DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

14-03-2019 17:01
SXEU31 DWAV 141800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 14.03.2019 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Bis zum Wochenende weiterhin lebhafter Wind, dabei immer wieder stürmische Böen
oder Sturmböen, im Bergland schwere Sturm- bis Orkanböen. Im Schwarzwald und an
den Alpen vor allem Freitag Dauerregen und Tauwetter bis in den Unwetterbereich.


Synoptische Entwicklung bis Sonntag 12 UTC
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Aktuell ... dauert die aktive Westwetterlage mit einer gut ausgeprägten
Frontalzone, die über den mittleren Nordatlantik und Westeuropa hinweg bis weit
in den europäischen Kontinent reicht, weiterhin an. Dabei wird das
Vorhersagegebiet heute Abend von einem darin eingebetteten Kurzwellentrog rasch
ostwärts überquert. Dem Trog folgt ein flacher Höhenrücken, der - gestützt durch
kräftige WLA, die diesen auch überläuft - morgen Früh die Nordsee erreicht
Das mit dem Trog korrespondierende und inzwischen über Jütland angelangte
Bodentief zieht bis Freitagfrüh nach Südschweden. Das okkludierende
Frontensystem überquert bis zur zweiten Nachthälfte das Vorhersagegebiet
ostwärts, gefolgt von einem flachen Hochkeil, der sich - klassisch dem
Höhenrücken vorgelagert - in den Frühstunden etwa über der Mitte Deutschlands
befindet.
Während die Regenfälle im Nordwesten bereits nachgelassen haben, dauern die
Niederschläge im Süden und Osten zunächst noch an und klingen erst im Laufe der
zweiten Nachthälfte, an den Alpen teilweise gar nicht ab. Postfrontal folgt ein
Schwall erwärmter Polarluft (etwa -2 bis -3 Grad in 850 hPa), so dass die
Niederschläge oberhalb von etwa 600 bis 800 m meist als Schnee fallen. Dabei
fallen in den Mittelgebirgen aber kaum mehr als 1 bis 5 cm Neuschnee, lediglich
in den Staulagen von Schwarzwald, Bayerischen Wald und Alpen können es mehr
sein, an den Alpen oberhalb von 1000 m auch um 20 cm.
In der bis etwa 600 hPa labil geschichteten Luftmasse kann in den Abendstunden
auch ein kurzes Gewitter nicht ausgeschlossen werden.
Von Warnrelevanz bleibt der Wind. Insgesamt schwächt er sich in den Abendstunden
von Westen her zwar rasch ab, da mit Abzug des Tiefs der Gradient zunächst im
Westen und Süden auffächert. Vor allem im Nordosten und Osten gibt es aber bis
in die Frühstunden noch steife Böen (Bft 7), an den Küsten verschärft sich der
Gradient mit Passage einen Bodentroges sogar vorübergehend, so dass es dann dort
verbreitet stürmische Böen (Bft 8), vereinzelt auch Sturmböen (Bft 9) gibt.
Später schwächt sich der Wind dann auch dort ab. Auf den Bergen gibt es die
Nacht über hinweg Sturmböen, exponiert auch schwere Sturmböen.
Insgesamt fällt die Wetterberuhigung nur kurz aus, denn die oben erwähnte
mitteltroposphärische WLA lässt die Wolken kaum auflockern. Bereits in den
Frühstunden greift die Warmfront eines mit einem bis morgen Früh nach Schottland
ziehenden Kurzwellentroges auf Benelux und Ostfrankreich über, die Regenfälle im
Vorfeld der Front erreichen dann Südwestdeutschland.

Freitag ... verlagert sich der Kurzwellentrog unter Intensivierung bis zum Abend
rasch nach Südschweden. Im Bodenfeld kann sich aufgrund der kräftigen
trogvorderseitigen PVA eine frontale Welle über dem nahen Ostatlantik bereits
nachts ebenfalls deutlich verstärken, wird mehr und mehr an das zentralsteuernde
Tief südlich von Island gezogen und befindet sich morgens als Randtief über dem
Norden Schottlands. Es zieht bis zum Abend unter weiterer, aber nur noch
geringer Vertiefung rasch zur westlichen Ostsee. Die Warmfront überquert das
Vorhersagegebiet rasch ostwärts, die Kaltfront greift abends auf den Nordwesten
Deutschlands über. Die vor allem durch die kräftige WLA im Vorfeld der
Bodenfronten generierten Hebungsprozesse führen erneut zu teils länger
anhaltenden Regenfällen, vor allem in der Mitte und im Süden des Landes
(PPW-Werte im Bereich der feuchtmilden Atlantikluft dort teils über 20 mm).
Verbreitet werden dort über 10 mm in 12 Stunden simuliert, in den Mittelgebirgen
und an den Alpen auch über 20 mm, in Staulagen (Schwarzwald, Alpen) teils an die
40 mm. Dazu kommt mit deutlich steigender Schneefallgrenze (850 hPa-Temperaturen
im Warmsektor abends in Süddeutschland bei 1 bis 4 Grad) vor allem an den Alpen
auch starkes Tauwetter. Aufsummiert bis Samstagfrüh bzw. -mittag ergeben sich in
Staulagen Abflussmengen von 50 bis 90 mm, so dass sich für diese Regionen eine
Unwetterwarnung (teils Tauwetter, teils Dauerregen) anbietet (und auch schon
ausgegeben wurde). Tauwetter macht wohl nur in Lagen oberhalb von 1000 m Sinn,
darunter liegt meist zu wenig Schnee.
Auch in den übrigen Mittelgebirgen werden gebietsweise die Mengen für eine
Dauerregenwarnung "gerissen", zumindest in exponierten Staulagen. Deutliche
Signale für (markanten) Dauerregen gibt die Probabilistik vor allem noch für den
Bayerischen Wald und für die Schwäbische Alb.
Der Wind frischt mit Warmfontpassage deutlich auf, allerdings reicht es im
stabil geschichteten Warmsektor meist nur für steife, lediglich in freien Lagen
auch für stürmische Böen aus West. An der Südwestflanke des Bodentiefs im
Bereich des schärfsten Gradienten muss postfrontal über dem Norden,
spätnachmittags und abends dann auch im Nordosten des Landes mit Sturmböen
gerechnet werden, an den Küsten sind auch schwere Sturmböen möglich. Im
Alpenvorland sorgt der Leitplankeneffekt ebenfalls für ein deutliches
Auffrischen des Windes am Nachmittag und Abend mit einzelnen Sturmböen in freien
Lagen. Auf den Berggipfeln gibt es erneut häufig schwere Sturmböen, auf
exponierten Gipfeln Orkanböen.
In den Nordwesten gelangt am Nachmittag und Abend zumindest niedertroposphärisch
recht labil geschichtete erwärmte Polarluft (ML-Cape um 100 J/kg), innerhalb
derer sich erneut Schauer und auch kurze Gewitter entwickeln können. Bei
markanter sowohl hochreichender als auch niedertroposphärischer Scherung, die
durchaus auch "low topped" Superzellen zulassen würde und Oberwinden über 50 kn
in 850 hPa kann dabei auch das ein oder andere markante Sturmereignis
(Downburst, im Extremfall auch kurzlebige Tornados) nicht ausgeschlossen werden.

Die Sonne zeigt sich am ehesten am Nachmittag mal im Nordwesten, hinter der
Kaltfront. Trotzdem wird es im Warmsektor wieder sehr mild mit Höchstwerten
zwischen 7 Grad im Nordosten bzw. im ostbayerischen Mittelgebirgsraum und 13 bis
14 Grad am Rhein.

In der Nacht zum Samstag verlagert sich der Kurzwellentrog rasch weiter ins
Baltikum, das Bodentief folgt "stante pede" und füllt sich allmählich auf.
Stromaufwärts wölbt sich aufgrund kräftiger WLA vorderseitig einer beginnenden
Austrogung über dem nahen Ostatlantik ein breit angelegter Höhenrücken auf und
erreicht morgens die Britischen Inseln bzw. die Nordsee. Damit befindet sich das
Vorhersagegebiet unterhalb einer recht kräftigen und glatt konturierten
nordwestlichen Höhenströmung. Darin strömungsparallel eingebettet kommt die
Kaltfront über der Mitte des Landes nur noch wenig nach Süden voran, wird
rückläufig und geht über in die Warmfront eines Wellentiefs, das bis Samstagfrüh
nach Nordirland zieht.
Im Bereich des schleifenden Frontenzuges und knapp südlich davon gibt es
weiterhin teils länger anhaltende Regenfälle, die in den oben genannten
Staulagen auch recht ergiebig ausfallen. Ob dabei noch in weiteren
Mittelgebirgsstaulagen als in den bereits oben erwähnten die Warnschwellen für
Dauerregen gerissen werden, ist noch fraglich, aber nicht ausgeschlossen.
Im Norden und Nordosten gibt es im Bereich der etwas höhenkälteren Luftmassen
anfangs noch Schauer oder kurze Gewitter, die von Westen her mit Abzug des
Troges aber nachlassen.
Der Wind nimmt mit Abzug des Bodentiefs mal wieder ab, vor allem im Nordosten
und im Alpenvorland gibt es aber noch bis in die Nacht hinein stürmische Böen,
vereinzelt auch Sturmböen. Morgens frischt er aber im Südwesten mit Annäherung
des oben erwähnten Wellentiefs wieder auf mit ersten steifen Böen auch in den
Niederungen. Auf den Bergen gibt es weiterhin Sturmböen, vereinzelt auch
schweren Sturmböen.

Samstag ... macht die Austrogung über dem nahen Ostatlantik weitere
Fortschritte, bis zum Abend greift der Trog auf die Britischen Inseln über. Der
vorgelagerte Höhenrücken wird weiterhin durch kräftige WLA gestützt, kann sich
noch etwas nordwärts aufwölben und verlagert seine Achse nach Mitteleuropa.
Das Wellentief kann sich weiter vertiefen und zieht bis zum Abend über den Süden
Schottlands zur westlichen Nordsee. Die Warmfront wird über das Vorhersagegebiet
nordostwärts geführt und erreicht abends etwa Ostvorpommern bzw. Ostbrandenburg.
Die markante mitteltroposphärische WLA dauert an und somit wird weiterhin Hebung
generiert, die vor allem im Frontbereich zu weiteren Niederschlägen führt, die
sich allmählich in den Nordosten des Landes verlagern. Im Südwesten und in der
Mitte hört es dagegen auf zu regnen, so dass sich die Dauerregensituation
entspannt. Vor allem im Süden Baden-Württembergs und Bayerns scheint schon
längere Zeit die Sonne, auch in der Mitte lockern die Wolken nachmittags und
abends auf.
Im Warmsektor gelangt sehr milde Luft subtropischen Ursprungs vor allem nach
Süddeutschland, an den Alpen steigt die Temperatur in 850 hPa auf nahe 10 Grad.
Der Wind weht zunächst noch lebhaft aus Südwest, vor allem im Westen und
Nordwesten, anfangs auch noch im Süden, gibt es steife Böen, in freien Lagen und
Richtung Nordsee auch stürmische Böen, im Bergland Sturmböen, auf exponierten
Gipfeln schwere Sturmböen. Im Süden fächert der Gradient am Nachmittag auf und
der Wind flaut deutlich ab.
Während die Höchstwerte präfrontal im Nordosten sowie in den östlichen
Mittelgebirgen bei 7 bis 10 Grad liegen, werden sonst 10 bis 15 Grad erreicht,
im Süden und Südwesten mit Sonne gebietsweise auch bis nahe 20 Grad.

In der Nacht zum Sonntag greift der westeuropäische Höhentrog auf die Britischen
Inseln und die Nordsee über, der vorgelagerte Höhenrücken wird ins östliche
Mitteleuropa abgedrängt, die kräftige und leicht diffluent konturierte
Höhenströmung über dem Vorhersagegebiet dreht somit auf Südwest.
Das Bodentief befindet sich zunehmend entwicklungsgünstig im linken
Ausgangsbereich des Jets und kann sich somit deutlich vertiefen. Es zieht bis
Sonntagfrüh zum Skagerrak, wo es laut aktueller ICON-EU-Variante mit einem
Kerndruck von unter 970 hPa aufschlägt. Einige Modellparameter
(Frontogeneseparameter, doppelte Jetstruktur) deuten auch auf eine eventuelle
Shapiro-Keyser Entwicklung hin, das kann aber erst kurzfristig im Vorfeld
geklärt werden.
Die Warmfront des Tiefs verlässt den Vorhersagebereich nordostwärts, die
Kaltfront erreicht morgens die Deutsche Bucht. Niederschläge werden somit noch
im Nordosten und später wieder im Nordwesten simuliert, sowie ganz im Norden, im
Bereich des Okklusionspunktes über Schleswig-Holstein (dort von allen
vorliegenden Modellen recht einheitlich um 10 mm in 12 Stunden). Im Rest des
Landes bleibt es trocken und vor allem in der Mitte und im Süden auch teils
gering bewölkt. Vor allem in einigen Tälern der süddeutschen Mittelgebirge und
der Alpen kann es leichten Frost geben.
Der Wind weht vor allem im Nordwesten weiterhin lebhaft aus Südwest mit steifen,
im Nordseeumfeld auch stürmischen Böen, ansonsten gibt es angesichts der labilen
Schichtung nur auf den Berggipfeln der zentralen und östlichen Mittelgebirge
noch Sturmböen, auf den Alpengipfeln reicht es wohl nicht einmal dafür.

Sonntag ... greift der Höhentrog im Tagesverlauf allmählich auf das westliche
Mitteleuropa über. Das Bodentief hat mit zunehmend achsensenkrechter Exposition
zum Drehzentrum des Troges den Höhepunkt seiner Entwicklung überschritten und
beginnt sich über Südnorwegen aufzufüllen.
Die Kaltfront überquert bis zum Abend weite Teile Deutschlands südostwärts. Sie
erreicht zum 18 UTC-Termin nach Lesart des aktuellen ICON-EU-Laufes etwa eine
Linie Lausitz - Oberschwaben, nach GFS und IFS (von 00 UTC) kommt sie etwas
schneller voran und greift dann bereits auf Südostbayern über.
Im Frontbereich gibt es schauerartige Regenfälle, wobei ein kurzes Gewitter
nicht ausgeschlossen werden kann.
Nach kurzer postfrontaler Wetterberuhigung geraten zum späten Nachmittag
und/oder Abend hin (nach GFS etwas schneller als nach ICON) der Nordwesten und
Westen des Landes zunehmend in den unmittelbaren Trogbereich und somit in den
Einflussbereich höhenkalter Luftmassen (bis -36 Grad in 500 hPa, nach GFS
bereits zum 18 UTC-Termin, nach ICON etwas später), so dass dort die Schauer-
und Gewittertätigkeit auflebt.
Der Wind frischt vor allem unmittelbar vor und mit Kaltfrontpassage
vorübergehend deutlich auf und es gibt steife, vereinzelt, im Alpenvorland im
Vorfeld durch den Leitplankeneffekt auch häufiger stürmische Böen. Postfrontal
flaut der Wind rasch wieder ab, lediglich im Nordseeumfeld gibt es weiterhin
Böen Bft 7 bis 8. Auch eventuelle Schauer und kurze Gewitter können von
stürmischen Böen oder Sturmböen begleitet werden.
Vor allem in den Südosten gelangen präfrontal noch einmal sehr milde Luftmassen,
die Temperatur in 850 hPa steigt dort kurzzeitig mal auf +12 Grad. Somit sind
dort Höchstwerte zwischen 15 und 20 Grad zu erwarten, je nach Eintreffen der
Kaltfront vielleicht auch etwas mehr. Postfrontal sinkt die 850 hPa-Temperatur
mit der Advektion erwärmter maritimer Polarluft auf -1 bis -4 Grad. Somit liegen
die Höchstwerte im Norden und Westen zwischen 8 und 13 Grad.



Modellvergleich und -einschätzung
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Alle vorliegenden Modelle simulieren im Kurzfristbereich eine sehr ähnliche
Wetterentwicklung. Unterschiede im Detail, z.B. die Regenmengen in den Staulagen
betreffend, sind eher den unterschiedlichen Modellauflösungen geschuldet.
Am Sonntag simuliert der aktuelle GFS-Lauf die Kaltfront - ähnlich wie der
IFS-Lauf von 00 UTC - etwas progressiver als das ICON-EU.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff