DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

14-03-2019 09:01
SXEU31 DWAV 140800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 14.03.2019 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Wz (West zyklonal)

Weiterhin ein Tief nach dem nächsten mit hoher Wind- und Niederschlagsaktivität.


Synoptische Entwicklung bis Samstag 24 UTC
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Donnerstag... zeigen uns die großräumigen Wetterkarten nach wie vor das Muster
einer aktiven Westwetterlage mit einer gut ausgeprägten Frontalzone, die sich
über den mittleren Nordatlantik hinweg bis zum europäischen Kontinent erstreckt,
wo die divergiert und in einen Trog übergeht, der gerade dabei ist, sich nebst
höhenkalter Luft aus Deutschland ostwärts zu verabschieden. Ihm folgt im
Tagesverlauf von der Nordsee her ein flinker KW-Trog, der den Vorhersageraum bis
Tagesende südostwärts passiert. Weit vorauseilende kräftige WLA wird in den
nächsten Stunden durch PVA auf der diffluenten Vorderseite dieses Troges
unterstützt, so dass unter dem Strich ein veritables negatives Omega sprich
dynamische Hebung satt generiert wird. Es verwundert also wenig, dass uns heute
nicht nur eine weitgehend geschlossene Wolkendecke über den Tag begleitet,
sondern dass auch dieser auch noch reichlich Hydrometeore fallen.
Richtet man seine Augen von der Höhe ins bodennahe Niveau, fällt einem heute
früh zunächst mal der Druckfall in den westlichen Landesteilen ins Auge, ein
klares Signal für die Annäherung des nächsten Tiefs, das den schönen Namen
GEBHARD hört. Es konnte heute früh als vergleichsweise unscheinbares Teiltief
unweit der Shetland-Inseln analysiert werden, von wo aus es heute unter
Intensivierung (auf etwas unter 985 hPa) via Nordsee gen Jütland und
schlussendlich nach Südschweden zieht. Das zugehörige okkludierende
Frontensystem greift von der Nordsee und Benelux auf Deutschland über, erreicht
dort den Süden, wo die Okklusion bzw. Kaltfront ins Stocken gerät und nach
Westen hin in die Warmfront des nächsten Tiefs übergeht - herzlich Willkommen
HEINZ.
Wetter- und warntechnisch stehen heute einmal mehr Wind/Sturm und Niederschlag
ganz vorne auf der Karte. So breitet sich von Westen her relativ rasch skaliger
Regen ostwärts aus. Während es im Osten und Südosten, wo der Regen zuletzt
aufschlägt, teils nicht mal für 5mm/12h reicht, werden in Staulagen der
westlichen und zentralen Mittelgebirge sowie im Schwarzwald 10 bis 20 mm, im
Schwarzwald lokal vielleicht sogar 25 mm erwartet. Etwas diffizil ist der
Verlauf der Schneefallgrenze, die im Zuge der kräftigen WLA zunächst ansteigt,
im schmaler werdenden Warmsektor sogar auf 1000 m oder etwas darüber. In den
östlichen und südöstlichen Landesteilen, wo die Warmluft nicht richtig hinkommt,
bleibt sie niedriger (500 bis 900 m). Entsprechende Schneefallwarnungen laufen
ebenso wie eine Dauerregenwarnung für den Schwarzwald, wobei die Warnungen
teilweise schon die Entwicklung in der kommenden Nacht und am Freitag
berücksichtigen. Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass die Schneefallgrenze
dann weiter steigt, muss man sich Gedanken über eine mögliche Tauwetterwarnung
(WU) für den Hochschwarzwald sowie den Alpenrand machen. Ansonsten sei hier noch
erwähnt, dass mit Passage des o.e. KW-Trogs ein Schluck moderater höhenkalter
Luft in die Nordhälfte gespült wird (T500 knapp über -30°C), mit der die
Niederschläge von Westen her zusehend schauerartigen Charakter annehmen, wobei
auch ein kurzes Gewitter nicht ganz ausgeschlossen werden kann (wenn ja, dann
Gefahr von Sturmböen; 925 hPa um 45 Kt).
Thema Wind, der frischt aus Südwesten kommend zunächst im Westen und Südwesten,
später auch im gesamten Süden sowie in Teilen der Mitte auf und dreht mit
Frontpassage (die übrigens in einen gut definierten Bodentrog eingebettet ist)
auf West bis Nordwest. Dabei kommt es zu Böen 7-8 Bft, in freien Lagen sowie im
Alpenvorland (Leitplankeneffekt, 850-hPa-Wind bis zu 70 Kt) 9 Bft, vereinzelt
sind auch 10er-Böen nicht ausgeschlossen. In exponierten Kamm-, Kuppen- und
Gipfellagen geht die Tonleiter potenzieller Böen bis hoch in den Sopran, sprich
Orkanstärke (11/12 Bft). Relativ dezent und unkritisch gibt sich der Wind bis
zum Abend im Nordosten, wo zum Teil nicht mal eine kleine Warnung vonnöten ist.
Temperaturmäßig verläuft der Donnerstag eher unspektakulär mit Tageshöchstwerten
zwischen 5 und 10°C, im höheren Bergland entsprechend weniger.

In der Nacht zum Freitag wandert ein flacher Höhenrücken von der Nordsee nach
Deutschland ein. Er sorgt zwar für eine gewisse Wetterberuhigung, zum großen
Heilsbringer taugt er aber nicht, weil nach kurzer Pause in den Abendstunden
erneut kräftige WLA einsetzt, die den Rücken überläuft. Immerhin lasen die
Niederschläge von Westen her zügig nach, einzig im Osten und ganz im Süden
regnet oder schneit es anfangs noch etwas (Schneefallgrenze an den Alpen um 1000
m oder etwas darüber). Lang währt die Pause allerdings nicht, bereits in den
frühen Morgenstunden setzt im Vorfeld einer neuen Warmfront (gehört zum nächsten
Tief HEINZ) im Westen und Südwesten wieder Regen ein.
Ansonsten gilt es zu konstatieren, dass sich Tief GEBHARD auf seinem Weg nach
Südschweden auffüllt, wodurch der Gradient bei uns auffächert. Hinzu kommt der
Tagesgang, so dass der Wind von Westen her tendenziell abnimmt. Ausnahmen bilden
der Osten und Nordosten, wo er nach Bodentrogpassage aus Westen kommend sogar
etwas auffrischt (7 Bft, vereinzelt 8 Bft). Ein Auge werfen muss man auch auf
die Nord- und Ostseeküste, wo es mit Passage eines weiteren kleinen Bodentrogs
zu einer Windverschärfung kommen soll (7-8 Bft, Nordsee vielleicht sogar 9 Bft).


Freitag... wandert der flache Höhenrücken rasch über Deutschland hinweg.
Dahinter stellt sich eine relativ glatte und nach wie vor lebhafte
west-nordwestliche Höhenströmung ein. An seinem Nordrand wird besagtes Tief
HEINZ aus dem Seegebiet südlich Islands in Richtung norwegische Westküste
gesteuert. Auch dieses Tief ist mit einem okkludierenden Frontensystem bestückt,
dessen Warmfront bereits am Morgen auf den Westen übergreift, um von dort zügig
ostwärts zu schwenken. Die nach folgende Kaltfront erreicht am Nachmittag den
Nordwesten und Norden, wo sie rasch strömungsparallel wird und in die Warmfront
einer Frontalwelle westlich Irlands übergeht. Die Mitte und der Süden gelangen
in den Warmsektor, in dem mit flotter SW-Strömung milde Subtropikluft advehiert
wird, in der T850 auf 1 bis 4°C steigt.
Die skaligen Regenfälle aus dem Westen und Südwesten verlagern sich im
Tagesverlauf ost-nordostwärts. Der meiste Regen fällt dabei im Süden und Westen
mit den Maxima in den Staulagen (10 bis 30 mm, im Schwarzwald und im Oberallgäu
z.T. um oder über 50 mm innert 12 h). Da die Schneefallgrenze im Süden auf
deutlich über 1000 m ansteigt, kommt im Hochschwarzwald und in den Alpen zu dem
Regen noch die Komponente "Tauwetter", was die Abflussmengen zusätzlich erhöht.
Im Hochschwarzwald, im Oberallgäu und im Berchtesgadener Land können ab
Donnerstagabend bzw. Freitagvormittag bis etwa Samstagvormittag Abflussmengen
von 60-90 mm (BGL etwas weniger) zusammenkommen, was die Herausgabe einer
Unwetterwarnung "Tauwetter" im Laufe des Tages sehr wahrscheinlich macht.
Neben dem Regen muss auch morgen wieder der Wind erwähnt werden, der im
Warmsektor bei allerdings stabiler Schichtung aus SW kommend auffrischt und
dabei Böen 7 Bft, in freien Lagen und in exponierten Leelagen 8 Bft, auf den
Bergen je nach Exposition 9 bis 12 Bft erreicht. Häufigere Böen 8 Bft dürfte es
im Alpenvorland geben (die "Leitplanke" bleibt zäh), auch einzelne 9er-Böen
sollten nicht überraschen. Herauszuheben ist der Wind im NW, später im ganzen N
des Landes, wo sich ein Starkwind- bzw.- Sturmfeld von der Nordsee und den
Niederlanden ostwärts ausbreitet. Der Grund dafür ist eine merkliche
Gradientverschärfung hinter der Kaltfront respektive Okklusion, die in einen
Bodentrog eingebettet ist. Die meisten Modelle signalisieren sogar die Bildung
eines kleinen Teiltiefs, das z.B. nach ICON die Ostseeküste entlang ostwärts
ziehen soll. Wie auch immer, bis in die Norddeutsche Tiefebene hinein ist häufig
mit Böen 8-9 Bft, an der Nordsee (weniger an der Ostsee) sowie vereinzelt sogar
10 Bft um West zu rechnen.
Die Sonne kommt morgen abermals kaum zum Zuge, einzig Richtung Nordsee lockert
es postfrontal auf. Thermisch zeigt der Pfeil nach oben mit Tageshöchstwerten
zwischen 7 und 12°C, den Rhein entlang sogar 13 oder 14°C.

In der Nacht zum Samstag kommt es über dem nahen Ostatlantik zu einer
Austrogung. Stromab beginnt sich die Höhenströmung über dem Kontinent
aufzuwölben, ohne dass dabei aber eine nennenswerte Amplitude zustande kommt.
Das kleine Teiltief zieht zu den Nehrungen ab, die zugehörige Kaltfront kommt
bis zur südlichen Mitte voran. Dort geht sie aber alsbald in die Warmfront einer
neuen Frontalwelle (IGOR) über, die kurz nach Mitternacht Irland erreicht. Im
Frontbereich kommt es zu weiteren Regenfällen, die hinsichtlich Intensität und
genauer Positionierung noch Unsicherheiten aufwerfen. Nicht ausgeschlossen, dass
für irgendein Mittelgebirge (z.B. Odenwald oder Rhön) eine markante
Dauerregenwarnung herausgegeben werden muss. Auch südlich der Front fällt vor
allem anfangs noch Regen mit Spitzen von 20-30 mm im Allgäu/Schwarzwald.
Der Wind ist vor allem im Warmsektor sowie anfangs im NO noch lebhaft unterwegs
mit Böen 7-8 Bft, im höheren Bergland auch darüber.


Samstag... wölbt sich der Höhenrücken über Mitteleuropa weiter auf, verkürzt
dabei aber seinen Abstand zum leicht progressiven Trog über Westeuropa bzw. dem
nahen Ostatlantik. Auf der Bodenwetterkarte rückt zunehmend die o.e.
Frontalwelle in den Fokus, die sich zu einem kleinen Sturmtief mausert, das um
12 UTC mit einem Kerndruck von etwas unter 985 hPa über der Doggerbank anlandet.
Das Tief weist durchaus Merkmale einer Shapiro-Keyser-Zyklone auf, was hier aber
nicht weiter vertieft werden soll. Tatsache ist, dass die zugehörige Warmfront
incl. frontalem Regen (mit Ausnahme des Nordseeumfelds meist unter 10 mm innert
12 h) nordostwärts gesteuert wird. Damit gelangt der Vorhersageraum in den
breiten Warmsektor des Tiefs, in den mit relativ lebhafter südwestlicher
Strömung sehr milde Subtropikluft advehiert wird. So steigt die
850-hPa-Temperatur bis zum Abend auf 9 bis 12°C im Süden, während der Norden
unter leichten Plusgraden verharrt.
Im Süden lockert die Bewölkung zusehends auf, vor allem von Südbaden bis
Bayerisch Schwaben scheint für längere Zeit die Sonne. Bei leidlicher
Durchmischung könnte es durchaus für 20°C oder etwas darüber reichen, auch wenn
MOS davon (noch) nichts wissen will. Der Wind weht im Warmsektor mäßig bis
frisch mit Böen 7-8 Bft, auf den Bergen darüber. Erst am Nachmittag und Abend
nimmt er von Süden her ab, während er im Nordwesten, und dort besonders an der
Nordsee mit Annäherung des Tiefs auffrischt (möglicherweise stürmisch).

Modellvergleich und -einschätzung
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Die grundlegende Entwicklung ist unstrittig, die Modellunterschiede eher gering.
Bei der schleifenden Front (Freitag zu Samstag) deutet sich eine etwas
südlichere Position an, was gestern nur von IFS so gesehen wurde. Unterschiede
gibt es auch noch bei den Niederschlagsprognosen, besonders IFS fährt hier eine
sehr defensive Variante.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann