DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

15-03-2019 08:30
SXEU31 DWAV 150800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 15.03.2019 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
W z
Heute von Westen her erneut auffrischender Wind, von Nordwesten auf den Norden
übergreifend sowie in freien Lagen stürmische Böen, in höheren Berglagen, in
Küstennähe sowie ganz im Nordwesten aufkommend Sturmböen bis Bft 9. Auf
exponierten Gipfeln schwere Sturm- und orkanartige Böen. In der Nacht zum
Samstag im Nordosten sowie in freien Lagen im Süden noch stürmische Böen, an der
Ostseeküste sowie im höheren Bergland Sturmböen bis Bft 9. Am Samstag nach
vorübergehender Windabnahme im Südwesten einsetzend und tagsüber auf den Westen
und Nordwesten übergreifend erneut in freien Lagen stürmische Böen, höhere
Berglagen Gefahr von Sturmböen. In der Nacht zum Sonntag in Nordseenähe
weiterhin stürmische, an der nordfriesischen Küste Sturmböen bis Bft 9. Sonst
nur auf höheren Berggipfeln einzelne Sturmböen. Am Sonntag mit Kaltfrontpassage
von Nordwest nach Südost übergreifend stürmische Böen, im Süden teils auch
Sturmböen und kurze Gewitter, auf höheren Berggipfeln teils schwere Sturmböen.
In der Nacht zum Montag an der Nordsee aufkommend teils Sturmböen bis Bft 9, bis
Montagfrüh auch auf die Ostseeküste übergreifend. In exponierten Küstenlagen
Gefahr schwerer Sturmböen.
An den Alpen bis heute Nachmittag noch Schneefall. Sonst im westlichen und
süddeutschen Bergland Dauerregen, bis in den Samstag hinein andauernd. Am
Alpenrand und in Teilen des Schwarzwalds Tauwetter, zum Teil unwetterartig.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC
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Freitag... liegt Deutschland unter einer straffen Frontalzone, die vom mittleren
Nordatlantik über die Britischen Inseln und die Alpen hinweg ins Ionische Meer
gerichtet ist. Ein darin eingelagerter flacher Trog wird rasch ost- südostwärts
gesteuert und greift bis zum Abend auf Deutschland über. Das korrespondierende
Bodentief liegt relativ weit nördlich, etwa auf halber Strecke zwischen Island,
Schottland und Südnorwegen. In der Frontalzone wird eine offene Welle nach
Mitteleuropa gesteuert, die sich, induziert durch den o.g. Kurzwellentrog
(positive Vorticityadvektion und Warmluftadvektion überlagern sich bis in den
Nachmittag hinein) zu einem kräftigen Tief mausert. Dieses Tief wird bis heute
Abend zur Südspitze Schwedens gesteuert. An dessen Südflanke frischt der Wind
wieder auf. Dies erfolgt bereits mit dem Übergreifen der Warmfront dieser Welle,
so dass im Nordwesten auch im Binnenland stürmische Böen aufkommen. Mit der
Gradientverschärfung, die durch das nach Südschweden ziehende Tief bedingt ist,
greifen Böen bis Sturmstärke vom Nordwesten her auch auf die küstennahen
Bereiche Nordostdeutschlands über. Unmittelbar an der See sind auch schwere
Sturmböen um 100 km/h vorstellbar. Bis weit ins Binnenland hinein und auch in
den mittleren Gebieten sowie in freien Lagen Süddeutschlands sind stürmische
Böen bis Bft 8 zu erwarten. Im höheren Bergland gibt es durchweg Sturmböen, auf
exponierten Gipfeln schwere Sturm- und orkanartige Böen.
Etwa ab dem frühen Nachmittag greift die Kaltfront der Welle von der Nordsee her
auf Deutschland über. An diese Front sind die stärksten Böen gekoppelt.
Präfrontal zeigt sich ein Feuchteeinschub, die Schichtung ist leicht labil,
etwas CAPE wird generiert. Zudem ist die Scherung (sowohl niedertroposphärisch
als auch hochreichend) beträchtlich, d.h. höher als vorgestern. Kurzum, die
Voraussetzungen für organisiertere und möglicherweise sogar rotierende
Strukturen hoch reichender Konvektion (bis hin zu Gewittern) sind durchaus
gegeben. Zumindest sind in Verbindung mit diesen Umlagerungen bis weit ins
nördlich Binnenland hinein schwere Sturmböen um 100 km/h möglich. Der Oberwind,
der im 850 hPa-Niveau 60 kt erreicht, gibt derartige Böen her.
Mit der Warmfront der Welle setzt länger andauernder Regen ein. An den Alpen und
in den östlichen Mittelgebirgen fallen die Niederschläge anfangs noch als
Schnee, gehen aber infolge der auf mehr als 1500 m ansteigenden Schneefallgrenze
ab Mittag an den Alpen und danach auch in den östlichen Mittelgebirgen in Regen
über. Für die Alpen hat dies Tauwetter zur Folge, das im Allgäu unwetterartig
sein kann. In den westlichen und süddeutschen Mittelgebirgen ist eine
Überschreitung warnrelevanter Schwellenwerte am wahrscheinlichsten, so dass dort
entsprechende Dauerregenwarnungen aktiv sind. Die Tageshöchsttemperaturen
erreichen in der einfließenden Atlantikluft 8 bis 13, im Bergland Werte um 5
Grad.
In der Nacht zum Samstag greift ein flacher Zwischenhochkeil auf Deutschland
über. Dieser dürfte von Westen her die Windsituation entschärfen. Bedingt durch
das zu den Baltischen Staaten abziehend Tief wird im Nordosten der kräftige
Gradient noch am längsten aufrecht gehalten, so dass dort bis weit in die Nacht
hinein (vor allem nordöstlich der Elbe) stürmische Böen, an der Ostsee und
anfangs auch an der Nordsee Sturmböen und an der Vorpommerschen Ostseeküste
sowie auf exponierten Berggipfeln schwere Sturmböen auftreten. Dabei bleibt ganz
im Nordosten die Schichtung labil, so dass dort die Böigkeit mehr ausgeprägt
ist. Bis Samstagfrüh setzt auch dort Entspannung ein, so dass dann Windböen auf
die Gebiete von der Ostsee bis zur Lausitz und stürmische Böen auf die
Vorpommersche Ostseeküste beschränkt sind. Bis dahin dringt die Kaltfront bis
knapp südlich der Mainlinie vor, wird aber von Westen her als Warmfront
rückläufig. Im Bereich des Warmsektors frischt der Wind erneut auf, so dass
verbreitet Windböen, in freien Lagen und, bedingt durch den Leitplankeneffekt am
Alpenrand, stürmische Böen zu erwarten sind. Auf höheren Berggipfeln erreicht
der Wind in Böen Sturmstärke. Zudem fällt im Bereich der schleifend rückläufig
werdenden Front länger andauernder Regen, der durch Stau verstärkt wird und der
bereits entsprechend abgewarnt ist.

Samstag... gelangt Deutschland in den Bereich eines breiten Warmsektors eines
kräftigen Tiefs, das von Nordirland über Schottland hinweg ostwärts gesteuert
wird. Relativ weit nördlich ansetzende Warmluftadvektion und der hieraus
resultierende Geopotentialgewinn wölbt einen breiten Rücken auf. Dieser hält den
nachfolgenden Trog vorerst etwas auf Distanz. Mit einer kräftigen west-
südwestlichen Strömung gelangt (man kann bereits sagen relativ warme) Luft nach
Mitteleuropa. Die Niederschläge greifen mit der Warmfront auf den Norden und
Nordosten Deutschlands über, im Westen und Süden sind die Chancen für
Auflockerungen am größten. Das lässt die Temperatur auf 11 bis 16, mit Hilfe der
Sonne in Flusstälern, Niederungen und am Alpenrand (bei leicht föhnigem
Einfluss) bis 20 Grad steigen. Im Norden und Nordosten, d.h. unter
mehrschichtiger Bewölkung sowie im höheren Bergland werden 6 bis 11 Grad zu
erreicht.
Bedingt durch die kräftige west- südwestliche bodennahe Strömung sind verbreitet
Windböen, im nordwestlichen Binnenland und anfangs auch in freien Lagen
Süddeutschlands stürmische Böen zu erwarten. Aufgrund der stabilen Schichtung
sollten Böen bis Sturmstärke auf höhere Berglagen beschränkt bleiben.
In der Nacht zum Sonntag bewirkt der näher rückende Trog die Intensivierung des
o.g. Tiefs über der nördlichen Nordsee zu einem Sturmtief. Dessen Sturmfeld
verbleibt jedoch in sicherer Entfernung. Erst ausgangs der Nacht greift die
Kaltfront dieses Tiefs mit vorerst skaligen Niederschlägen und Böen bis
Sturmstärke an der Nordseeküste auf den äußersten Nordwesten Deutschlands über.


Sonntag... verlagert sich das Sturmtief zur Südspitze Norwegens und nimmt - mit
senkrechter Achse zum darüber liegenden Höhentief - den Charakter eines
Zentraltiefs an. Die markant ausgeprägte Kaltfront dieses Sturmtiefs hat bis
Mittag den Nordwesten und Westen Deutschlands überquert und erreicht bis zum
Abend auch den östlichen Alpenrand, wobei diese Front im Osten und Süden
Deutschlands zusehends in einen Bereich labilerer Luft vorstößt, was durch die
vorherige Erwärmung bedingt ist. Von den Modellen werden Böen bis Bft 8, im
Bergland darüber, simuliert. Dies wird wohl nicht hinreichend sein. Da die
Schichtung nach Südosten zusehends labiler wird, besteht die Gefahr, dass der
Oberwind, der im 850 hPa-Niveau 45 bis 50 kt erreicht, heruntergemischt wird und
dass dann im Frontbereich zumindest die Gefahr von Sturmböen - auch außerhalb
der Berglagen - besteht. Zudem können in das frontale Niederschlagsband auch
einzelne Gewitter eingelagert sein. Postfrontal bleibt der Wind kräftig mit
Wind- und in freien Lagen einzelnen stürmischen Böen. Mit der Annäherung des
Troges, der bis zum Abend im Nordwesten und Westen eine markante Labilisierung
bewirkt, kommen dann auch im nordwestlichen Binnenland wieder stürmische Böen
und an der Nordseeküste Sturmböen auf.
Präfrontal sind im Osten und Süden größere Auflockerungen, bedingt durch
föhnigen Einfluss an den Alpen auch längere sonnige Abschnitte vorstellbar. Dies
lässt die Temperatur auf 14 bis 18, mit Hilfe der Sonne bis 20 Grad steigen,
bevor die Kaltfront wie bereits in den anderen Gebieten zuvor eine markante
Abkühlung auf Werte zwischen 5 und 10 Grad bringt.
In der Nacht zum Montag gelangt dann Deutschland in den Bereich eines von
Westeuropa übergreifenden Troges. Mit diesem setzt sich, abgesehen vielleicht
vom Südosten, nahezu überall labil geschichtete Luft durch, so dass weitere
Schauer zu erwarten sind. Bei einer auf etwa 600 bis 800 m absinkenden
Schneefallgrenze dürften diese oberhalb davon in fester Phase fallen. Aufgrund
des geringen Flüssigwassergehalts der einfließenden Polarluft kommen selbst in
Staulagen nur wenige Zentimeter Schnee zusammen. Allenfalls an den Alpen sind um
10 cm Neuschnee vorstellbar. Dabei verbleibt der Norden im Starkwindfeld des
dann in den Skagerrak ziehenden Sturmtiefs, so dass bis weit ins nördliche
Binnenland hinein Windböen und an der See Sturm- und einzelne schwere Sturmböen
zu erwarten sind. Ansonsten sollten warnrelevante Böen auf höhere Berglagen
beschränkt bleiben.
Für den Süden ergibt sich im Bereich eines von Frankreich übergreifenden
Bodenkeils eine Wetterberuhigung. Meist hält sich stärkere Bewölkung, so dass
Frost und Glätte auf die Mittelgebirgslagen und den Alpenrand wahrscheinlich
beschränkt bleiben.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle zeigen eine weitgehend ähnliche Entwicklung. Anhand der
synoptischen Basisfelder lassen sich kaum prognoserelevante Unterschiede
ableiten. Das betrifft auch die Passage der Kaltfront am Sonntag.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann