD kommt noch
etwas nach Süden bis in den Mittelgebirgsraum voran, allerdings bekommt sie auf
dem Weg dorthin zunehmend Schwierigkeiten, sich gegen den überlagerten
Druckanstieg zu behaupten. Kurzum, irgendwann schlägt das barische Fallbeil
richtig zu, so dass die Kaltfront von den Wetterkarten verschwindet.
Kaltfront hin, Frontolyse her, auch am Nachmittag lassen sich weiterhin
Luftmassenunterschiede zwischen Nord- und Süddeutschland ausmachen, die eine
nicht unerhebliche Auswirkung auf das Wettergeschehen haben. Zunächst in den
Norden respektive die Region nördlich der Mittelgebirgsschwelle, wo sich in der
eingeflossenen, relativ kühlen und stabil geschichteten Nordseeluft (T850 2-5°C)
gleichnamiger Sc unter einer bei 800 hPa liegenden Inversion breitgemacht hat.
Hier und da fallen mal ein paar Tropfen, größtenteils bleibt es aber trocken,
und bis zum Abend wird die Wolkendecke sogar zusehends "angeknabbert", was
einige Lücken zur Folge hat. Nutzen tut das nur bedingt was, zumindest was die
thermische Entwicklung angeht, bleiben doch die Höchsttemperaturen mit 14 bis
19°C unter der für Ende Mai eher bescheiden angesetzten 20°C-Marke.
Nach Süddeutschland, wo aus den oben genannten Gründen kein grundsätzlicher
Luftmassenwechsel stattfindet, gleichwohl von Nordwesten her aber geringfügig
kühlere Luft eingemischt wird. Wichtiger als das ist aber die
Feuchteakkumulation in der leicht labil geschichteten Luftmasse (Anstieg PPW auf
20 bis 25 mm, spez. Feuchte stellenweise bis 9 g/kg), was mit Hilfe vorheriger
Einstrahlung zum Aufbau einiger hundert Joule pro Kilogramm (punktuell um 500
J/kg) ML-CAPE führt. Besonders in einem von Baden bis in den östlichen
Mittelgebirgsraum (Erzgebirge, südlicher Thüringer Wald) bzw. zur Oberpfalz
reichenden Streifen entwickeln vornehmlich in der zweiten Tageshälfte Schauer
und einzelne Gewitter, wobei der Antrieb weniger von der schwachen
Trogvorderseite (immerhin besser als eine Rückseite) ausgeht, sondern im
Wesentlichen orografische (Bergland gibt es genug) und/oder diabatische
(Auslösetemperatur um 20°C) Gründe hat. Der Organisationsgrad der Zellen bleibt
gering, auch wenn sich die DLS auf 10 bis 15 m/s, vereinzelt auch etwas darüber
erhöht. So sind in der Basis langsam ziehende pulsierende Zellen zu erwarten,
deren primäre Gefahr von Starkregen mit 15 bis 25 mm innert kurzer Zeit, weniger
(aber eben auch nicht ausgeschlossen) von (kleinerem) Hagel bzw.
Hagelansammlungen und/oder steifen bis stürmischen Böen 7-8 Bft ausgeht. Die
Unwettergefahr kann aufgrund der Luftmasseneigenschaften (moderater Feuchte- und
Energiegehalt, mäßige Labilität) sowie fehlender Dynamik allgemein als gering
eingestuft werden, gleichwohl sind 25 mm/h in besonders trägen oder durch die
Orografie eingeklemmten Zellen schnell mal erreicht. Hinzu kommt, dass zum Abend
hin im äußersten Süden ein gewisses Verschmelzen der Zellen möglich ist, so dass
auch mehrstündiger Starkregen nicht völlig in Reich der Fabel verbannt werden
kann.
Mit 18 bis 23°C, in Niederbayern lokal bis 24 oder 25°C wird es zwar nicht
gerade bullig, aber immerhin wärmer als im Norden.

In der Nacht zum Sonntag sorgen leichter Druckanstieg und der Tagesgang für ein
baldiges Abebben der Konvektion in den südlichen Landesteilen. Einzig an den
Alpen sowie im südlichen Alpenvorland, wo die Zellen mehr und mehr verclustern
(siehe oben), regnet es z.T. bis weit in die zweite Nachthälfte hinein, anfangs
vereinzelt auch noch mit Blitz und Donner. Lokal können dabei durchaus 10-20
mm/12 h zusammenkommen. Ansonsten lockert die Wolkendecke im Süden zusehends
auf, was dort, wo es tagsüber etwas stärker geregnet hat, ein paar flache
Nebelfelder zur Folge hat.
Im Norden nimmt der südwestliche Wind im Zuge eines von Mittelnorwegen in
Richtung Oslofjord ziehenden Tiefs etwas zu, was aber nur minimale Warnerregung
auslöst (vielleicht ein paar steife Böen 7 Bft an der See). Während im
Binnenland weiter an der Auflösung des Nordsee-Sc gearbeitet wird, bleibt es im
äußersten Norden (Küstenregion, nördliches SH) nicht nur stark bewölkt, es
regnet mitunter sogar etwas.

Sonntag ... stellt sich - vereinfacht gesagt - eine Zweieinhalb- bis Dreiteilung
in unserem Land ein. Der Norden gelangt immer mehr unter die relativ glatte, mit
nur flachen Wellen versehene Frontalzone, die für etwas mehr Dynamik und Hebung
sorgt (PVA, teils WLA). Auch bodennah bleibt das Umfeld weitgehend zyklonal
aufgestellt. Zwar verabschiedet sich das eine Tief vom Oslofjord in Richtung
südlichen Bottenbusen, dafür rückt das Frontensystem eines weiteren Tiefs bei
Schottland (12 UTC) in den Blickpunkt. Kurzum, der Sonntag gestaltet sich im
Norden (und später auch im Westen) nicht nur wolkenreich, es fällt zudem
zeitweise leichter Regen oder Nieselregen bei wenig rekordverdächtigen 16 bis
20°C, an der See eher noch darunter. Darüber hinaus frischt der südwestliche bis
westliche Wind mitunter stark böig auf mit der einen oder anderen Böe 7 Bft, an
der Ostsee exponiert sogar 8 Bft, was nebenbei gesagt auch für den Blocksberg im
Harz zutrifft. So viel zu Zone 1.
Weitaus gemächlicher als im Norden geht es weiter südlich am Südrand der
Frontalzone zu, wo die Höhenwinde merklich schwächer unterwegs sind und
folgerichtig kaum Dynamik wirksam ist. Leichtes Absinken stützt einen
klassischen, über die Südhälfte sich nach Osten erstreckenden Azorenhocheil, in
dem sich die Bewölkung mehrheitlich aufgelockert präsentiert und z.T. sogar
längere sonnige Phasen zum Vorschein kommen (Zone 2).
Reste labilerer und feuchterer Luft halten sich anfangs noch an den Alpen und im
südlichen Vorland sowie an der Grenze zur Schweiz (Zone 2,5 bis 3). Dort reicht
es nicht nur für einen etwas höheren Wolkenanteil, es dürften sich sogar ein
paar Schauer entwickeln. Ob auch noch mal ein Gewitter an den Start geht, ist
aber mehr als fraglich. Die Luft erwärmt sich auf 18 bis 23°C, im Süden
vereinzelt auch etwas darüber. Allzu viele Stationen mit einem Sommertag (>=
25°C) wird es in der Endabrechnung aber nicht geben.

In der Nacht zum Montag verbleibt vor allem die Nordhälfte unter der leicht
flatternden Frontalzone. Das o.e. kleine Bodentief zieht langsam von Schottland
über die nördliche Nordsee in Richtung Südnorwegen. Dadurch kann die zur
Wellenbildung neigende, auf alle Fälle aber schleifende Kaltfront mit den
zugehörigen Hebungsprozessen auf den Norden und Westen des Landes übergreifen.
Durchweg alle Modelle simulieren dabei eine Intensivierung der Regenfälle
gegenüber dem Nachmittag; in Küstennähe sind bis zum Morgen durchaus 10 mm oder
etwas mehr drin. Mehr Regen, dafür weniger Wind, der in der Nacht - weiterhin
aus Südwesten kommend - unter die untere Warnschwelle rutscht.
Im Süden und in der Mitte schwächt sich der Azorenhochkeil zwar ab, bis auf den
westlichen Teil bleibt die Nacht aber noch trocken mit ein paar wenigen flachen
Nebelfeldern.

Montag ... kommt es über dem nahen Ostatlantik zu einer Austrogung, die stromab
ein Rückdrehen der Höhenströmung auf Südwest bedingt. Die Kaltfront des
inzwischen über Südnorwegen aufgeschlagenen Bodentiefs nimmt somit eine
zunehmend höhenströmungsparallele Exposition an, was ihr Vorankommen nach
Südosten nicht unerheblich dämpft. Doch nicht nur das, auch die frontalen
Hebungsprozesse schwächen sich aufgrund fehlenden Supports aus der Höhe
sukzessive ab, so dass auch die frontalen Regenfälle nachlassen.
Wie auch immer, um 12 UTC teilt die südwest-nordost-orientierte Kaltfront
Deutschland nahezu paritätisch in eine Nordwest- und eine Südosthälfte.
Postfrontal strömt ein Schwall erwärmter, relativ trockener subpolarer
Meeresluft ein (T850 4 bis 8°C), in der sich die Schauerneigung in Grenzen hält.

Präfrontal ist die mäßig warme, inzwischen etwas gealterte Luftmasse (T850 8 bis
11°C) ungleich feuchter als im Nordwesten, allerdings nicht besonders labil.
Trotzdem reicht es, etwas CAPE zu generieren, aus der einzelne Schauer,
vielleicht auch ein Gewitter resultieren. Ab dem Nachmittag rückt aber noch ein
weiterer Prozess in den Blickpunkt, wenn nämlich von Österreich her skalige
Regenfälle auf den Südosten Bayerns übergreifen, die sich in der Nacht zum
Dienstag noch verstärken. Möglicherweise wächst das Ganze sogar zu einer
markanten Dauerregenlage an (zumindest am Alpenrand), Hinweise dafür gibt es
reichlich. Die nötigen Hebungsprozesse werden auf der Nordflanke eines
hochreichenden Tiefs über dem Tyrrhenischen Meer induziert (teils WLA, teils
durch Randtröge), wobei sich zunehmend eine Gegenstromlage ausbildet.
Zurück noch mal von der Mittel- zur Kurzfrist, die für den Montag noch den im
Norden vorübergehend auffrischenden westlichen Wind in petto hat (7 Bft, Küste
teils 8 Bft). Temperaturmäßig ändert sich nicht allzu viel gegenüber Sonntag.



Modellvergleich und -einschätzung
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Wie so oft herrscht hinsichtlich der grundlegenden Entwicklung Konsens.
Interessant wird das konvektive Geschehen am morgigen Samstag, und auch die
Entwicklung ab Montag im äußersten Süden/Südosten gilt es weiter zu beobachten.



Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann